Rheumatoide Arthritis: Janus-Kinase-Hemmer?

Rheumatoide Arthritis: Janus-Kinase-Hemmer?

Und anderswo ...?
Ausgabe
2017/24
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2017.02942
Schweiz Med Forum 2017;17(24):513

Publiziert am 14.06.2017

Rheumatoide Arthritis: 
Janus-Kinase-Hemmer?

Fragestellung

Rheumatoide Arthritis ist eine Autoimmun­erkrankung, die eine Synovitis verursacht und bei schweren Formen zur Zerstörung der Gelenke führt. Überdies hat sie eine erhöhte Mortalität zur Folge. Seit Jahren gibt es «krankheitsmodifizierende» Behandlungen (Diseae Modifying Anti Rheumatic Drugs [DMARD]), von denen, neben NSAR, Metho­trexat und TNF-α-Blocker am bekanntesten sind. Diese können eine klinische Remission bewirken. Später wurden die Janus-Kinase-Hemmer entwickelt. Diese hemmen die intrazelluläre Signalübertragung der Zytokine, welche wiederum eine bedeutende Rolle bei rheumatoider Arthritis spielen. Barictinib (B) ist ein reversibler Inhibitor der Janus-Kinasen 1 und 2. Wie wirksam ist er bei rheumatoider Arthritis?

Methode

Die RA-BEAM-Studie ist eine doppelblinde, plazebokontrollierte Phase-3-Studie. Sie richtet sich an Patienten mit schlechtem Ansprechen auf Methotrexat. Ihr Ziel ist es, B mit dem TNF-α-Blocker Adalimumab und ­Plazebo zu vergleichen. Die Patienten waren >18 Jahre alt mit einer aktiven rheumatoiden Arthritis und mindestens 6 betroffenen von 68 untersuchten Gelenken sowie einem CRP = oder >6 mg/l. Sie hatten >12 Wochen eine Metho­trexatbehandlung ohne zufriedenstellendes klinisches Ansprechen erhalten. Bei Studien­einschluss mussten ferner auf den Röntgenaufnahmen, die alle in demselben Referenzzentrum ausgewertet wurden, Erosionen in mindestens drei Gelenken sichtbar gewesen sein. 281 Zentren in 28 Ländern rekrutierten die im Verhältnis von 3:3:2 auf drei Gruppen randomisierten Patienten, die entweder ein Plazebo, 4 mg B/Tag p.o. oder alle 2 Wochen 40 mg Adalimumab erhielten. Ab Woche 24 erhielten die Patienten unter Plazebo ohne ihr Wissen bis Woche 52 B. Die Basisbehandlung, einschliesslich Methotrexat, wurde fortgesetzt. Primärer Endpunkt war der Anteil der Patienten mit einer Verbesserung der Gelenkbeschwerden um 20% nach den Kriterien des American College of Rheumatology (ACR20) sowie der Schmerzen, des allgemeinen Gesundheitszustands und der Invalidität nach validierten Kriterien (HAQ-DI-Score). Ein sekundärer Endpunkt war die radiologische Progression der Gelenkläsionen.

Resultate

488 Patienten erhielten das Plazebo, 487 Barictinib und 330 Adalimumab. In Woche 12 betrug die ACR20-Ansprechrate unter B 70 und unter Plazebo 40%, p <0,001. B war Adalimumab nicht unterlegen (ACR20-Ansprechrate von 61%). Ferner wurden ein signifikanter Rückgang der radiologisch sichtbaren Erosionen und eine Verbesserung des HAQ-DI-Score festgestellt.

Probleme

27% der Patienten unter Plazebo erhielten in Woche 16 eine «Rettungstherapie» mit B. Ca. 15–18% der Patienten in jeder Gruppe erhielten eine andere Basisbehandlung als Metho­trexat, was die Beurteilung der Behandlung mit B aufgrund der Kombination mit anderen DMARD schwierig gestaltet.

Kommentar

B war gut verträglich und lediglich 5% der Patienten brachen die Behandlung in Woche 24 ab. Unter B kam es zu mehr schweren Infek­tionen (10 Patienten in Woche 52) als unter ­Plazebo. B scheint also zu einer signifikanten Verbesserung der Gelenkbeschwerden, der Progression der Erosion und des allgemeinen ­Gesundheitszustands der Patienten zu führen. Es bewirkte eine leichte Erhöhung des LDL-Cholesterins, der Transaminasen und des Krea­tinin-Werts. Die Neutrophilenzahl ging hingegen zurück. B gehört zu den Janus-Kinase-Hemmern, deren Wirksamkeit insbesondere bei Morbus Crohn erwiesen ist (siehe auch die Zusammenfassung in Swiss Medical Forum 2017;17[21/22]:463). Damit eröffnet sich für viele Patienten eine neue Therapiemöglichkeit.
Taylor PC, et al. N Engl J Med. 2017;376:652–62.

Zu viele psychoaktive Medikamente 
bei Senioren

In die Studie wurden 98 000 Patienten ab 65 Jahren eingeschlossen. Diese erhielten während einer einzigen Konsultation drei oder mehr psychoaktive Medikamente. Die häufigsten waren: Neuroleptika, Benzodiazepine, sonstige Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten, trizyklische Antidepressiva, SSRI und Opiate. Die FDA hat eine Black-Box-Warnung bezüglich der gleichzeitigen Anwendung von Benzodiazepinen und Opiaten herausgegeben: Atemdepression, Koma und mitunter Tod. Ältere Menschen dürfen nicht in Zombies verwandelt werden …

Hereditäres Angioödem: 
endlich eine Prophylaxe?

Die schwere erbliche Erkrankung ist durch ­einen Inhibitormangel der Komplement-Komponente C1 bedingt. Dieser führt zu einem starken Anstieg der Kallikrein- und Bradykinin-Serumwerte, was den Tod durch Ödeme der Atemwege zur Folge haben kann. Lanadelumab ist ein Kallikrein-Inhibitor. Eine kleine Studie hat eine Wirksamkeit von fast 100% bezüglich der Prävention von Angio­ödem­attacken gezeigt. Der Antikörper muss alle zwei Wochen verabreicht werden. Dies scheint ein echter Erfolg zu sein, die Langzeitwirkung ist jedoch noch unbekannt.
Banerji A, et al. N Engl J Med. 2017;376:717–28.

Richtlinien für Rückenschmerzen

Das American College of Physicians hat seine Richtlinien für Rückenschmerzen aktualisiert. Ein Auszug: (1.) akute Schmerzen: NSAR und Myorelaxanzien, kein Acetaminophen (Paracetamol), da unwirksam; (2.) Schmerzen von >12 Wochen: multidisziplinäre Rehabilitation (Manipulation, Massagen, Wärme usw.), Akupunktur und Meditation bei vollem Bewusstsein zur Stressverminderung; (3.) chronische Schmerzen: wenn nicht-medikamentöse Massnahmen nicht ausreichen, können erneut NSAR, dann Tramadol oder Duloxetin zum Einsatz kommen. – Die Empfehlung nicht-pharmakologischer Massnahmen in den Richtlinien bei einer extrem häufigen Pathologie stellt einen Paradigmenwechsel dar. Aber Achtung: auf «Red flags» achten!
Qaseem A, et al. Ann Intern Med. 2017.
doi: 10.7326/M16-2367.

Grippeimpfung: nicht in allen ­Altersgruppen wirksam

Das CDC hat die Wirksamkeit des Influenza A (H3N2)-Impfstoffs der aktuellen Saison auf durchschnittlich 50% geschätzt. Bei >64-Jährigen war dieser hingegen nicht und bei 8-monatigen bis 8-jährigen Kindern hervorragend wirksam. Sollte also auf die Impfung älterer Menschen verzichtet werden? Die Wirksamkeit stellt sich aber immer erst im Nachhinein heraus. Was wird wohl bei Ankunft der neuen Stämme aus China geschehen, die eine Mortalitätsrate von ca. 30% aufweisen ...?
Flannery B, et al. MMWR. 2017;66(6):167–71.