Tularämie auf dem Vormarsch
Meldepflichtige Infektionskrankheit

Tularämie auf dem Vormarsch

Editorial
Ausgabe
2018/32
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2018.03342
Swiss Med Forum. 2018;18(32):625

Affiliations
Redaktion Swiss Medical Forum

Publiziert am 07.08.2018

Die Tularämie (auch Hasenpest genannt) ist eine Infektionskrankheit verursacht durch Francisella tularensis, die bei kleinen Säugetieren wie Mäusen und Hasen verbreitet ist. Der Erreger kann durch direkten Kontakt oder via Zecken- und Insektenstich auf den Menschen übertragen werden, weshalb die Tularämie in erster Linie als Zoonose bekannt ist. Die Krankheit geht beim Menschen mit einer beträchtlichen Morbidität einher. Da Francisella tularensis auch als Aerosol übertragen wird und nur kleinste Mengen, das heisst etwa zehn Bakterien, zur Auslösung einer Krankheit genügen, wird Francisella tularensis auch als mögliche biologische Waffe bei Terrorakten angesehen.
In der Schweiz ist die Tularämie eine meldepflichtige Krankheit. Sie galt bei uns bisher als selten und wird am häufigsten durch Zecken übertragen. Seit 2012 hat die Inzidenz der Tularämie-Meldungen an das Bundesamt für Gesundheit deutlich zugenommen, was auch kürzlich in der Laienpresse verschiedener Tageszeitungen grösseres Interesse an der Hasenpest geweckt hat. Während bis 2012 jährlich maximal 15 Fälle registriert wurden, waren es 2015 bereits 50 und 2017 beachtliche 129 Fälle [1].
Über die Ursachen dieser Zunahme kann bisher nur spekuliert werden. Grundsätzlich kommen epidemiologische Veränderungen der Übertragung durch Vektoren (Zecken) in Frage oder die direkte Diagnostik, die sich in den letzten Jahren etabliert hat. So kann aus dem Bronchialsekret oder aus einem Lymphknotenpunktat mittels PCR («polymerase chain reaction») der Erreger relativ leicht nachgewiesen werden. Möglicherweise spielen auch bessere Kenntnisse über die Tularämie bei der Ärzteschaft eine bedeutende Rolle.
In dieser Ausgabe des Swiss Medical Forum werden zwei Fälle präsentiert, welche die zwei bedeutendsten Tularämieformen des Menschen beschreiben. Im Beitrag von Rusterholz et al. [2] wird von einem 79-jährigen Kanichenzüchter berichtet, der an einer Pneumonie und Bakteriämie mit Francisella tularensis erkrankte. Die verschiedenen Formen der Tularämie, ihre Diagnostik und Therapie werden dabei prägnant vermittelt. Der zweite Fall, ein «Coup d’oeil» von Schneider et al. [3], stammt aus der Hausarztpraxis und ist nach Zeckenstich aufgetreten. Er zeigt auf, dass ein Hautulkus mit starker Lymphknotenschwellung Ausdruck einer ulzeroglandulären Tularämie sein kann.
Wir hoffen, dass diese zwei Fallbeispiele in der aktuellen Ausgabe uns noch mehr auf diese bedeutende, im Zunehmen begriffene Infektion sensibilisieren.
Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre.
Der Autor hat keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
1 Bundesamt für Gesundheit. BAG-Bulletin 18/2018:13–8.
2 Rusterholz S, Fiechter R, Eriksson U, Altpeter E, Wittwer M, Schürch N, et al. Tularämie – eine seltene Ursache der Pneumonie. Schweiz Med Forum. 2018;18(32):636–40.
3 Schneider M, Schneider F, Schmid B. Fieber, Ulkus und Lymphadenopathie. Schweiz Med Forum. 2018;18(32):640–2.