Fokus auf … Diagnostische Kriterien der Migräne (ohne Aura)
1. Mindestens 5 Attacken, welche die folgenden Kriterien (2–4) erfüllen:
2. Kopfschmerzen dauern 4 bis 72 Stunden.
3. Kopfschmerzen haben mindestens 2 der folgenden Charakteristika: unilateral, pulsierend, mässige bis schwere Intensität, Verstärkung durch oder Grund für Vermeidung von körperliche(r) Aktivität.
4. Während Kopfschmerzen mindestens eines von Folgendem: Nausea und/oder Erbrechen, Photophobie und Phonophobie.
5. Ausschluss anderer Ursachen intensiver Kopfschmerzen (Glaukom, Meningitis, Hirnblutung, z.B. bei Aneurysmen).
Basis für therapeutische Frühintervention oder gar Prävention einer späteren Alzheimer-Erkrankung
Kann man bei kognitiv normalen ProbandInnen die Wahrscheinlichkeit einer späteren kognitiven Einschränkung voraussagen und so – wenn sie dann wirksam zur Verfügung stehen werden – die Basis für Frühinterventionen, zum Beispiel bei Alzheimer-Demenz, legen? Ja, lassen die Resultate einer prospektiven Untersuchung von 224 im Mittel 57-jährigen, kognitiv (noch) normalen ProbandInnen vermuten! Mit verschiedenen Parametern (kognitive Tests, APOE-Genotyp, Amyloid-Beta und phosphoryliertes Tau im Liquor und volumetrische Messungen in der Magnetresonanztomographie) konnte mit einer Sensitivität von 80% und einer Spezifität von 75% vorausgesagt werden, welches Individuum in den folgenden 5 Jahren (durchschnittlicher Follow-up: 11 Jahre!) eine Progression zur kognitiven Einschränkung aufweisen wird.
Erhöhung der inhalativen Glukokortikoide ist keine verlässliche Strategie zur Verhinderung von Asthma-Exazerbationen
Asthma-Exazerbationen treten meist nach einer Phase der schlechteren Kontrolle ausgelöst durch Malcompliance, Infekte, Allergenexposition oder Umweltbelastung durch Aerosole/Gase auf. Eine doppelt verblindete Studie fand keinen Effekt in der Verhinderung von Asthma-Exazerbationen bei Kindern zwischen 5 und 11 Jahren nach Verfünffachung der inhalativen Glukokortikoide [1]. Eine andere, allerdings nicht verblindete Studie – diesmal mit Vervierfachung der üblichen Dosis – zeigt einen kleinen Effekt (minus 19%) bei Adoleszenten/Erwachsenen [2]. Im Moment also noch keine überzeugenden Argumente für diese Strategie.
Regulation der intrazellulären Eisenkonzentration und Malaria-Risiko
Ferroportin ist das einzige bekannte Membraneiweiss (ein Ionenkanal), das Eisen vorwiegend in Enterozyten/Duodenozyten, Hepatozyten und Milzmakrophagen aus den Zellen lassen kann (Abb. 1). Neu bekannt ist, dass dieses Protein auch in reifen Erythrozyten, den «Zielscheiben» der Malaria-Parasiten, vorkommt. Diese hängen in ihrem Überleben von genügend intrazellulären Eisenreserven ab. Die Malaria-induzierte Hämolyse stellt dieses Eisen für das eigene Wohlergehen gleich selber zur Verfügung, vorwiegend durch Autooxidation des Hämoglobins. Eine alte Beobachtung ist auch, dass unkritische Eisensubstitution bei Malaria-Anämie die Malaria intensiviert, ein Eisenmangel aber den Schweregrad der Malaria mindert. Die Erythrozyten sind für ihr Überleben darauf angewiesen, das freie Eisen (oxidativer Stress) aus ihrem Zellinneren – eben via dieses Ferroportin – zu entfernen. Ferroportin wurde nun als wichtiges Eiweiss identifiziert, das Erythrozyten vor Malaria-Infekt (durch intrazelluläre Eisendepletion) schützt. Eine Einzelnukleotidmutante von Ferroportin hat eine noch höhere Eiseneliminationsaktivität und kommt vorwiegend bei Schwarzafrikanern vor, die dadurch weniger schwere Malaria-Infekte haben und – neben anderen Faktoren – entwicklungsgeschichtlich durch diese Mutation mutmasslich positiv selektioniert worden sind.
In einer 30-seitigen Publikation [1] analysierten Petersdorf und Beeson 1961 an 100 Fällen Ursachen für das sogenannte «fever of unknown origin» (FUO) und kreierten damit einen Klassiker unter den Publikationen der Inneren Medizin. Allerdings nannten die Autoren dieses Phänomen «fever of unexplained origin». Definition war wiederholt gemessenes, diagnostisch nicht geklärtes Fieber >38,3 oC. Eine Reihe von Ursachen, die auch heute noch oft erst nach erheblichen diagnostischen Bemühungen rigoros(er) gesucht werden, waren unter anderem Tuberkulose, Endokarditis, Lungenembolien, Sarkoidose, Riesenzellarteriitis, medikamentöses Fieber und Febris factitia. Sieben Fälle blieben ätiologisch ungeklärt. Das Spektrum der FUO-Ursachen hat sich über die folgenden Dekaden natürlich geändert (Abnahme/Neuauftreten gewisser Infekte u.a.m). Eine «moderne», ziemlich umfassende Liste findet sich in Referenz [2].
Die primär familiäre und kongenitale Polyzythämie ist eine vererbte isolierte Erythozytose, die sich klinisch bei normal grosser Milz als Zeichen von «Blutüberfüllung» (Plethora), Hyperviskositätssymptomen (Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, visuelle und auditive Einschränkungen) sowie gehäuftem Auftreten von arteriellen und venösen Thrombosen manifestiert. Ein Reihe von Mutationen des Erythropoietin-Rezeptors und verschiedener Gene im Sauerstoff-Signalmechanismus (neben anderen) wurde bereits beschrieben. Eine internationale Forschergruppe um Prof. Radek Skoda an der Universität Basel charakterisierte klinisch und molekulargenetisch eine Familie mit vererbter Erythrozytose und erhöhten Erythropoietin-Spiegeln. Ursache war neu eine Plus- (oder konstitutionell hyperaktive) Mutante des Erythropoietin-Gens selber. Ob dieses mutierte Erythropoietin an seinem Rezeptor gleich oder anders als normales Erythropoietin wirkt, wäre eine interessante weitere Fragestellung, vielleicht im Hinblick auf die Erythropoietin-Therapien.
Viele Wissenschaftskarrieren, Ressourcenallokationen durch Forschungsagenturen und spätere Marktzulassungen von Medikamenten hängen davon ab, ob die magische Klippe eines «p kleiner als 0,05» überlebt wird. In der Tat rapportiert die grosse Mehrheit (96%) der publizierten (damit schon einer Selektion entsprechenden) Studien ein p <0,05. Eine sehr lesenswerte, konzise Kritik unseres festen Glaubens an diesen Wert findet sich im JAMA [1]. Eine Vielzahl von Studien überdauern die Replikation und den Test der Zeit nicht, obwohl wir – irrigerweise – annehmen, dass ein p <0,05 eines gegebenen Resultates, dieses «wahr» (mit 95% Wahrscheinlichkeit) macht.
Es gibt eine Reihe von Verbesserungsideen, die einfachste und rigoroseste wäre diejenige von 72 Biostatistikern, den als Schwelle der Signifikanz akzeptierten Wert auf ein p <0,005 zu senken [2]! Diese Massnahme würde einen Drittel der bisherigen biomedizinischen Literatur in die Kategorie «Resultate suggestiv, aber nicht konklusiv» versetzen! Aber vielleicht auch weniger gut durchdachte Wissenschaft in Zukunft vermindern und längerfristig unnütze Lektürearbeit einsparen … Auch wäre eine massive Schrumpfung des enorm expandierten biomedizinischen Zeitschriftenmarktes (inkl. das prämature Reporting in den Laienmedien) eine vorhersehbare Folge.