Empagliflozin (Jardiance®): schlussendlich gut für die Nieren?

Empagliflozin (Jardiance®): schlussendlich gut für die Nieren?

Und anderswo ...?
Ausgabe
2016/4950
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2016.02761
Schweiz Med Forum 2016;16(4950):1058

Publiziert am 06.12.2016

Empagliflozin (Jardiance®): ­schlussendlich gut für die Nieren?

Fragestellung

Ca. 35% der Typ-2-Diabetiker entwickeln eine diabetische Nephropathie. Die Einnahme eines Renin-Angiotensin-Aldosteron-System-Hemmer bzw. eine strenge Blutzuckerkontrolle ­haben wahrscheinlich eine geringe positive Auswirkung auf diese gefürchtete Komplikation, welche zu einer terminalen Niereninsuffizienz führen kann. Inhibitoren, welche die Reabsorption von Glukose in den Nierentubuli hemmen (SGLT-2-Inhibitoren), gehören zusammen mit Gliptinen und Glutiden zu den neuen Antidiabetika. SGLT-2-Inhibitoren, darunter Empagliflozin, bewirken einen Gewichtsverlust und eine bessere Blutzuckerkontrolle, ihre Sicherheit bezüglich der Nierenfunktion ist jedoch nach wie vor umstritten. Welche Wirkung hat Empagliflozin auf mikrovaskuläre Komplikationen, insbesondere auf den Eintritt und die Progression einer diabetischen Nephropathie?

Methode

In der Studie wurden die sekundären Endpunkte der EMPA-REG-OUTCOME-Studie untersucht, deren primärer Endpunkt, die Wirkung von Empagliflozin auf kardiovaskuläre Ereignisse, bereits publiziert worden ist. Die eingeschlossenen Patienten litten an Typ-2-Diabetes, einer bestätigten kardiovaskulären Erkrankung und einer geschätzten glomerulären Filtrationsrate von ≥30 ml/min/1,73 m2. Sie wurden randomisiert und erhielten 10 oder 25 mg Empagliflozin täglich, bzw. ein Plazebo. Der renale mikrovaskuläre Endpunkt war der Eintritt der Nephropathie, definiert als Albuminurie/Kreatininurie von >30 mg/g, oder die Verschlechterung der Nephropathie, definiert als Albuminurie von >300 mg pro g Kreatinin, eine Verdopplung des Serumkreatinins mit einer glomerulären Filtrationsrate von ≤45 ml/min/1,73 m2, Beginn einer Dialysetherapie oder Tod durch Nierenversagen. Die mediane Studiendauer betrug 2,6 Jahre.

Resultate

Die Patienten wurden in zwei Gruppen stratifiziert: (1.) Glomeruläre Filtrationsrate von <59 ml/min/1,73 m2. 607 erhielten ein Plazebo, 1212 Empagliflozin. (2.) Glomeruläre Filtra­tionsrate von <60 ml/min/1,73 m2. 1726 er­hielten ein Plazebo und 3473 Empagliflozin. Der Eintritt oder eine Verschlechterung der Nephropathie war bei 12,7% Patienten unter Empagliflozin und 18,8% unter Plazebo zu beobachten, RR 0,61, p <0,001. Die relative Ri­sikoreduktion bezüglich der Verdopplung des Serumkreatinins betrug 44% (1,5% in der Empagliflozin- gegenüber 2,6% in der Plazebogruppe).

Probleme und Kommentar

Die positive Wirkung von Empagliflozin auf die Nieren scheint sich zu bestätigen und ist zudem stärker als die auf kardiovaskuläre Ereignisse, welche im anderen Studienteil untersucht wurde (Zusammenfassung in «Swiss Medical Forum» vor einigen Wochen). Die Zahlen mögen zwar ziemlich niedrig erscheinen, aber angesichts der immensen Zahl heutiger und zukünftiger Diabetiker sind sie eine gute Nachricht. Der Wirkmechanismus von Empagliflozin beruht vermutlich auf der Senkung des glomerulären Kapillardrucks durch das tubuloglomeruläre Feedback. Dadurch wird die bei Diabetikern häufig auftretende verheerende glomeruläre Hyperfiltration ­verringert. Wie in anderen Studien zu SGLT-2-Hemmern traten vermehrt Genitalinfektionen auf und in der Empagliflozingruppe kam es häufiger zu Uroseptitiden. Zudem traten unter den Nebenwirkungen der SGLT-2-Hemmer Ketoazidosen (insbesondere bei Typ-1-Diabetikern, siehe weiter unten) auf. Auch wenn Empagliflozin nicht die Waffe schlechthin ist, kann es bei Diabetikern mit bestätigter kardiovaskulärer Erkrankung (in der Studie litten ~80% der Patienten an einer KHK), oder Patienten, die mit anderen Me­dikamenten schwer einstellbar sind, von Nutzen sein.
Wanner C, et al. N Engl J Med. 2016;375(4):323–34.

Anstieg des Risikos einer Mutter-Kind-Übertragung von Hepatitis C

In den USA (und wahrscheinlich auch anderswo) ist die Übertragungswahrscheinlichkeit für das HCV gestiegen. Tatsächlich wurde das Virus von 2011 bis 2014 bei Frauen im zeugungsfähigen Alter um 22% häufiger festgestellt und der Anteil der Kinder, deren Mütter mit dem HCV infiziert sind, hat sich um 68% erhöht. Das CDC (Centers for Disease Control and Prevention) empfiehlt, die Kinder von mit dem Virus infizierten Müttern zu testen. Derzeit gibt es keine empfohlene Methode zur Verhinderung einer Mutter-Kind-Übertragung des Virus‘.
Koneru A, et al. Morb Mortal Wkly Rep.
2016;65:705–10. doi: http://dx.doi.org/10.15585/mmwr.mm6528a2.

Meniskusriss: Chirurgie oder ­Physiotherapie?

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doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.i3740.

FDA: neue Warnung bezüglich ­Fluorchinolonen

Aufgrund zahlreicher Nebenwirkungen wie Tendinitiden, Sehnenrupturen, peripheren Neuropathien und Psychosen hat die FDA ihre Empfehlungen zum Fluorchinolongebrauch aktualisiert. Der Wirkstoff sollte laut FDA bei einfachen Harnwegsinfektionen, Bronchitiden und Sinusitiden nicht eingesetzt werden, ­ausser wenn es keine anderen Alternativen gibt. Die empfohlene Vorsichtsmassnahme hatte zahlreiche vehemente Negativkommentare von Ärzten zur Folge, die Fluorchinolone seit Jahren ohne Nebenwirkungen anwenden. Dennoch ist Vorsicht geboten …
Fairchild DG, et al. FDA Safety Information and Adverse Event Reporting Program.
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Typ-1-Diabetes und Canagliflozin ­(Invokana®)

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Peters AL, et al. Diabetes Care. 2016;39(4):532–8.