Das Kind ist krank!
Vorgehen bei pädiatrischen Patienten mit einer akuten febrilen Erkrankung

Das Kind ist krank!

Übersichtsartikel AIM
Ausgabe
2017/42
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2017.03045
Schweiz Med Forum 2017;17(42):899-903

Affiliations
Universitäts-Kinderspital Zürich
a Interdisziplinäre Notfallstation, b Abteilung Infektiologie und Spitalhygiene

Publiziert am 18.10.2017

Fieber löst viele Ängste aus und ist der häufigste Grund, warum Eltern mit ihren kranken Kindern einen Arzt aufsuchen. Welche Faktoren helfen in der Differenzierung, welche Kinder sind ernsthaft krank und wann sind weitere Abklärungen indiziert?

Einführung

Die Notfallstation des Kinderspitals Zürich mit über 40 000 Patienten pro Jahr wird täglich mehrfach von besorgten Eltern mit ihren Kindern aufgesucht, weil diese Fieber entwickelt haben.
Interessanterweise herrscht in der Bevölkerung weitverbreitet die Meinung, dass Fieber gefährlich sei. Fieber ist jedoch ein Symptom und keine Krankheit; es ist eine normale Reaktion des Körpers auf eine Infektion. Die Definition von Fieber wird kontrovers gehandhabt, eine mögliche Definition ist eine rektal gemessene Körpertemperatur von >38 °C. Die Höhe des Fiebers sagt nichts über den Schweregrad der Erkrankung aus; vor allem Kleinkinder fiebern oft bis über 40 °C. Fieber ist nicht gefährlich und muss auch nicht gesenkt ­werden, ausser dem Kind ist es unwohl oder es trinkt schlecht. Ebenfalls kann durch konsequentes Fiebersenken kein Fieberkrampf verhindert werden. Die antipyretische Therapie wird in diesem Artikel nicht diskutiert.
Die häufigsten Ursachen von Fieber sind virale Infek­tionen, jedoch müssen bakterielle Erkrankungen erkannt werden. Diese Abgrenzung ist schwierig. Eine sorgfältige Anamnese und somatische Untersuchung, kombiniert mit Erfahrung, erlaubt diese aber in den meisten Fällen.
Stellt sich ein krankes Kind mit seinen Eltern in einer Praxis vor, hat sich die in Abbildung 1 dargestellte Triagierung bewährt.
Abbildung 1: Triagierung in der Praxis (Quelle: Nadal D, Berger C. Bakterielle Infektionen beim Kind. ­ComMed Healthcare; 2003. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung).

Anamnese

Die Anamnese gibt uns die entscheidenden Hinweise, warum ein Kind Fieber hat, ob es sich um eine selbst­limitierende virale Infektion handelt oder ob sich etwas Gesundheitsgefährdendes hinter dem Symptom Fieber verbergen könnte. Berichten die Eltern beispielsweise, dass ihr zweijähriges Kind erkältet sei mit Schnupfen und Husten, nach Fiebersenkung gehe es ihm gut, es möge umherspringen, spielen, lachen und trinke gut, dann ist dies sehr suggestiv für eine harmlose virale Erkrankung. Ein akuter Notfall liegt somit nicht vor.
Bei der Erhebung der Anamnese sollten folgende Punkte erfragt werden:
– Dauer des Fiebers (allenfalls zweigipfliger Verlauf);
– Symptome (Schnupfen, Husten, Erbrechen, Durchfall);
– Trinkverhalten;
– Allgemeinzustand (insbesondere auch nach Fiebersenkung);
– Reiseanamnese (Auslandaufenthalt);
– Tierkontakte;
– Grunderkrankung;
– Impfstatus;
– Umgebungsanamnese.

Alter

Je jünger das erkrankte Kind ist, desto schwieriger ist die korrekte Einschätzung seines Gesundheitszustandes. Aufgrund dessen und in Anbetracht der erhöhten Inzidenz von invasiven bakteriellen Infektionen in der Neonatalperiode, sollten Säuglinge unter drei Monaten mit Fieber rasch von einem erfahrenen Arzt beurteilt werden. Insbesondere febrile Kinder bis zum Alter von vier Wochen benötigen umgehend eine ausführliche Diagnostik mit Abnahme von Blut-, Urin- und Liquorkulturen vor Beginn einer empirischen intravenösen antibiotischen Therapie.

Grunderkrankung

Leidet der febrile Patient an einer Grunderkrankung mit einem erhöhten Risiko für invasive Infektionen (zum Beispiel Sichelzellanämie oder Immunsuppression), braucht der Patient notfallmässig weitere Abklärungen.

Reiserückkehrer

Bei Fieber nach einem Aufenthalt in den Tropen müssen, je nach Reisegebiet, Typhus und Malaria ausgeschlossen werden. Das oft beschriebene typische Fiebermuster bei Malaria fehlt häufig in der Praxis. Deshalb ist eine Malariadiagnostik bei jedem febrilen Kind nach Rückkehr aus einem Malariagebiet indiziert. Hilfreiche Informationen finden sich unter www.safetravel.ch.

Klinische Untersuchung

Bei jedem Kind mit Fieber sollte versucht werden, den Schweregrad der Infektion einzuschätzen. Bereits das Beobachten des Kindes liefert wichtige Informationen: Wie ist sein Allgemeinzustand? Mag es umherlaufen? Wie ist sein Kolorit? Seine Atmung? Anschliessend muss die periphere Durchblutung beurteilt werden. Ist sie intakt, spricht dies gegen einen septischen Schock (warme Peripherie mit einer prompten Rekapillarisa­tionszeit, normofrequenter, kräftiger peripherer Puls).
Eine exakte klinische Untersuchung für die Fokussuche des Fiebers ist das Handwerk eines Arztes und kann durch keinen Labortest ersetzt werden.
Nachfolgend werden die häufigsten behandlungsbedürftigen Infektionskrankheiten mit ihren jeweiligen klinischen Zeichen und den wichtigsten diagnostischen und therapeutischen Massnahmen besprochen.

Otitis media acuta

Das Leitsymptom einer Mittelohrenzündung sind Schmerzen. Bei der Untersuchung zeigt sich ein gerötetes und vorgewölbtes, entdifferenziertes Trommelfell, bei einer Perforation des entzündeten Trommelfells eine Otorrhoe. Die klinische Unterscheidung zwischen einer akuten viralen oder bakteriellen Otitis media acuta ist nicht möglich und die Spontanheilung der akuten Otitis media liegt auch bei bakteriellen Erregern zwischen 69–97%. Aufgrund dessen empfiehlt sich ein stufenweises Vorgehen mit primär nur analgetischer Therapie.

Angina tonsillaris

Die durch β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A verursachte Angina tonsillaris wird vermutlich überdiagnostiziert. Von der Gruppe A-Streptokokken-Angina betroffen sind meistens Kinder im Schulalter, der Erkrankungsgipfel liegt im Winter/Frühjahr mit plötzlichem Fieber, starken Hals- und Schluckschmerzen und einer zervikalen Lymphadenitis ohne Rhinitis, Husten oder Konjunktivitis. Die Tonsillen sind ver­grössert und stark gerötet und können mit weissen Stippchen belegt sein. Da bis zu 25% der Kinder in Wintermonaten Träger von Streptokokken der Gruppe A sind, sollte nur bei hohem klinischem Verdacht ein Streptokokken-A-Schnelltest durchgeführt und bei Bestätigung der Verdachtsdiagnose eine antibiotische Therapie mit Penicillin initiiert werden [1]. Der Grund für eine antibiotische Therapie ist nach heutigem ­Wissensstand nicht mehr primär das Vermeiden von Spätkomplikationen wie das rheumatische Fieber, sondern eine raschere Besserung der akuten Symptomatik, vor allem der ausgeprägten Dysphagie. Um unnötige antibiotische Therapien von viralen Tonsillopharyn­gitiden zu minimieren, hat die «Pediatric Infectious Disease Group of Switzerland» (PIGS) die in Abbildung  2 aufgeführten Kriterien veröffentlicht.
Abbildung 2: Kriterien für eine Antibiotikatherapie bei Tonsillopharyngitis mit Streptokokken A (Quelle: www.pigs.ch 2010; PIGS [«Pediatric Infectious Disease Group of Switzerland»], Nachdruck mit freundlicher Genehmigung).
* modifizierte Centor-Kriterien: Fieber, akute Tonsillitis (Rötung, Beläge), zervikale Lymphadenitis, OHNE: Rhinitis, Konjunktivitis, Otitis, Heiserkeit, Husten
** Alter (5–) 10–15 Jahre, Jahreszeit: Winter/Frühjahr

Pneumonie

Patienten mit einer Pneumonie zeigen typischerweise einen reduzierten Allgemeinzustand mit einer vermehrten Atemarbeit mit Tachypnoe (vor allem Kleinkinder), Dyspnoe mit thorakalen Einziehungen und Husten. Das klinische Spektrum ist breit und geht von Fieber ohne Fokus (vor allem Säuglinge) bis zur Sym­ptomatik eines akuten Abdomens. Hinweisend für eine Pneumonie sind ein verschärftes oder abgeschwächtes Atemgeräusch und feinblasige Rasselgeräusche, bei ­einer Pleuropneumonie zeigt sich zusätzlich perku­torisch ein hyposonorer Klopfschall. Die häufigsten ­Erreger einer Pneumonie sind Viren. Diese verursachen eine Mehr-Etagen-Infektion (Rhinitis, Pharyngitis, Konjunktivitis) und oftmals einen ob­struktiven Auskultationsbefund. Auch ein Thorax-Röntgenbild erlaubt nicht die Zuordnung zur mikrobiologischen Ätiologie der Infektion, jedoch soll bei einer Lobärpneumonie mit/ohne Erguss und Verdacht auf eine bakterielle ­Ursache eine antibiotische Therapie erfolgen [2]. Die PIGS definiert folgende Kriterien für eine antibiotische Therapie (Tab. 1):
Tabelle 1: Kriterien für eine Antibiotikatherapie der Pneumonie beim (Klein-)Kind.
Pneumoniezeichen (Anamnese und Klinik)
Fieber >38,5 °C, rasche Verschlechterung, Husten
Tachypnoe, Einziehungen, Nasenflügeln, Stöhnen
Auskultationsbefund (Alter >1 Jahr): für Pneumonie spricht:
Seitendifferenz, unilateral abgeschwächtes Atemgeräusch
Gegen Antibiotika-bedürftige Pneumonie sprechen:
Fehlende Tachypnoe, Wheezing
Eventuell zusätzlich Thorax-Röntgenbild: alveoläres Infiltrat
Ja Argument für Antibiotikatherapie
Nein primär beobachtende Haltung ohne Antibiotika
Quelle: www.pigs.ch 2010; PIGS («Pediatric Infectious Disease Group of Switzerland»), Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.

Pyelonephritis

Bei einem Säugling mit Fieber ohne Fokus muss eine Pyelonephritis aktiv gesucht beziehungsweise ausgeschlossen werden. Dies geschieht mittels Urinstatus und Urinkultur aus einem sauber gewonnenen Urin (primär Einmalkatheterisierung oder suprapubische Blasenpunktion) [3]. Aufgrund zunehmender Resistenzen gegenüber den klassisch eingesetzten Antibiotika werden eine Urinkultur und ein Antibiogramm benötigt, um die Patienten korrekt zu behandeln. Demzufolge ist es obsolet, mittels Urinsäcklein einen febrilen Harnwegsinfekt zu diagnostizieren. Ein blander Urinstatus aus einem mittels Säcklein gewonnenen Urin macht eine Pyelonephritis hingegen äusserst unwahrscheinlich. Zudem darf und soll bei einem klinischen Fokus für das Fieber bei Kindern >1 Monat auf eine Urinuntersuchung verzichtet werden. Dies gilt ebenfalls ab dem Schulalter bei fehlender Dysurie.

Meningitis

Kinder mit einer Meningitis präsentieren sich meistens in einem reduzierten Allgemeinzustand mit Fieber, Nacken- und/oder Rückenschmerzen sowie Kopfschmerzen mit Erbrechen als Ausdruck eines erhöhten Hirndruckes. Diese klassischen Symptome können bei Kleinkindern fehlen. Oft werden in diesem Alter vermehrtes Weinen, Irritabilität und Schreckhaftigkeit beobachtet. In der klinischen Untersuchung muss ein Meningismus sorgfältig gesucht werden. Im ersten ­Lebensjahr kann dieser fehlen, hingegen kann (muss nicht!) eine vorgewölbte Fontanelle als Zeichen eines erhöhten Hirndruckes vorliegen. Bei Verdacht auf eine Meningitis sollte das Kind umgehend in eine Kindernotfallstation zugewiesen werden zur Diagnostik und Therapie [4].
Eine zuverlässige Unterscheidung zwischen einer viralen und bakteriellen Meningitis ist ausschliesslich mittels Lumbalpunktion möglich.

Osteomyelitis / septische Arthritis

Eine bakterielle Knochen- oder Gelenksinfektion manifestiert sich meistens mit schmerzbedingter Schonhaltung bis zur Gehverweigerung. In der klinischen Untersuchung zeigen sich, je nach Lokalisation, lediglich eine Schonhaltung oder Druckdolenz, manchmal aber auch eindeutige lokale Entzündungszeichen wie Rötung, Schwellung und Überwärmung. Insbesondere das Erkennen einer Spondylodiszitis im Kleinkindes­alter ist herausfordernd, da die Klinik meistens sehr subtil ist; typischerweise vermeiden die Kinder eine Fle­xionsbewegung der Wirbelsäule (steifer Rücken, Sitzverweigerung, Schmerzen beim Wickeln). In solchen Situationen ist es wichtig, an die Möglichkeit einer ossären Infektion zu denken und dementsprechend eine weitere Diagnostik (Blutuntersuchung, radiologische Abklärungen) und Therapie einzuleiten. Gerade bei kleinen Kindern können das CRP und das Blutbild normal sein, und nur eine erhöhte Blutsenkungsreaktion weist auf eine osteoartikuläre Infektion hin.

Sepsis

Die Sepsis ist ursächlich für einen Hauptteil der Kindersterblichkeit, deshalb muss diese bei jedem febrilen Kind in Betracht gezogen werden. Mit Abstand die grösste Risikopopulation sind Neugeborene, Säuglinge und Kleinkinder.
Die Beurteilung eines hochfebrilen Kindes ist schwierig, denn diese Kinder sind oft in einem reduzierten All­gemeinzustand, jammrig, tachykard und haben mög­licherweise ein marmoriertes Kolorit. In diesen Si­tuationen empfehlen wir eine Antipyrese und eine engmaschige klinische Reevaluation, um zu differenzieren, ob die auffälligen Befunde aufgrund des hohen Fiebers oder der Erkrankung bestehen. Bleibt das Kind nach Fiebersenkung weiterhin reduziert und tachykard, muss an die Möglichkeit einer bestehenden Sepsis gedacht und dementsprechend gehandelt werden (Abnahme von Blutkulturen, intravenöse Volumen- und Antibiotikatherapie). Die Herausforderung besteht darin, den kompensierten septischen Schock zu erkennen und direkt zu behandeln, bevor sich ein ­dekompensierter septischer Schock mit einer arteriellen Hypotonie entwickelt. Die wichtigsten klinischen Zeichen für einen septischen Schock sind:

Septischer Schock: wichtigste klinische Zeichen


Reduzierter Allgemeinzustand
Dyspnoe (stossende Atmung)
Blasses, gräuliches Kolorit
Kühle/kalte Peripherie
Verlängerte Rekapillarisationszeit >2 Sekunden
Tachykardie nach Fiebersenkung
Veränderter Bewusstseinszustand
Hautblutungen (Petechien oder Suffusionen)
Äusserst gefürchtet sind die fulminant verlaufenden, invasiven Meningokokken-Infektionen, welche vor ­allem Säuglinge im Alter von 6–12 Monaten und Jugendliche betreffen. Oft beginnt die Erkrankung mit einer Infektion der oberen Atemwege mit einer anschlies­senden akuten Verschlechterung. Neben den klassischen Sepsiszeichen wie kalte Peripherie und blass-graues Kolorit zeigen die Patienten auch Schüttelfrost als Ausdruck einer Bakteriämie und betroffene Jugendliche klagen oft über Beinschmerzen. In der klinischen Untersuchung können in 75% der Fälle Hautveränderungen an den Extremitäten und am Stamm auffallen. Diese klinische Verdachtsdiagnose erfordert ein rasches Vorgehen mit Einleiten der Akuttherapie ohne Verzögerung wie Abwarten auf Laborresultate, insbesondere da ­Patienten mit Sepsis initial noch normale Entzündungswerte (Leukozyten, CRP) haben können.

Toxisches Schock-Syndrom

Stellt sich eine Jugendliche in einem reduzierten All­gemeinzustand mit Erbrechen, Durchfall, einer Hyperämie der Konjunktiven und einem feinen roten Exanthem in der Notfallstation vor und hat sie zur selben Zeit die Menstruation, ist die Verdachtsdiagnose eines toxischen Schock-Syndroms (TSS) rasch gestellt. Die Pa­tientin muss unmittelbar mit intravenöser Flüssigkeitsgabe und Antibiotika behandelt werden.
Das TSS ist eine lebensgefährliche Erkrankung mit einer Mortalität bis 50% und muss rasch erkannt und therapiert werden. Das klassische Menstruations-assoziierte TSS wird durch Toxin-bildende Staphylococcus aureus-Stämme ausgelöst. Das TSS-Toxin-1 wirkt als Superantigen und verursacht eine massive Zytokinausschüttung. Diese führt zur typischen Symptomatik mit hohem ­Fieber und Beteiligung des Gastrointestinaltraktes (Erbrechen, Durchfall), der Schleimhäute (unter anderem konjunktivale Hyperämie), der Leber, Niere, Muskulatur (ausgeprägte Myalgien) und des Zentralnervensystems. Nach ein bis zwei Wochen zeigen sich an Handflächen und Fusssohlen grob­lamelläre Hautschuppungen.
Sowohl das klassische Staphylokokken- als auch Streptokokken-TSS müssen rasch erkannt werden und unverzüglich parenteral antibiotisch behandelt werden.
Für den klinischen Alltag ist es entscheidend, nicht nur bei weiblichen Jugendlichen an diese lebensgefährliche Erkrankung mit potentiellem Multiorganversagen zu denken, sondern bei allen Patienten mit Verletzungen der Haut, also zum Beispiel auch bei Varizellen und thermischen Verletzungen.
Besonders gefürchtet ist das TSS bei Patienten mit thermischen Verletzungen, da es weiterhin die häufigste Ursache eines unerwarteten Todesfalls bei Kindern mit kleinflächigen thermischen Verletzungen darstellt. Aufgrund dessen ist es essentiell, sich der sogenannten «Zweier-Regel» zur Identifikation von Hochrisikopatienten bewusst zu sein:

«Zweier-Regel» bei thermischen Verletzungen


Das toxische Schock-Syndrom tritt typischerweise auf:
– bei 2% betroffener Körperoberfläche (kleinflächige Verletzung)
– bei 2 Jahre altem Patienten (Kleinkindesalter)
– 2 Tage nach dem Unfall
Eine erhöhte Achtsamkeit ist entscheidend, um diese gefährliche Erkrankung zu erkennen und die Patienten umgehend in ein Spital zuzuweisen.

Fazit

Die häufigsten Ursachen von Fieber bei Kindern sind harmlose selbstlimitierende Infektionen. Dennoch dürfen schwere oder invasive Infektionen nicht verpasst werden, welche gehäuft im Kleinkindesalter auftreten. Diese Differenzierung ist in den meisten Fällen gewährleistet durch eine sorgfältige Anamnese und exakte klinische Untersuchung. Laboruntersuchungen sind nur ergänzend zu Anamnese und Klinik und können eine schwere Infektion weder diagnostizieren noch ausschliessen.

Das Wichtigste für die Praxis

• Fieber ist ein Symptom und grundsätzlich nicht gefährlich.
• Das kranke Kind soll behandelt werden und nicht eine spezifische Körpertemperatur.
• Die häufigsten Infektionen sind viral.
• Anhand von Anamnese und Untersuchung können die häufigsten behandlungsbedürftigen bakteriellen Infektionen ausgeschlossen werden (Meningitis, Pneumonie, Osteomyelitis/septische Arthritis, Pyelonephritis, Angina tonsillaris, Otitis media acuta).
• Neugeborene, Säuglinge und Kleinkinder haben ein erhöhtes Risiko für invasive Erkrankungen.
• Warnzeichen für eine Sepsis sind Schüttelfrost, Tachykardie und eine eingeschränkte periphere Durchblutung bei schlechtem Allgemeinzustand trotz Antipyrese.
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Dr. med. Michelle Seiler
Universitats-Kinderspital Zürich
Steinwiesstrasse 75
CH-8032 Zürich
Michelle.Seiler[at]kispi.uzh.ch
1 Berner R, Bialek R, Borte M, Forster J, Heininger U, Liese JG, et al. DGPI Handbuch, Infektionen bei Kindern und Jugendlichen. Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infekiologie. e.V., 6. Auflage 2013;509–16.
2 Nadal D, Berger C. Bakterielle Infektionen beim Kind. ­ComMed Healthcare; 2003.
3 Girardin E. Schweizerische Arbeitsgruppen für pädiatrische Nephrologie und pädiatrische Infektiologie. Behandlung der Harnwegsinfektionen beim Kind. Paediatrica. 2008;19(4):17–21.
4 Azzi T, Belvedere M, Relly C, Nadal D. Akute eitrige Meningitis beim Kind. Swiss Medical Forum. 2016;16(41):854–60.
5 Frey B, Bär W, Berger T, Cotting J, Hammer J, Micallef J, et al. Die Früherkennung und Frühtherapie des septischen Schocks kann Leben retten. Paediatrica. 2011;22(5):8–11.