Ein Überblick über Mediastinitis
Ätiologie, Pathogenese und Behandlung der wichtigsten Mediastinitistypen

Ein Überblick über Mediastinitis

Übersichtsartikel AIM
Ausgabe
2018/3031
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2018.03315
Swiss Med Forum. 2018;18(3031):605-610

Affiliations
a Pneumologie, Hôpital de Rolle, Rolle; b Médecin pneumologue installé, Morges; c Service de chirurgie thoracique, Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV), Lausanne; d Service de Pneumologie, Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV), Lausanne

Publiziert am 25.07.2018

Aufgrund der hohen Mortalität bei Nichtbehandlung sind sowohl bei akuter als auch chronischer Entzündung des Mediastinums eine rasche Diagnosestellung und Behandlung erforderlich.

Einleitung

Das Mediastinum ist ein Raum in der Mitte der Brusthöhle. Seitlich wird es durch die Pleurae (rechte und linke Lunge), oben durch die obere Thoraxapertur, unten durch das Zwerchfell, vorn durch das Sternum und hinten durch die Brustwirbel begrenzt. Es wird in neun virtuelle Quadranten, ausgehend von zwei senkrechten und zwei waagerechten Achsen, unterteilt.
Ausgehend von den senkrechten Achsen (Abb. 1):
Abbildung 1: Unterteilung des Mediastinums, ausgehend von senkrechten Achsen.
vorderes Mediastinum: vor der Trachea und dem Perikard;
mittleres Mediastinum: neben der Tracheobron­chialachse;
hinteres Mediastinum: hinter der Tracheobronchialachse.
Ausgehend von den waagerechte Achsen (Abb. 2):
Abbildung 2: Unterteilung des Mediastinums, ausgehend von waagerechten Achsen.
oberes Mediastinum: über dem horizontalen Teil des Aortenbogens;
mittleres Mediastinum: zwischen Aorta und Carina tracheae;
unteres Mediastinum: unterhalb der Carina tracheae.
Eine Mediastinitis ist definiert als Entzündung des ­Gewebes im Bereich des Mediastinums. Sie kann entsprechend ihres Verlaufs in eine akute Form, die sich innerhalb einiger Tage oder sogar Stunden (z.B. eine absteigende Mediastinitis), jedoch manchmal auch über mehrere Wochen entwickelt (z.B. eine Mediastinitis nach einer Sternotomie), und eine chronische Form, die sich sehr langsam über mehrere Jahre hinweg entwickelt, unterteilt werden.
Die häufigsten Ursachen für eine akute Mediastinitis sind Infektionen nach einer Sternotomie, eine Ösophagusperforation sowie Infektionen im ORL-Bereich ­(absteigende Mediastinitis). Andere Ätiologien (Tuberkulose, Histoplasmose, bestimmte Pilzinfektionen, onkologische Ursachen, Sarkoidose oder Autoimmunkrankheiten) sind sehr viel seltener und haben üblicherweise einen deutlich langsameren Verlauf. Eine akute Mediastinitis ist bei Nichtbehandlung mit einer sehr hohen Mortalität assoziiert (Abb. 3).
Abbildung 3: Klassifikation der Mediastinitiden.

Klassifikation der Mediastinitiden

Akute Mediastinitiden

Mediastinitis nach Sternotomie

Trotz des Fortschritts bei der Prävention beträgt die Inzidenz von Infektionen nach einer Sternotomie 0,25–5%. Wenn diese auftreten, sind sie mit einer hohen Morbidität und Mortalität assoziiert [1]. Eine Kontamination in der Nähe der Operationswunde kann während der Operation (Kontamination durch den Operateur oder den Patienten selbst) oder durch hämatogene Dissemination erfolgen.
Risikofaktoren für die Entwicklung einer Mediastinitis nach einer Sternotomie sind: Diabetes mellitus, Adipositas, fortgeschrittenes Alter, Herzin­suffizienz und linksventrikuläre Dysfunktion, Tabakkonsum, weibliches Geschlecht, Dialyse, arterielle Verschlusskrankheit und Notoperationen. Zu den chirurgisch bedingten Faktoren zählen die Verwendung beider Arteriae thoracicae internae, eine lange Operationsdauer, die Dauer der Aortenabklemmung und Reinterventionen. Zu den postoperativen Risikofaktoren gehören eine postoperative Ateminsuffizienz und ein langer Aufenthalt auf der Intensivstation.
Eine postoperative Mediastinitis entwickelt sich 14–30 Tage nach der Sternotomie. In Ausnahmefällen kann sie auch erst einige Monate nach dem Eingriff auftreten. Lokal sind Wundsekretionen im Operationsbereich, Sternuminstabilität, eine Entzündung der Operationswunde sowie eine Krepitation der Haut bei der Palpation festzustellen. Die Patienten weisen üblicherweise Fieber, erhöhte Entzündungswerte respektive ­einen septischen Schock auf. In diesem Fall sind chirurgische Probeentnahmen indiziert. Die am häufigsten verantwortlichen Erreger sind Staphylokokken: Staphylococcus aureus (40–60%), Staphylococcus epidermidis oder Koagulase-negative Staphylokokken (15–25%). Gramnegative Bakterien (Escherichia coli, Enterobacter, Klebsiella, Pseudomonas, Proteus, Acinetobacter) sind in 20–25% der Fälle die Ursache. In 10–15% der Fälle sind mehrere und in 5–10% der Fälle keine Keime zu finden. Die Candida-Mediastinitis (5%) ist eine besonders schwer behandelbare klinische Form mit einer sehr hohen Morbidität und Mortalität.
Wahl und Dauer einer prophylaktischen Antibiotikabehandlung bleiben Gegenstand von Diskussionen. Die Empfehlungen der «European Society of Thoracic Surgeons» geben Penicillin in Kombination mit einem Beta-Lactamase-Inhibitor als Standardprophylaxe und bei einer Allergie Vancomycin in Kombination mit ­einem anderen Antibiotikum gegen gramnegative Bakterien den Vorzug [2]. Die amerikanischen Guidelines («American College of Cardiology» / «American Heart Association» [ACC/AHA]) empfehlen ein Cephalosporin der ersten oder zweiten Generation, wenn der Patient kein MRSA-Träger («Methicillin-resistant Staphylococcus aureus») und Vancomycin allein oder in Kombination mit einem Antibiotikum gegen gramnegative Bakterien, wenn der Patient MRSA-positiv ist [3]. Zu den Präventivmassnahmen zählen die präoperative Dekolonisierung von MRSA-Trägern, die gründliche Hautdesinfektion, die Antibiotikaprophylaxe, eine gute Blutzuckerkontrolle (Blutzuckerwerte von über 11 mmol/l sind mit einem erhöhten Infektionsrisiko korreliert), die Anwendung einer adäquaten Opera­tionstechnik (z.B. gehen die paramediane Sternotomie oder die Verwendung beider Arteriae thoracicae internae mit einem höheren Mediastinitisrisiko einher) [2, 4].
Das Thoraxröntgen ist nicht aussagekräftig, in manchen Fällen sind Luft zwischen den Wundrändern der Sternotomie sowie ein vergrössertes Mediastinum sichtbar. Das bildgebende Verfahren der Wahl ist die Thorax-­Computertomographie (CT), da sie genauere Aussagen über die Flüssigkeitsansammlung im Mediastinum und die angrenzenden Strukturen ermöglicht. Ferner stellt sie ein wertvolles Tool dar, um die passende Stelle für eine kurative und eine mikrobiologische perkutane Aspiration im Falle einer lokalen Probeentnahme zu bestimmen. Bei Patienten mit systemischen Symptomen ohne Eiterung des Operationsbereichs weist die CT eine Sensitivität von 100%, jedoch eine Spezifität von lediglich 33% auf, wenn sie in den ersten 14 Tagen nach dem Eingriff durchgeführt wird. Bei grösserem zeitlichen Abstand erhöht sich die Spezifität der CT auf bis zu 100% [5].
Das chirurgische Vorgehen ist entsprechend der Ausbreitung der Infektion sehr unterschiedlich. Im Jahr 2014 hat das niederländische Team von van Wingerden [6] die Mediastinitis nach Sternotomie entsprechend der Sternumbeschaffenheit und -stabilität in vier Gruppen unterteilt und eine jeweils adäquate Versorgung vorgeschlagen. In den Gruppen 1 und 2 ist das Sternum stabil, während es in den Gruppen 3 und 4 instabil und die Knochenbeschaffenheit verschlechtert ist. Wenn die CT bei febrilen respektive Patienten mit septischem Schock eine grossflächige prä- und/oder restrosternale Flüssigkeitsansammlung zeigt, sind eine chirurgische Drainage sowie die intravenöse Gabe eines Breitspek­trumantibiotikums (um einen eventuellen Befall mit Koagulase-negativen Staphylokokken oder MRSA ab­zudecken) erforderlich. Das Spektrum ist entsprechend den Resultaten der Probeentnahmen zu wählen. Häufig werden die Patienten nach dem chirurgischen Debridement mit «V.A.C. Therapy» («vacuum-assisted closure») behandelt. In komplizierteren Fällen (Gruppe 3 und 4) muss die Operationswunde mit einem (pektoralen) Muskellappen oder einer Netzplastik verstärkt werden.
In der Vergangenheit, als die Operationstechniken ­weniger ausgereift und die Diagnosetools weniger leistungsfähig waren, betrug die Sterblichkeit bei einer Mediastinitis nach chirurgischem Eingriff 20–45%. Heute liegt sie bei 1–14%.

Mediastinitis nach Ösophagusperforation

Die Ösophagusperforation ist, nach der Mediastinitis infolge einer Sternotomie, die zweithäufigste Mediastinitisursache. Sie kann in 50% der Fälle iatrogen entstehen, durch Traumata (Stich- oder Schusswaffen), das Verschlucken von Fremdkörpern (Rasierklinge, Knochen, Batterien, ätzende Substanzen) bedingt sein oder spontan auftreten (Boerhaave-Syndrom). Die Sterblichkeit liegt bei 18–29%, wenn die Behandlung innerhalb von 24 Stunden beginnt, erhöht sich jedoch auf 40–60%, wenn sie erst nach 48 Stunden erfolgt.
Iatrogene Ösophagusperforationen sind meist die Folge endoskopischer Eingriffe, insbesondere starrer Ösophagoskopien, und betreffen eher den oberen Ösophagusbereich.
Eine Spontanruptur tritt aus anatomischen Gründen (Winkel der Speiseröhre und Eintrittsort der Gefässe) üblicherweise im unteren Drittel und am linken Rand des Ösophagus auf. Sie steht mit einem erhöhten in­traluminalen Druck in Zusammenhang. Häufig ist die Speiseröhre bereits erkrankt (Reflux-Ösophagitis, gas­troösophagealer Reflux, Ulkus, Zwerchfellbruch, Ero­sion einer Tumorläsion), Alkoholmissbrauch und Adipositas zählen jedoch zu den Risikofaktoren.
Infolge der Ösophagusperforation kommt es zu einer Mediastinitis posterior, die initial durch die Verunreinigung des Mediastinums mittels Speichel oder Magensekret bedingt ist. Infolgedessen tritt innerhalb von 8–12 Stunden eine bakterielle Superinfektion auf, die bei zu später Diagnosestellung zu einem septischen Schock und Multiorganversagen führen kann.
Es ist wichtig zu beachten, dass 7% der Perforationen asymptomatisch bleiben und nur in 33% der Fälle anhand sofortiger klinischer Manifestationen eine frühzeitige Diagnosestellung innerhalb von sechs Stunden möglich ist. Die klinischen Anzeichen sind unspezifisch, der angeführte Schmerz im Perforationsbereich tritt bei 80% der Patienten auf. Bei Schmerzen im Nacken oder zwischen den Schulterblättern, Schluckstörungen, Stimmstörungen, Atemnot oder Fieber, die nach endoskopischen Eingriffen auftreten, ist der Verdacht auf eine iatrogene Ösophagusruptur abzuklären. Die Mackler-Trias (Erbrechen mit akutem Thoraxschmerz und subkutanem Emphysem) ist typisch für das Boerhaave-Syndrom, also die spontane Ösophagusruptur.
Das Thoraxröntgenbild zeigt ein vergrössertes oberes Mediastinum und mitunter ein subkutanes Emphysem oder Pleuraergüsse. Die Hals/Thorax/Abdomen-CT, eventuell mit oraler Kontrastmittelgabe, ist ein wichtiges Diagnosetool zur Feststellung einer Ösophagusperforation sowie zur Abklärung einer eventuellen Ausbreitung der Infektion in die umliegenden Bereiche der Speiseröhre. Zur besseren Darstellung des Perforationsausmasses kann eine Ösophagoskopie erforderlich sein. Die wichtigste Therapiemassnahme bleibt eine rasche Diagnosestellung. Es sollten schnellstmöglich ein Ausgleich des Flüssigkeitshaushalts sowie eine intravenöse Antibiotikatherapie, die aerobe und anaerobe Keime abdeckt, erfolgen. In besonderen Fällen (bei immunsupprimierten Patienten oder solchen, bei denen bereits eine Pilzinfektion diagnostiziert wurde) ist die Behandlung mit einem Antimykotikum indiziert. Ferner ist eine Behandlung mit einem Protonenpumpenhemmer erforderlich.
Patienten mit einer Perforation zwischen den Halswirbeln und dem Mediastinum oder dem Mediastinum und der Pleura visceralis oder mit einer nicht tumorbedingten Ruptur, die sich nicht bis in den Abdominalbereich erstreckt und nicht in der Nähe einer Stenose befindet, können konservativ behandelt werden. Wenn die Diagnose rasch innerhalb von 24 Stunden nach der Perforation gestellt wird, ist eine primäre Übernähung möglich und die Überlebensrate beträgt um die 80%. Bei einem längeren Zeitraum und wenn der Patient nicht konservativ behandelt werden kann oder die Entwicklung unter konservativer Behandlung ungünstig ist, müssen eine Drainage angelegt und die Naht eventuell mit einem Muskellappen verstärkt werden. Diesbezüglich werden mehrere Operationstechniken beschrieben: die Exklusion des oberen Ösophagus mit zervikaler Klammerung, die Exklusion des unteren Ösophagus mit Gastrostomie, die künstliche Fistelanlage mit T-Drainage oder sogar eine Ösophagektomie. Heute stellt die chirurgische Übernähung mit Verstärkung des Perforationsgebiets durch einen Muskellappen den Eingriff erster Wahl dar [7]. Die Patienten werden mindestens eine Woche lang ausschliesslich mittels nasojejunaler Sonde oder Jejunostomie ernährt. Schwache Patienten, die aufgrund ihrer Komorbiditäten nicht für einen chirurgischen Eingriff in Frage kommen, werden mit ummantelten Metall-Ösophagusen­doprothesen behandelt.
Todesfälle treten aufgrund von Septitiden mit Multiorganversagen auf. Die Mortalität ist von der Ätiologie, der Lokalisation und dem Zeitraum bis zum Behandlungsbeginn abhängig. Je nach Ursache beträgt die Mortalität ca. 15% bei Spontanperforationen, da die Dia­gnosestellung häufig erst spät erfolgt, 13% bei iatrogenen Perforationen und 2% bei durch das Verschlucken von Fremdkörpern bedingten Mediastinitiden. Je nach Lokalisation beträgt die Mortalität ca. 6%, wenn sich die Ruptur im oberen Speiseröhrenbereich befindet, während Perforationen im unteren, in die Luftröhre mündenden Speiseröhrenbereich eine Mortalität von 11% aufweisen.

Mediastinitis aufgrund einer absteigenden Infektion

Die Mediastinitis aufgrund einer absteigenden Infektion oder nekrosierende Mediastinitis ist eine Infektion des Mediastinums, die vom ORL-Bereich ausgeht (Abb. 4): von Zahnherden (Abszess des zweiten oder dritten Molaren) oder Infektionen des Mund-Rachen-Raums (Angina, Mandel- oder Parapharyngealabszess). Die Infektion breitet sich über die Faszienlogen des Halsbereichs bis ins Mediastinum aus. In manchen ­Fällen geschieht dies sehr schnell und die infektiösen Sekrete fliessen durch die Beschleunigung der Schwerkraft und den Negativdruck beim Einatmen nach unten.
Abbildung 4: Absteigende Mediastinitis bei Mandelabszess. Nekrotisches Sekret ­entlang des mittleren und hinteren Mediastinums mit beidseitigen Pleuraergüssen.
Üblicherweise handelt es sich dabei um eine schwere Infektion mit mehreren aeroben und anaeroben Keimen (Streptococcus pyogenes, Streptococcus viridans, Staphylococcus aureus, Pseudomonas aeruginosa, Peptostreptococcus species, Fusobacterium nucleatum, Prevotella species, Bacteroides melaninogenicus, Actinomyces). Diabetes, Alkoholkonsum, Mangelernährung und Immunsuppression sind begünstigende Faktoren, welche die Heilung verzögern.
Die Diagnosestellung erfolgt klinisch und radiologisch. Die Symptome und klinischen Anzeichen stehen in Zusammenhang mit der ursprünglichen Infektion des Rachenraums, der Mandeln oder der Zähne: Stimmstörungen, Odynodysphagie, Ohrenschmerzen, Trismus, Verschiebung des Gaumenzäpfchens, begleitet von systemischen Symptomen (Fieber, Hypotonie). Folgende Red-Flag-Symptome sollte man bei der klinischen Untersuchung nicht übersehen: Trismus, starke Schwellung des Kieferwinkels, eine einseitige Wölbung der Rachenwand und systemische Symptome. Bei der Ludwig-Angina handelt es sich um eine beidseitige multibakterielle Infektion der Submandibularloge einschliesslich des Bereichs unter dem Musculus mylohyoideus und der Zunge mit möglicher fulminanter Entwicklung in Form einer extensiven Phlegmone ohne Lymphknotenbeteiligung. In der Kontrastmittel-CT sind mediastinale Adenopathien, eine erhöhte Dichte des Fettgewebes und in manchen Fällen ein Pneumomediastinum zu sehen. Gleichzeitig können eine Venen­thrombose und eine Myositis auftreten.
Nach der Diagnosestellung sollte schnellstmöglich eine Antibiotikabehandlung begonnen werden, die ­aerobe und anaerobe Keime abdeckt. Ferner ist ein ­chirurgisches Debridement erforderlich. Entsprechend des Umfangs der Flüssigkeitsansammlung können verschiedene Techniken zur Anwendung kommen (Zervikotomie und Halsdrainage, Clamshell-Schnitt oder mediane Sternotomie). Sind das mittlere und hintere Mediastinum betroffen, genügt eine Thorakotomie oder eine rechtsseitige Thorakoskopie, um ein Debridement und eine zufriedenstellende Drainage vornehmen zu können. Aufgrund der ORL-Beteiligung mit entzündlichem Ödem wird bei den Patienten häufig eine Tracheotomie durchgeführt.
Dieser Mediastinitistyp weist eine hohe Mortalität von 11–40% auf. Erfolgt keine schnelle und angemessene Behandlung, kann als Komplikation eine schwere Sepsis mit Multiorganversagen auftreten. Die Sterblichkeit wird von der Ausbreitung der Infektion beeinflusst. ­Infektionen, die Bereich oberhalb der Carina trachea lokalisiert bleiben, weisen eine Mortalität von 10% auf. Wenn sich die Infektion auf den Bereich unterhalb der Carina trachea ausweitet, steigt die Mortalität auf bis zu 30%.

Chronische Mediastinitiden

Fibrosierende Mediastinitis

Die fibrosierende Mediastinitis (Abb. 5 und 6) ist ein chronisches Geschehen, das sich in Form einer fokalen oder diffusen Fibrose der Mediastinalstrukturen äus­sert. Die Begriffe fibrosierende oder sklerosierende Mediastinitis werden synonym verwendet. Der fibrosierende Prozess kann mehrere Ursachen haben: infektiöse, immunologische, genetische oder toxische und die Atemwege, die grossen Gefässe sowie andere Struk­turen des Mediastinums (Ösophagus, Perikard) angreifen.
Abbildung 5: Thoraxröntgenbild: Darstellung eines ver­grösserten Mediastinums sowie einer Wölbung der linken Zwerchfellkuppel bei ­einer Patientin mit anamnestisch ­bekannter fibrosierender Mediastinitis.
Abbildung 6: Thorax-Computertomogramm: Darstellung eines fibrotischen Prozesses im Mediastinum, der zu ­einer Verschiebung der Bronchien führt.
Infektionen, die zusammen mit einer fibrosierenden Mediastinitis auftreten können, sind entweder bakteriell bedingt wie Tuberkulose oder werden durch Pilze verursacht. Am bekanntesten ist hier die Histoplasmose. Histoplasma capsulatum ist ein Pilz, der sich in Böden mit Vogel- oder Fledermauskot entwickelt. Erkommt in Europa kaum vor, sondern ist vor allem in den USA (Ohio, Mississippi), aber auch in Afrika, Asien und Australien zu finden. Die fibrosierende Mediastinitis in Verbindung mit Histoplasmose wird nicht durch eine direkte Infektion des Mediastinums mit dem Pilz verursacht. Bei Biopsieentnahmen konnte der Keim nicht kultiviert werden, es handelt sich jedoch um einen bis heute kaum untersuchten Immunprozess, der durch die Pilzantigene stimuliert wird. Nur eine Minderheit der mit Histoplasma infizierten Patienten entwickelt eine fibrosierende Mediastinitis, was die Möglichkeit einer genetischen Prädisposition für die Entwicklung einer exzessiven Fibrose als Immunantwort auf bestimmte Antigene vermuten lässt.
In den Gebieten, in welchen die Histoplasmose nicht endemisch vorkommt, stellt Tuberkulose die Hauptinfektionsursache für fibrosierende Mediastinitis dar. In diesem Fall werden die Lymphknoten durch Mykobakterien befallen und bilden verkäsende granulomatöse Nekroseherde, die konfluieren oder sogar im Mediastinum aufbrechen können. Granulomatöse Erkrankungen können das Mediastinum betreffen, indem Adenopathien oder fibrotische Prozesse entstehen. Eine nicht infektiöse fibrosierende Mediastinitis kann bei Auto­immunerkrankungen wie der Behçet-Krankheit oder Sarkoidose, einigen Neoplasien wie dem Hodgkin-Lymphom oder infolge einer Bestrahlung des Mediastinums, jedoch auch, sehr selten, in Verbindung mit Toxinen wie beispielsweise Methysergid, einem Wirkstoff gegen Migräne und Karzinoidtumore, der im Jahr 2010 vom Markt genommen wurde, auftreten [8].
Die chronisch idiopathische Mediastinitis ist mitunter mit anderen Autoimmunerkrankungen wie retroperitonealer Fibrose, Riedel-Thyreoiditis (invasiv-fibrosierende Thyreoiditis), Pseudotumor orbitae, sklerosierender Cholangitis, Lupus erythematodes oder rheumatoider Polyarthritis assoziiert.
Die Läsionen werden entweder zufällig oder aufgrund klinischer Anzeichen durch die fortschreitende Kompression der Strukturen des Mediastinums (Vena cava superior, Trachea, Ösophagus, Perikard) entdeckt. Die Symptome wie Atemnot, Stimmstörungen und Bluthusten richten sich nach den von der Fibrose betroffenen Organen. Gefürchtete Komplikationen der fi­brosierenden Mediastinitis sind die postobstruktive Pneumonie, das Cor pulmonale, Stenosen der Speise-, Luftröhre und der Hauptbronchien, die konstriktive Perikarditis oder die obere Einflusstauung. Der durchschnittliche Zeitraum vom Auftreten der Symptome bis zum Tod beträgt weniger als sechs Jahre.
Mittels Thorax-CT sind die Infiltration des Mediastinums mit Verkalkungen in der Mitte der Lymphknoten und sogar Verkalkungen der Milz festzustellen. Ferner können einige Gefässe von der Fibrose betroffen sein, was zu Gefässverschlüssen und Neovaskularisationen mit grossen Kollateralnetzwerken führen kann. Die Magnetresonanztomographie (MRT) zeigt typischerweise eine Raumforderung im Mediastinum mit ­einem hypointensen T2-Signal. Mit der MRT können die Ausdehnung der Erkrankung und insbesondere der Gefässbefall besser beurteilt werden als mit der CT, die Verkalkungen sind jedoch nur schlecht sichtbar. Wenn die Bildgebung einen subkarinären Befall zeigt, ist die Prognose schlechter als bei einem Befall im Bereich oberhalb der Carina.
Es existiert keine kurative Behandlung bei fibrosierender Mediastinitis, Antimykotika sind in der Regel ­unwirksam. Systemische Kortikoide haben, ausser bei autoimmun bedingter fibrosierender Mediastinitis oder infolge einer Sarkoidose, keinen Nutzen gezeigt. Kor­tisonsparende Behandlungen wie Mykophenolat-Mofetil haben durch ihre Wirkung auf die Fibroblasten ­einen gewissen klinischen Nutzen gezeigt, indem sie die Progression des schleichend zum Tode führenden Prozesses verlangsamen [9]. In der Literatur werden mit Rituximab behandelte Fälle fibrosierender Mediastinitis beschrieben. In einigen besonderen klinischen Situationen ist ein palliativer chirurgischer Eingriff zur Befreiung der Atemwege und/oder der Speiseröhre respektive zur Versorgung von Fisteln erforderlich. Chirurgische Eingriffe gehen angesichts des ausgedehnten Fibrosegebietes, der Verkalkungen und vielen Kollateralgefässe mit einem erhöhten Blutungsrisiko einher. Endoskopische Eingriffe können sinnvoll sein, lokalisierte Fibrosen können langfristig mittels endo­bronchialer oder endovaskulärer Stents stabilisiert werden.

Das Wichtigste für die Praxis

• Entzündungen des Mediastinums sind, unabhängig von ihrer Ursache und Entstehung (akut oder chronisch), schwere lebensbedrohliche Erkrankungen.
• Bei akuten Formen ist eine frühzeitige Diagnosestellung der Goldstandard bei der Behandlung.
• Bei chronischen Formen geht die Lebensgefahr von dem von der Fibrose betroffenen Organ aus. Die Behandlung ist häufig nur palliativer Art.
• In den meisten Fällen erfolgt die Versorgung interdisziplinär.
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Dr. med. Camélia Voinea
Hôpital de Rolle
Route de l’Hôpital
CH-1180 Rolle
camelia.voinea[at]ghol.ch
1 Yumun G, Erdolu B, Toktas F, Eris C, Ay D, Turk T, et al. Deep sternal wound infection after coronary artery bypass surgery: management and risk factor analysis for mortality. Heart Surg Forum. 2014;17(4):212–6.
2 Abu-Omar Y, Kocher GJ, Bosco P, Barbero C, Waller D, Gudbjartsson T, et al. European Association for Cardio-Thoracic Surgery expert consensus statement on the prevention and management of mediastinitis. Eur J Cardiothorac Surg. 2017;51(1):10–29.
3 Hillis LD, Smith PK, Anderson JL, Bittl JA, Bridges CR, Byrne JG, et al. 2011 ACCF/AHA guideline for coronary artery bypass graft surgery: executive summary: a report of the American College of Cardiology Foundation/American Heart Association Task Force on Practice Guidelines. J Thorac Cardiovasc Surg. 2012;143(1):4–34.
4 Balachandran S, Lee A, Denehy L, Lin KY, Royse A, Royse C, et al. Risk Factors for Sternal Complications After Cardiac Operations: A Systematic Review. Ann Thorac Surg. 2016;102(6):2109–17.
5 Jolles H, Henry DA, Roberson JP, Cole TJ, Spratt JA. Mediastinitis following median sternotomy: CT findings. Radiology. 1996;201(2):463–6.
6 Van Wingerden JJ, Ubbink DT, van der Horst CM, de Mol BA. Poststernotomy mediastinitis: a classification to initiate and evaluate reconstructive management based on evidence from a structured review. J Cardiothorac Surg. 2014;9:179.
7 Kotzampassakis N, Christodoulou M, Krueger T, Demartines N, Vuillemier H, Cheng C, et al. Esophageal leaks repaired by a muscle onlay approach in the presence of mediastinal sepsis. Ann Thorac Surg. 2009;88(3):966–72.
8 Silberstein SD. Methysergide. Cephalalgia. 1998;18(7):421–35.
9 Witschi M, Gugger M, Nicod LP. Treatment of mediastinal fibrosis with mycophenolate mofetil. Respiration. 2009;78(3):330–3.