Luftverschmutzung, Klima und Allergien
Zusammenhänge und praktischen Auswirkungen

Luftverschmutzung, Klima und Allergien

Übersichtsartikel
Ausgabe
2019/3536
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2019.08346
Swiss Med Forum. 2019;19(3536):580-583

Affiliations
a Servizio di Allergologia e Immunologia Clinica Ospedale Regionale di Mendrisio Beata Vergine
b Facharzt für Dermatologie und Venerologie, Facharzt für Allergologie und klinische Immunologie, Zollikerberg
* Beide Autoren haben zu gleichen Teilen zu diesem Artikel beigetragen.

Publiziert am 28.08.2019

Die Ätiopathogenese und Epidemiologie allergischer Erkrankungen sind besonders komplex. Luftverschmutzung, Klimawandel und der Verlust der Biodiversität sind die aktuellen ökologischen Hauptprobleme.

Einleitung

Eine übermässige Exposition gegenüber Luftschadstoffen kann der Gesundheit schaden. Das Ziel unserer Arbeit besteht darin, die Wechselbeziehungen zwischen Luftverschmutzung, Klimawandel und Allergien zu analysieren. 40% der Schweizer Bevölkerung, d.h. drei Millionen Menschen, leben in dicht ­besiedelten Regionen oder an stark befahrenen Ver­kehrsstras­sen und atmen regelmässig zu viel Feinstaub ein. Die in der Luftreinhalte-Verordnung (LRV) festgelegten Grenzwerte werden häufig, mitunter sogar massiv, überschritten (Bundesamt für Umwelt [BAFU] 2015). In der Schweiz gehen jährlich schätzungsweise 3300 frühzeitige Todesfälle auf das Konto von Luftverschmutzung (Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport [VBS]). Die häufigsten Folgen sind Atemwegs- (Bronchitis, Asthma, Zunahme der Heuschnupfenhäufigkeit) und kardiovaskuläre Erkrankungen.
Zunächst möchten wir die epidemiologischen Daten von Pollenallergien analysieren, die in den Industrieländern, inklusive der Schweiz, seit den 60er-Jahren ­beständig zunehmen. Dabei beleuchten wir die ­einzelnen Ursachen wie den Klimawandel (Treibhauseffekt) und die Luftverschmutzung (besonders aufgrund von Feinstaub, der durch die Zunahme des ­motorisierten Verkehrs und vor allem Dieselmotoren gefördert wird). Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Luftschadstoffe sowohl Auswirkungen auf Pflanzen und deren Pollenflug als auch auf den menschlichen Körper, sein Immunsystem (erhöhte Sensibilisierung für Pneumallergene, vor allem durch Dieselpartikel bedingt) und seine Atemwege haben. Dies gilt für Asthma­tiker und Heuschnupfenpatienten wie auch für gesunde Personen.

Pollinose und Treibhauseffekt

Heute besteht kein Zweifel mehr daran, dass die Zahl der Pollenallergiker seit den 60er-Jahren in den Industrieländern beständig steigt. Dies wurde auch in verschiedenen in der Schweiz durchgeführten epidemiologischen Studien nachgewiesen: 1926 betrug die Pollinosishäufigkeit 0,82, 1958 4,8 und 1985 9,6%, während die SAPALDIA-Studie («Swiss Study on Air Pollution and Lung Diseases in Adults») von 14,2 («self-reported hayfever») bis 11,2% ausgeht (sowohl ärztlich als auch durch Allergietest bestätigte Diagnose – positiver Pricktest und spezifisches IgE gegen Gräser-, Birken-, Beifuss- und Glaskrautpollen). Eine vergleichbare Entwicklung wurde im Rahmen der SCARPOL-Studie («Swiss Study on Childhood Allergy and Respiratory Symptoms with ­Respect to Air Pollution») bei 15-jährigen Schülern in Genf festgestellt, mit einer Zunahme um 4,4% im Jahr 1968, 6,1% im Jahr 1981 und 11,3% im Jahr 1994. Bei den 7-, 9- und 11-Jährigen hat die Studie eine Prävalenzerhöhung von 7,5, 12,7 bzw. 17,0% mit ­einer eindeutigen Prädisposition von Knaben (Prävalenz von fast 20% im Alter von 15 Jahren) ergeben.
Ein wichtiger Kofaktor für die Pollinosezunahme ist die gestiegene Atmosphärentemperatur, besonders in den Wintermonaten (Treibhauseffekt). Laut MeteoSchweiz ist die Winterdurchschnittstemperatur von 1864–2003 um 1,5°C gestiegen. Seit 1970 gab es keinen kalten Winter mehr und ab 1987–88 ist ein starker Anstieg der Winterdurchschnittstemperatur festzustellen [1]. Die Klimaerwärmung hat Auswirkungen auf die Pollenfreisetzung in die Atmosphäre: früherer ­Beginn des Pollenflugs, verlängerte Pollenflugsaison, ­Zunahme der Pollenmenge, Entwicklung der Ruderalvegetation (Unkraut), Veränderung der Vegetationshöhe und vermehrte Verbreitung von Pflanzen, die warme Temperaturen lieben [2]. Von 1982–2002 wurde ein um 16 (Basel) bzw. 20 Tage (Zürich) früherer Beginn des Birkenpollenflugs und ein um 20 (Zürich) bzw. 30 Tage (Neuenburg) früherer Beginn des Eschenpollenflugs festgestellt. Die freigesetzte Pollenmenge hat sich in Basel von 1969–1995 bei Birkenpollen um das Doppelte, bei Gräserpollen um das Zweieinhalb- und bei Haselpollen um das Vierfache erhöht [3]. Überdies beginnt die Pollenflugsaison sogar nördlich des Gotthardmassivs bereits in den Wintermonaten.
Aufgrund der weithin bekannten Kreuzreaktionen zwischen bestimmten Pollenallergenen, wie Bet V 1 (Hauptallergen der Birke) und Nahrungsmitteln wie Nüssen und verschiedenen Obst- und Gemüsesorten, wurde ebenfalls eine Zunahme von Nahrungsmittel­allergien, mit dem oralen Allergiesyndrom («oral allergy syndrome») als Hauptsymptom, festgestellt. Diese Kreuzreaktionen zwischen Pollen und Nahrungsmitteln können ferner, wenn auch selten, eine anaphylaktische Reaktion hervorrufen.

Häufiger in verkehrsreichen Städten

Von 1990–2002 hat sowohl die durchschnittlich pro Person zurückgelegte Kilometerzahl als auch die Zahl der motorisierten Fahrzeuge im Strassenverkehr extrem zugenommen. In Japan, Deutschland und anderen europäischen Ländern durchgeführte Studien und auch die Schweizer SAPALDIA-Studie zeigen eindeutig, dass die Heuschnupfenhäufigkeit und die Pollensensibilisierung in verkehrsreichen Gebieten sehr viel stärker ausgeprägt sind als in ländlichen oder in Bergregionen. Um die Wechselwirkung zwischen Pollinosis und Luftverschmutzung besser erklären zu können, möchten wir kurz auf die verschiedenen anthropogenen Schadstoffe und ihre Immissionen eingehen, welche die «Luftverschmutzung» bewirken.

Luftschadstoffe

In der Luft gibt es zahlreiche Schadstoffe, die in primäre und sekundäre unterteilt werden können. Primäre Schadstoffe gelangen durch menschliche Aktivitäten unverändert in die Luft (anthropogene Schadstoffe). Sekun­däre Schadstoffe hingegen entstehen durch chemische Reaktionen mit anderen Sub­stanzen, insbesondere primären Schadstoffen, in der Atmosphäre.
Primäre Schadstoffe können aus zahlreichen Quellen wie Verbrennungsanlagen oder dem Strassenverkehr stammen. Zu den Gasen aus Verbrennungsanlagen zählt Schwefeldioxid (SO2), während durch den Stras­senverkehr u. a. Stickoxide (NOx) freigesetzt werden. Ein typisches Beispiel für einen sekundären Schadstoff ist troposphärisches Ozon (O3), das unter dem Einfluss der Sonnenstrahlung aus anderen Schadstoffen (Stickstoffdioxid und flüchtigen organischen Verbindungen [FOV]) entsteht. Ferner gibt es teils primäre, teils sekundäre Schadstoffe wie Feinstaub (oder Feinstaubpartikel). Feinstaubpartikel zeichnen sich vor allem durch ihre Grös­se aus (die Analyse ihrer Zusammensetzung steckt noch in den Kinderschuhen).
Die durch SO2 verursachte Luftverschmutzung bereitet heute kaum noch Probleme. Dank der entsprechenden Massnahmen liegen die Emissionen dieses Schadstoffs aktuell deutlich unter den LVR-Grenzwerten. Bei den Stickoxiden sieht die Lage hingegen anders aus. Diese gehören zu den Hauptluftschadstoffen, die auch heute noch äusserst problematisch sind und deren Belastung, vor allem in an den Hauptverkehrsknotenpunkten gelegenen Städten, häufig den LVR-Grenzwert (30 µg/m³) überschreitet. Ähnlich sieht es bezüglich des Ozongrenzwerts aus, der in mehreren Landesteilen regelmässig überschritten wird. Im Tessin (Transitstrecke für sechs Millionen Pkws und eine Million Lkws pro Jahr) werden in der Sommerzeit die täglichen Grenzwerte sehr häufig überschritten.
Feinstaub ist also auch heute noch ein Problem, da die Belastung noch immer über den Grenzwerten liegt, was sich auch nicht so schnell ändern wird.

Fein- und Ultrafeinstaub

Unter dem Begriff «Feinstaub» versteht man in der Atmo­sphäre befindliche Partikel höchst unterschiedlicher Grösse, Dichte, Zusammensetzung und Reaktivität. Diese können sowohl natürlichen als auch anthropogenen Ursprungs sein. Feinstaubpartikel werden hauptsächlich anhand ihrer Grösse beurteilt. Beispielsweise gibt es PM10 mit einer Grösse von unter 10 μm, auch einatembarer Feinstaub genannt, da dieser in die Lunge eindringen kann. Darunter gibt es Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser von über 2,5 μm, den sogenannten «groben» Feinstaub, und solche mit einem Durchmesser von unter 2,5 μm, den feinen Feinstaub. PM2,5 können in die Alveolen der Lunge eindringen und PM1, ultrafeine Feinstaubpartikel (oder Nanopartikel mit einem Durchmesser von <100 nm, PM0,1), können die feine Blut-Luft-Schranke überwinden und so in den Blutkreislauf, zahlreiche Organe sowie bis in die Zellen und deren Zellkerne gelangen [4]. Im Vergleich dazu weisen in der Luft befindliche Pollen, je nach Pollenart, einen Durchmesser zwischen 10 und 100 μm auf. Die LRV gibt für PM10 einen Jahres- (20 μg/m³) und Tagesgrenzwert (50 μg/m³) und seit 1. Juni 2018 ebenfalls einen Grenzwert für PM2,5 (Jahres-Durchschnittsgrenzwert von 10 μg/m³) vor. Auch in der Europäischen Union gibt es einen Jahres-Durchschnittsgrenzwert für PM2,5 von 20 μg/m3. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schlägt wiederum einen Jahresgrenzwert von 10 μg/m3 und einen Tageshöchstwert von 25 μg/m3 vor. Die Zahl der Ultrafeinstaubpartikel ist ein weiterer wichtiger und für die Gesundheit signifikanter Parameter, der jedoch bis heute noch keiner Regelung unterliegt.
Feinstaub besteht aus Partikeln unterschiedlichen Ursprungs. Dies sind entweder natürliche (geologische und biologische Materialien usw.) oder anthropogene Quellen (wie z.B. Russ, Feinstaub durch Abrieb oder Verbrennung), weshalb die Zusammensetzung von Feinstaub stark variieren kann.
Der gröbste Feinstaub stammt hauptsächlich aus Quellen wie verkehrsbedingtem Abrieb (Reifen), Heizungsanlagen, Landwirtschaft, Unwettern und Vulkanausbrüchen. Die feineren Feinstaubpartikel stammen hingegen hauptsächlich aus industriellen Verbrennungsverfahren, Abriebprozessen und vor allem dem Verkehr. Die Nanopartikel stehen eher mit Auspuffgasen von Dieselmotoren in Zusammenhang und können an ihrer Oberfläche adsorbierte Metalloxide aus Motorenabrieb, Zusatzstoffe und karzinogene Substanzen transportieren. Dies macht sie besonders gefährlich. Überdies kann sich die Konzentration der ultrafeinen Feinstoffpartikel entgegen den PM10, die häufig über weite Flächen relativ gleichförmig verteilt sind, rasch ändern.

Auswirkungen auf Asthmatiker und Rhinitispatienten

Luftschadstoffe (NOx, PM10, Verbrennungsrückstände von Dieselmotoren) können, wie zahlreiche Studien gezeigt haben, zu einer Verschlimmerung von Asthma, mehr Asthmaanfällen und einer schlechteren medikamentösen Kontrolle des Asthmas führen [5]. Überdies erhöht die lokale Luftverschmutzung die Asthmainzidenz bei Kindern und wahrscheinlich auch bei Erwachsenen [6]. Kinder reagieren besonders sensibel auf Luftverschmutzung. Eine im Tessin durchgeführte Studie [7] hat gezeigt, dass die Lungenfunktion nach moderater Belastung bei einigen Kindern bei Ozonwerten von 160 μg/m3 (Immissionsgrenzwert: 120 μg/m3) um 30% verringert war. In Kalifornien haben Forscher eine Zunahme der Asthmaanfälle bei Kindern in Wohngebieten mit erhöhten Ozonwerten festgestellt. Aktuelle Studien zeigen ferner, dass Kinder, die in der Nähe von Autobahnen oder Verkehrsknotenpunkten leben, häufiger an Atemwegserkrankungen leiden. In der SCARPOL-Studie wurde die stärkste Korrelation in Bezug auf Feinstaub (PM10) festgestellt: die Odds Ratio für chronischen Husten, nächtlichen trockenen Husten und Bronchitis betrug in den am stärksten gegenüber den am geringsten durch PM10 belasteten Regionen 3,07 [95% CI: 1,62–5,81], 2,88 [95% CI: 1,69–4,89] und 2,17 [95% CI: 1,21–4,89]. Diese Schweizer Studie zeigt einmal mehr, dass die Häufigkeit von Atemwegserkrankungen bei Kindern, selbst in kaum belasteten Schweizer Regionen, mit zunehmender Luftverschmutzung steigt [8]. Die Exposition gegenüber Luftverschmutzung im ersten Lebensjahr scheint das Sensibilisierungsrisiko zu erhöhen. Eine vor Kurzem durchgeführte Metaanalyse [9] hat hingegen keine eindeutige Assoziation zwischen der Exposition gegenüber Luftschadstoffen und der Entwicklung einer allergischen Sensibilisierung bis zum Alter von zehn Jahren gezeigt. Bei Personen, die an allergischer Rhinokonjunktivitis leiden, nimmt die Intensität der Symptome unter Schadstoffbelastung zu.
Folglich ist es seit einigen Jahren mehr als offensichtlich, dass ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Luftschadstoffen, Klima und Atemwegsallergien besteht [10].

Spezifische Auswirkungen – Kofaktoren für die Zunahme von Atemwegsallergien

Einfluss auf die Pflanzen

Laut in Wien durchgeführten Studien bewirkt der «Umweltstress» (motorisierter Verkehr) bei den Pflanzen (Birken) eine Veränderung des Proteinspektrums der pflanzlichen Biomasse und führt zur Freisetzung von Stressproteinen (darunter von Bet V 1, dem Hauptallergen von Birkenpollen). Somit ist die Atmosphäre selbst ohne Pollenfreisetzung mit Allergenen belastet [11], welche die Sensibilisierung bei Atopikern begünstigen oder allergische Reaktionen bei Birkenpollenallergikern auslösen, selbst wenn sich keine Pollen in der eingeatmeten Luft befinden.

Einfluss auf die ­Pollen

Luftschadstoffe (O3, NO2 und CO) verändern wiederum die Oberfläche von Pollen (Nitrifikation) und erleichtern somit die Freisetzung modifizierter Proteine, die das Immunsystem stimulieren. Wie zwei Forschergruppen gezeigt haben, fördern Schadstoffe, einschliesslich Feinstaub, die Freisetzung von Allergenen in die Luft. Ferner bewirken sie eine Pollenfraktionierung, sodass sich, selbst ohne Pollenvorkommen, Allergene in der Luft befinden [12, 13] (es wurden Bruchstücke fraktionierter Pollenkörner in Form von Stärkekörnchen gefunden) und in den Bereichen der Stadt Zürich mit hohem Verschmutzungsgrad ist im Gegensatz zu gering belasteten Gegenden eine verstärkte Pollenfraktionierung nachweisbar. Die Pollen in den verschmutzten Gebieten sind mit schädlichen Substanzen überzogen, die ihren Allergengehalt verändern und ihren allergischen Effekt verstärken können.

Einfluss auf den Menschen

Die Schadstoffe verursachen eine Reizung und Beeinträchtigung der Atemwegsschleimhäute, wodurch die Entstehung von Atemwegserkrankungen und die Sensibilisierung von Atopikern gefördert werden. Es besteht eine Korrelation zwischen der Pollenemission, dem Ozongehalt, der einatembaren Staubkonzentration und Atemwegssymptomen bei Allergikern.
Dieselpartikel sind bei genetisch prädisponierten Personen (Atopikern) sehr schädlich, da sie einen direkten Einfluss auf das Immunsystem haben und somit, wie japanische Forscher bereits Ende der 80er-Jahre nachweisen konnten, eine erhöhte Sensibilisierungsfähigkeit (frühere Bildung spezifischen IgEs) und -intensität (beständig erhöhtes spezifisches IgE-Niveau) zur Folge haben. Dieselpartikel fördern allergische Manifestationen, da die Allergene sich an die eingeatmeten Partikel binden und so den Immunzellen präsentiert werden.

Einfluss von Feinstaubpartikeln auf die Pollen und den Menschen

Aktuelle Studien haben gezeigt, dass Pollen unter dem Einfluss von Feinstaubpartikeln eine gesteigerte Synthese pollenassoziierter Lipidmediatoren (PALM) aufweisen. Bei PALM handelt es sich um sehr starke proinflammatorische Substanzen mit den Eigenschaften von Leukotrienen. Sie aktivieren die Entzündungszellen (Neutrophile, Eosinophile) in den Atemwegsschleimhäuten, die wiederum Entzündungsmediatoren freisetzen. Überdies fördern PALM die Allergenpräsentation gegenüber den dendritischen Zellen in den Schleimhäuten, die wiederum die T-Zellen stimulieren, was eine TH2-Antwort mit erhöhter IgE-Antikörper- (über IL-4) und Eosinophilenproduktion (über IL-5) zur Folge hat.

Schlussfolgerungen

Vor Kurzem wurde in einem Review in dieser Zeitschrift auf die Auswirkungen von Luftverschmutzung auf die Gesundheit eingegangen [14]. Überdies empfehlen wir die Lektüre zweier aktueller Reviews [15, 16]. Unser Ziel war die Analyse der komplexen Verbindungen zwischen Luftverschmutzung, Klimawandel und Allergien.
Der Treibhauseffekt und die Luftverschmutzung sind wichtige Kofaktoren für die Exazerbation von Atemwegsallergien.
Die Ätiopathogenese und Epidemiologie allergischer Erkrankungen sind natürlich sehr komplex und von zahlreichen anderen Parametern (wie z.B. Genetik, ­Ernährung, Infektionen, Tabakkonsum, beruflicher Exposition) abhängig, deren ausführliche Erörterung über das Ziel dieses Beitrags hinausgehen würde. Ausgehend von den obigen Ausführungen ist es heute ­jedoch unmöglich, den Zusammenhang zwischen Luftschadstoffen, Klima (Treibhauseffekt) und Atemwegsallergien zu leugnen. Dies zeigt sich auf mehreren Ebenen wie einem früheren Pollenflugbeginn, einer längeren Pollenflugperiode, der Zunahme der Pollenmenge und dem Stress der Pflanzen, die eine erhöhte Allergenfreisetzung in die Umwelt zur Folge hat. Durch die Pollenfraktionierung sind mehr einatembare Allergene vorhanden (intakte Pollen gelangen nicht über die Nasenschleimhaut hinaus), «verschmutzte» Pollen setzen leichter Allergene frei und proinflammatorische Substanzen, insbesondere Dieselpartikel, fördern und potenzieren die IgE-mediierte allergische Sensibilisierung.

Das Wichtigste für die Praxis

• Die verkehrsbedingte Luftverschmutzung kann eindeutig Exazerbationen von Asthma begünstigen und die Lungenfunktionstestwerte verschlechtern.
• Die Luftverschmutzung kann die Entwicklung von Sensibilisierungen, ­allergischen Atemwegserkrankungen und sogar Nahrungsmittelallergien fördern.
• Es besteht ein Zusammenhang zwischen Luftschadstoffen, Klima (Treibhauseffekt) und Atemwegsallergien. Dies zeigt sich auf mehreren Ebenen wie einem früheren Pollenflugbeginn und einer längeren Pollenflugperiode, der Zunahme der Pollenmenge und dem Stress der Pflanzen, die eine erhöhte Allergenfreisetzung in die Umwelt zur Folge hat.
• Diese Faktoren sollten von Politik und Wirtschaft berücksichtigt werden.
Die Autoren danken Dr. med. Bernard Clot, Biometeorologie, MeteoSchweiz, für seine kritische Lektüre des Manuskripts sowie seine wertvollen Anmerkungen und Vorschläge.
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Dr. med.
Massimiliano Fontana
Schweizerische Gesellschaft für Allergologie und
Immunologie
Klinische Fachkommission
Scheibenstrasse 20
CH-3000 Bern 22
Fontana[at]eoc.ch
 2 Clot B, Gehrig R, Pauling A, Pietragalla B. 2012. The wind of change: effects of climate change on airborne pollen concentrations. Allergology and Immunology 9:130–40.
 3 Frei T. The effects of climate change in Switzerland 1969–1996 on airborne pollen quantities from hazel, birch and grass. Grana 1998; 37:172–9.
 4 Li N et al. A work group report on ultrafine particles (American Academy of Allergy, Asthma & Immunology): Why ambient ultrafine and engineered nanoparticles should receive special attention for possible adverse health outcomes in human subjects. J Allergy Clin immunol 2016;138(2):386–396.
 5 McCreanor J et al. Respiratory effects of exposure to diesel traffic in persons with asthma. N Engl J Med 2007;357:2348–58.
 6 Gehring U et al. Traffic-related air pollution and the development of asthma and allergies during the first 8 years of life. Am J Respir Crit Care Med 2010;181:596–603.
 7 Gschwend-Eigenmann S, D’Apuzzo V, Schöni MH, Kraemer R. Einfluss der Luftschadstoffbelastung auf gesunde und lungenkranke Kinder im Südtessin. Schweiz Med Wochenschrift. 1989;119:1868–1874.
 8 Braun-Fahrländer C, Vuille JC, Sennhauser FH, Neu U, Kunzle T, Grize L, et al. Respiratory health and long-term exposures to air pollutants in Swiss schoolchildren. Am J Respir Crit Care Med 1997;155:1042–9.
 9 Gruzieva O et al. Meta-analysis of air pollution exposure association with allergic sensitization in European birth cohorts. J Allergy Clin Immunol. 2014; 133 (3): 767–76.
10 Editorial. Outdoor air pollution, climate and allergic respiratory diseases: evidence of a link. Clin Exp Allergy 2002;32:1391–3.
11 Breiteneder H. et al. Umwelt und Allergenexpression. Internist 1991; 32: 602–5.
12 Schäppi GF, Taylor PE, Staff IA, Suphioglu C, Knox RB. Source of Bet v 1 loaded inhalable particles from birch revealed. Sex Plant Reprod 10 (1997) 315–23.
13 Schäppi GF, Taylor PE, Staff IA, Rolland JM, Suphioglu C. Immunologic significance of respirable atmospheric starch granules containing major birch allergen Bet v 1. Allergy 54 (1999) 478–83.
14 Kutlar Joss M, Kappaeler R, Probst-Hensch N, Künzli N. Luft und Gesundheit in der Schweiz und anderswo. Swiss Medical Forum. 2019;19(1314):213–8.
15 Brandt EB, Myers JM, Ryan PH, Hershey GK. Air pollution and allergic diseases. Curr Opin Pediatr. 2015;27 (6):724–35. Mechanistic impact of outdoor air pollution on asthma and allergic diseases.
16 Huang SK, Zhang Q, Qiu Z, Chung KF. Mechanistic impact of outdoor air pollution on asthma and allergic diseases. J Thorac Dis. 2015;7(1):23–33.
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