Fokus auf ... krank in den Ferien

Fokus auf ... krank in den Ferien

Kurz und bündig
Ausgabe
2017/39
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2017.03074
Schweiz Med Forum 2017;17(39):823

Publiziert am 27.09.2017

Fokus auf … krank in den Ferien

– Fieber ist in 28% der Fälle das Hauptsymptom einer Erkrankung auf Reisen.
– Jährlich werden weltweit etwa 1,3 Milliarden Ferienreisen unternommen.
– Aktuelle Steigerungsraten ca. 4% pro Jahr.
– Unter www.healthmap.org findet man schnell topaktuelle, Evidenz-basierte Informationen.
– Unter https://wellcome.ac.uk/press-release/fleming-fund-launched-tackle-global-problem-drug-resistant-infection gibt es Informationen zu der praktisch so eminent wichtigen Resistenzlage auf Antibiotika.
N Engl J Med. 2017;376:548–60.

Praxisrelevant

Verzicht auf’s Grillieren bei Adipositas?

Durch das Grillieren von Fleisch entstehen ­sogenannte AGE («advanced glycation end products»). Es wurde gezeigt, dass diese eine Insulinresistenz sowie einen Prädiabetes bei Adipösen auslösen können. In einer kontrollierten, randomisierten Studie verglich man den Effekt des Verzehrs von Grillfleischprodukten mit dem Konsum von gedämpftem/gekochtem Fleisch. Bei Verzicht auf Grilliertes besserte sich die Insulinresistenz, die Patienten nahmen an Gewicht ab und eine Reihe von anti-inflammatorischen Substanzen stiegen in Plasma/Urin an.
Diabetes Metab. 2017;40:1041–9.

Immuntherapie für das «Chronic Fatigue Syndrome»?

Die Ätiologie des «Chronic Fatigue Syndrome» (CFS) ist unbekannt. Jedoch wird – gemäss einer der nicht seltenen Hypothesen – vermutet, dass pro-inflammatorische Zytokine eine negative Wirkung auf das ZNS entfalten können. Bei 50 holländischen Patienten hat eine 4-wöchige (teure) Therapie mit einem Interleukin-1-Antagonisten (Anakinra, täglich subkutan) allerdings keine Verbesserung der CFS-Symptome gebracht [1]. In Norwegen jedoch haben Kliniker beobachtet, dass bei einer Frau, welche wegen eines malignen Lymphoms den CD-20-Antikörper Rituximab (Mabthera®) erhielt, sich die Symptome des CFS massiv verbesserten. Viele weitere Berichte über eine positive Wirkung liegen vor. Seit in den USA das autoritative «Institute of Medicine» die Interpre­tation des CFS als psychologische/psychiatrische Krankheit als «Fehlkonzept» verurteilte, hat nun auch das NIH («National Institutes of Health») nachgezogen und die Förderung von Forschung zur Entstehung und Therapie des CFS massiv erhöht. Dies auch für eine norwegische Studie, welche nun randomisiert das Rituximab in dieser Indikation evaluiert [2]. Eine gute Entwicklung bei diesem z.T. invalidisierenden Krankheitsbild!
1 Ann Int Med. 2017;166(8):557–64.
2 Science. 2016. DOI: 10.1126/science.aal0364.

Für ÄrztInnen am Spital

Septischer Schock: «goal-directed» oder nur das «3 hour bundle»?

Die «early goal directed therapy» (EGDT) ist im Wesentlichen ein Behandlungstandard, der darauf zielt, in der Notfallstation so schnell wie möglich einen zentralvenösen Druck zwischen 8 und 12 mm Hg, einen arteriellen Mitteldruck von >65 mm Hg und eine in der oberen Hohlvene gemessene Sauerstoffsättigung von >70% zu erreichen. Eine Metaanalyse fand nun, dass im Vergleich zu «usual care» die EGDT keinen Überlebensnutzen, aber dafür höhere Hospitalisationskosten bewirkt [1]. Eine retro­spektive Studie mit Kor­relation der zeitlichen Durchführung eines einfacheren Protokolls (Ziel: Innerhalb der ersten drei Stunden Abnahme von Blutkulturen, Gabe eines Breitspektrumantibiotikums, Laktatmessung und initaler Volumenbolus = «3 hour bundle») mit der Spitalmortalität ​­berichtet, dass diese vor allem bei schnellerem Beginn der Antibiose (nach Abnahme von Blutkulturen!), nicht aber durch einen schnellen Volumenbolus, gesenkt werden kann [2]. Die höheren Kosten der EGDT sind wohl Folge einer zu rigiden Anwendung der Guidelines im Vergleich zur sorgfältigen Analyse am Krankenbett («usual care»). Die «3 bundle»-Taktik andererseits lässt die Frage nach einem übermässigen Gebrauch an Breitbandspek­trumantibiotika mit Resistenz­entwicklungen aufkommen. In der gleichen Ausgabe diskutieren zwei Intensivmediziner an einem konkreten Fall die Anwendung von EGDT versus der Behandlung geleitet durch die klinische Beurteilung [3].
1 N Engl J Med. 2017;376:2223–34.
2 N Engl J Med. 2017;376:2235–44.
3 N Engl J Med. 2017;376:2282–5.

Neues aus der Biologie

Ach, wär ich doch (wie) eine Gans …!

Die Indische Gans (auch: Streifengans) ist ein faszinierendes Beispiel der erstaunlichen biologischen Adaptationsfähigkeit: Diese Gänse können bei ihrer Migration dank einer ex­trem hohen Sauerstoffaffinität ihres Hämoglobins (Ersatz von nur einem Prolin durch Alanin in der α-Kette des Hämoglobins) und kardiopulmonalen Anpassungen den Himalaya auf einer Flughöhe von ca. 9000 Metern (Sauerstoffgehalt der Einatmungsluft ca. 7%) überqueren. Diese Reise ist etwa 3000 km (!) lang und die Gänse bewerkstelligen dies praktisch aus dem Stand heraus, ohne Training. Obwohl sich keine erhöhten Aktivitäten der Bewegungen nachweisen lassen, werden die Gänse vor der Reise physisch fitter. Für den Flug bauen sie sich auf Grund eines noch nicht identifizierten Triggers und unbekannten Mechanismus Schlüsselmuskeln auf. Höchstleistung ohne Training, ein Traum ginge in Erfüllung, doch wir sind die falsche Spezies …
Science. 2017;355(6321):121.
Flug der Streifengänse.
© Faizan Khan | Dreamstime