Null-Toleranz beim Rauchen
Das «Kurz und bündig» noch aktueller lesen: «online first» unter www.medicalforum.ch

Null-Toleranz beim Rauchen

Kurz und bündig
Ausgabe
2018/22
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2018.03302
Swiss Med Forum. 2018;18(22):457-458

Publiziert am 30.05.2018

Fokus auf … Helicobacter pylori

Helicobacter (H.) pylori erhöht das Risiko, peptische Ulzera und Magenkarzinome zu entwickeln.
H. pylori ist ätiologisch auch wichtig (= suchen und behandeln) bei:
• «Funktioneller» Dyspepsie
• MALT(Schleimhaut-assoziiertes lymphatisches Gewebe)-Lymphom
• Eisenmangelanämie
• Idiopathischer thrombozytopenischer Purpura (ITP)
– Tripel-Therapie Schweiz* (14 Tage):
• Amoxicillin (2 × 1 g), Clarithromycin (2 × 500 mg), Protonenpumpeninhibitoren ([PPI], 2 × 20–40 mg)
• oder wie oben, aber Metronidazol als Ersatz von Clarithromycin (3 × 500 mg)
• oder: Clarithromycin (2 × 500 mg), Metronidazol (3 × 500 mg), PPI (2 × 20–40 mg)
* Bei hoher Prävalenz von Clarithromycinresistenz (z.B. USA) muss man 4-er Therapien wählen (siehe einschlägige Guidelines).
Verfasst am 25.04.2018.

Praxisrelevant

Null-Toleranz beim Rauchen

Die anamnestische Angabe von sogenannten «pack-years» für den Zigarettenkonsum subsumiert eine relativ vorhersehbare Dosis-(Neben-)Wirkungs-Beziehung. Das dürfte aber nur bedingt zutreffen. Eine Metaanalyse von immerhin 141 Kohortenstudien fand für Personen, die lediglich eine Zigarette pro Tag rauchten, folgende Risikoveränderungen im Vergleich zu Niemals-Rauchern: Zunahme um 48 respektive 25% für koronare Herzkrankheit oder Schlaganfall für Männer. Bei Frauen fiel – wie vermutet – die Risikoerhöhung noch prominenter aus: 57 respektive 31% mehr. Inte­ressant ist auch der Befund, dass bei Konsum einer Zigarette pro Tag bereits etwa die Hälfte des Risikos (im Vergleich zum Konsum eines ganzen Pakets pro Tag!) eingefahren wird, eine solche kardiovaskuläre Erkrankung zu erleiden.
Verfasst am 24.04.2018, auf Hinweis von 
Herrn Prof. P. Rickenbacher (Basel).

Was gut für Dein (Frauen-)Herz ist, ist gut für Dein Gehirn!

Es gibt eine Reihe von Korrelationen, die nahelegen, dass erhöhte körperliche Aktivität das Demenzrisiko reduziert. Das mittlere Lebensalter ist zudem schon länger als der Lebensabschnitt bekannt, in dem kardiovaskuläre Ri­sikofaktoren (wozu auch limitierte körperliche Aktivität gehört) ihre mutmasslich grösste Wirkung in der Auslösung einer späteren Demenz spielen. Im Schnitt etwa 50-jährige, schwedische Frauen wurden 1968 einer Belastungsergometrie bis zur Erschöpfung unterzogen und dann in drei Gruppen stratifiziert (schlechte Fitness = Abbruch bei <74 Watt oder Abbruch wegen Symptomen/EKG-Zeichen; mittlere Fitness bei 80–112 W; hohe Fitness bei >120 W). Über eine Nachbeobachtungszeit von 44 Jahren (!!!) wurden sie mindestens sechs konsekutiven, sehr sorgfältigen Demenztestungen unterzogen. Die Fitness im Alter von 50 Jahren bei einer gesamten Lebenserwartung dieser Population von etwa 80 Jahren entpuppte sich als enorm starker Risiko- respektive Präven­tionsfaktor: Für die fittesten Frauen war das Demenzrisiko nach 44 Jahren lediglich ca. 12% des Durchschnitts. Die Demenz trat bei den fittesten Frauen 9,5 Jahre später als bei Frauen mit schlechter und immerhin noch 5 Jahre später als bei Frauen mit mittlerer Fitness auf. Die fittesten Frauen hatten signifikant niedrigere Blutdruckwerte und höheren Weinkonsum, laut Analyse dieser «confounders» anscheinend kein signifikanter Einfluss, aber angesichts der über die lange Studienzeit kleiner werdenden Analysepopulation immerhin doch möglich. Eine Kausalität zwischen Fitness und – als Annahme – der damit zusammenhängenden körperlichen Gesamtaktivität mit der Demenzprävention ist mit dieser Studie noch nicht bewiesen, aber guter Grund, dieser Frage mit einer kontrollierten Intervention nachzugehen.
Verfasst am 25.04.2018, auf Hinweis von Herrn PD Dr. D. Waldvogel (Luzern).

Neues aus der Biologie

Wie kommt es zu stressinduzierter Adipositas?

Eine Fettgewebszunahme erfordert die Umwandlung von sogenannten Prä-Adipozyten in differenzierte Adipozyten. Eine Reihe von adipogenen Faktoren oder Hormonen – namentlich Glukokortikoide, Ghrelin, Prolaktin, aber auch bis zu einem gewissen Grade Insulin – weisen zirkadiane Schwankungen (Oszillationen) auf. Es gibt verschiedene klinische Situationen, bei denen – am besten für die Glukokortikoide untersucht – diese Oszillationen durch eine tonische, relativ stabile Erhöhung ersetzt werden (Abb. 1 ). Zu nennen sind Stress, Insomnie und Zeitverschiebung. Prä-Adipozyten in vitro scheinen eine Differenzierung in Adipozyten abzulehnen, wenn die Glukokortikoide den zirkadianen Rhythmus imitierend gegeben werden. Dies gilt auch bei viel höheren ­oszillierenden Dosen, das heisst bei massiv höheren als physiologischen Konzentrationen. Falls Glukokortikoide im Medium der Prä-Adipozyten aber chronisch vorhanden sind, wird (via die Transkriptionsfaktoren CEBPB und PPAR-G) die Differenzierung in Adipozyten stimuliert. Interessant ist auch, dass der Verlust der Tagesschwankungen bei Mäusen in vivo präferentiell eine Zunahme des subkutanen und viszeralen Fettes ergibt. Diese Beobachtungen könnten nicht nur die sogenannte stressinduzierte Adipositas erklären, sondern auch Konsequenzen für die Pharmakotherapie mit Glukokortikoiden (pulsatile Gaben eher kurzwirkender Präparate?) haben.
Abbildung 1: Zirkadianer Rhytmus der Cortisolkonzentration im Plasma (blau = normal, rot = ­aufgehobener Rhythmus z.B. bei chronischem, emotionalem Stress).
Verfasst am 24.04.2018, auf Hinweis von Herrn Prof. J-C. Vuille (Bern).

Immer noch lesenswert

Wann fand die Blutentnahme statt?

2017 erhielten Hall, Rosbash und Young den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin für «ihre Erfindungen der molekularen Mechanismen, welche die zirkadianen Rhythmen regulieren» (siehe auch Abb. 1). In diesem Zusammenhang lohnt es sich (nur zwei Druckseiten!), die Publikation «Circadian rhythms of blood minerals in humans» wieder zu lesen. Markowitz et al. fanden, dass Phosphat im Blut in den frühen Morgenstunden (04:00 Uhr) den höchsten Wert aufwies und bis 10:00 Uhr vormittags dann rasant abfiel, um in der Folge wieder relativ langsam anzusteigen (delta von –0,3 mmol/l). Die Konzentration an ionisiertem Kalzium war am Vormittag (ca. 10:00 Uhr) am höchsten (Reduktion der Komplexierung mit dem abgefallenen Phosphat) und in den Abendstunden am tiefsten (Schwankung zwischen 1,10 und 1,16 mmol/l) (Abb. 2). Wir müssen also immer auch die kleingedruckte Uhrzeit auf dem Laborblatt anschauen, sonst können wir serielle Werte nicht vergleichen. Ebenso ist den vielen Kohorten, die meist nur einen Tageswert messen, diesbezüglich mit Reservation zu begegnen. Zumindest müss(t)en sie den Tageszeitpunkt der Blutentnahmen standardisieren.
Abbildung 2: Computer-derived models of circadian fluctuations in Ca2+ (A) and Pi (B) concentrations. (Aus: Markowitz M, et al. Circadian rhythms of blood minerals in humans. Science. 1981;213(4508):672–4. DOI: 10.1126/science.7256269. © 1981, Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der American ­Association for the Advancement of Science).
Verfasst am 24.04.2018, auf Hinweis von 
Herrn Prof. A. Serra (Zürich).

Das hat uns zum Nachdenken angeregt

«Totgesagte leben länger»

Prof. E. Wolf (Redaktor für Kultur, Geschichte und Gesellschaft der SAEZ) hatte in jener ­Zeitung dem Stethoskop, respektive dessen Abbildung auf einschlägigen Arztbildern, lediglich noch symbolische Bedeutung zuerkannt [1]. Als Reaktion erschien gleichen Orts ein sehr bedenkenswerter Leserbrief von Dr. A. Osterwalder, indem er sich als pensionierter Chirurge wunderte, dass nie eine Auskultation des Herzens bei seiner Ehefrau vorgenommen wurde. Die Diagnose lautete immerhin Spondylodiszitis mit Streptococcus-viridans-Bakteriämie, in deren Rahmen eine Endokarditis durchaus vorkommen kann (oder häufiger eher vice versa). Die Antwort des Assistenzarztes war so ehrlich, aber auch bezeichnend, dass sie hier sinngemäss wiederholt wird: «Ich habe kein Stethoskop (dafür einen Laptop), das Stetho­skop gehört ins Museum!» ([2], der ganze Leserbrief sei allen zur Lektüre empfohlen).
Das Time Magazine hatte aber 2015 ein neues, «elektronisches» Stethoskop zu den 25 wichtigsten Erfindungen gewählt. Das Stethoskop hat eine etwa 20-fache akustische Verstärkung, eine Aus­filterung der Nebengeräusche und wird mit einem Smartphone mit visueller Abbildung des Gehörten (und Vorschlägen zur Dia­gnose) verwendet. Es sei so gut, dass eine der Nebenwirkungen in der Abhörung nachbar­schaft­licher Gespräche liegen könnte …
Verfasst am 24.04.2018.

Auch noch aufgefallen …

Elektroautos und Pacemaker-Sicherheit

Die zunehmenden Verkaufszahlen von Elek­troautos veranlassen mitzuteilen, dass weder beim Aufladen noch bei der Bedienung von Elektroautos Dysfunktionen von Pacemakern oder Kardiovertern/Defibrillatoren zu befürchten sind.
Ann Intern Med 2018, DOI: 10.7326/M17-2930.
Verfasst am 25.04.2018.

Aus Schweizer Feder

Nitrofurantoin oder Fosfomycin bei ­unkompliziertem Harnwegsinfekt?

Angela Huttner (HUG in Genf, [1]) berichtet als Erstautorin einer internationalen Studie (Schweiz, Polen, Israel), dass Nitrofurantoin (3× 100 mg/Tag für 5 Tage) die Chance einer mikrobiologischen und klinischen Beschwerdeheilung nach 28 Tagen gegenüber der Einmaldosis Fosfomycin (3 g) bei über 18-jährigen Frauen signifikant verbessert. Diese Studie könnte nicht zuletzt dem Fosfomycin seine Stellung als Reserveantibiotikum bei Enterokokkeninfekten zurückgeben. Ein zurückhaltender Gebrauch könnte auch die Gefahr der neulich rapportierten hochgradigen Fosfomycinresistenzen bei Vancomycin-resistenten Enterokokken (faecium) limitieren [2].
2 Emerg Infect Dis. 2017, doi.org/10.3201/eid2311.171130.
Verfasst am 25.04.2018.