Typ-1-Diabetes: neue Technologie?

Typ-1-Diabetes: neue Technologie?

Und anderswo ...?
Ausgabe
2017/14
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2017.02873
Schweiz Med Forum 2017;17(14):323

Publiziert am 04.04.2017

Typ-1-Diabetes: neue Technologie?

Fragestellung

Eine engmaschige Blutzuckerkontrolle verzögert das Auftreten makro- und mikrovasku­lärer Komplikationen bei Diabetes. Bei vielen Patienten ist diese jedoch schwer zu erreichen und es besteht ein beständiges Hypoglyk­ämierisiko. Tatsächlich leiden 30–40% der Patienten mit Typ-1-Diabetes an 1–3 schweren Hypoglykämieepisoden pro Jahr. Die nächt­liche Hypoglykämie ist dabei besonders gefürchtet. Bis dato war die Selbstkontrolle des Blutzuckers am wirksamsten, um Hypoglyk­ämieepisoden zu verhindern. Das mehrmalige Stechen pro Tag ist jedoch nicht gerade angenehm. Nun gibt es ein neues «Flash»-Glukose-Messsystem, welches mittels Sensor permanent den Blutzuckerspiegel in der interstitiellen Flüssigkeit misst und die Werte anzeigt, sobald ein Lesegerät an den Sensor gehalten wird (Info: Freestyle Libre Abbott). Wie wirksam ist diese neue Technologie bezüglich der Prävention von Hypoglykämien?

Methode

Die prospektive, unverblindete Studie wurde in 23 europäischen Zentren durchgeführt. Die Patienten waren >18 Jahre alt mit seit mindestens 5 Jahren bestehendem, gut eingestelltem Diabetes mit einem HbA1c von 7,5 oder weniger. Patienten ohne Hypoglykämien wurden ausgeschlossen. Die Probanden wurden im Verhältnis von 1:1 randomisiert und erhielten entweder den Sensor oder führten die Standard-Selbstkontrolle mit Stechen und Teststreifen durch. Vor Studieneinschluss sowie 6 Monate später wurden die Patienten mithilfe mehrerer Fragebögen zum Erleben ihres Diabetes befragt. Primärer Endpunkt war die im 15-Minuten-Abstand gespeicherte Zeit im hypoglykämischen Bereich (<3,9 mmol/l) in den letzten 14 Tagen der Studie.

Resultate

110 Patienten der Sensor- und 101 der Standardgruppe nahmen bis zum Studienende teil. Das Durchschnittsalter betrug 42–45 Jahre und ihr Diabetes bestand seit ca. 20 Jahren. Die durchschnittliche Zeit im hypoglykämischen Bereich sank in der Sensorgruppe von 3,4 auf 2 Stunden/Tag, während sie in der Standardgruppe von 3,44 auf 3,72 Stunden pro Tag ­anstieg. Der Unterschied ist hochsignifikant (p <0,0001). Bei 10 Patienten traten Nebenwirkungen aufgrund allergischer Reaktionen in Form von Hautausschlägen oder Erythemen an der Applikationsstelle des Sensors auf. Die Zufriedenheit der Patienten war dank Sensortechnik deutlich erhöht.

Probleme

Die Studiendauer ist für eine lebenslange Erkrankung relativ kurz. Der Sensor muss alle 14 Tage ausgetauscht werden. Die Patienten waren hoch motiviert und somit nicht repräsentativ für den durchschnittlichen Typ-1-­Diabetiker.

Kommentar

Die neue Technologie verringert die Zeit im hypoglykämischen Bereich, was für das Nervensystem eindeutig von Vorteil ist. Sie macht die Kontrolle durch Stechen in die Fingerkuppe (ca. 6 × täglich in der Standardgruppe) überflüssig. Der Sensor zeigt den aktuellen Blutzuckerwert, den Durchschnittswert der letzten 8 Stunden und ein Diagramm mit dem Blutzuckertrend an. Die Patienten scannten den Sensor ca. 15–18 Mal/Tag und auch nachts, wodurch es ihnen möglich war, entweder die Insulindosis, die Ernährung oder die körper­liche Aktivität entsprechend anzupassen. Zu Studienende gab es keine Abweichungen der HbA1c-Werte, was bei bereits gut eingestellten Patienten nicht verwunderlich ist. Der Langzeitnutzen ist noch unbekannt und erfordert längere Studien. In der Schweiz kostet das System je ca. 65 CHF für den Sensor und das Lesegerät …
Bolinder J, et al. Lancet. 2016;388:2254–63.

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http://dx.doi.org/10.1136/heartjnl-2016-309595

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. November 29, 2016.
http://www.jwatch.org/fw112294/2016/11/29/texas-reports-first-case-zika-likely-transmitted

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