Herzinsuffizienz: eine neue innovative Behandlung?

Herzinsuffizienz: eine neue innovative Behandlung?

Und anderswo ...?
Ausgabe
2017/17
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2017.02898
Schweiz Med Forum 2017;17(17):367

Publiziert am 26.04.2017

Herzinsuffizienz: eine neue innovative Behandlung?

Fragestellung

Seit etwa hundert Jahren versuchen Forscher und Ärzte, das Schicksal von Patienten mit Herzinsuffizienz durch die Erhöhung der Kontraktilität des Myokards (durch Milrinon, Dopamin, Dobutamin und natürlich Digitalis-Präparate) zu verbessern. Auf diese Weise erhofft man sich, dem Remodelling des Herzens und der schädlichen übermässigen neurohumoralen Aktivität (Sympathikus und Renin-Angiotensin-Aldosteron-Achse) entgegenzuwirken. Bei all diesen Versuchen steigt jedoch der Kalziumgehalt der Herzmuskelzellen und somit auch die Morbidität und Mortalität. Omecamtiv mercarbil (OM) wirkt auf eine vollkommen andere Weise, indem es die Aktin-Myosin-Bindung verstärkt, ohne den intrazellulären Kalziumgehalt zu erhöhen. Dies bewirkt eine Verlängerung der systolischen Auswurfzeit. In zu hohen Konzentrationen besteht jedoch das Risiko einer zu starken Verlängerung der Systole und einer Verkürzung der Diastole, wodurch die koronare Perfusion gestört werden kann. Die COSMIC-HF-Studie hatte zwei Ziele: eine wirksame orale Dosis zu finden und die Wirkung von OM auf bestimmte Parameter der kardialen Funktionalität zu untersuchen.

Methode

Die randomisierte doppelblinde Studie fand in 87 Zentren in 13 Ländern statt. Sie bestand aus zwei Teilen: (1.) der Verabreichung einer fixen OM-Dosis; (2.) der schrittweisen Steigerung der OM-Dosis durch Dosistitration. Primärer Endpunkt war die Plasmahöchstkonzentration von OM in Woche 20. Sekundäre Endpunkte waren mehrere Messwerte der Herzfunktion, d.h. die systolische Auswurfzeit, das Herzschlagvolumen sowie der systolische und diastolische Durchmesser des linken Ventrikels.

Resultate

Am Studienende hatten 145 Patienten Plazebo, 145 eine fixe OM-Dosis (2 × tägl. 25 mg) und 137 eine schrittweise auf 2 × tägl. 50 mg gesteigerte OM-Dosis erhalten. Die Probanden waren 18–85 Jahre alt und wiesen eine Herzinsuffizienz der NYHA-Klasse II–III mit einem BNP-Wert von mindestens 200 pg/ml auf. Alle Patienten erhielten eine «klassische» Behandlung gegen Herzinsuffizienz in Höchstdosis. Eine OM-Konzentration von 1000 ng/ml durfte nicht überschritten werden, da ab dieser Schwelle das Risiko kardialer Nebenwirkungen steigt. In Gruppe 2 und 3 betrug die OM-Konzentration <318 ng/ml. In den Gruppen mit OM verbesserten sich alle Messwerte der Herzfunktion signifikant (die Zahlen werden der Einfachheit halber hier nicht angegeben).

Probleme und Kommentar

Die Studiendauer war relativ kurz. Die Phase-2-Studie war nicht darauf ausgelegt, die klinische Wirksamkeit von Omecamtiv mercarbil zu untersuchen, was die vorläufige Aussage jedoch nicht entkräftet. Nämlich, dass es sich hier um einen hochinnovativen Wirkstoff zur Behandlung von Herzinsuffizienz mit einer ­signifikanten Wirkung auf die Herzfunktion handeln könnte, wobei sich die Nebenwirkungen zwischen den drei Gruppen nicht unterschieden. Dennoch wollen die sehr vorsichtigen Autoren den Tag nicht vor dem Abend ­loben, da definitiv Studien mit einer grösseren Patientenzahl über einen längeren Zeitraum erforderlich sind, um festzustellen, ob Omecamtiv mercarbil die klinischen Erwartungen tatsächlich erfüllt. Derartige Studien werden, bereits aufgrund eines möglichen positiven klinischen Potenzials und angesichts der Grösse des zukünftigen Marktes, zweifellos stattfinden. Sollte man sich vielleicht Aktien des Herstellers Amgen zulegen, der die Studie gesponsert hat?
Teerlink JR, et al. Lancet. 2016;388:2895–903.

Otitis media bei Kleinkindern: 
lange oder kurze Behandlung?

Otitis media ist einer der häufigsten Indikationen für eine Antibiotikabehandlung bei Kindern. Angesichts der Zunahme bakterieller Resistenzen stellt sich die Frage, ob eine kürzere als die üblicherweise empfohlene 10-tägige Behandlung empfehlenswert ist. 520 Kinder von 10–23 Monaten mit bestätigter Otitis media erhielten 5 oder 10 Tage lang Amoxicillin-Clavulansäure. An Tag 12 und 14 des Follow-up hatte die Gruppe mit der langen einen signifikant geringeren Symptom-Score als die mit der kurzen Behandlung. In der Gruppe mit langer Behandlung traten nicht häufiger bakterielle Resistenzen auf. Über ältere Kinder liegen keine Daten vor. Schade, dennoch hat sich die Studie gelohnt …
Hoberman A, et al. N Engl J Med. 2016;375:2446–56.

COX-2-selektive und -nichtselektive NSAR: kardiovaskuläres Risiko?

Sie erinnern sich sicher an den riesigen Vioxx®-Skandal (Rofecoxib). Das Medikament verursachte tausende kardiovaskulärer Erkrankungen (die vom Hersteller zunächst abgestritten wurden). Es befindet sich ein COX-2-selektives NSAR auf dem Markt: Celecoxib. Bezüglich seiner kardiovaskulären Unschädlichkeit bestehen jedoch Zweifel. In der PRECISION-Studie wurden fast 25 000 Patienten untersucht, welche die beiden nichtselektiven COX-2-Inhibitoren Ibuprofen und Naproxen oder Celecoxib erhielten. Nach 20-monatiger Einnahme traten in der Gruppe unter ca. 200 mg Celecoxib nicht mehr kardiovaskuläre Ereignisse auf als in den beiden anderen Gruppen. Unter Celecoxib kam es sogar zu weniger Verdauungs- und Nierenproblemen. Problem: ca. 40% der Patienten hatten das Medikament nach einem Jahr abgesetzt. Das Resultat ist dennoch beruhigend. Kleiner Vorbehalt: Pfizer (Celecoxib) hat die Studie finanziert.
Nissen SE, et al. N Engl J Med. 2016;375:2519–29.

Alzheimer: Tau-Aggregations-Inhibitor?

Durch die Aggregation des Mikrotubuli-assoziierten Tau-Proteins (tubule associated unit) entstehen die für die Erkrankung typischen neurofibrillären Plaques. Methylenblau hemmt diese Aggregation und sollte daher logischerweise probehalber zur Behandlung von Patienten mit beginnender oder mittelschwerer Alzheimer-Krankheit eingesetzt werden. 375 Patienten erhielten Plazebo, 268 75 mg und 266 125 mg Methylenblau. Leider wurde anhand validierter Scores zur Evaluation der kognitiven Funktionen und der Beurteilung des Krankheitsverlaufs festgestellt, dass es nach über einjähriger Behandlung keinen Unterschied zwischen beiden Gruppen gab. Komplizierter als gedacht …
Gauthier S, et al. Lancet. 2016;388:2873–84.

Neuroleptika bei Patienten mit Delirium in der Palliativpflege

247 Patienten im terminalen Erkrankungsstadium (insbesondere Krebserkrankungen) mit nach strengen Kriterien diagnostiziertem Delirium erhielten Risperidon, Haldol oder ein Plazebo. Zusätzlich erhielten sie nach Bedarf subkutan Midazolam. Nach dreitägiger Behandlung waren die Delirium-Scores bei den Patienten unter Verum höher als unter Plazebo. Vielleicht wäre es effektiver und nebenwirkungsärmer, die soziale Isolierung und die fehlende sensorische Stimulation zu behandeln …
Agar MR, et al. JAMA Intern Med. 2017;177:34–42.