Der Kopfschmerzpatient auf der Notfallstation – wie weiter?
Aus neurologischer Sicht

Der Kopfschmerzpatient auf der Notfallstation – wie weiter?

Übersichtsartikel
Ausgabe
2017/19
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2017.02957
Schweiz Med Forum 2017;17(19):425-433

Affiliations
a Neurologische Klinik, Inselspital, Universitätsspital Bern, Universität Bern, b Berner Institut für Hausarztmedizin (BIHAM), Universität Bern

Publiziert am 10.05.2017

Patienten mit Kopfschmerzen auf dem Notfall sind häufig und trotzdem nicht ­trivial in der Abklärung und Behandlung. Man unterscheidet primäre, das heisst ohne fassbare Auslöser auftretende, von sekundären Kopfschmerzen, bei denen eine Ursache festzustellen ist, wie beispielsweise eine andere Erkrankung, Laborveränderungen oder die Einnahme bestimmter Medikamente.

Einführung

Typischerweise sind primäre Kopfschmerzen gutartig, wobei die Behandlung teilweise eine Herausforderung darstellt hinsichtlich akuter Therapie oder Attackenprophylaxe. Im Gegensatz dazu können sekundäre Kopfschmerzen auf eine bedrohliche Grunderkrankung hinweisen oder aber schwierig zu behandeln sein, solange die zugrunde liegende Problematik nicht behoben ist. In diesem Zusammenhang ist bei einem Patienten mit bekanntem primärem Kopfschmerz insbesondere die Frage relevant, ob die einzelne Kopfschmerzattacke, die zum Beispiel zu einer Vorstellung auf dem Notfall führt, nun die erneute Manifestation des bekannten Kopfschmerzes ist oder ob es sich um einen sekundären, möglicherweise bedrohlichen Kopfschmerz handelt.
Die häufigsten primären Kopfschmerzen sind der Spannungskopfschmerz, die Migräne und der deutlich seltenere Cluster-Kopfschmerz. In unserer Erfahrung sind klassische Spannungskopfschmerzen zwar sehr häufig mit einer Lebenszeitprävalenz von etwa 80%, im klinischen Notfallalltag allerdings nicht von relevanter Bedeutung, da sie meist leicht und gut zu kon­trollieren sind. Im Gegensatz dazu stellen, neben «nicht näher definierten primären Kopfschmerzen», Migräneattacken, also das Auftreten von mittleren bis starken Kopfschmerzen eines bestimmten Phänotyps (typischerweise, aber nicht zwingend, einseitig, pulsierend, assoziiert mit Ruhebedürfnis, Zunahme bei körperlicher Belastung, Lärm- und Lichtempfindlichkeit sowie Übelkeit oder Erbrechen [1]), die häufigste Ursache von Kopfschmerzen auf dem Notfall dar [2]. Diese treten bei Patienten mit entsprechender Veranlagung («Mi­gränepatient») meist spontan auf, wobei die Prävalenz einer solchen Veranlagung etwa 18% bei Frauen und 6% bei Männern beträgt.
Kopfweh ist die fünfthäufigste Beschwerde, die zu einer Vorstellung auf dem Notfall führt mit etwa 2% aller Notfallpatienten. Unter neurologischen Patienten sind Kopfschmerzen nach fokalen Paresen am häufigsten [3]. Die Herausforderung beim Kopfweh auf dem Notfall ist, dass allein von dem klinischen Phänotyp nicht auf die Ursache geschlossen werden kann. Insbesondere bei Patienten mit vorbestehender Mi­gräne können ­sekundäre Kopfschmerzen klar die phänotypischen Kriterien von Migräneattacken erfüllen [4]. Für den klinischen Alltag im Notfall ist entscheidend, dass die Dia­gnose einer Attacke eines primären Kopfschmerzes immer den Ausschluss eines sekundären Kopfschmerzes erfordert [1]. Nur ca. 2% der Pa­tienten, die sich wegen des Leitsymptoms Kopfschmerz auf einer Notfallstation vorstellen, leiden unter einem gefährlichen Kopfschmerz wie zum Beispiel einer in­trakraniellen Blutung oder einer Infektion des Zentralnervensystems (ZNS).
Im Folgenden möchten wir zunächst aus Sicht des auf der Notfallstation tätigen Neurologen erläutern, wie man im Notfallsetting primäre von sekundären Kopfschmerzen unterscheidet. Ausserdem sollen Behandlungsmöglichkeiten von «therapierefraktären» Migräneattacken und Cluster-Kopfschmerzen aufgezeigt werden, wie sie im Notfall auftauchen können, wenn sekundäre Kopfschmerzen ausgeschlossen sind. Zusammenfassen möchten wir mit einem praktischen Algorithmus (s. Seite 432), wie man sich dem Kopfschmerzpatienten im Notfall annähern sollte.

Der Erstkontakt – anamnestisch 
auf der Suche nach «red flags»

Die Diagnosestellung, besonders die Identifikation von (lebensbedrohlichen) sekundären Kopfschmerzen, und eine zuverlässige und sichere Beschwerdelinderung sind für das Notfallteam die Hauptziele im Kontakt mit Kopfwehpatienten.

Phänotyp

Dabei ist der wichtigste Schritt die ausführliche Ana­mnese, um besonders den Phänotyp des aktuellen Kopfschmerzes zu erfassen: Wir fragen nach der Stärke des Kopfschmerzes (z.B. auf der numerischen Skala von 0–10), Lokalisation (u.a. bilateral, streng unilateral, wechselnd unilateral), migränösen Begleitsymptomen (Photophobie, Phonophobie, Osmophobie, Appetitmangel, Übelkeit, Erbrechen), Zunahme bei körperlicher Belastung und Ruhebedürfnis. So können aktuell typische Migränekopfschmerzen auch bei einem Pa­tienten mit bekannter Migräne nicht beweisend für eine primäre Migräneattacke sein. Daher ist bei Patienten mit bekannter Migräne besondere Aufmerksamkeit notwendig. Denn warum würde ein Patient mit seit Jahren bekannten Kopfschmerzen die mehrstündige Prozedur eines Notfallbesuchs auf sich nehmen? Der Phänotyp sollte vielmehr rasch abgehandelt werden, um sich den wichtigeren Punkten zuzuwenden, nämlich der Dynamik des aktuellen Kopfschmerzes, den Auslösefaktoren (Triggern) sowie den nicht migränösen Begleitsymptomen.

Dynamik

Nach der Meinung der Autoren kommt der Erhebung des klinischen Verlaufs (Dynamik) des aktuellen Kopfschmerzes eine erhebliche Bedeutung zu. Wie hat der Kopfschmerz begonnen? Ein fundamentaler Unterschied besteht, wenn ein starker Kopfschmerz innerhalb von Sekunden das Maximum erreicht hat (sog. «Donnerschlagskopfschmerz») anstelle der üblichen mehreren Stunden einer Migräneattacke oder einer kontinuierlichen Schmerzzunahme über mehrere Tage oder gar Wochen. Rezidivierende unilaterale Kopfschmerzattacken von weniger als drei Stunden Dauer mit kopfschmerzfreiem Intervall sind ebenfalls als etwas anderes anzusehen als ein akut begonnener, über mehrere Tage anhaltender unilateraler Dauerkopfschmerz (Cluster-Kopfschmerz vs. Karotisdissektion).

Trigger-Faktoren

Zusätzlich zum zeitlichen Verlauf sollten die Umstände eruiert werden, unter denen erstens der Kopfschmerz begonnen hat und zweitens unter denen es bei bestehendem Kopfschmerz zu Fluktuationen kommt. In anderen Worten: Trigger-Faktoren, welche die Situation verschlechtern oder erleichtern, mit dem Ziel, den Mechanismus der aktuellen Kopfschmerzen zu verstehen. So kann ein Kopfschmerz beim Husten, im Stehen oder unmittelbar nach einem Hebetrauma auf ein Liquorverlustsyndrom hinweisen. Ein hauptsächlich im Liegen und morgens auftretender Kopfschmerz hingegen kann im Zusammenhang mit einer arteriellen Hypertonie, einem Schlafapnoe-Syndrom oder einer Hirndruckerhöhung stehen. Schmerzen unmittelbar nach Alkoholeinnahme sowie kurz anhaltender (d.h. kürzer als 3 Stunden) und strikt unilateraler Kopfschmerz können auf einen Cluster-Kopfschmerz hinweisen. Ein unilateraler Dauerkopfschmerz nach Halstrauma spricht für eine Arteriendissektion.

Begleitsymptome

Als letzten Kopfschmerz-spezifischen Teil der Ana­mneseerhebung sollten die Begleitsymptome erfragt werden, am besten geordnet nach fokalneurologischen Symptomen, kranialen parasympathischen autonomen Symptomen und schliesslich unspezifischen Beschwerden. Fokalneurologische Symptome sind Sehstörungen, Sensibilitätsstörungen, Lähmungen oder Sprachstörungen und zunächst immer hinweisend auf einen sekundären Kopfschmerz. Solche sollten auch dann detailliert eruiert werden, wenn sich ­Patienten mit klassischer Migräne-Aura mit wandernden Sehstörungen, Flimmersehen und in zeitlicher Abfolge möglicherweise folgender Sensibilitätsstörung und Sprachstörung auf der Notfallstation vorstellen. Dies gilt besonders dann, wenn die Diagnose einer ­Migräne mit Aura noch nicht feststeht, das heisst solange nicht die in der internationale Kopfschmerzklassifikation geforderten mindestens zwei Episoden stattgefunden haben [1]. Alle nicht Migräne-Aura-artigen, mit Kopfschmerzen assoziierten neuen neurologischen Ausfälle sind naturgemäss hinweisend auf einen sekundären Kopfschmerz mit möglicher Schädigung von Hirnstrukturen und daher abklärungsbedürftig. Beispiele sind die transitorischen ischämischen Attacken bei Karotisdissektion, die Hemiparese bei Herpes-Enzephalitis oder intrakranieller Blutung sowie die fokalen epileptischen Anfälle bei einer Sinusvenenthrombose.
Kraniale autonome Symptome wie Lakrimation, konjunktivale Injektion, Rhinorrhoe oder nasale Kongestion – strikt unilateral und ipsilateral zum Schmerz – sind Begleitbeschwerden, die zur Diagnosestellung von trigeminoautonomen Zephalgien, zum Beispiel Cluster-Kopfschmerz dienen. Zu beachten ist aber, dass kranioautonome Symptome zunächst unspezifisch sind. So können sie auch beim Glaukomanfall, bei der Karotis-Sinus-cavernosus-Fistel oder bei der akzidentellen okulären Applikation von Gewürzmitteln auftreten. Kranioautotome Symptome können also bei harmlosen und gefährlichen Krankheiten vorkommen und sollten deswegen immer im Kontext des klinischen Gesamtbildes interpretiert werden.
Weitere unspezifische Beschwerden sind Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, niedergeschlagene Stimmung, Nackensteifigkeit, Gereiztheit, psychomotorische Verlangsamung oder Gähnen. Einige davon, wie Gähnen, Nackensteifigkeit oder vermehrtes Wasserlassen, sind Vorläufersymptome von Migräneattacken. Typischerweise ist das erstmalige Auftreten derartiger Beschwerden allerdings ein Alarmsignal, zumal Nackensteifigkeit in Form von Meningismus ein klassisches Symptom der Meningitis oder der Subarachnoidalblutung ist, während psychomotorische Verlangsamung auf eine Enzephalopathie beispielsweise metabolischer oder hormoneller Genese oder auch auf eine Enzephalitis hinweisen kann.

Vorerkrankungen

Vorerkrankungen, Medikamenten- sowie Familienanamnese runden die Anamnese ab. Bei Vorerkrankungen ist besonders auf eine mögliche vorbestehende Mi­gräne oder andere Kopfschmerzerkrankungen zu achten (zugrunde liegende primäre Kopfschmerzen). Weiter sind neoplastische oder infektiöse Erkrankungen relevant, speziell Erkrankungen mit Beeinträchtigung des Immunsystems wie HIV, Diabetes mellitus, Hepatitiden oder immunkompromittierende Therapien. Auch eine Schwangerschaft inklusive Schwangerschaftswoche und mögliche Komplikationen sollten nicht ver­gessen gehen.
Diese anamnestischen Angaben bilden den Grundpfeiler für die weitere Diagnostik, helfen «red flags» für sekundäre Kopfschmerzen zu identifizieren und damit das weitere Prozedere bei Kopfschmerzen im Notfall zu planen. Die Anamnese ist teils aufwendig und dauert möglicherweise länger als in anderen ­üblichen Notfallsituationen. Doch letztendlich spart sie auch Zeit, indem unnötige Untersuchungen vermieden werden und gezielte klinische Untersuchungen damit schneller und sicherer zur Diagnose führen.

Sinnvolle Diagnostik

Nach der Anamnese entstehen Hypothesen über die Ursache der Kopfschmerzen, die in der gezielten Untersuchung geprüft werden. Auch hier können «red flags» identifiziert werden wie zum Beispiel Fieber oder Nackensteifigkeit, die auf einen meningitischen Kopfschmerz hinweisen, in Kombination mit Paresen oder Dysphasie auch auf eine Meningoenzephalitis (wie bei der Herpes-Enzephalitis). Unilaterale konjunktivale Injektion, Mydriasis mit Kornea-Ödem und Sehstörung finden sich beim Glaukomanfall; unilaterale Miosis mit Ptosis (im Sinne eines Horner-Syndroms) beim Cluster-Kopfschmerz und der Karotisdissektion. Kopfschmerz mit Hirnnervenausfällen gibt es beispielsweise bei ­Aneurysmablutung, Liquorunterdruck oder in­trakranieller Hypertension. Auch bei diesen drei Erkrankungen bringt einen die Anamnese weiter: Die Subarachnoidalblutung manifestiert sich mit akut einsetzendem massivem Kopfschmerz («first and worst», «Donnerschlagskopfschmerz»), wogegen beim Liquorunterdruck eine Lageabhängigkeit besteht («im Stehen schlimmer als im Liegen»). Bei der intrakraniellen ­Hypertension finden sich Sehstörungen (Obskurationen) und Tinnitus. Typischerweise betroffene Hirnnerven sind der N. oculomotorius beim Aneurysma, der 
N. abducens beim Liquorunterdruck und der N. opticus, N. abducens oder N. vestibulocochlearis bei der intrakraniellen Hypertension.
Tabelle 1 listet «red flags» in Anamnese und klinischer Untersuchung sowie ihre möglichen Ur­sachen auf.
Tabelle 1: Grundlage zur Beurteilung von Kopfschmerz im Notfall bildet die ausführliche Anamnese: Die folgenden Punkte sollten in einem fokussierten Interview abgefragt werden. Bei Warnsymptomen («red flags») sollte ein sekundärer Kopfschmerz vorrangig ausgeschlossen werden.
Anamnese «Red flags»Mögliche Ursachen für sekundären Kopfschmerz
DynamikPerakuter BeginnSubarachnoidalblutung
Kontinuierliche SchmerzzunahmeSinusvenenthrombose
PhänotypStärkste KopfschmerzintensitätSubarachnoidalblutung, Meningitis, reversibles zerebrales ­Vasokonstriktionssyndrom (RCVS)
Streng unilateralGefäss-Dissektion, Arteriitis temporalis
Geänderter Phänotyp 
(noch nie dagewesen)Verschiedene
Erstmaliger KopfschmerzSubarachnoidalblutung, Sinusvenenthrombose, ­verschiedene
Begleit-
symptomeÜbelkeit (morgendlich, perakut/heftig)Verschiedene
NackensteifigkeitMeningitis, Subarachnoidalblutung, Meningeosis ­carcinomatosa
Epileptische AnfälleMeningitis, Subarachnoidalblutung, Sinusvenenthrombose, verschiedene
OhrenschmerzenOtogene Meningitis
TinnitusIntrakranielle Hypertension, Liquorverlust
Sehstörungen (Amaurosis fugax, ­Visusreduktion, ­Obskurationen)Gefässdissektion, Arteriitis temporalis, intrakranielle ­Hypertension
SchwindelVertebralisdissektion, Kleinhirntumor
GangunsicherheitVertebralisdissektion, Kleinhirntumor
AuraErstmalige Aura (v.a. bei fehlendem ­ausbreitenden ­Charakter)Subarachnoidalblutung, Meningitis, Sinusvenenthrombose, verschiedene
Negativsymptomatik: Hemianopsie, ­Hemihypästhesie, ­ParesenSubarachnoidalblutung, intrakranielle Blutung, Hirntumor, Sinusvenenthrombose, verschiedene
TriggerHusten, Pressen, horizontale oder ­vertikale Lage, bewegungsabhängig, ­Beginn bei körperlicher AnstrengungLiquorunterdruck, Hirntumore, Hirndruck
VorgeschichteAlter >50 JahreHirnblutung, Hirntumor, Arteriitis temporalis
MalignomeHirnmetastasen, Meningeosis carcinomatosa
HIV-InfektionOpportunistische Infektionen
SchwangerschaftSinusvenenthrombose, Hirnblutung, Eklampsie, reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom (RCVS), posteriores reversibles Enzephalopathie-Syndrom (PRES), Hypophysen-Apoplexie
AlkoholabususSubduralhämatom
Kürzliches Schädel-Hirn-TraumaIntrakranielle Blutungen
Kürzliches Trauma der Halswirbelsäule (HWS)Zervikogener Kopfschmerz
MedikationFehlendes Ansprechen auf bisher gut wirksame TherapienAnalgetika-Übergebrauch, verschiedene
Hormonelle KontrazeptionSinusvenenthrombose
Befunde FieberMeningitis, Arteriitis temporalis, systemischer Infekt
Blutdruck >160/100 mm HgIntrakranielle Blutung, Dissektion, zerebrale Ischämie
VigilanzminderungSubarachnoidalblutung, Sinusvenenthrombose, ­Hirndrucksteigerung, verschiedene
DesorientiertheitSubarachnoidalblutung, Meningitis, Enzephalitis, ­Sinusvenenthrombose, verschiedene
MeningismusSiehe Nackensteifigkeit
StauungspapilleSinusvenenthrombose, Hirntumor, intrakranielle ­Hypertension
Jedes unerklärte fokalneurologische ­DefizitSiehe Aura/Negativsymptomatik
Psychomotorische Verlangsamung, ­WesensveränderungEnzephalitis, metabolisch, epileptischer Anfall, Sinusvenenthrombose, intrakranielle Blutungen, verschiedenes
Zunahme bei HWS-MobilisationZervikogener Kopfschmerz
Okuläre Auffälligkeiten (Horner-Syndrom, Korneaödem, Exophthalmus)Karotisdissektion, Glaukom, Karotis-Sinus-cavernosus-Fistel
Im Notfallsetting fragen sich die behandelnden Ärzte meist weniger, ob eine Diagnostik zum Ausschluss eines sekundären Kopfschmerzes indiziert ist. Häufiger und auch schwieriger zu beantworten bleibt meist, ob eben keine weitere Diagnostik nötig ist und der Patient zum Beispiel «nur» eine Migräneattacke hat. Die Literatur dazu ist dünn und hauptsächlich von retrospektiven Studien geprägt. So kann spekuliert werden, ob bei unzureichender Kenntnis über Migräne, möglicherweise auch aufgrund von medikolegalen Überlegungen oder Druck von Kollegen, zu viele bildgebende Untersuchungen des Schädels durchgeführt werden. Hilfe geben hier verschiedene Fachgesellschaften mit ihrer Empfehlung, dass junge Patienten mit unverändertem vorbestehendem Kopfschmerz (Migränepa­tienten) ohne epileptische Anfälle und ohne fokalneurologisches Defizit keiner Bildgebung bedürfen [5]. Nur stellt sich die Frage, ob sich unsere Patienten auf der Notfallstation wegen «unverändert vorbestehender Kopfschmerzen» typischerweise melden würden oder ob nicht vielmehr automatisch ein anders geartetes Kopfschmerz­ereignis vorliegen muss, sodass diese Empfehlung den Kern des Problems verfehlt. Klarheit herrscht hingegen darüber, dass bei neuem Kopfschmerzmuster, epileptischen Anfällen und pathologischem Unter­suchungsbefund respektive begleitender HIV-Erkrankung eine Bildgebung durchgeführt werden muss. Die Patienten dazwischen, gerade diejenigen mit bekannter Migräne, jetzt aber irgendwie verändertem Kopfschmerz (stärker, länger, schwieriger zu behandeln, andere Lokalisation etc.), machen aber das Gros der Kopfschmerzpatienten im Notfallsetting aus. Bei diesen Patienten ist die Entscheidung gegen eine Bildgebung oftmals schwierig.
Wenn eine zerebrale Bildgebung erfolgt, dann typischerweise eine Computertomographie (CT), ergänzt durch eine Gefässdarstellung (z.B. bei möglicher Dissektion, venös bei Verdacht auf Sinusvenenthrombose). Zu beachten ist allerdings, dass die Magnetresonanztomographie (MRT) hinsichtlich Sensitivität und Spezifität der CT insbesondere bei Kopfschmerzerkrankungen überlegen ist (siehe auch Tab. 2). Beispielsweise sind Stenosen bei Dissektionen zwar in der CT-Angiographie sichtbar, die Dissektion selbst respektive das Wandhämatom aber nur im MRT nachweisbar (Abb. 1). Wenn logistisch möglich, sollte also bei Verdacht auf eine der in Tabelle 2 aufgeführten Erkrankungen eine MRT bereits im Notfallsetting durchgeführt werden. Bei fehlenden Ressourcen empfehlen wir eine CT-Angiographie. Bei weiterhin unklar bleibendem Kopfschmerz sollte möglichst rasch eine MRT ergänzt werden, je nach potentieller Gefährdung des Patienten noch auf dem Notfall, nach stationärer Aufnahme und Überwachung oder im ambulanten Setting. Bei Kopfschmerz in der Schwangerschaft ist die CT bekanntermassen kontraindiziert.
Tabelle 2: Sekundäre Kopfschmerzen, bei deren Diagnostik die Magnetresonanztomographie der Computertomographie überlegen ist.
Ursachen für sekundäre Kopfschmerzen
Dissektion
Brückenvenenthrombose
Hypophysenapoplexie
Subarachnoidalblutung (v.a. bei Beginn vor >24 bis 48 Stunden)
Liquorverlustsyndrom
Reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom (RCVS)
Hirnmetastasen
Infektiöse Erkrankungen des Zentralnervensystems
Autoimmune Erkrankungen des Zentralnervensystems
Pathologien der hinteren Schädelgrube
Abbildung 1: Im Notfallsetting wird aus logistischen Gründen oftmals nur eine Computertomographie (CT) zum Ausschluss eines sekundären Kopfschmerzes eingesetzt. In einigen Fällen (Tab. 2) wird allerdings eine Magnetresonanztomographie (MRT) benötigt, beispielsweise zur Beurteilung ­einer möglichen Dissektion. Diese stellt sich in der CT-Angiographie als Stenose dar (Lumeneinengung der rechten A. vertebralis, schwarzer Pfeil in A). Der Nachweis des Wandhämatoms (schwarze Pfeilspitze in B) gelingt allerdings nur mit entsprechenden Sequenzen in der MRT (fettsupprimierte T1-Wichtung, weisser Pfeil in B : Lumeneinengung).
Bei Verdacht auf sekundären oder bedrohlichen Kopfschmerz empfehlen wir zusätzlich zur Bildgebung die Evaluation der in Tabelle 3 aufgelisteten Untersuchungen. Zum sicheren Ausschluss einer Subarachnoidalblutung ist bei unauffälliger Bildgebung eine Lumbalpunktion (LP) notwendig zur Detektion von persistierendem Blut in der Dreigläserprobe oder von Xanthochromie, wenn die Punktion mindestens zwei Stunden nach Kopfschmerzbeginn erfolgt. Bei klinischem Verdacht auf ein Liquorunterdrucksyndrom sollte, wenn möglich, auf die LP bis nach der MRT (siehe oben und Tabelle 2) verzichtet werden, da es durch die Punktion zu einer klinischen Verschlechterung sowie einer Verfälschung der MRT kommen kann. Bei möglicher intrakranieller Hypertension sollte die Messung des Liquoreröffnungsdrucks (Normal 6–25 cm CSF) im Liegen nicht vergessen werden. Dabei ist wichtig, dass der Patient entspannt atmet. Pressen, Luftanhalten und Krümmen produzieren falsch hohe Werte.
Tabelle 3: Zur Beurteilung, ob dem aktuellen Kopfschmerz eine bedrohliche Erkrankung zugrunde liegen könnte, sind oftmals zusätzlich zur zerebralen Bildgebung weitere Untersuchungen notwendig.
ModalitätSpezifische UntersuchungenFragestellung
LaborElektrolyte, Entzündungswerte (CRP, Leukozyten, ggf. Blutsenkungsgeschwindigkeit), Nieren- und Leberwerte, Schilddrüsen­parameter, Gerinnung (PTT, INR), Blutbild (mit Thrombozyten)Verschiedene sekundäre Kopfschmerzen
BildgebungNasennebenhöhlen-Bildgebung 
(ggf. mit HNO-Konsil)Sinusitis, sinugener Abszess/bakterielle ­Meningitis
LiquorZellen, Glukose, Protein, ggf. Elektrophorese oder ErregerdiagnostikMeningitis/Enzephalitis, Subarachnoidal­blutung
Nach unserer Ansicht sind damit die meisten sekundären Kopfschmerztypen identifiziert. Liegt eine therapierefraktäre Migräneattacke vor respektive kann mit genanntem Vorgehen ein sekundärer Kopfschmerz ausgeschlossen werden, sollte eine Kopfschmerzat­tacke wie eine akute Migräne behandelt werden.

«Therapieresistenter» Kopfschmerz – 
wie eskalieren?

Die Therapie sekundärer Kopfschmerzen ist ursächlich und symptomatisch. Symptomatisch behandeln wir nach WHO-Stufenschema mit Paracetamol 1 g i.v. bei leichteren Schmerzen. Nach Ausschluss einer Blutung kann auch Ibuprofen 600 mg p.o. oder Acetylsalicylsäure 1 g i.v. eingesetzt werden. Nach Erfahrung der Autoren ist Metamizol 1 g i.v. ebenfalls gut wirksam, wobei die Zulassungsbeschränkung auf starke, nicht anderweitig therapierbare Schmerzen beachtet werden muss. Auf den Einsatz von Opiaten sollte verzichtet werden, da sie gerade bei Kopfschmerzpatienten rasch zu Abhängigkeit und Medikamentenübergebrauchskopfschmerz führen können. Ausnahme ist hier der hochgradige Verdacht oder Nachweis einer ­intrakraniellen Blutung oder einer Meningitis mit massiven Kopfschmerzen (Einsatz von Morphin, Fentanyl oder Oxycodon möglich, cave Vigilanzminderung). In diesem Fall sollte aufgrund der potentiell vasokons­triktorischen Wirkung beziehungsweise der Gerinnungsbeeinträchtigung auf Triptane oder Acetylsalicylsäure verzichtet werden.
Anders verhält es sich bei Migräneattacken, vor allem wenn sich kein Hinweis auf einen sekundären Kopfschmerz ergibt. Opiate sind bei Migräneattacken nicht wirksam. Anders als beispielsweise beim Tumorschmerz und der Subarachnoidalblutung kann der ­sedierende und teilweise psychotrop-euphorisierende Effekt mittelfristig zu gehäuftem Konsum oder Wunsch nach Verordnung durch den Hausarzt mit dem Risiko eines sich rasch entwickelnden Medikamentenübergebrauchskopfschmerzes führen. Weiterhin gibt es Hinweise ­darauf, dass Opiate die Wirksamkeit nachträglich verabreichter Triptane vermindern können [3]. Eine Mi­gräneattacke ist häufig stark, wenn sich Patienten zu ­einer Vorstellung auf dem Nootfall entschliessen. Begleitende vegetative Symptome sind häufig, wie Appetitmangel, Übelkeit oder gar Erbrechen, die die enterale Resorption von oraler Medikation vermindern können. Ausserdem wurden bereits zu Hause verschiedene Analgetika versucht. Aus diesen Gründen empfehlen wir eine parenterale Gabe von Medikamenten nach einem Stufenschema:
Wie bereits erwähnt, empfehlen wir initial Paracetamol 1 g i.v. oder (bei Erfolglosigkeit bzw. möglicher in­trakranieller Blutung) Metamizol 1 g i.v. gegebenenfalls in Kombination mit Metoclopramid 10 mg i.v., solange ein sekundärer Kopfschmerz nicht sicher ausgeschlossen ist. Liegt sicher eine persistierende Migräneattacke vor, sollten Acetylsalicylsäure 1 g i.v. und parenterale (nasal, subkutan, rektal) respektive linguale Triptane eingesetzt werden [6]. Wurden bereits Triptane ohne Effekt eingenommen, wäre die nächste Eskalationsstufe systemische Kortikosteroide (z.B. Dexamethason 10 mg oder Methylprednisolon 100 mg). Steroide können gegebenenfalls auch über drei Tage gegeben werden, ergänzt durch einen Magenschutz, um das Wiederauftreten von Migräne­attacken zu verhindern. Flüssigkeitsmangel, bespielsweise wegen Erbrechen, sollte parenteral substituiert werden.

Cluster-Kopfschmerz – wie erkennen ­
und im Notfall behandeln

Nach der Migräne und dem Spannungskopfschmerz ist der Cluster-Kopfschmerz die häufigste primäre Kopfschmerzerkrankung. Er ist gekennzeichnet durch das rezidivierende Auftreten von typischerweise streng einseitigem, nicht seitenwechselndem, stärkstem, meist retroorbitalem Kopfschmerz kurzer Dauer. Die Attacken sollten unbehandelt weniger als drei Stunden ­dauern und lassen sich dadurch gut von Migräne­attacken unterscheiden, die unbehandelt beziehungsweise ungenügend behandelt 4–72 Stunden dauern. Der Cluster-Kopfschmerz gehört in die Gruppe der ­trigeminoautonomen Zephalgien [1], das heisst neben den Kopfschmerzen findet sich eine Aktivierung pa­rasympathischer Funktionen, insbesondere Lakrimation, konjunktivale Injektion sowie nasale Kongestion oder Rhinorrhoe, einseitig und ipsilateral zum Schmerz. Oftmals treten die Attacken plötzlich in der Nacht auf, behindern damit den Nachtschlaf und sind in ihrer Intensität so belastend, dass Patienten mit chronischem Cluster-Kopfschmerz ein signifikant erhöhtes Selbstmordrisiko haben («suicide headache»). Bei einer Vorstellung von Patienten im Notfall sollte die Suizidalität aktiv angesprochen werden. Meist stellen sich die Pa­tienten interiktal zwischen zwei Attacken vor, sodass die Hauptaufgaben der Ausschluss einer sekundären Genese und die Beratung darstellen. Bei klassischem Verlauf und normalem Untersuchungsbefund kann auf eine akute Bildgebung im Notfallsetting verzichtet werden. Eine einmalige MRT des Schädels wird aber bei trigeminoautonomem Kopfschmerz empfohlen mit Darstellung von Hypophysen- (Hypophysenraumforderung?) und Sinus-cavernosus-Feinschichtung (Fistel, Raumforderung, Entzündung?), Darstellung des kraniozervikalen Übergangs (Raumforderung, Hirnstammläsion?) sowie der extrakraniellen Gefässe (Karotisdissektion?). Wichtig ist der Beginn einer Prophylaxe nach Leitlinien: Erste Wahl sind Kortiko­steroide (mind. 1 mg/kg Körpergewicht initial für 2–5 Tage, dann individuell ausschleichen) überlappend mit der Eindosierung des langfristigen Prophylaktikums Verapamil, falls keine Kontraindikationen vorliegen (Beginn mit 3 × 80 mg/Tag mit rascher Steigerung, d.h. alle drei Tage, um 80 bis 240 mg/Tag bis zunächst 480 mg/Tag, danach gegebenenfalls weitere Steigerung unter regelmässiger Kontrolle von EKG, Blutdruck und eventuell Herzecho). Weiterhin verordnen wir eine ausreichende Menge rasch wirksamer Triptane (Sumatriptan subkutan bzw. Zolmitriptan nasal, z.T. mehrere Einzeldosen pro Tag über mehrere Tage). Wird eine akute Attacke im Notfall beobachtet, sollte Sauerstoff versucht werden (z.B. 12–15 l/min, über Maske mit Reservoir) [7]. Der Therapieeffekt auf Sauerstoff (erwartet nach maximal 15 Minuten) ist zu dokumentieren, sodass gegebenenfalls eine Heimversorgung organisiert werden kann (Heimsauerstoff nach Kostengutsprache durch die Krankenversicherung über die Lungenliga erhältlich). Jeder Patient mit Cluster-Kopfschmerzen benötigt ein klares Prozedere: rasche neurologische Wiedervorstellung, das heisst innerhalb von zwei Wochen, zur Beurteilung des Effektes von Basis- und Akuttherapie, idealerweise in einer Kopfschmerz­ambulanz oder beim niedergelassenen Neurologen. Bei Therapieversagen erfolgt eine stationäre Aufnahme zur Schmerztherapie, auch in Anbetracht der erhöhten Suizidalität. Off-label-Optionen in diesem Fall sind Valproat i.v. beziehungsweise langwirksame Triptane wie Frovatriptan zur Nacht bei nächtlichen Attacken.

Abschliessende Beurteilung und ­Therapieempfehlung

Die Ziele der Visite eines Patienten mit Kopfschmerzen auf dem Notfall sind vielfältig. Der Ausschluss bedrohlicher Erkrankungen und die Akuttherapie der Attacke stehen zunächst im Vordergrund. Im Alltag geht aber leider häufig unter, dass ein klares Prozedere festgelegt werden muss, um eine Wiedervorstellung auf dem Notfall zu verhindern. Patienten sollten klare Instruktionen erhalten, wann sie sich bei wem in der Folge melden sollen. Oftmals wird bei Entlassung keine spezifische Diagnose angegeben («akuter Kopfschmerz ohne Hinweis auf eine strukturelle Ursache») und die Chance auf eine Diagnosestellung zum Beispiel beim Neurologen oder Kopfschmerzexperten wird vertan [3]. Der Anspruch an ein Notfallteam sollte also sein, dass alle Patienten nach Anamnese, Untersuchung und Akuttherapie mit einer begründeten Verdachts­diagnose entlassen werden sowie mit der Planung des weiteren Vorgehens. In diesem Zusammenhang empfehlen wir, einen Kopfschmerzkalender zu führen, ­damit bei Wiedervorstellung bereits mehr über die Häufigkeit und den Charakter der Kopfschmerzen ausgesagt werden kann, was für die ambulante Therapieplanung entscheidend ist. Eine Anleitung für eine suffiziente Akuttherapie im Bedarfsfall sowie der Beginn einer medikamentösen Prophylaxe, falls indiziert, sollte ebenso angeboten werden.

Zusammenfassender Algorithmus

Patienten, die sich mit Kopfschmerzen auf dem Notfall vorstellen, benötigen neben der Schmerztherapie eine sorgfältige Überprüfung, ob ein sekundärer Kopfschmerz vorliegen könnte (Abb. 2). Die entscheidende Basis dafür ist eine ausführliche Anamnese (insbesondere der Dynamik des Schmerzes, vorbestehender Kopfschmerzen, der Medikation und anderer Vorerkrankungen). Finden sich «red flags», sollte mittels Bildgebung, Routinelabor und gegebenenfalls LP untersucht werden, ob es sich um einen möglicherweise gefährlichen sekundären Kopfschmerz handelt. Bildgebungen werden manchmal auch ohne «red flags» durchgeführt, beispielsweise wenn Arzt oder Patient mehr Gewissheit brauchen. Eine symptomatische Therapie ist wichtig und abhängig von der Differentialdiagnose. Triptane, Acetylsalicylsäure, Sauerstoff, nicht­steroidale Antirheumatika (NSAR) oder, vor Ausschluss einer intrakraniellen Blutung, Paracetamol, Metamizol und Antiemetika können eingesetzt werden. Opioide sollten vermieden werden, insbesondere bei Migräne­patienten. Therapie der Wahl beim Status mi­graenosus sind parenterale Triptane, Metoclopramid und Acetylsalicylsäure.
Abbildung 2: Algorithmus zur Evaluation von Patienten mit Kopfweh auf dem Notfall. Findet sich ein pathologischer Befund, muss dieser den Kopfschmerz auch erklären ­können, damit ein sekundärer Kopfschmerz diagnostiziert werden kann (*).
CCT = kraniale Computertomographie, MRT = Magnetresonanztomographie.
Vor Entlassung sollte stets eine Verdachtsdiagnose formuliert werden. Es sollte auch an die Zeit nach der Entlassung gedacht werden. Man sollte mit dem Patienten besprechen, wer ihn zu welchem Zeitpunkt weiterbetreuen wird. Eine Anbindung beim Neurologen oder ­an eine Kopfschmerzambulanz kann eine gute Option sein, besonders bei Patienten mit Cluster-Kopfschmerzen oder anderen trigeminoautonomen Zephalgien sowie bei Patienten mit chronischer, therapierefraktärer Migräne respektive Schmerzmittelübergebrauch.

Das Wichtigste für die Praxis

• Kopfweh ist einer der häufigsten Gründe für eine Vorstellung auf dem Notfall.
• Die Identifikation eines sekundären Kopfschmerzes ist essentiell und stützt sich vor allem auf eine ausführliche Anamnese mit klinischer Untersuchung.
• «Red flags» müssen aktiv erfragt und gesucht werden. Bei Vorliegen solcher Alarmzeichen muss die weitere Diagnostik (Bildgebung, Labor und eventuell Lumbalpunktion) individuell zielgerichtet erfolgen.
• Die Akuttherapie vor Ausschluss eines sekundären Kopfschmerzes erfolgt zunächst mit Paracetamol, Metamizol, NSAR und Metoclopramid.
• Opiate sollten vermieden werden, ausser bei möglicher Subarachnoidalblutung respektive Meningitis (cave Vigilanzminderung als Nebenwirkung).
• Gesicherte, bisher therapierefraktäre Migräneattacken werden mit parenteralen Triptanen oder Kortikosteroiden behandelt.
• Bei stärksten einseitigen Kopfschmerzen mit autonomen Zeichen sollte an trigeminoautonome Kopfschmerzen gedacht werden, insbesondere an den Cluster-Kopfschmerz. Solche Patienten brauchen eine enge Weiterbetreuung (Stichwort «suicide headache»).
• Beim Verlassen der Notfallstation müssen eine möglichst spezifische Dia­gnose, eine adäquate Akut- und Basistherapie sowie ein klares Prozedere zur Nachkontrolle festgelegt werden. Patienten sollten auch ein Kopfschmerztagebuch führen.
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
PD Dr. med.
Christoph Schankin
Neurologische Klinik
Inselspital,
Universitäts­spital Bern
Universität Bern
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CH-3010 Bern
christoph.schankin[at]
insel.ch
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