Replik

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Ausgabe
2017/47
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2017.03101
Schweiz Med Forum 2017;17(47):1050

Publiziert am 21.11.2017

Replik

Dr. Hampel und Dr. Fehr diskutieren in ihrem Leserbrief zur HIV-Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP) einige interessante Punkte, denen ich fast ausnahmslos zustimmen kann. So ist es durchaus richtig, dass eine PrEP ärztlich begleitet werden soll, wie auch die Eidgenössische Kommission für Sexuelle Gesundheit (EKSG) explizit forderte. Dazu möchte ich allerdings ergänzen, dass die ursprünglich in der EKSG-Empfehlung gemachte Frequenz von Kontrolluntersuchungen durchaus auch noch nicht das Ende der Weisheit darstellt.
Die Empfehlung zu regelmässigen ärztlichen Kontrollterminen verfolgt zwei Absichten: Zum einen geht es darum, dem Patienten ­Nebenwirkungen der Therapie zu ersparen und auch eine aktive HIV-Infektion auszu­schlies­sen. Diese Massnahmen sind allerdings finanziell unbedeutend. Relevante Kosten entstehend bei der zweiten Absicht: Hier geht es um eine frühzeitige Erkennung (und Therapie) von Geschlechtskrankheiten, wie es das Na­tionale Programm für HIV und sexuell übertragbare Infektionen (NPHS) ­als wesentliche Präventionsmassnahme zur Verhinderung der Ausbreitung von sexuell übertrag­baren Infektionen (STI) empfiehlt.
Die EKSG bezog sich bei dieser Empfehlung auf diejenigen Personen, bei welchen eine PrEP gemäss WHO-Kriterien indiziert ist, wie im Editorial erwähnt (jährliche Inzidenz >3%). Personen, welche diese Kriterien erfüllen, ­haben ein relevant erhöhtes Risiko, sich mit einer STI anzustecken und sollten deswegen eine regel­mässige Kontrolle auf STIs erfahren. Diese Kontrollen werden nicht empfohlen wegen der PrEP, sondern wegen des relevant erhöhten STI-Risikos (das seinerseits die PrEP begründet). Allerdings sind in diesen Fällen STI-Checks auch ohne PrEP indiziert.
Möglicherweise wird heute einigen Patienten auch eine PrEP verschrieben, die kein stark ­erhöhtes HIV-Risiko aufweisen, wie die Kollegen Hampel und Fehr sehr schön beschreiben. Selbstverständlich sind bei solchen durchaus begründbaren «low-risk»-Indikationen die häufigen STI-Checks nicht indiziert, sodass sich die Frage der teuren Begleituntersuchung gar nicht erst stellt.
Bei der empfohlenen Kontrolle auf STIs geht es um eine Massnahme im Interesse der öffentlichen Gesundheit und nicht im Interesse des betroffenen Individuums. Die EKSG hat deshalb (und auch zur verbesserten Resistenzsurveillance) dem Bundesrat empfohlen, für solche im NPHS explizit als Präventionsmassnahme empfohlenen Laboruntersuchungen eine Franchisenbefreiung zu prüfen und der Nationalrat hat dies auch in einem parlamentarischen Vorstoss bekräftigt. Es muss ein prio­ritäres Anliegen der STI-Prävention sein, die vorgeschlagene Franchisenbefreiung für STI-Testungen durchzusetzen. Mit PrEP hat dies nichts zu tun.
In einem Punkt muss ich Dr. Hampel und Dr. Fehr widersprechen: Den legalen Einkauf von preislich vernünftigen Substanzen aus dem Ausland halte ich nicht als unethisch. Was ich als unethisch bezeichne, ist der Ansatz eines massiv überhöhten Preises durch Generikafirmen (>200.– pro Monat) für eine Substanz, welche zu Kosten weit unter 10.– (pro Monat) eingekauft werden kann.
Wie die Kollegen Hampel und Fehr richtigerweise zeigen, ist PrEP für viele Konsumenten ein neuer Weg, um nach vielen Jahren endlich einmal eine angstfreie Sexualität zu erleben. Der Parallelimport durch die Konsumenten selbst ist unsere einzige Möglichkeit, den nicht funk­tionierenden Wettbewerb in der Schweiz zu aktivieren. Wir sollten den Preiskampf so lange führen, bis der Preis einer PrEP auf dem Niveau der Antibabypille liegt.
In den Zielrichtungen sind wir uns einig: Erstens muss PrEP eine bezahlbare Intervention werden und zweitens muss die Testung von asymptomatischen Personen auf STIs – unabhängig von PrEP – zur franchisenbefreiten Massnahme im Dienste der öffentlichen Gesundheit werden.