EVITA: «Don’t cry for vitamin D»

EVITA: «Don’t cry for vitamin D»

Kurz und bündig
Ausgabe
2018/03
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2018.03178
Schweiz Med Forum 2018;18(03):38-39

Publiziert am 17.01.2018

Fokus auf … Primärem Hyperaldosteronismus

Definition:
– Hohes Aldosteron, tiefes (supprimiertes) Renin
Häufigkeitsangaben schwanken stark:
– 4–19% (!) bei hypertensiven, 3–14% (!) bei normotensiven Populationen
Diagnostik:
– Aldosteron-Renin-Quotient als Suchtest
– Funktionelle Tests (siehe z.B. in [1])
Hypokaliämie:
– Oft erst beim Einsatz von Diuretika nachweisbar (Natrium«angebot» zur Kaliumsekretion im Sammelrohr ­gesteigert)
Bildgebung:
– 40% einseitige Nebennierenpathologie (Adenom)
– 10% bilaterale Pathologie (Hyperplasie)
– 50% «normale» Nebennieren
Therapien:
– Chirurgisch (nach funktioneller Seitenlokalisation), Aldosteron-Antagonisten (Spironolakton, Epleronon)
1 High Blood Press Cardiovasc Prev. 2016;23(2):69–72.
doi: 10.1007/s40292-016-0136-5.
Verfasst am 30.11.2017.

Praxisrelevant

EVITA: «Don’t cry for vitamin D»

Wie in dieser Zeitschrift schon oft erwähnt, gibt es eine beeindruckende Zahl positiver ­Assoziationen zwischen Vitamin-D-Versorgung / Vitamin-D-Serumspiegeln mit einer Reihe von sogenannten pleotropen Effekten des Vitamin D. Zu ­erwähnen sind namentlich kardioprotektive, aber auch anti-infektiöse, anti-inflammatorische sowie onkostatische Effekte. Ebenso beeindruckend ist, wie die überwiegende Mehrzahl der interventionellen Studien ­bislang aber negativ ausfiel. So auch aktuell die EVITA-Studie («Effect of ­vitamin D on all-cause mortality in heart failure patients»). Die im Hinblick auf eine Herztransplantation evaluierten PatientInnen (n = 400, vorwiegend Männer mit dilatativer oder ischämischer Kardiomyopathie, 25(OH)-Serumspiegel <75 nmol/l) erhielten randomisiert 4000 IU Vitamin D3 oder Plazebo während einer Beobachtungszeit von drei Jahren. Diese hohe Dosis führte zu keiner Mortalitätsreduktion, aber zu einer erhöhten Notwendigkeit einer mechanischen Kreislaufunterstützung («mechanical circulatory support»).
Eur Heart J. 2017;38(29):2287–9.
Verfasst am 29.11.2017, auf Hinweis von Prof. Peter Rickenbacher (Basel/Bruderholz).

Primärer Hyperaldosteronismus: Blutdruckkontrolle anscheinend nicht ausreichend

602 im Durchschnitt 58-jährige PatientInnen mit medikamentös behandeltem primärem Hyperaldosteronismus (siehe «Fokus auf ...») wurden mit knapp 42 000 essentiellen HypertonikerInnen in Bezug auf ihren siebenjährigen kardiometabolischen Verlauf verglichen. Die Blutdruckkontrolle und die Zahl der verwendeten Antihypertensiva (= 2,9) waren vergleichbar. Die mittlere Spironolacton-Dosis betrug 45 mg/Tag, jene von Epleronon 54 mg/Tag. Die PatientInnen mit primärem Hyper­aldosteronismus wiesen trotzdem und als ­negative Überraschung eine signifikant höhere Mortalität sowie eine signifikant höhere Chance auf, einen Diabetes mellitus oder ein Vorhofflimmern zu entwickeln. Diese Risikoerhöhung wurde aber nur bei jenen Patient­Innen beobachtet, deren Renin-Aktivität trotz adäquater Blutdruckkontrolle noch supprimiert blieb. Obwohl «nur» eine Beobachtungsstudie, legen die Resultate nahe, dass man sich mit dem Verlass auf eine Kontrolle der Hypertonie in falscher Sicherheit wiegen könnte. Höhere Dosen von Aldosteron-Ant­agonisten mit dem Ziel, die Renin-Aktivität zu normalisieren (in der Studie >1 μg/l und Stunde), wäre wahrscheinlich eine lohnende, wenn auch in der Ambulanz nicht einfach umzusetzende Option. Die Blutdruckerhöhung durch Aldosteron ist fast ausschliesslich das Resultat einer renalen Natriumretention. Diese Arbeit bedeutet pathophysiologisch, dass auch die Blockade extrarenaler, namentlich kardiovaskulärer, Mineralokortikoidrezeptoren prognostisch entscheidend sein dürfte.
Lancet Diabetes Endocrinol. 2017;pii: S2213–8587(17)30367-4.
http://dx.doi.org/10.1016/S2213-8587(17)30367-4.
Verfasst am 30.11.2017, auf Hinweis von Frau Prof. Mirjam Christ-Crain (Basel).

Diabetes mellitus Typ 2: eine ­pfiffige, orale GLP-1-Therapie?

In den Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie zur Therapie des Typ-2-Diabetes nehmen die GLP-1-Agonisten sowohl beim Insulin­mangel wie auch bei vorbestehenden kardio­vaskulären Erkrankungen einen hohen Stellenwert ein (Abb. 1). Dadurch steigt die Wünschbarkeit einer oralen Therapieoption. Eine neues Produkt kombiniert in einer einmal täglich oral einzunehmenden Pille, den GLP-1-­Agonisten Semaglutid mit einem so­genannten Resorptionsförderer, dem SNAC (SNAC = Natrium-N-[8-{2-hydroxylbenzoyl}amino]caprylat). Das SNAC erhöht im Magen den pH-Wert, wodurch Semaglutid besser löslich und gegen proteolytische Verdauung geschützt wird. Diese Form des oralen ­Semaglutids reduzierte dosisabhängig das HbA1c bei PatientInnen mit Typ-2-Diabetes mellitus um bis zu minus (absolut) 1,6% gegenüber Plazebo (26 Wochen). Vielversprechend!
Abbildung 1: Die aktuell gültige Empfehlung der Schweizerischen Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 (© Schweizerische Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie SGED, Schweiz. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.). 
GLP-1 RA = Glukagon-like Peptide-1-Rezeptor-Agonisten; DPP-4 I. = Dipeptidylpeptidase-4-Inhibitoren (Hemmer des Abbaus des endogenen Glukagon-like Peptides); SGLT2 I. = Natrium-Glukose-(Ko-)Transporter-Typ-2-Inhibitoren.
JAMA. 2017;318(15):1460–70.
doi: 10.1001/jama.2017.14752.
Verfasst am 30.11.2017, auf Hinweis von Prof. Michael Braendle (St. Gallen).

Neues aus der Biologie

Salz-sensitive Hypertonie: ein weiterer Puzzle-Stein

In den meisten «entwickelten» Ländern wird phylogenetisch gesehen sehr viel Kochsalz konsumiert. Fast alle Studien zeigen, dass dies zu einer Blutdruckerhöhung und einer Entzündungsantwort (Stimulation proinflammatorischer TH17-­Zellen) führt. Füttert man Mäuse (extrem) kochsalzreich, wird das Wachstum des intestinalen Lactobacillus murinus (ein verita­bler Salzsensor also) gehemmt – in vitro und in vivo. Diese Bakterien hemmen in der Regel via eines ihrer Stoffwechselprodukte (ein Indol aus der Aminosäure Tryptophan) die Entwicklung von TH17-Zellen, welche durch Entzündung in der Gefässwand den Blutdruck steigern könnten. Rekonstitution der Laktobazillen normalisierte die Entzündungsantwort. Parallele Untersuchungen bei wenigen normalen Probanden sind mit dieser Hypothese kompatibel.
Nature. 2017;551:585–9. doi: 10.1038/nature24628. Verfasst am 30.11.2017.

Immer noch lesenswert

Ursachen der Urethritis bei Ausschluss einer Gonokokken-Ätiologie

In sorgfältigen Untersuchungen bestätigten Bowie und Mitarbeiter, dass ein grosser Teil von Urethritiden bei Männern nach Ausschluss eines Gonokokken-Infekts durch Chlamydia trachomatis verursacht wird. Bei den Chlamydien-negativen Männern wurde in der gleichen Studie dann das Ureaplasma urealyticum als weitere wichtige Ursache etabliert.
J Clin Invest. 1977;59(5):735–42.
Verfasst am 30.11.2017.