Selbstmessungen des Blutdruckes verbessern die Blutdruckkontrolle
Immer wieder erstaunlich, dass wir selbst bei enorm prävalenten klinischen Problemen nur wenig konklusive Evidenz haben: Die TASMINH4-Studie schliesst für die ungenügend kontrollierte, essentielle Hypertonie eine wichtige Lücke. Bei hypertensiven PatientInnen (älter als 35 Jahre) und Blutdruckwerten >140/90 mm Hg unter nicht mehr als 3 Antihypertensiva führte die randomisierte Selbstmessung (mit institutionalisierter, regelmässiger Meldung an die Hausärzte) zu einer schnelleren Titration der Medikamente und zu einer progredient verbesserten (12 Monate noch besser als 6 Monate) Blutdruckeinstellung als bei Praxismessungen. Da der primäre Endpunkt dann die Blutdruckeinstellung nach 12 Monaten in der Praxis / der ambulanten Institution (und nicht eine Selbstmessung) war, ist dieses Resultat noch interessanter (Korrektur für Weisskitteleffekt). Der Blutdruckvorteil lag bei etwa 5/5 mm Hg für systolische und diastolische Werte. Der Einbezug eines telemedizinischen Monitorings verbesserte die Resultate nicht zusätzlich. Offen ist noch, ob diese Zusammenarbeit zwischen Patienten und Hausärzten auch bei Erstdiagnose einer Blutdruckerhöhung Vorteile bringt. Kurz und bündig zweifeln wir aber nicht daran, wenn auch vielleicht PatientInnen, die neu mit dem Problem «Bluthochdruck» konfrontiert sind, einer intensiveren initialen Schulung bedürfen könnten. Diese Studienresultate könnten sehr bald in jeder Hausarztpraxis umgesetzt werden. Konsultation der Methodologie (Box 1) wird empfohlen.
Box 1: Methode der Blutdruckselbstmessung in der TASMINH4-Studie
1. Initiale Visite beim Hausarzt mit Analyse der Medikation und allenfalls bereits erste Adaptation derselben.
2. Instruktion der PatientInnen im Selbstmonitoring mit Gebrauch eines automatischen, elektronischen Sphygmomanometers.
3. Selbstmessungen am nicht-dominanten Arm je 2 Mal am Morgen und am Abend, täglich in der ersten Woche jeden Monats.
4. PatientInnen notieren die Werte auf Papier und senden dieses in einem vorfrankierten (!) Umschlag in die Arztpraxis.*
5. Die HausärztInnen adaptieren basierend darauf die antihypertensive Medikation.
6. Eine einfache Farbgrafik orientiert die selbstmessenden PatientInnen, wann sie sich bei hohen und tiefen Werten der Blutdruckmessungen direkt mit den HausärztInnen in Verbindung setzen sollten.
Überlebensvorteil dank epiduraler Schmerzkontrolle bei akuter Pankreatitis?
Sehr präliminäre, gleichwohl sehr interessante Resultate kommen aus einer französisch-belgischen Studie. Sie fand, dass eine thorakale epidurale Anästhesie zur Schmerzkontrolle im Vergleich zur klassischen Schmerztherapie die 30-Tage-Mortalität bei akuter Pankreatitis von 17 auf 2% senkte. Leider erhielten nur 46 PatientInnen in der experimentellen Gruppe eine epidurale Analgesie. Der Überlebensvorteil – falls er sich bestätigen wird – könnte auf einer entzündungshemmenden Wirkung der besseren Schmerzkontrolle oder Verminderung der Analgetika-assoziierten Nebenwirkungen beruhen oder auch auf weiteren, unbekannten Faktoren.
In-vitro-Test der Chemotherapiewirkung(-resistenz)!
Im Versuch eine massgeschneiderte Chemotherapie für solide Tumoren auszuwählen, verlässt man sich heute auf die klassische Histologie und eine Analyse somatischer Mutationen in den Tumoren (Tumorgenetik). Bislang fiel der Erfolg in Bezug auf Validierung der besten Therapie jedoch limitiert aus. Mit Biopsien kann man Gewebe, z.B. aus einem Primärtumor, entnehmen und in vitro bis zur Bildung von dreidimensionalen Zellverbänden (sog. Organoide) kultivieren. Diese Organoide weisen ein hohes Mass an Übereinstimmung mit den histologischen Charakteristika und dem Vorliegen wichtiger Mutationen in Tumorregulationsgenen (u.a. sog. «driver mutations») mit dem Tumorgewebe im Patienten auf.
Prospektiv aus Tumorbiopsien ex vivo kultivierte Organoide von PatientInnen mit kolorektalem oder ösophagealem Karzinom zeigten, sowohl isoliert in vitro als auch als Xenograft in Mäusen, ein hohes Mass an Übereinstimmung mit dem Ansprechen auf die Chemotherapie im Rahmen klinischer Studien an diesen PatientInnen. Werden wir bald die Chemotherapie so auswählen können, wie wir das nach Erhalt des Antibiogramms für Antibiotika gewohnt sind?
Der bislang ungebremste, von den Wenigsten bestrittene (wohl aber von Vielen noch skotomisierte) Anstieg des atmosphärischen, anthropogen produzierten Kohlendioxids (CO2) ist eine Tatsache. Im Oberflächenwasser der Meere führt diese zu einer Übersäuerung (Azidifizierung), mit bekanntermassen sekundärem Auflösen der Schale von muschelartigen Organismen im Krill, einer wichtigen Nahrungsquelle vieler Meeres(säuge)tiere. Diese Schalentiere enthalten Calciumcarbonat (CaCO3), wobei CO3 als starke Base die durch hohes CO2 im Wasser produzierte Kohlensäure neutralisiert. Der Preis ist eine Kalziumverarmung und Brüchigkeit oder gar Auflösung der schützenden Schale [1]. Inwiefern und ob Schalentiere dies kompensieren können, ist noch unklar. Dieser Prozess erreicht nun aber auch schon tiefere Wasserschichten und löst über den gleichen Mechanismus die Korallenriffe auf. Bei gleichbleibender oder weiter ansteigender atmosphärischer CO2-Konzentration wird es spätestens im Jahre 2100 keine Korallen mehr geben [2]. Siehe auch «Parallele zur maritimen Osteoporose» (Box 2).
Box 2: Nachlese oder Parallele zur maritimen Osteoporose
Eine recht gut fundierte Theorie zur Erklärung der menschlichen Osteoporose-Epidemie, inkriminiert die diätinduzierte Säurebelastung, v.a. durch Weizenmehlprodukte (z.B. Pasta) bzw. schwefelhaltige Aminosäuren (z.B. in tierischen Eiweissen vorkommend). Je höher die Säurebelastung, desto grösser der physikalisch und chemisch erklärbare ossäre Kalziumverlust. Zusätzlich sind zelluläre Effekte von «Säure» auf Osteoblasten (gehemmt) und Osteoklasten (stimuliert) bekannt. Ein Effekt, den man also auch als «double trouble» bezeichnen könnte.
Vor 40 Jahren wurde realisiert, dass ein akutes koronares Syndrom beim Menschen nach Massgabe des C-reaktiven Proteins auch eine Akut-Phasen-Reaktion auslöst, mit einem relativ vagen Dosis-Wirkungs-Verhältnis (fast kein Anstieg mit den damaligen Assays bei A. pectoris, höhere Anstiege auf Grund höherer Produktionsraten bei ausgedehnteren Herzinfarkten). Figur 1 aus dieser Publikation (Abb. 1) zeigt den Verlauf des CRP nach Beginn des infarkttypischen Thoraxschmerzes bei ausgedehnteren Herzinfarkten.
Von einem sich in Bewegung (meist Galopp) befindenden Pferd aus kann man nicht genau treffen, selbst wenn man eine Wildwest-Legende ist und sogar einen Henry-Stutzen verwendet. Umso erstaunlicher, dass Buffalo Bill et al. in kurzer Zeit riesige Bisonherden mit dieser Technik ausrotten konnten. Warum? Beim Menschen fusionieren viszerale und parietale Pleura im Mediastinum, so dass zwei separate luftgefüllte Räume entstehen, die zwei Hemithoraces, die voneinander getrennt sind. Eine Verletzung der einen Seite führt also typischerweise zu einem unilateralen Pneumothorax. Bei den Bisons ist diese Fusion nicht komplett, so dass sich auch bei geringfügigen penetrierenden Thoraxverletzungen ein tödlicher, bilateraler (Spannungs-)Pneumothorax entwickeln kann (siehe auch «Wussten Sie?»).
Wussten Sie?
Warum haben/brauchen Elefanten keinen Pleuraraum (weder Pleura visceralis noch parietalis)?
Eine der Antworten (A–D) kann richtig sein:
A Die Oberflächenspannung bei der riesigen Lungenoberfläche würde die Pleuren zum Platzen bringen.
B Elefanten produzieren den intermittierend negativen intrathorakalen Druck, indem sie via den Rüssel einatmen (hoher serieller Widerstand).
C Der Druckgradient beim Tauchen/Schnorcheln wäre zu gross (Induktion eines Pneumothorax).
D Der negative intrathorakale Druck mit Begünstigung des venösen Rückflusses ins Herz wird durch den Schluckakt (ösophago-atriale Interaktion) erzeugt.
Auflösung im nächsten Heft, über Antworten bis in einer Woche freut sich: rkrapf[at]bluewin.ch