Morbus Crohn: Fortschritt?

Morbus Crohn: Fortschritt?

Und anderswo ...?
Ausgabe
2017/2122
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2017.02928
Schweiz Med Forum 2017;17(2122):463

Publiziert am 23.05.2017

Morbus Crohn: Fortschritt?

Fragestellung

Die Crohn-Erkrankung (M.C.) ist eine transmurale Entzündung des Darms. Hauptsächlich sind der distale Dünndarm und der proximale Dickdarm, mitunter auch der gesamte Verdauungstrakt betroffen. Neben Müdigkeit, Diarrhoe und Gewichtsverlust kann es zu zahlreichen schweren Komplikationen wie Fisteln und Abszessen kommen. Die aktuelle Behandlung umfasst insbesondere TNF-α-Blocker in Kombination mit Thiopurinen (Azathioprin u.a.) sowie Methotrexat. ­Jedoch weisen lediglich 10% der Pat. eine längere Remission auf und 50% müssen 10 Jahre nach der Diagnosestellung operiert werden. Janus-Kinasen (JAK) sind intrazytoplasmatische Tyrosinkinasen, welche die Signale der Zytokine übertragen. Nicht selektive Inhibitoren der 4 JAK haben eine gewisse Wirksamkeit bei Colitis ulcerosa gezeigt. Filgotinib (F) hingegen ist ein selektiver JAK-1-Hemmer mit einem aktiven Metaboliten. Wie wirksam ist er bei Pat. mit moderatem bis schwerem M. Crohn?

Methode

Die FITZROY-Studie ist eine randomisierte, doppelblinde, plazebokontrollierte Phase-2-­Studie. Die Pat. waren 18–75 Jahre alt mit einem mindestens seit 3 Monaten diagnostizierten M.C. und einem CDAI-Score (Crohn Disease Activity Index, <150 Punkte = inaktiver, 150–450 = aktiver, >450 = schwerer M.C.) von 220–450 Punkten. Mindestens ein Darmsegment musste von einer ­aktiven Entzündung (Histologie) mit Ulzerationen (Endoskopie) betroffen sein. Die Endoskopiedaten wurden zentral an einem Standort gespeichert und ausgewertet. Die Pat. waren entweder anti-TNF-α-naiv, hatten nicht auf die Therapie mit einem TNF-α-Blocker angesprochen oder unter dieser ein Rezidiv erlitten. Die Studie dauerte 10 Wochen, gefolgt von 10 Wochen unverblindeter The­rapie (hier nicht zusammengefasst). Die Pat. wurden randomisiert und erhielten im Verhältnis von 3:1 entweder p.o. 200 mg F/d oder ein Plazebo. Primärer Endpunkt war der Anteil der Pat. mit einer klinischen Remission, definiert als CDAI-Score von 150 oder weniger. Zu den sek. Endpunkten zählte u.a. der endo­skopische Befund.

Resultate

37 Pat. erhielten bis Woche 10 ein Plazebo und 111 F. In Woche 10 war bei 47% der Pat. unter F eine klinische Remission zu verzeichnen, gegenüber 23% unter Plazebo (Intention-to-Treat-Analyse), p = 0,0077. Die anti-TNF-α-naiven Pat. hatten eine noch höhere Ansprechrate von 60 vs. 13%. Der endoskop. Befund (anhand SES-CDS-Score beurteilt) war unter F signifikant besser als unter Plazebo.

Probleme

Das Follow-up ist kurz, wodurch keine Beurteilung möglich war, ob eine noch deut­lichere anatomische Besserung eingetreten wäre. Dennoch ist letztere signifikant. Die Gruppen waren klein. Unter F kam es zu mehr Infektionen, jedoch nicht in beunruhigendem Masse.

Kommentar

Trotz der o.g. Vorbehalte bleiben die Resultate der Studie äusserst positiv. Warum die anti-TNF-α-naiven Pat. deutlich besser auf die Therapie ansprachen als die, bei denen TNF-α-Blocker keine Besserung bewirkt hatten, ist unklar. Man mag sich fragen, wie viele Pat. der anti-TNF-α-naiven Gruppe nicht auf diese angesprochen und ­somit schlechtere Resultate unter F erzielt hätten. Die Vorteile von F sind seine orale Verabreichung und dass es sich um ein kleines Molekül handelt, bei dem eine AK-Bildung unwahrscheinlicher als bei Bio­logicals ist. Gibt es womöglich noch unentdeckte Biomarker, die das Ansprechen auf F vorhersagen könnten? Wenn ja, würde es sich um eine echte personalisierte Therapie für eine Erkrankung handeln, welche das Leben der Pa­tienen stark beeinträchtigt …
Vermeire S, et al. Lancet. 2017;389(10066):266–75.

E-Zigaretten: doch nicht so harmlos?

In einer kleinen Studie wurde festgestellt, dass durch den Konsum von E-Zigaretten der Sympathikotonus und der oxidative Stress ­erhöht werden. Dazu wurden 16 Jugendliche, die E-Zigaretten rauchten, mit 18 Jugendlichen ver­glichen, die dies nicht taten. Jede gestörte Herzfrequenzvariabilität weist auf einen erniedrigten Vagotonus und ein erhöhter Wert des oxidierten LDL-Cholesterins auf oxidativen Stress bei den Dampfern hin. Dies sind indirekte Indikatoren für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko … E-Zigaretten: weniger schädlich als Tabak, aber nicht harmlos?
Moheimani RS, et al. JAMA Cardiol. 2017;2(3):278–84.

Diabetische Neuropathie: Aktualisierung

Unter den zahlreichen Aktualisierungen der Am. Diabetes-Gesellschaft sind folgende hervorzuheben: (1.) Bei Pat. mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes muss die BZ-Kontrolle optimiert werden, um eine distal symmetrische Polyneuropathie (die häufigste Form der diabet. Polyneuropathie) zu verhindern oder ihre Progression zu verlangsamen. (2.) Bei diagnostiziertem Typ-2-Diabetes ist eine Untersuchung auf eine Polyneuro­pathie durchzuführen mit jährlichen Wiederholungen. Bei diagnostiziertem Typ-1-Diabetes ist 5-jährlich eine Untersuchung auf eine Polyneuropathie durchzuführen. ­Einfache Methoden: Anamnese, Prüfung der Temperaturempfindung, Stimmgabeltest (128 Hertz). (3.) Bei neuropathischen Schmerzen sind Pregabalin oder Duloxetin die Behandlungen erster Wahl.
Pop-Busui R, et al. Diabetes Care. 2017;40(1):136–54.

Lungenkrebs im «wahren Leben»: viele falsch positive Befunde

2100 Patienten der Veteran’s Administration wurden aufgrund ihrer Rauchervorgeschichte mittels Niedrig-Energie-CT untersucht. 60% wiesen Knoten auf. Lediglich bei 1,5% wurde jedoch in den 330 darauf folgenden Tagen Krebs diagnostiziert, was einer von den Autoren berechneten falsch positiven Befundrate von 97,5% entspricht! Die Editorialisten berechneten ferner, dass von 1000 gescreenten Pa­tienten 10 eine heilbare und 5 eine unheilbare Krebserkrankung haben, 20 unnützen invasiven Untersuchungen unterzogen werden und 550 an Ängsten sowie mehrfachen CT-Untersuchungen leiden. Ist dies sinnvoll?
Kinsinger LS, et al. JAMA Intern Med. 2017;177(3):
399–406.

Adipositas bei Kindern: Richtlinien

Die Endocrine Society (USA) hat ihre Empfehlungen zur Adipositas-Behandlung bei Kindern aktualisiert: (1.) Kinder und Jugendliche mit ­einem BMI >85. Perz. müssen auf ein metabol. Syndrom und Diabetes untersucht werden. (2.)Die Messung des Nüchtern-BZ ist nicht sinnvoll. (3.) Endokrinologische Labortests sollten ausschliesslich bei Wachstumsproblemen oder verzögerter Pubertät durchgeführt werden.
Die wichtigsten Empfehlungen betreffen die Umsetzung von Veränderungen in der Familie. Nicht so einfach! Ausserdem sollte die Nahrungsmittelindustrie ein für alle Mal gezwungen werden, den Zuckergehalt in Lebensmitteln drastisch zu reduzieren. Tut sie doch alles dafür, um die Kinder ohne Rücksicht auf Verluste süchtig zu machen, um ihren Gewinn zu steigern.
Styne DM, et al. J Clin Endocrinol Metab.
2017;102(3):709–57.