Beitrag der transkulturellen Psychiatrie in der medizinischen Grundversorgung
Ein pragmatischer Ansatz für komplexe Begegnungen

Beitrag der transkulturellen Psychiatrie in der medizinischen Grundversorgung

Übersichtsartikel
Ausgabe
2018/15
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2018.03251
Schweiz Med Forum 2018;18(15):325-331

Affiliations
a Centre des Populations Vulnérables, Policlinique Médicale Universitaire, Lausanne; b Centre de Médecine Générale, Policlinique Médicale Universitaire, Lausanne; c Service de médecine de premier recours des Hôpitaux universitaires de Genève

Publiziert am 11.04.2018

Beim Gespräch zwischen einem Arzt und einem Patienten aus verschiedenen Kulturen ist es entscheidend, potenzielle Hindernisse für die Kommunikation zu erkennen.

Einleitung

Die Zahl der Migrantinnen und Migranten wächst stetig. Die Globalisierung geht mit einer vermehrten ­Mobilität einher und infolgedessen ist in der Haus­arztpraxis der Anteil der Menschen ausländischer Herkunft beträchtlich gestiegen. Eine erhöhte Prävalenz von psychischem Stress ist gut belegt, besonders unter Flüchtlingen und Asylsuchenden. Interkulturelle Begegnungen sind also im medizinischen Alltag nunmehr sehr häufig, und zwar aufgrund der vermehrten kulturellen Vielfalt sowohl der Patienten als auch der Gesundheitsfachpersonen. Wir schlagen vor, diese Feststellung als Ausgangspunkt zu nutzen, um unsere klinische Praxis zu bereichern, unterschied­liche Lebens- und Beziehungsvorstellungen zu ent­decken und unsere klinische Sensibilität zu schärfen, damit wir die feinen Unterschiede besser erfassen, die auch zwischen uns und den Patientinnen und Patienten aus «unserer» Kultur bestehen können. Durch diese Feststellung können wir die Begegnungen zudem als eine Chance begreifen und nicht nur als zusätzliche Erschwernis unserer Tätigkeit. Die Kultur hat in der Tat starken Einfluss darauf, wie man den prägenden Lebensereignissen einen Sinn verleiht, überdies bietet sie Bezugspunkte für die zwischenmenschlichen Interaktionen und bedingt die Art, auf die Beunruhigung und körperliches oder psychisches Leid ausgedrückt werden.
Als Gesundheitsfachpersonen stehen wir darum dem Risiko gegenüber, dass die mitgeteilten Informationen schlecht oder falsch verstanden werden und es folglich zu Diagnose- und Behandlungsfehlern kommt. Wenn wir nicht dieselben Vorstellungen von der Krankheit haben und den prägenden Lebensereignissen einen anderen Sinn verleihen, haben wir unter Umständen Schwierigkeiten, uns in die Patientin oder den Patienten einzufühlen, Empathie zu entwickeln und eine therapeutische Allianz aufzubauen.
Angesichts dieser Situation muss die Versorgung psychiatrischer Patientinnen und Patienten für jede Gesundheitsfachperson auf einem klaren theoretischen und methodologischen Rahmen gründen. In diesem Artikel konzentrieren wir uns auf das transkulturelle psychiatrische Vorgehen der Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner, denen aufgrund ihrer Position in der ersten Reihe des Gesundheitssystems eine entscheidende Rolle bei der Erfassung und frühzeitigen Behandlung psychischer Störungen bei Migrantinnen und Migranten sowie nötigenfalls bei der Erleichterung des Zugangs zu psychiatrischer Betreuung zukommt. Wir erinnern daran, dass ein grosser Teil (25–60%) der Patientinnen und Patienten in der allgemeinmedizi­nischen Praxis zusätzlich zur somatischen Krankheit an einer psychischen Störung leidet; die Allgemein­medizinerinnen und -mediziner sind darum die wichtigsten Versorger im Bereich der geistigen Gesundheit (Tab. 1) [1–3].
Tabelle 1: In diesem Artikel verwendete Begriffe.
InterkulturellDie Begegnung und die Beziehungen zwischen Individuen oder Gesellschaften verschiedener Kultur betreffend
TranskulturellDer Begriff «transkulturell» erweitert den vereinfachenden Begriff «interkulturell» (aufgrund des Begriffs «interkulturell» kann die Begegnung zwischen zwei Individuen als Begegnung zwischen zwei unterschiedlichen und gut abgrenzbaren Kulturen verstanden werden). Diese Idee geht auf die Arbeiten des Anthropologen Fernando Ortiz Fernández (1947) zurück, der den Begriff für «pluralistische kulturelle Identitäten» verwendete und die Vorstellung einer Autonomie und Homogenität der Kultur infrage stellte [4]. Jeder Mensch besitzt verschiedene Kulturen, die sich in seinem Inneren verflechten und vermischen (Familie, Freundeskreis, Beruf, gesellschaftliche Klasse, Religion usw.). Deshalb können zwei Gesprächspartner, die aus verschiedenen ­Weltgegenden stammen, in bestimmten Aspekten die gleiche Kultur teilen, in anderen dagegen nicht.
MigrationAbwanderung von Menschen, die eine signifikante Veränderung des Wohnorts für einen beträchtlichen ­Zeitraum (dauerhaft oder zeitlich begrenzt) impliziert [5]. Mit dieser Definition konzentrieren wir uns auf den subjektiven und individuellen Charakter dieser Veränderung. Für einige bedeutet Migration möglicherweise der Umzug aus einem ländlichen Gebiet in die Stadt, für andere dagegen die Abwanderung in ein anderes Land. Was zählt, ist die Erfahrung, die diese Veränderung für das Individuum bedeutet, insbesondere die Mobilisierung seiner Anpassungsfähigkeit, um mit der Veränderung seines Lebensmittelpunkts umzugehen. Der Lebensmittelpunkt ist im weiteren Sinne zu verstehen: tatsächlicher Wohnort, aber auch natürliches, soziales, kulturelles, relationales und affektives Umfeld.
MigrantBei der Bestimmung dieses Begriffs besteht kein Konsens. Wir berufen uns auf die Definition der Internationalen Organisation für Migration (IOM): demnach ist dies jede Person, die eine internationale Grenze überquert oder überquert hat oder innerhalb eines Staates den Wohnort wechselt oder gewechselt hat, um ihren ­gewöhnlichen Aufenthaltsort zu verlassen, und zwar 1) ungeachtet ihres rechtlichen Status und 2) ­unabhängig von der Freiwilligkeit oder Unfreiwilligkeit dieser Bewegung, 3) den Gründen dafür und 4) der Länge des Aufenthalts.
AsylsuchenderPerson, die den Flüchtlingsstatus in einem Aufnahmeland anstrebt und deren Recht auf Erlangung dieses Status durch ein offizielles Verfahren bestimmt wird.
FlüchtlingAufgrund des Völkerrechts (Genfer Flüchtlingskonvention) anerkannte Flüchtlinge sind Personen, die wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer ­politischen Überzeugung in ihrem Herkunftsland bedroht oder verfolgt werden.

Transkulturelle Psychiatrie und Kultur

Die transkulturelle Psychiatrie, die wir praktizieren, geht hauptsächlich auf die Arbeiten von A. Kleinman [6], L. J. Kirmayer [7] und M. R. Moro [8] zurück. Sie vereint Anthropologie und Psychiatrie, um besser zu erfassen, auf welche Weise die Kultur die Psyche des Einzelnen beeinflusst.
Die Kultur ist durch diverse Merkmale gekennzeichnet (Tab. 2). Sie geht uns voraus und prägt uns über unsere Vorfahren und die Umgebung, in der wir leben. Die Bindungen kultureller Zugehörigkeit und der Abstammung entwickeln sich gleichzeitig und verflechten sich miteinander von frühester Kindheit an. Die Kultur beeinflusst also entscheidend die Konstruktion unserer Psyche und unserer individuellen und kollektiven Identität. Sie liefert uns insbesondere ein Schema zur Analyse des Erlebten (zum Beispiel Krankheiten, Unfälle, Tod, Heirat, Geburt oder Arbeitsplatzverlust). Sie muss unbedingt berücksichtigt werden, da die kulturellen Vorstellungen zu einiger Verwirrung führen können, besonders im Hinblick auf den Ursprung oder die Ur­sache eines Leidens, das als psychisches, körperliches oder spirituelles Problem oder auch unter dem Blickwinkel der Magie gesehen werden kann.
Tabelle 2: Kultur – einige Merkmale.
Geht uns voraus und prägt uns
Trägt zur Konstruktion unserer Psyche und unserer Identität bei
Liefert ein Schema zur Analyse des Erlebten
Bietet einen Rahmen in Form von Regeln und Werten
Bedingt die Art, auf die sich ein Individuum oder eine Gruppe ausdrückt
Ist veränderlich und wandelbar
Dient als Hülle für die Psyche des Einzelnen
Überdies trägt die Kultur eine Reihe von Regeln, Ideen und Werten bei: für die zwischenmenschlichen Beziehungen (Bindungen zwischen den Generationen, Partnerwahl, Beziehung zwischen Mann und Frau usw.), die vorgesehene Position in der Familie und der Gesellschaft, das Verhältnis zur Autorität, zum Staat und zu den Gesetzen. Dies kann erhebliche Missverständnisse bedingen, da kulturelle Besonderheiten von anderen als unangebrachtes Verhalten wahrgenommen werden können. Die Kultur wirkt sich ebenso auf die Art aus, auf die man sich individuell oder als Gruppe ausdrückt (Riten, Musik, Küche, Äusserung von Emo­tionen usw.).
Hinter einem feststehenden und stabilen Erscheinungsbild ist die Kultur – die Gesamtheit der einzigartigen Kennzeichen einer Gesellschaft oder sozialen Gruppe [9] – dennoch veränderlich und kann sich mit der Zeit teilweise wandeln. Das gilt auch für den Einzelnen: Er kann sich anderen Gruppen anschliessen und deren Kultur je nach Kontext und in Abhängigkeit von den Umständen und der persönlichen Vergangenheit übernehmen, indem er sie in seine bestehende Kultur integriert und sie vermischt, oder sie ablehnen und zurückweisen. Die Kultur ist also als externes Objekt auf nichtindividueller Ebene wandelbar, aber auch als Kultur, die vom Individuum integriert wurde und die sich in der Psyche verwurzelt und verflochten hat [10].
Führen wir uns schliesslich die Rolle der Kultur als Hülle für die Psyche des Einzelnen vor Augen [11]. Solange ein Mensch in derselben Kultur «badet» wie die Menschen seiner Umgebung, entwickelt sich alles auf spontane Weise und ohne Nachdenken. Doch wenn er sein kulturelles Milieu verlässt, verliert sich diese Spontaneität, was auf unterschiedliche Weise zu Unbehagen führen kann. In jedem Fall stellt diese Veränderung das Anpassungsvermögen des Betroffenen auf die Probe, sie kann ihn schwächen oder gar psychische Symptome und eventuell bis dahin nicht bestehende psychische Erkrankungen auslösen. Diese Anspannung wird auch, und vielleicht vor allem, zwischen dem Patienten und der Gesundheitsfachperson spürbar sein.
Die transkulturelle Psychiatrie liefert einen Reflexionsrahmen und eine pragmatische Interventionsmethode, damit die in der Einleitung dargestellte Komplexität besser erfassbar wird und die Hindernisse bei der Begegnung und der Kommunikation zwischen Arzt und Patient leichter umgangen werden können.
Sie hat sich auf drei Ebenen entwickelt: die vergleichende Analyse psychischer Erkrankungen und ihrer Behandlung in verschiedenen Kulturen, die Analyse der Psychiatrie selbst als Produkt einer bestimmten Kultur sowie die Suche nach geeigneten Antworten auf die Bedürfnisse hinsichtlich der psychischen Gesundheit von Minderheiten [12]. Als Ergebnis wurde festgestellt, dass der Kultur eine zentrale Rolle bei den Vorstellungen über psychische Störungen, deren Ursache und die vorgeschlagenen Behandlungsoptionen zukommt.
Eine Falle, die umgangen werden muss, ist der Glaube, dass man die Kultur des anderen vollständig kennen kann. Das ist nicht nur unmöglich, sondern birgt vor allem die Gefahr, die «andere» Kultur auf Verallgemeinerungen zu reduzieren, die schnell zu Vorurteilen werden, und sich davon zu entfernen, was die Patientin oder der Patient individuell empfindet. Tatsächlich ist die Zahl der Kulturen und Subkulturen, die weltweit existieren, nicht abschätzbar. Unter den Menschen, die aus anderen Ländern kommen, aber auch innerhalb unserer eigenen Kultur, ist eine Vielzahl an Kulturen zu beobachten. Würde man den Begriff des kulturellen Unterschieds auf das Äusserste ausweiten, könnte man sagen, dass dieser Ansatz auf jede therapeutische Begegnung angewandt werden kann, da jeder Mensch eine eigene Weltsicht und Vorstellung von seiner Krankheit und deren Behandlung hat.

Ein pragmatischer Ansatz

Wir schlagen eine pragmatische Methode vor, die auf unserer breiten klinischen Erfahrung und auf der Super­vision zahlreicher Gesundheitsfachpersonen (sowohl im somatischen als auch psychiatrischen Bereich) gründet. Ausgegangen sind wir von den Arbeiten Kleinmans und insbesondere seinem «Befragungsleitfaden» [13] rund um das Erklärungsmodell der Krankheit. Das Werk Kleinmans gilt aufgrund seiner Einfachheit und Relevanz als Referenz auf dem Gebiet des transkulturellen Ansatzes (Tab. 3). Darüber hinaus steht das im DSM-5 seit 2013 vorgeschlagene «Cultural Formulation Interview» zur Verfügung. Es ist zwar interessant, richtet sich jedoch vor allem an die Expertinnen und Experten für psychische Gesundheit. Aus­serdem ist das Ziel dabei, die Erstellung einer möglichst zuverlässigen Dia­gnose; es zielt nicht darauf ab, konkrete (geschweige denn umfassende) Möglichkeiten für die Behandlung aufzuzeigen.
Tabelle 3: Befragungsleitfaden nach Kleinman rund um 
das Erklärungsmodell, 1981 (nach [13]).
1. Was sind Ihre Beschwerden? Wie benennen Sie sie?
2. Was ist Ihrer Meinung nach die Ursache Ihrer Beschwerden?
3. Warum haben Ihre Beschwerden zu diesem Zeitpunkt ­begonnen?
4. Wie äussern sich Ihre Beschwerden?
5. Wie schwerwiegend sind Ihre Beschwerden? Glauben Sie, dass sie lange andauern werden?
6. Was fürchten Sie am meisten an diesen Beschwerden?
7. Wie wirken sich die Beschwerden auf Ihr Leben aus?
8. Welche Behandlungen sollten Sie Ihrer Ansicht nach erhalten und welche Ergebnisse erwarten Sie davon?
Diese Befragungsanleitungen konzentrieren sich ausschliesslich auf einen Teil der Aspekte, die bei der interkulturellen Begegnung problematisch sind. Doch auch andere Aspekte können Schwierigkeiten bereiten, nicht nur das Erklärungsmodell der Krankheit und der Art der Behandlung, welche die Patientin oder der Patient erwartet. Wir schlagen deshalb einen Befragungsleit­faden vor, der jenen Kleinmans ergänzt und auf zehn Fragen beruht. Bestimmte Fragen richten sich an die Gesundheitsfachperson, andere an den Patienten und sein Umfeld.
Wir haben die Fragen so geordnet, dass sie den Prozess des Empfangs des Patienten, der Diagnose und des Therapievorschlags begleiten (Tab. 4).
Tabelle 4: Pragmatisches Vorgehen bei einem Patienten mit psychischer Störung.
Prozess des ­Empfangs des Patienten 1. Wo liegen angesichts dieses Patienten die Bereiche, die bei mir Unbehagen oder Ablehnung auslösen?
 2. Welche Vorstellungen und Erwartungen haben der Patient und sein Umfeld von der ­Beziehung zu einer Gesundheitsfachperson?
 3. Welche Rolle spielt der Dolmetscher?
Diagnoseprozess 4. Welche Faktoren sind im Hinblick auf die Muttersprache und die Fremdsprache beim gegenseitigen Verständnis und bei der Kommunikation zu berücksichtigen?
 5. Welche Vorstellungen haben der Patient und sein Umfeld von seinem Leiden oder seiner Krankheit ­(psychisch, körperlich, spirituell)?
 6. Wie äussert sich das Leid je nach Kultur?
 7. Welche Zweifel bestehen im Hinblick auf die Diagnose?
Therapie­empfehlung 8. Welche Behandlung erachtet der Patient als angemessen?
 9. Was wissen und wie denken der Patient und sein Umfeld über die Psychiatrie?
10. Mit welchen anderen Fachpersonen muss ich zusammenarbeiten?

Prozess des Empfangs des Patienten

1. Wo liegen angesichts dieses Patienten die ­Bereiche, die bei mir Unbehagen oder ­Ablehnung auslösen?

Bei einer therapeutischen Begegnung ist es unabdingbar, dass man sich mit dem anderen identifizieren kann und ihm helfen will. Gleichwohl können natürlich angesichts bestimmter Patiententypen Ängste ­bestehen: «Ich weiss nicht, wie ich Pa­tienten mit psychischem Trauma behandeln soll, also gehe ich ihnen aus dem Weg.», «Ich weiss nicht, wie man mithilfe ­eines Dolmetschers arbeitet, aber eigentlich reicht es schon, wenn der Patient ein wenig Deutsch spricht.». Oder aber die Gesundheitsfachperson schützt sich angesichts dramatischer Berichte über erlittene Gewalt oder zahlreiche Trauerfälle, indem sie häufig unbewusst Strategien anwendet, um die vernommenen Gräuel auf Distanz zu halten: «Die Tatsachen werden übertrieben dargestellt.», «Die Erzählung erfolgt in manipulativer Absicht.», «Dort kommt das oft vor, sie sind an diese Tragödien gewöhnt.», «Sie erzählen die Dinge im Allgemeinen sehr demonstrativ, es ist also nicht so schlimm.» [14]. Der Pflegende sollte nach Möglichkeit versuchen, seine Ängste zu identifizieren, und sich mit seinen ablehnenden Haltungen beschäftigen, um gegebenenfalls Hilfe zu suchen. Eine spezielle Ausbildung in transkultureller Psychiatrie erhöht erwiesenermassen die Kompetenz und die Kenntnisse der Pflegenden, aber auch ihre Empathiefähigkeit [15, 16]. Wenn die oder der Pflegende in sich ablehnende Haltungen und Ängste identifiziert, kann die Intensität des gegenüber dem Patienten Empfundenen schliesslich eine Supervision rechtfertigen, damit die «Überfülle an Emotionen» konstruktiv abgeleitet wird.

2. Welche Vorstellungen und Erwartungen haben der Patient und sein Umfeld von der Beziehung zu einer Gesundheitsfachperson?

Ein oftmals übergangener Aspekt ist die Art und Weise, auf die der Patient den Arzt betrachtet. Die Kultur bedingt eine Reihe von Regeln für die zwischenmensch­lichen Interaktionen, und jene zwischen Patient und Arzt sind keine Ausnahme. In vielen Ländern ist die Ärztin oder der Arzt eine Autorität, der man nicht widerspricht. Der Patient erwartet vom Arzt genaue Fragen, auf die er zwar höflich antwortet, die er jedoch nicht unbedingt mit anderen relevanten Elementen zu ergänzen wagt. Dadurch ist der Arzt gezwungen, im Laufe des Gesprächs «an alles zu denken» und sehr aktiv zu sein. Ausserdem akzeptiert der Patient möglicherweise alles, was ihm von ärztlicher Seite empfohlen wird, auch wenn er Vorbehalte oder Befürchtungen hegt. «Der aus Afghanistan stammende Amin war mit allem einverstanden, was ihm sein «Schweizer» Arzt vorschlug, vermied jeden Augenkontakt und zeigte sich stets entgegenkommend. Alles schien ihm zu passen. Dennoch versäumte er Termine und erschien schliesslich gar nicht mehr.» Eine mögliche Erklärung für ­diesen Behandlungsabbruch wäre, dass der Patient den Nutzen der Therapie nicht verstand und nicht wagte, dies zu äussern, um dem Arzt nicht zu widersprechen. In Afghanistan und im Iran bezeichnet «Taa’rof» eine Form von Höflichkeit, die beinhaltet, dass man eine Autorität oder einen Gast nicht belästigen darf. Im Alltag kommt es dadurch nicht unbedingt zu Schwierigkeiten, im medizinischen Kontext kann sich dies jedoch als problematisch, ja als fatal erweisen. Es obliegt darum dem Arzt, diese potenzielle Quelle von Missverständnissen zu berücksichtigen und auf Hinweise der Patientinnen und Patienten zu achten. Im Zweifelsfall muss er ihnen versichern, dass sie Fragen stellen und gegebenenfalls nicht einverstanden sein können.

3. Welche Rolle spielt der Dolmetscher?

Der Ärztin oder dem Arzt kann der Dolmetscher ein kulturelles Verständnis des Patientenkontexts ver­mitteln, indem er als Mediator oder «Kulturmittler» fungiert [17]. Von der Patientin oder dem Patienten kann er positiv wahrgenommen werden, wenn er die Kommunikation ermöglicht oder als Identifikations­figur dient, welche dieselbe Herkunft aufweist und sich im Aufnahmeland integrieren konnte. Bisweilen kann der Dolmetscher auch das Leid besser verstehen als der Arzt, der einer anderen Kultur entstammt. Er kann aber auch als jemand wahrgenommen werden, welcher der betreffenden Gemeinschaft zu nahesteht und den anderen Mitgliedern dieser Gemeinschaft ­etwas Vertrauliches erzählen könnte. Die diesbezüg­lichen Beispiele sind zahlreich und all diese Aspekte müssen berücksichtigt und gegebenenfalls geklärt werden, besonders wenn die Patientin oder der Patient Vorbehalte gegen die Anwesenheit einer Dolmetscherin / eines Dolmetschers bei der Konsultation erkennen lässt.

Diagnoseprozess

4. Welche Faktoren sind im Hinblick auf die Muttersprache und die Fremdsprache beim gegenseitigen Verständnis und bei der Kommunikation zu berücksichtigen?

Diese Frage würde einen eigenen Artikel rechtfertigen, denn abgesehen von den Fehlern durch schlechte Fremdsprachenkenntnisse muss man sich stets vor Augen halten, dass die Emotionen in den verschiedenen Sprachen nicht gleichartig an die entsprechenden Worte gebunden sind. Auch wenn sich ein Mensch in mehreren Sprachen fliessend und umfassend auszudrücken vermag, können die Fähigkeit zum Hervorrufen von Erinnerungen und die emotionale Belegung der gesprochenen Worte von Sprache zu Sprache stark schwanken und sich auf den Behandlungsprozess auswirken.
Noch bevor das Kind das Sprachverständnis und die Sprachfähigkeit erwerben kann, trägt die Muttersprache die im Kleinkindalter erlebten Emotionen. Wenn zum Beispiel eine Mutter zu ihrem Baby «Ich liebe dich.» sagt, versteht das Kind noch nicht die Bedeutung und konstruiert sie sich nach und nach aufgrund der Art, auf die es die Mutter auf den Armen trägt, liebkost und ansieht oder aufgrund der Lautstärke, des Tonfalls und der Weichheit der Stimme. Die «Musikalität» der Sprache trägt also zum Teil die emotionale Bedeutung, die dem Wort beigemessen wird, und nicht ausschliesslich das zugehörige intellektuelle Konzept.
Wenn das Baby heranwächst und möglicherweise ­andere Sprachen lernt, kann es dasselbe Konzept des «Ich liebe dich» in anderer Musikalität hören. Wenn wir uns das Leben dieses Kindes weiter vorstellen, lernt es zusätzlich zur deutschen Muttersprache möglicherweise Spanisch, um es mit der Ehefrau oder dem Ehemann zu sprechen, oder Englisch, da es dies im ­Beruf benötigt. In diesen verschiedenen Zusammenhängen ist die Fähigkeit Erinnerungen hervorzurufen und Emotionen auszulösen unterschiedlich, je nachdem, ob die Person den Satz «Ich liebe dich.» in ihrer Muttersprache, in der mit der Ehefrau oder dem Ehemann gesprochenen Sprache oder in der nur im Beruf verwendeten Sprache hört oder äussert. Die Muttersprache kann an die Bindung mit den Eltern und der Familie erinnern, an die ersten Worte der Zuneigung der Mutter oder des Vaters, an die Unterstützung und den Schutz, die das Kind erfuhr (oder an denen es ihm im Gegenteil mangelte). Die zweite Sprache (in unserem Beispiel Spanisch) kann mit der Partnerin oder dem Partner verbundene Emotionen hervorrufen, während die dritte Sprache (Englisch) nicht vergleichbar emotional besetzt ist, da sie nur im beruflichen, wahrscheinlich weniger emotionalen Kontext verwendet wird.
Mithilfe dieses kurzen Beispiels können wir erfassen, wie wichtig es ist, mit Dolmetscherinnen und Dolmetschern arbeiten zu können, nicht allein um sich zu verstehen, sondern auch um Erinnerungen und Emotionen zu mobilisieren und mit ihnen angemessen zu arbeiten [17]. Psychiatrische Störungen können in der Tat mit Kindheits- oder Jugenderlebnissen, mit der Paar­beziehung oder auch mit dem beruflichen Kontext verbunden sein. In diesem Fall kann die Sprache, die bei einem medizinischen Gespräch verwendet wird, den Zugang zu bestimmten erlebten Emotionen beschränken und den therapeutischen Prozess stören. Wir müssen dieses Phänomen berücksichtigen, besonders bei der Arbeit mit Patientinnen und Patienten, die über eine gewisse Kenntnis der vom Arzt gesprochenen Sprache verfügen, diese aber nicht vollständig ­beherrschen. Um Abhilfe zu schaffen, können wir den Patienten fragen, ob er «den Eindruck hat, dass es ihm schwerfällt, in einer Fremdsprache Emotionen auszudrücken», und gegebenenfalls Gespräche in Anwesenheit eines Dolmetschers abhalten, um zu überprüfen, ob eine Veränderung bei der Äusserung von Emotionen festzustellen ist und ob dies zu einer besseren Betreuung beiträgt.

5. Welche Vorstellungen haben der Patient und sein Umfeld von seinem Leiden oder seiner Krankheit?

«Samiel, ein Asylsuchender aus Ostafrika, erklärte mir, dass man den bösen Blick auf ihn geworfen habe. Er leide deshalb an Kopfschmerzen und an Müdigkeit, so dass es ihm meist unmöglich sei, aus dem Bett auf­zustehen, und er deshalb keine Aufenthaltsbewilligung erhalte.» Dieser Patient begriff den Angstzustand und die Depression, an denen er litt, als ein Problem des «bösen Blicks» mit körperlichen Auswirkungen. In manchen Fällen kann der Patient einen begangenen Fehler als Erklärung vermuten, aufgrund dessen er von seinem Gott bestraft werde oder die Geister erzürnt seien. Solange dieses Leiden nicht mit einem psychischen Problem in Zusammenhang gebracht werden kann, wird der Patient nur schwer dazu zu bringen sein, einen Psychiater aufzusuchen. Unter Punkt 8 werden diesbezüglich einige Optionen dargestellt, und wir empfehlen, auf den Befragungsleitfaden Kleinmans zurückzugreifen (Tab. 3), um diese Analyse zu fundieren.

6. Wie äussert sich das Leid je nach Kultur?

Jede Kultur bietet einen Rahmen zum Ausdruck von Leid, der bestimmt, was zulässig ist und was nicht. In bestimmten Kulturen gilt die Äusserung von Emotionen als unehrenhaft oder seltsam, weshalb Depressive ihr Gefühl von Traurigkeit nicht öffentlich mitteilen, vielleicht nicht einmal privat, da diese Gefühle nicht an­erkannt sind. Körperliches Leiden ist dagegen weit universeller anerkannt und «ermöglicht» darum leichter die Hilfe und Unterstützung der Gemeinschaft. Diese Ausdrucksweisen erlernt der Patient schon von klein auf (wie oben erwähnt, prägt uns die Kultur und wird uns von unserer Familie und Umgebung übertragen), sie können auch an die folgende Generation weiter­gegeben werden. Bisweilen bietet die Kultur Möglichkeiten zum Ausdruck von Leid, die für jene erkennbar sind, die dasselbe kulturelle Bezugssystem verwenden, die jedoch für Aussenstehende weit undurchsichtiger sind [18]. Wenn also zur Äusserung von Emotionen bevorzugt der Körper dient und die Patientin / der Patient deshalb den Grundversorger konsultiert, muss der Arzt sorgfältig auf allfällige psychische Störungen achten, die sich hinter einem somatischen Erscheinungsbild (oftmals hinter Müdigkeit) verbergen. Diese Feststellung führt zur nachstehenden Frage.

7. Welche Zweifel bestehen im Hinblick auf die ­Diagnose?

In der Psychiatrie kommt es häufig zu Diagnosefehlern, da sich – wie oben erwähnt – aufgrund der kulturellen Unterschiede die Ausdrucksformen unterscheiden. Auch die Bedeutung von «normal und nicht normal» ändert sich je nach Kultur [19]. Wenn uns beispielsweise ein Patient duzt, keine angemessene Körperdistanz wahrt und beim Gespräch zu nahe herankommt, könnten wir sofort ein zu vertrauliches Verhalten oder gar Züge einer dissozialen Persönlichkeit vermuten. In bestimmten Gesellschaften deutet das Duzen jedoch nicht auf Vertraulichkeit oder Mangel an Respekt hin, auch die einzuhaltende Körperdistanz schwankt zwischen verschiedenen kulturellen Gruppen.
Arthur Kleinman hat zudem gut das Konzept der «Category Fallacy» beschrieben [20], wonach wir nur das diagnostizieren, was wir kennen. Wir laufen somit Gefahr, uns zu irren, wenn wir die Besonderheiten anderer ­Kulturen nicht kennen, die nicht der westlichen psychiatrischen Rationalität entsprechen. In einer unbehaglichen Situation sollte man also stets an die Möglichkeit eines Missverständnisses denken, insbesondere bei der Diagnose einer Psychose, die häufig bei einem psychologischen Trauma gestellt wird, oder bei der Dia­gnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, die eine Depression maskieren kann.
Bei Zweifeln, ob ein Verhalten in der Kultur der Patientin oder des Patienten als normal gilt, kann es sinnvoll sein, die Angehörigen oder den Dolmetscher zu befragen: Ist das Verhalten für die Patientin / den Patienten ungewöhnlich? Ist das Patientenumfeld über das Verhalten besorgt? Wie deutet es das Verhalten?

Therapieempfehlung

8. Welche Behandlung erachten der Patient und sein Umfeld als angemessen?

Die Einwilligung in eine psychiatrische Behandlung kann in manchen Fällen ebenfalls schwer zu erreichen sein, besonders wenn sich die Gesundheitsfachperson und der Patient nicht darauf einigen, dass die Ursache des Leidens psychischer Natur ist.
Angesichts dieser Problemstellung empfehlen wir drei Optionen, die sich nicht gegenseitig ausschliessen:
1. Der Allgemeinmediziner führt die psychiatrische Behandlung im Rahmen seiner Kompetenz durch, um Patienten mit Vorbehalten gegen einen Besuch beim Psychiater eine psychiatrische Betreuung zu ermöglichen. Dies kann zum Beispiel durch die Unterstützung und Begleitung des Patienten und die Verschreibung von Psychopharmaka erfolgen (gegebenenfalls unter fachärztlicher Supervision).
2. Eine «Ko-Konstruktion» mit dem Patienten ist nötig, um dem Leid zu begegnen und es angemessen zu behandeln. Der Arzt muss sich aktiv für die Welt des Patienten interessieren und sie erforschen; dazu muss er den Begriff der Kultur gut kennen (Tab. 2) und wissen, wie sie den Patienten beeinflusst. Dieser Schritt kann vollständig vollzogen werden, indem man sich auf das Erklärungsmodell Kleinmans stützt (Tab. 3) [13]. Durch Erläuterung des psychiatrischen Ansatzes in der westlichen Medizin kann der Arzt die Behandlung ebenfalls unterstützen und die Bildung einer therapeutischen Allianz fördern.
3. Anbieten einer «gemischten Betreuung»: Unserer klinischen Erfahrung nach kann der Patient in ­bestimmten Situationen davon profitieren, wenn er entsprechend unseren Vorstellungen und gleich­zeitig im Einklang mit seinen Überzeugungen und seinem Verständnis von Leid (etwa Konsultation ­eines Heilers, Priesters oder Imams) behandelt wird. Bei genauer Betrachtung greift auch in unserer Gesellschaft ein grosser Teil der Mehrheitsbevölkerung auf mehrere therapeutische Ansätze zurück, die auf unterschiedlichen Denkweisen gründen (Komplementär- und Alternativmedizin).

9. Was wissen und wie denken der Patient und sein Umfeld über die Psychiatrie?

In vielen Länder existiert die Psychiatrie nicht oder nur sehr begrenzt und falls sie existiert, ist sie oftmals negativ konnotiert. In unserer Praxis hören wir nicht selten: «Ich bin nicht verrückt, ich möchte nicht zu ­einem Psychiater!», «Man wird mich einsperren.», «Man spricht doch nicht mit einem Unbekannten über Intimes.», «Wie soll mir ein Gespräch helfen?». Die beste Methode zur Umgehung dieses Hindernisses ist es, die Frage mit dem Patienten in Ruhe zu besprechen, sobald wir der Auffassung sind, dass er von einer Betreuung durch den Psychiater profitieren könnte. Dabei sollte der Patient einfach darauf hingewiesen werden, dass sich «unsere» Psychiatrie möglicherweise von «seiner» unterscheidet und sie ihm helfen kann.

10. Mit welchen anderen Fachpersonen muss ich zusammenarbeiten?

Patienten, die Migranten und insbesondere Asylsuchende sind, leiden oftmals an körperlichen und psychischen Problemen, stehen aber in vielen Fällen auch vor administrativen und sozialen Schwierigkeiten. Häufig wirken sich diese überdies stark auf die psychische Gesundheit der Patienten aus. In diesem Fall ist die Arbeit in interdisziplinären Teams entscheidend, konkret durch die Koordinierung der Fachpersonen, die den praktischen Problemen des Patienten am nächsten sind [21, 22]. Diese Mobilisierung des Betreuungsnetzes trägt zudem dazu bei, dass der Pflegende angesichts komplexer Behandlungen nicht auf sich gestellt ist, dass er auf die Kompetenz unterschiedlicher Akteure zurückgreifen kann (biopsychosoziales Modell) [23] und sich die Fähigkeit bewahren kann, zu denken und kreativ zu sein. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit kann auch gänzlich andere Berufe umfassen (Ergotherapeuten, Pädagogen, Sozialarbeiter, Juristen usw.).

Schlussfolgerung

Das Erkennen potenzieller Hindernisse für die Kommunikation zwischen einem Patienten und einem Arzt aus unterschiedlichen Kulturen ist von zentraler Bedeutung. Unser klinischer Ansatz in Form von zehn Fragen, der den Leitfaden Kleinmans ergänzt, regt dazu an, die Rolle der Kultur beim einzelnen Menschen zu hinterfragen, und kann somit den Aufbau der therapeutischen Allianz zwischen einem Patienten und einem Arzt aus unterschiedlichen Kulturen erleichtern, Diagnosefehler minimieren und den Zugang dieser ­Bevölkerungsgruppe zu psychiatrischer Betreuung fördern.

Das Wichtigste für die Praxis

• Den medizinischen Grundversorgerinnen und -versorgern kommt entscheidende Bedeutung bei der Identifizierung und frühzeitigen Behandlung psychischer Störungen bei Migranten zu; deren Betreuung muss sich auf einen klaren theoretischen und methodologischen Rahmen stützen.
• Eine Ausbildung in transkultureller Psychiatrie erhöht die Kompetenz und die Kenntnisse der Pflegenden, aber auch ihre Empathiefähigkeit.
• Die Kultur beeinflusst entscheidend die Konstruktion unserer Psyche und unserer individuellen und kollektiven Identität und somit die Art und Weise, auf die wir psychische Symptome äussern.
• Die medizinischen Grundversorger müssen also sehr sorgfältig auf die Art achten, auf die sich psychisches Leiden je nach Kultur des Patienten manifestiert, und die Therapieempfehlungen gegebenenfalls anpassen.
• Von wesentlicher Bedeutung ist die Arbeit mit Dolmetschern und im interdisziplinären Team, konkret durch die Koordinierung der Fachpersonen auf einer Ebene, die möglichst nahe an den praktischen Problemen des Patienten ist.
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Dr. med. Javier Sanchis Zozaya
Médecin associé
Centre des Populations Vulnérables
Policlinique Médicale ­Universitaire de Lausanne
Rue du Bugnon 44
CH-1011 Lausanne
Javier.Sanchis-Zozaya[at]hospvd.ch
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