Die Definition des Schweregrades eines Asthmas wird retrospektiv durch das Stufenschema, der zur Symptomkontrolle nötigen Therapie (Stufen 1–5) definiert:
1: Beta-Mimetika bei Bedarf (allenfalls inhalative topische Glukokortikoide = ITG)
2: Tiefdosierte topische ITG und bedarfsorientiert Beta-Mimetika
3: Tiefdosierte ITG/Beta-Mimetika in Kombination
4: Mittlere/hohe Dosen von ITG/Beta-Mimetika in Kombination
5: Evaluation für anti-IgE-, anti-IL-5-Therapien u.a.m.
Bedarfsgerechte Therapie vorteilhafter beim milden Asthma
Zwei gleichzeitig publizierte, von der gleichen Herstellerfirma (AstraZeneca) finanzierte Studien zeigen, dass bei PatientInnen über 12 Jahren und mildem Asthma bronchiale (siehe «Fokus auf …») die inhalative Therapie nur bei subjektivem Bedarf mit einer Kombination von 200 μg Budenosid und 6 μg Formeterol (2×/Tag) nicht zu mehr Asthma-Exazerbationen als die chronische Therapie mit Budenosid (2× 200 μg/Tag) plus ein akut wirkendes Beta-2-Mimetikum (dieses aber bei Bedarf) führte (Beobachtungszeit: 52 Wochen). Die Symptomkontrolle war mit den chronisch applizierten topischen Glukokortikoiden etwas besser, allerdings reduzierte sich die Glukokortikoidexposition in der bedarfsgesteuerten Therapie auf etwa ein Viertel!
[Anm: Markennamen für Budenosid/Formeterol: Symbicort®, Vannair®]
MRT-basierte Prostatabiopsie
Auch in der Schweiz wird das PSA-Screening häufig (nicht so selten jährlich) verwendet. Eine 2–4-jährliche PSA-Testung senkt die Karzinom-assoziierte Mortalität um 1,3 Fälle, aber «zum Preis» von 27 neuen Prostatakrebs-Diagnosen pro 1000 Männer über eine Periode von 13 Jahren [1]. Bei einem PSA-Anstieg wird eine Prostatabiopsie (transrektaler Ultraschall und 10–12 Biopsiezylinder) durchgeführt. Angesichts der Diagnose «Krebs» wird dann – auch auf Druck der Patienten – nicht zum Beispiel eine aktive Überwachung, sondern eine aggressivere Therapie, beispielsweise eine operative, gewählt. Es gibt Hinweise, dass die aktuelle Politik zu Überbehandlungen führen und nicht Kosten-Nutzen-effektiv sein könnte. Mittels einer – spezielle Ausrüstung und Training erfordernden – multiparameterischen Magnetresonanztomographie (MRT) konnte im Vergleich zu den sonographischen Standardbiopsien die Unterscheidung zwischen klinisch signifkantem/insignifikantem Karzinom verbessert werden. Potentiell ist dies ein wichtiger Schritt hin zu einer bedarfsorientierteren Therapiestratifizierung. Es bleibt abzuwarten, inwiefern diese verfeinerte Diagnostik Morbidität und Mortalität im Langzeitverlauf beeinflusst [2].
1 The Lancet 2014, doi: 10.1016/S0140-6736(14)60525-0.
Etwa jeder 5. Schlaganfall ist Folge einer Enzephalorrhagie. Die einzige Intervention mit bewiesenem Nutzen für den Verlauf ist eine gut kontrollierte Blutdrucksenkung. Im Gegensatz zum Einfluss auf den Verlauf traumatischer (inkl. intrakranieller) Blutungen (SMF 8/2018 [1]), hatte die Applikation von Tranexamsäure (Bolusinjektion von 1 g gefolgt von einer 8-stündigen Infusion ebenfalls mit 1 g) im Vergleich zu Plazebo bei total 2325 PatientInnen keinen Einfluss auf die funktionell-neurologische Erholung nach 90 Tagen (TICH-2 Studie) [2].
1 Schweiz Med Forum 2018, doi.org/10.4414/smf.2018.03215.
Erster Hinweis auf einen endothelialen Relaxationsfaktor (EDRF)
Furchgott und Zawadzki beobachten eine heterogene Antwort auf die Wirkung von Acetylcholin auf einen isolierten Aortenring von Kaninchen: Konstriktion und Relaxation. Wenn sie aber speziell vorsichtig vorgingen und die Intima nicht verletzten, fanden sie eine universelle Vasodilatation. Sie folgerten richtigerweise, dass die Vasodilatation durch Acetylcholin von intakten Endothelzellen abhängt und inkriminierten einen oder mehrere endotheliale Faktoren, später als endothelialer Relaxationsfaktor («endothelium-derived relaxing factor» [EDRF]) respektive Nitratoxyd (NO) identifiziert, als Schlüsselelement.
Nature 1980, doi: 10.1038/288373a0.
Verfasst am 28.05.2018.
Neues aus der Biologie
Beta-Zell-Protektion durch Vitamin D?
Ein zentraler Faktor für die Progredienz des Diabetes mellitus Typ 2 ist die Beta-Zell-Dysfunktion (letztlich dann der Beta-Zell-Untergang mit Übergang von der prädominanten Insulinresistenz in ein absolutes Versagen der Insulinsekretion). Ursachen sind ein Entzündungsstress und die Insulinresistenz selber. Der Vitamin-D-Rezeptor (VDR) kann in den Beta-Zellen ein komplexes Genexpressionsprogramm (Modulierung von BAF/PBAF) in Gang setzen, das ein starkes antientzündliches und positives Überlebensprogramm für die Beta-Zellen aktiviert [1]. Vitamin D und sein Rezeptor respektive die nachfolgenden Genexpressionveränderungen sind also mögliche Ziele einer Therapie zur Progressionsverlangsamung des Diabetes mellitus Typ 2. Allerdings sei wieder einmal auf die bislang generell eher enttäuschenden Interventionsstudien mit Vitamin D in Bezug auf eine Reihe sogenannter pleotroper (nicht-skelettaler) Effekte verwiesen. Immerhin gibt es eine kleine Studie in unserer Schwesterzeitschrift Swiss Medical Weekly, die gerade dieses beim Typ-2-Diabetes vermuten liesse, allerdings eher einen positiven Effekt auf die Insulinsensitivität als die Insulinsynthese selber respektive die Beta-Zell-Funktionen [2].
Erfolgreiche Blockade von FGF-23 beim kindlichen «Phosphatdiabetes»
Die X-chromosomal vererbte Hypophosphatämie ist Folge einer erhöhten Sekretion des «fibroblast growth factor 23» (FGF-23). Dieses in den Osteozyten synthetisierte Hormon ist wie Parathormon phosphaturisch (Hemmung der proximal-tubulären Na-gekoppelten Phosphatrückresorption) und hemmt die 1-alpha-Hydroxylase und damit die 1,25(OH)2D-Synthese (siehe Abb. 1). Diese zweite Funktion steht im Gegensatz zum Parathormon, das die 1,25(OH)2D-Synthese stimuliert. Der Mechanismus der FGF-23-Hypersekretion ist noch nicht ganz klar, hängt aber mittelbar mit einer Mutation einer Endopeptidase (PHEX) zusammen. Die Kinder leiden an Phosphatdepletion, Rachitis, Wachstumsstörungen und skelettalen Deformitäten. Die bisherige Therapieoption bestand in Phosphatsupplementen und Vitamin D allerdings ohne wirklich durchschlagenden Erfolg. Die Applikation eines monoklonalen Antikörpers (Burosumab) gegen FGF-23 (alle 2–4 Wochen s.c.) vermochte bei 52 Kindern das renale Phosphatleck und damit die Phosphatverarmung bereits nach 8 Wochen und dann anhaltend zu korrigieren. Die alkalische Phosphatase war signifikant rückläufig, das Wachstum beschleunigt, die muskuloskelettale Funktion verbessert und die Knochenschmerzen/Rachitismanifestionen reduziert.
Verfasst am 29.05.2018, auf Hinweis von Prof. A. Serra (Zürich).
Zunahme des Lungenkrebses bei Frauen
Die traditionelle «Männerlastigkeit» des Lungenkarzinoms hat sich bei Frauen, die nach Mitte der 60er Jahre geboren wurden, zu deren Ungunsten umgekehrt. Die Häufung ist nur zum Teil durch geschlechtsabhängige Änderungen der Rauchergewohnheiten erklärbar. Diese Zusatzfaktoren sind aber im Moment noch nicht bekannt.