Diarrhoe infolge von Clostridioides difficile-Infektion
Eine einfache Diagnosestellung?

Diarrhoe infolge von Clostridioides difficile-Infektion

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Ausgabe
2019/4142
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2019.08343
Swiss Med Forum. 2019;19(4142):686-688

Affiliations
Centre hospitalier universitaire vaudois CHUV, Lausanne: a Service de médecine interne; b Institut de microbiologie

Publiziert am 09.10.2019

Weil viele Menschen asymptomatische Träger sind, ist die Diagnose einer Clostridioides difficile-Infektion nach wie vor eine diagnostische Herausforderung.

Fallbeschreibung

Eine 70-jährige, für gewöhnlich gesunde Patientin konsultiert ihren behandelnden Arzt aufgrund seit drei Tagen bestehender vier- bis fünfmaliger Diarrhoeepisoden pro Tag. Sie hat weder ihre Ernährung umgestellt, noch war sie vor Kurzem verreist oder hat ein ­Laxans eingenommen. Ihr Zahnarzt hat ihr jedoch ­infolge einer vor einer Woche erfolgten Wurzelbehandlung eine orale Antibiotikatherapie mit Co-Amoxicillin verschrieben. Ihr Hausarzt vermutet eine Clostridioides (C.) difficile-Infektion und veranlasst ein Screening mittels «Enzym-Immunoassay» (EIA) auf das A-/B-Toxin im Stuhl. Das Resultat ist negativ. Der Test auf Glutamatdehydrogenase (GDH), ein C. difficile-Enzym, mittels EIA und die Suche nach für Toxin A und B kodierenden Genen mittels «Polymerase Chain Reaction» (PCR) sind hingegen positiv.

Frage: Die Laborresultate ...


a) ermöglichen den Ausschluss einer C. difficile-Infektion.
b) müssen entsprechend dem klinischen Erscheinungsbild interpretiert werden.
c) indizieren eine Stuhlkultur zur Bestätigung der C. difficile-Infektion.
d) müssen erneut bestimmt werden, da sie sehr uneindeutig sind.

Antwort


Die richtige Antwort ist b.

Diskussion

Eine C. difficile-Infektion stellt im Spital, aber auch in der ambulanten Versorgung, eine häufige Diarrhoe­ursache dar. Dadurch, dass viele Menschen asymptomatische Träger sind (4,4–21% der Spitalpatienten [1], 3% der Patienten bei Spitalaufnahme [2]), ist die Diagnose einer C. difficile-Infektion (CDI) nach wie vor eine diagnostische Herausforderung. Clostridioides difficile, früher Clostridium difficile genannt, ist ein gramposi­tives, sporenbildendes, streng anaerobes Bakterium, das je nach Stamm zwei Haupttoxine, ein Enterotoxin (TcdA) und ein Zytotoxin (TcdB) sowie ein binäres Tox­in (CDT) produziert. Die Toxine A und B sind Exo­toxine. Sie binden an das Darmepithel und verur­sachen eine Entzündung und Schleimsekretion, die für die Diarrhoesymptome, Bauchschmerzen und das ­Fieber verantwortlich sind. Das binäre Toxin verfügt über zwei Subeinheiten, CDTa mit Enzymaktivität und CDTb, das für die Bindung an den Zellrezeptor verantwortlich ist. Es verändert das aus Aktin bestehende Cyto­skelett der Darmepithelzellen und wirkt synergetisch mit den Toxinen A und B.
Laut den Empfehlungen der «European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diesases» (ESCMID) wird eine C. difficile-Infektion entweder bei einem kompatiblen klinischen Erscheinungsbild mit ≥3 mal flüssigem Stuhlgang pro Tag und dem Nachweis von Toxin-A und/oder B-produzierendem C. difficile im Stuhl ohne Evidenz für eine andere Diarrhoeursache oder bei einer pseudomembranösen Kolitis diagnostiziert [3, 4].
Eine sorgfältige Auswahl des zu analysierenden Stuhls ist unerlässlich. Nur ungeformte bis flüssige Stühle, die den Typen 5–7 der Bristol-Stuhlformen-Skala (Tab. 1) entsprechen, sollten analysiert werden. Eine Ausnahme besteht bei einem Darmverschluss mit der Möglichkeit, ­einen Perianalabstrich anzufertigen [5]. Laut Truong et al. steigt durch die ausschliessliche Analyse von Proben, die den klinischen CDI-Diagnosekriterien entsprechen (Diarrhoe >3 flüssige Stuhlgänge/Tag, keine Laxanzien in den letzten 48 Stunden) weder die 30-Tages-Mortalität, noch die Häufigkeit von Einweisungen auf die Intensivstation oder Komplikationen. Dadurch konnte die Zahl der durchgeführten Tests und somit der Nachweis asymptomatischer Besiedlungen verringert werden.
Tabelle 1: Bristol-Stuhlformen-Skala: Klassifikation der Stuhlformen.
1Einzelne feste Kügelchen
2Wurstartig, klumpig
3Wurstartig mit rissiger Oberfläche
4Wurst- oder schlangenartig und weich mit glatter Oberfläche
5Einzelne, weiche, glattrandige Klümpchen
6Einzelne, lockere, weiche Klümpchen mit unregel­mässigem Rand
7Flüssig, ohne feste Bestandteile
Zum Labornachweis stehen mehrere bakteriologische Tests zur Verfügung: 1) Der Zytotoxizitätstest (historischer «Goldstandard»); 2) die toxigene Kultur mit Screening mittels Enzym-Immunoassays (EIA) auf ­Toxin A und B im Stuhl in Kombination mit einer C. difficile-­Kultur; 3) der GDH-Nachweis (C. difficile-Enzym) mittels EIA und 4) die Amplifikation der Regionen, auf denen sich die Gene befinden, die für Toxin A, B oder binäre ­Toxine kodieren, mittels Echtzeit-PCR («Nucleic Acid Amplification Test», NAAT). Bei geringer Prävalenz weist jedoch kein Test sowohl eine ausreichend hohe Sensitivität als auch Spezifizität für einen zufriedenstellenden positiven Vorhersagewert auf, sodass dieser allein für die CDI-Diagnose herangezogen werden könnte. Überdies unterscheiden die derzeit verfügbaren Tests nicht zwischen einer asymptomatischen und einer toxigenen C. difficile-Besiedlung, die zu einer CDI führt. Daher empfiehlt die ESCMID aktuell die Anwendung eines zwei- oder dreistufigen Entscheidungsalgorithmus, um die positiven (PVW) und negativen Vorhersagewerte (NVW) der Tests zu verbessern [3].
Die diagnostischen Tests können danach unterteilt werden, ob sie toxigene Clostridienstämme (toxigene Kultur, GDH mittels EIA, NAAT) oder freie Toxine im Stuhl (Zytotoxizitätstest, Nachweis von Toxin A/B ­mittels EIA) nachweisen. Die Tests zum Nachweis toxigener Clostridienstämme verfügen über eine hohe Sensitivität, können jedoch eine einfache Clostridienbesiedlung nicht von einer CDI unterscheiden. Dem­zufolge ist ihre Spezifizität im Vergleich zu Tests, bei ­denen freie Toxine im Stuhl nachgewiesen werden, gering (Spezifizität bei GDH-Nachweis mittels EIA: 82–95% [6]. Bei letzteren wiederum ist die Sensitivität mittelmässig und beträgt beim Nachweis von Toxin A/B mittels EIA 29–86% [2].
Obgleich die toxigene Kultur und der Zytotoxizitätstest als mikrobiologischer Goldstandard gelten, werden sie in der Praxis aufgrund der erforderlichen mikrobiologischen Fachkenntnisse und der Dauer bis zum Erhalt der Resultate (24–48 Stunden) nur selten verwendet. Daher kommen sie im Entscheidungsalgorithmus nicht vor. Überdies besteht, da es derzeit keinen antibiotikaresistenten Clostridienstamm gibt, keine Indikation zur Anlage einer Kultur, der einzigen Technik, um ein Antibiogramm zu erstellen. Die Vor- und Nachteile der einzelnen Tests sind in Abbildung 1 zusammengefasst [2].
Abbildung 1: Vor- und Nachteile der einzelnen Tests (angepasst nach [2]).
CDI: C. difficile -Infektion, EIA: Enzym-Immunoassay, GDH: Glutamatdehydrogenase, NAAT: «Nucleic Acid Amplification Test».
Die ESCMID empfiehlt zwei Entscheidungsalgorithmen, die jedes Labor entsprechend der Testanzahl und der vorhandenen finanziellen Mittel anpassen kann. Der erste Schritt des Entscheidungsalgorithmus muss einen Test mit hohem NVW beinhalten. Auf diese Weise kann bei einem negativen Resultat eine C. difficile-Infektion ohne weitere Untersuchungen ausgeschlossen werden. Bei einem positiven Resultat ist hingegen ein zweiter Test mit hohem PVW und somit einer hohen Spezifizität erforderlich, um die Diagnose zu bestätigen.
Der Nachweis von GDH, einem in den meisten C. difficile-Stämmen unabhängig von ihrer Toxizität vorkommenden Stoffwechselenzym, ist kostengünstig und weist ­einen hohen NVW (80–100%) auf [2], daher handelt es sich hier um einen guten Screeningtest. Er weist aber ­lediglich das Vorkommen von C. difficile nach, ohne vorherzusagen, ob Toxine vorhanden sind.
Die auf einer Echtzeit-PCR basierenden NAAT weisen eine Sensitivität von 83–100% [6] auf, wodurch sie ebenfalls als Screeningtests geeignet sind. Auf dem Markt gibt es zahlreiche Produkte zur Molekulardia­gnostik (etwa Cobas, GenoType, Xpert, IMDx, Genspeed, BD MAX), mit denen ein oder mehrere Targets nachweisbar sind: Gene, die für das Toxin B (TcdB), das Toxin A (TcdA) oder das binäre Toxin (TcdC) kodieren. Auch die NAAT weisen Gene, die für Toxine kodieren, aber keine freien Toxine im Stuhl nach. Ihr Vorteil besteht jedoch in der kurzen Testdauer mit Resultaten nach ein bis zwei Stunden, schneller als der GDH-Nachweis mittels EIA. Ihr Nachteil ist der hohe Preis und die fehlende Quantifizierung des Resultats.
Die NAAT können als Bestätigungsschritt im Entscheidungsalgorithmus verwendet werden, wenn im ersten Schritt mittels EIA GDH oder Toxin A/B nachgewiesen wurden. Dabei kommen mono- oder polyklonale Antikörper gegen C. difficile-Toxine zum Einsatz. Die Testspezifizität variiert von 82–95% [6].
Im CHUV wird der in Abbildung 2 aufgeführte Entscheidungsalgorithmus angewendet, der im ersten Schritt den molekularen Test Cepheid GeneXpert beinhaltet. Letzterer weist mittels PCR gleichzeitig das Toxin B, das binäre Toxin CDT, das mit schweren CDI-Formen einhergeht, und die Deletion von Abschnitt 117 auf dem TcdC-Gen (Stamm 027) nach, wobei Isolierungsmassnahmen erforderlich sind, um das Risiko ­einer Verbreitung dieses mit Epidemien assoziierten Stamms zu verringern [2]. Die Nachweisgrenze beträgt 23–460 «Colony-Forming Units» (CFU)/Abstrich, wobei ab 5–8 × 108 cfu/g im Stuhl eine Infektion vorliegt. Zur Erinnerung: CFU ist die Einheit zur Zählung von Mi­kroorganismen in einem festen Kulturmilieu in der Mikrobiologie. Der Test weist demzufolge eine Sensitivität von 93% mit einer Spezifizität von 99% (PVW 93% und NVW 99%) auf [7]. Bei positivem Resultat wird er durch ein Screening auf Toxin A/B und GDH im Stuhl mittels EIA bestätigt. Die mikrobiologischen Tests im CHUV, namentlich der GeneXpert-Test, kosten entsprechend den BAG-Vorgaben 180 CHF. Die Immunassays zum Nachweis von Toxin A/B und GDH werden laut BAG-Vorgaben individuell mit 47 CHF angesetzt.
Abbildung 2: Im Centre hospitalier universitaire vaudois CHUV verwendeter Entscheidungsalgorithmus (angepasst nach [6]).
NVW: negative Vorhersagewerte, PVW: positive Vorhersagewerte, NAAT: «Nucleic Acid Amplification Test», EIA: «Enzym-Immunoassay», CDI: Clostridioides difficile.
Es gilt anzumerken, dass sich die Sensitivität durch den zweistufigen Algorithmus (EIA zum Nachweis von Toxin A/B und GDH mit nachfolgender PCR-Bestätigung bei nicht übereinstimmendem Resultat) auf 88–93% ­erhöht, ohne dass aufgrund der hohen Spezifizität des NAAT und des EIA auf Toxin A und B (99–100% bzw. 99%) die Zahl der falsch positiven Resultate zunimmt [7]. Eine 2018 von Caulfield et al. durchgeführte Studie [7] hat ergeben, dass bei ca. 90% der analysierten Stuhlproben die beim GDH- und Toxin-A-/-B-Nachweis mittels EIA erzielten Resultate übereinstimmten (entweder beide negativ oder positiv), weshalb eine Diagnosestellung ohne PCR-Screening möglich ist. Die erneute Durchführung mikrobiologischer Tests während der Behandlung verbessert die diagnostische Performance nicht. Ferner erhöht sie das Risiko falsch positiver Resultate [2]. Daher wird nicht empfohlen, mehrere Stuhlproben desselben Patienten zu analysieren.
Das Kriterium für eine Heilung ist das klinische Abklingen der Symptome. Eine Wiederholung der mikrobiologischen Tests am Ende der Antibiotikatherapie ist nicht indiziert, da 20–56% der Patienten auch nach dem Abklingen der Symptome noch mit C. difficile besiedelt sind [5] und die Toxine bis zu sechs Wochen nach der Behandlung persistieren können.

Hauptbotschaften

• Ein Screening auf Clostridioides (C.) difficile sollte ausschliesslich bei ­einer bestätigten Diarrhoe erfolgen (mindestens drei flüssige Stühle/Tag, Typ 5–7 der Bristol-Stuhlformen-Skala).
• Die Diagnose einer C. difficile-Infektion erfolgt anhand eines Diagnosealgorithmus, bei dem auf einen ersten Test mit sehr hoher Sensitivität (NAAT oder GDH-Nachweis mittels EIA im Stuhl) ein spezifischer Test (EIA auf Toxin A/B im Stuhl) zur Bestätigung erfolgt.
Die Autoren danken Dr. med. Katerina Galperine, Infektiologie CHUV, für ihre wertvolle Hilfe bei der Literaturrecherche und Erstellung des Beitrags sowie Prof. Dr. med. Gérard Waeber, Innere Medizin CHUV, für sein Lektorat.
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Sybile Collaud, dipl. Ärztin
Hôpital de Nyon, GHOL
Chemin Monastier 10
CH-1260 Nyon
sybile.collaud[at]ghol.ch
1 Truong CY, Gombar S, Wilson R, Sundararajan, Tekic N, Holubar M, et al. Real-Time Electronic Tracking of Diarrheal Episodes and Laxative Therapy Enables Verification of Clostridium. J Clin Microbiol. 2017;55(5):1276–84.
2 Gateau C, Couturier J, Coia J, Barbut F. How to: diagnose infection caused by Clostridium difficile. Clin Microbiol Infect. 2018;24(5):463–8.
3 Debast SB, Bauer MP, Kuijper EJ, Allerberger F, Bouza E, Coia JE, et al. European society of clinical microbiology and infectious diseases: Update of the treatment guidance document for Clostridium difficile infection. Clin Microbiol Infect. European Society of Clinical Infectious Diseases; 2014;20(S2):1–26.
4 Ooijevaar RE, van Beurden YH, Terveer EM, Goorhuis A, Bauer MP, Keller JJ, et al. Update of treatment algorithms for Clostridium difficile infection. Clin Microbiol Infect. 2018;24(5):452–62.
5 Bouza E, Alcalá L, Reigadas E. Optimizing the diagnostic testing of Clostridium difficile infection. Expert Rev Anti Infect Ther. 2016;14(9):801–8.
6 Crobach MJT, Planche T, Eckert C, Barbut F, Terveer EM, Dekkers OM, et al. European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases: update of the diagnostic guidance document for Clostridium difficile infection. Clin Microbiol Infect. 2016;22:S63–81.
7 Caulfield AJ, Bolster LaSalle CM, Chang YHH, Grys TE. Evaluation of 4 molecular assays as part of a 2-step algorithm for the detection of Clostridium difficile in stool specimens. Diagn Microbiol Infect Dis. 2018;91(1):1–5.