Pneumokokkenimpfung bei Sprue/Zöliakie

Pneumokokkenimpfung bei Sprue/Zöliakie

Kurz und bündig
Ausgabe
2018/08
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2018.03215
Schweiz Med Forum 2018;18(08):165-166

Publiziert am 21.02.2018

Fokus auf ... Indikationen zur Operation beim asymptomatischen primären Hyperparathyreoidismus

– Totale Kalziumkonzentration >0,25 mmol/l über oberer Norm
– Knochenbeteiligung (DXA-Werte mit t-Score <2,5 an irgendeiner Stelle oder radiologischer Nachweis alter Fragilitätsfrakturen)
– Nierenbeteiligung (eGFR <60 ml/min oder bildgebender Nachweis eines Nierensteines, einer Nephrokalzinose)
– Hyperkalzurie (>400 mg oder 10 mmol/24 h) plus weitere metabolische Steinrisikofaktoren
– Alter <50 Jahre
– Neurokognitive Probleme wie Ermüdbarkeit, Konzentrationsstörungen, Angststörungen, Abfall kognitiver Leistung (nicht Teil der Guidelines, aber klinisch suchen und Indikation stellen!)
Lancet. 2018;391(10116):168–78.
DOI: http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(17)31430–7.
Verfasst am 18.01.2018.

Praxisrelevant

Pneumokokkenimpfung bei Sprue/Zöliakie

Sprue/Zöliakie betreffen etwa 1% einer nicht-selektierten Bevölkerung und sind die wichtigsten Ursachen einer erworbenen Milzatrophie (Hypo- oder gar Asplenie) mit konsekutiver Funktionseinschränkung von B-Zellen und Neutrophilen. Folge davon ist eine erhöhte Anfälligkeit auf invasive Infekte durch enkapsulierte Bakterien, namentlich Streptococcus pneumoniae. Je nach diagnostischen Parametern (Howell-Jolly-Körperchen im peripheren Blut, Milz-Scans usw.) variiert die Häufigkeit ­einer Asplenie/Hyposplenie bei Sprue zwischen 19 und 80%. Eine Metaanalyse findet nun, dass Sprue/Zöliakie ein signifikanter Risikofaktor für invasive Pneumokokkeninfekte darstellen und empfiehlt die entsprechende Impfung für Sprue-Patienten im Alter von 15 bis 64 Jahren [1]. Danach ist diese sowieso indiziert, da Häufigkeit und Invasivität der Pneumokokkeninfekte altersabhängig zunehmen [2].
1 Am J Med. 2018;131(1):83–9.
2 Am J Med. 2018;131(1):100.e1–100.e7.
doi.org/10.1016/j.amjmed.2017.06.039. Verfasst am 15.01.2018.

Ösophagus irritabile (funktionelle Dyspepsie)

Die funktionelle Dyspepsie wird gemäss den Rom-IV-Kriterien (welche auch jene für das Colon irritabile enthalten) definiert als typische Dyspepsie (>2 Episoden/Woche seit 3–6 Monaten) mit normaler Ösophagoskopie (inkl. normale Biopsien, z.B Ausschluss eosinophile Ösophagitis), normaler pH-Testung und fehlender Assoziation der Symptome mit Refluxepisoden. Andere funktionelle Ösphagusstörungen sind Hypersensitivität auf Refluxepisoden, Globusgefühle und die funktionelle Dysphagie. Die funktionelle Dyspepsie ist häufig (ca. 50% der Patient­Innen mit normaler oberer Endoskopie), kommt vorwiegend bei Frauen mittleren Alters, einer Refluxerkrankung in der Vorgeschichte und bei psychologischen Komorbiditäten (Somatisierung, Depression, Angststörungen) vor. Sie überlappt mit anderen funktionellen Störungen, namentlich dem Colon irritabile. Die Symptome sprechen nur partiell auf Protonenpumpeninhibitoren (und dies in der 2- bis 3-fachen der üblichen Dosis) an. Psychologische Interventionen und Schmerz­modulatoren wie Antidepressiva sind häufig nötig.
Gastroenterol Hepatol. 2017;13(12):725–34.
PMC5763558
Verfasst am 18.01.2018.

Neues aus der Biologie

Thyroxin als Therapeutikum 
bei ­Lungenfibrose?

Bei der Lungenfibrose wird normales Lungengewebe durch einen aktiven Umbauprozess mit dramatischen Veränderungen von Fibroblasten und alveolären Epithelzellen sowie Ablagerungen von extrazellulären Matrixproteinen ersetzt. Neben der am häufigsten idiopathischen Form gibt es auch sekundäre Ursachen (genetisch, Autoimmunerkrankungen, exogene Toxine, Infekte, Medikamente und Strahlenschäden). Die idiopathische Lungenfibrose hat ohne Transplantation keine überzeugenden Therapiemöglichkeiten und eine mittlere Überlebenszeit von nur etwa 3 Jahren. Bei zwei Mäusemodellen einer Lungenfibrose führte aerolisiertes T3 und ein Thyromimetikum (Sobetirom) zu einer signifikanten Hemmung der fibrotischen Aktivität und einer Protektion der alveolären Epithelzellen mit Reparatur ihrer mitochondrialen Funktionen. Im Gegensatz zu den in der Schweiz gebräuchlichen Therapeutika bei Lungenfibrose wie Pirfenidone (Esbriet®) und Nintedanib (Ofev®), führte T3/T4 bzw. das Thyromimetikum zu einer dramatischen Reduktion der Mortalität. Die Geschichte der pleotrophen Thyroxin-Indikationen (und der Mimetika) ist lang und wurde immer wieder durch negative kardiovaskuläre Nebenwirkungen gebremst. Werden wir in Zukunft trotzdem ein topisches Thyromimetikum bei Lungenfibrosen einsetzen können?
Nature Med. 2018;24:39–49.
Verfasst am 16.01.2018.

Immer noch lesenswert

Erstbeschreibung des primären Hyperparathyreoidismus

Mit dem Fokusthema, das durch die routinemässige Kalziumbestimmung ein Phänomen der letzten knapp 40 Jahren und der Westlichen Welt ist, hatte Fuller Albright noch nichts zu tun. In seiner Publikation «Hyperparathyroidism: a common and polymorphic condition as illustrated by seventeen proved cases from one clinic» beschrieb er die multiplen Manifes­tationen dieser Krankheit inklusive Nephrolithiasis, Nephrokalzinose, Osteoporose und die Osteitis fibrosa cystica und das günstige Ansprechen auf die Parathyreoidektomie (damals noch nicht minimal-invasiv!). Seinem schön formulierten Schlusswort: «Failure to make the diagnosis is regrettable in that therapy for it is highly successful» ist nichts hinzuzufügen.
JAMA. 1934;102(16):1276–87.
Verfasst am 18.01.2018.

Für ÄrztInnen am Spital

Fibrinolysehemmung nach traumatischen oder postpartalen Blutungen

Von über 40 000 PatientInnen mit bedrohlicher akuter, traumatisch oder postpartal bedingter Blutung, starben 3558 PatientInnen, wobei bei 1408 (40%) die Blutung allein für die Mortalität verantwortlich gemacht wurde. Die frühe Zufuhr des Fibrinolysehemmers Tranexamsäure reduzierte die Mortalität ­unabhängig vom Blutungsort um eindrückliche 70%. Je schneller, je besser: Für alle 15 Minuten Zeitverzögerung bis zu 3 Stunden verschlechterte sich der Überlebensnutzen [1]! Der Wirkungsmechanismus von Tranexamsäure (Cyclocapron® in der Schweiz) besteht – neben anderen noch nicht klar definierten Mechanismen – in der Bindung an Plasmin/Plasminogen und dadurch einer Hemmung des Fibrin-Abbaus. Im Begleiteditorial wird empfohlen, vor Einsatz eines Fibrinolysehemmers die gesteigerte Fibrinolyse auch zu beweisen, z.B. durch den «point-of-care»-Test der Thrombelastographie (Dauer: 1 Stunde, siehe erklärenden Text am Schluss). Die Wirkungen von Tranexamsäure werden im Rahmen verschiedener laufender Studien auf Blutungen verschiedener Ursachen untersucht [2].
1 Lancet. 2018;391(10116):125–32.
2 ClinicalTrials.gov
Verfasst am 16.01.2018.

Das hat uns gefreut

Auch der TAVI lebt immer länger

Die «Transcatheter Aortic Valve Implantation» (TAVI) ist eine effektive Therapie der schweren Aortenstenose für PatientInnen mit prohibi­tivem Operationsrisiko. Im Rahmen eines Pa­tientenregisters konnten nun Bedenken zur Dysfunktion relativiert werden, indem die bildmorphologisch ab und an feststellbaren Klappenveränderungen nur als Ausnahme zu einer Klappendysfunktion mit hämodyna­mischer Verschlechterung führen. Von über 10 000 TAVI-Klappenträger entwickelten weniger als 2,5% nach 18 Monaten solche Probleme.
Am Heart J. 2018;195:1–13.
Verfasst am 17.01.2018.

Das hat uns weniger gefreut

Benzodiazepine als Risikofaktor für Hospitalisationen wegen Pneumonie

Gemäss einer Fall-Kontroll-Studie in Taiwan wird das Risiko, wegen einer Pneumonie hos­pitalisiert zu werden, bei aktuellem Gebrauch von Benzodiazepin- und Nicht-Benzodiazepin-Hypnotika um etwa 50% erhöht.
Chest. 2018;153(1):161–71.
Verfasst am 18.01.2018.

Die Thrombelastographie

Die Thrombelastographie misst die Fibrinolyseaktivität, indem beim gerinnenden Vollblut oder Serum die Viskosität/Elastizität des Gerinnsels zu Beginn und nach 30 und 60 Minuten in vitro gemessen wird. Gemessen werden physikalisch die Widerstände gegen Scherkräfte, welche durch Rotation einer Nadel ausgeübt werden. Die Geschwindigkeit und das Ausmass einer allfälligen Verminderung der Viskosität über die Zeit ist ein Ausdruck der Fibrinolyseaktivität in vivo. Die Thrombelastographie wird durch die wesentlichen «Mitglieder» eines Gerinnsels, also u.a. durch die Fibrinolyseaktivität, aber auch die Thrombozytenzahl und -funktion beeinflusst (Abb. 1).
Abbildung 1: Adhäsion und Aggregation von Thrombozyten an verletzter Gefässwand. 
(Aus: http://physiologie.cc/VII.3a.htm, © physiologie.cc, Nachdruck mit freundlicher Genehmigung)