Basis für therapeutische Frühintervention oder gar Prävention einer späteren Alzheimer-Erkrankung
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Basis für therapeutische Frühintervention oder gar Prävention einer späteren Alzheimer-Erkrankung

Kurz und bündig
Ausgabe
2018/18
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2018.03279
Schweiz Med Forum 2018;18(18):391-392

Publiziert am 02.05.2018

Fokus auf … Diagnostische Kriterien der Migräne (ohne Aura)

1. Mindestens 5 Attacken, welche die folgenden Kriterien (2–4) erfüllen:
2. Kopfschmerzen dauern 4 bis 72 Stunden.
3. Kopfschmerzen haben mindestens 2 der folgenden Charakteristika: unilateral, pulsierend, mässige bis schwere Intensität, Verstärkung durch oder Grund für Vermeidung von körperliche(r) Aktivität.
4. Während Kopfschmerzen mindestens eines von Folgendem: Nausea und/oder Erbrechen, Photophobie und Phonophobie.
5. Ausschluss anderer Ursachen intensiver Kopfschmerzen (Glaukom, Meningitis, Hirnblutung, z.B. bei Aneurysmen).
Verfasst am 01.04.2018.

Praxisrelevant

Basis für therapeutische Frühintervention oder gar Prävention einer späteren Alzheimer-Erkrankung

Kann man bei kognitiv normalen ProbandInnen die Wahrscheinlichkeit einer späteren kognitiven Einschränkung voraussagen und so – wenn sie dann wirksam zur Verfügung stehen werden – die Basis für Frühinterven­tionen, zum Beispiel bei Alzheimer-Demenz, legen? Ja, lassen die Resultate einer prospektiven Untersuchung von 224 im Mittel 57-jährigen, kognitiv (noch) normalen ProbandInnen vermuten! Mit verschiedenen Parametern (kognitive Tests, APOE-Genotyp, Amyloid-Beta und phosphoryliertes Tau im Liquor und volumetrische Messungen in der Magnetresonanztomographie) konnte mit einer Sensitivität von 80% und einer Spezifität von 75% vorausgesagt werden, welches Individuum in den folgenden 5 Jahren (durchschnittlicher Follow-up: 11 Jahre!) eine Progression zur kognitiven Einschränkung aufweisen wird.
Verfasst am 01.04.2018.

Erhöhung der inhalativen Glukokortikoide ist keine verlässliche Strategie zur Verhinderung von Asthma-Exazerbationen

Asthma-Exazerbationen treten meist nach einer Phase der schlechteren Kontrolle ausgelöst durch Malcompliance, Infekte, Allergenexposition oder Umweltbelastung durch Aerosole/Gase auf. Eine doppelt verblindete Studie fand keinen Effekt in der Verhinderung von Asthma-Exazerbationen bei Kindern zwischen 5 und 11 Jahren nach Verfünffachung der inhalativen Glukokortikoide [1]. Eine andere, allerdings nicht verblindete Studie – diesmal mit Vervierfachung der üblichen Dosis – zeigt einen kleinen Effekt (minus 19%) bei Adoleszenten/Erwachsenen [2]. Im Moment also noch keine überzeugenden Argumente für diese Strategie.
1 New Engl J Med 2018, doi: 10.1056/NEJMoa1710988.
2 N Engl J Med 2018, doi: 10.1056/NEJMoa1714257.
Verfasst am 03.04.2018.

Neues aus der Biologie

Regulation der intrazellulären Eisen­konzentration und Malaria-Risiko

Ferroportin ist das einzige bekannte Mem­braneiweiss (ein Ionenkanal), das Eisen vorwiegend in Enterozyten/Duodenozyten, Hepatozyten und Milzmakrophagen aus den Zellen lassen kann (Abb. 1). Neu bekannt ist, dass dieses Protein auch in reifen Erythrozyten, den «Zielscheiben» der Malaria-Parasiten, vorkommt. Diese hängen in ihrem Überleben von genügend intrazellulären Eisenreserven ab. Die Malaria-induzierte Hämolyse stellt dieses Eisen für das eigene Wohlergehen gleich selber zur Verfügung, vorwiegend durch Auto­oxidation des Hämoglobins. Eine alte Beobachtung ist auch, dass unkritische Eisensub­stitution bei Malaria-Anämie die Malaria intensiviert, ein Eisenmangel aber den Schweregrad der Malaria mindert. Die Erythrozyten sind für ihr Überleben darauf angewiesen, das freie Eisen (oxidativer Stress) aus ihrem Zellinneren – eben via dieses Ferroportin – zu entfernen. Ferroportin wurde nun als wichtiges Eiweiss identifiziert, das Erythrozyten vor Malaria-Infekt (durch intrazelluläre Eisendepletion) schützt. Eine Einzelnukleotidmutante von Ferroportin hat eine noch höhere Eisen­eliminationsaktivität und kommt vorwiegend bei Schwarzafrikanern vor, die dadurch weniger schwere Malaria-Infekte haben und – neben anderen Faktoren – entwicklungsgeschichtlich durch diese Mutation mutmasslich positiv selektioniert worden sind.
Abbildung 1: A) Eisenresorption im Duodenum: Über DMT-1 («divalent metal transporter») wird Eisen luminal resorbiert und verlässt den Duodenozyten via das durch das Hepcidin negativ regulierte Ferroportin. Gebunden an Transferrin gelangt Eisen dann ins Knochenmark und in andere Speicher (Makrophagen, Leber). B) An Transferrin gebundenes Eisen wird in die Leber und Makrophagen via Transferrinrezeptoren aufgenommen und verlässt diese Zellen via Ferroportin. Wie im Duodenozyten wird Ferroportin durch Hepcidin negativ reguliert, die Eisenfreisetzung also gehemmt. 
(Aus: Martius F, Krapf R. ­Erythroferron: schon wieder ein neues Hormon! Schweiz Med Forum. 2014;14(48):896–7.)
Verfasst am 01.04.2018.

Immer noch lesenswert

Woher kommt nur dieses Fieber?

In einer 30-seitigen Publikation [1] analysierten Petersdorf und Beeson 1961 an 100 Fällen Ursachen für das sogenannte «fever of un­known origin» (FUO) und kreierten damit einen Klassiker unter den Publikationen der Inneren Medizin. Allerdings nannten die Autoren dieses Phänomen «fever of unexplained origin». Definition war wiederholt gemessenes, diagnostisch nicht geklärtes Fieber >38,3 oC. Eine Reihe von Ursachen, die auch heute noch oft erst nach erheblichen diagnostischen Bemühungen rigoros(er) gesucht werden, waren unter anderem Tuberkulose, Endokarditis, Lungenembolien, Sarkoidose, Riesen­zellarteriitis, medikamentöses Fieber und Febris factitia. Sieben Fälle blieben ätiologisch ungeklärt. Das Spektrum der FUO-Ursachen hat sich über die folgenden Dekaden natürlich geändert (Abnahme/Neuauftreten gewisser Infekte u.a.m). Eine «moderne», ziemlich umfassende Liste findet sich in Referenz [2].
1 Medicine. 1961;40:1–30.
2 Am J Med 2015,
Verfasst am 02.04.2018.

Aus Schweizer Feder

Hyperaktives Erythropoietin-Gen

Die primär familiäre und kongenitale Polyzythämie ist eine vererbte isolierte Erythozytose, die sich klinisch bei normal grosser Milz als Zeichen von «Blutüberfüllung» (Plethora), Hyperviskositätssymptomen (Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, visuelle und auditive Einschränkungen) sowie gehäuftem Auftreten von arteriellen und venösen Thrombosen manifestiert. Ein Reihe von Mutationen des Erythropoietin-Rezeptors und verschiedener Gene im Sauerstoff-Signalmechanismus (neben anderen) wurde bereits beschrieben. Eine internationale Forschergruppe um Prof. Radek Skoda an der Universität Basel charakterisierte klinisch und molekulargenetisch eine Familie mit vererbter Erythrozytose und erhöhten Erythropoietin-Spiegeln. Ursache war neu eine Plus- (oder konstitutionell hyperaktive) Mutante des Erythropoietin-Gens selber. Ob dieses mutierte Erythropoietin an seinem Rezeptor gleich oder anders als normales Erythropoietin wirkt, wäre eine interessante weitere Fragestellung, vielleicht im Hinblick auf die Ery­thropoietin-Therapien.
New Engl J Med 2018, doi: 10.1056/NEJMoa1709064.
Verfasst am 03.04.18.

Auch noch aufgefallen ...

P <0,05 aufgeben?

Viele Wissenschaftskarrieren, Ressourcenallokationen durch Forschungsagenturen und spätere Marktzulassungen von Medikamenten hängen davon ab, ob die magische Klippe eines «p kleiner als 0,05» überlebt wird. In der Tat rapportiert die grosse Mehrheit (96%) der publizierten (damit schon einer Selektion entsprechenden) Studien ein p <0,05. Eine sehr lesenswerte, konzise Kritik unseres festen Glaubens an diesen Wert findet sich im JAMA [1]. Eine Vielzahl von Studien überdauern die Replikation und den Test der Zeit nicht, obwohl wir – irrigerweise – annehmen, dass ein p <0,05 eines gegebenen Resultates, dieses «wahr» (mit 95% Wahrscheinlichkeit) macht.
Es gibt eine Reihe von Verbesserungsideen, die einfachste und rigoroseste wäre diejenige von 72 Biostatistikern, den als Schwelle der Signifikanz akzeptierten Wert auf ein p <0,005 zu senken [2]! Diese Massnahme würde einen Drittel der bisherigen biomedizinischen Literatur in die Kategorie «Resultate suggestiv, aber nicht konklusiv» versetzen! Aber vielleicht auch weniger gut durchdachte Wissenschaft in Zukunft vermindern und längerfristig unnütze Lektürearbeit einsparen … Auch wäre eine massive Schrumpfung des enorm expandierten biomedizinischen Zeitschriftenmarktes (inkl. das prämature Reporting in den Laienmedien) eine vorhersehbare Folge.
2 Nature Human Behaviour 2018,
Verfasst am 01.04.2018.

Wussten Sie?

Wodurch entsteht das knackende Geräusch bei forcierten Extensionsbewegungen in den Fingerknöcheln (nur eine Antwort ist richtig)*?
a) Kollaps von intraartikulären Luftblasen
b) Bildung intraartikulärer Luftblasen
c) Kleine Bindegeweberisse bei (jugendlichen) überstreckbaren Gelenken
d) In Korrelation zur Anzahl von FreundInnen
e) Subluxationen der Phalangen
f) Keine der obigen (welche dann?)
* Verfasst am 01.04.2018 (sic!), auf richtige Antworten freut sich rkrapf[at]bluewin.ch.