Kurz und bündig
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Kurz und bündig

Kurz und bündig
Ausgabe
2019/3940
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2019.08388
Swiss Med Forum. 2019;19(3940):633-636

Publiziert am 25.09.2019

Damit Sie nichts Wichtiges verpassen: unsere Auswahl der aktuellsten Publikationen.

Fokus auf … Komplikationen der onkologischen Immun­therapien

– Immunvermittelte Kolitis als diffuse oder segmentale Kolitis (CT)
– Transaminitis/Hepatitis (Ultraschall) oder Pankreatitis (PET-CT)
– Periphere Polyneuropathie (Klinik, Neurographie), Hypophysitis (MRI)
– Pneumonitis mit multifokalen Infiltraten/Konsolidationen (CT)
– Myokarditis (Vorhofs- und Kammerdysrhythmien)
– Seltener: Thyreoiditis, Dermatitis, Myositis, Uveitis, Arthritis, intersti­tielle Nephritis, Peritonitis
Am J Med 2019, doi.org/10.1016/j.amjmed.2019.02.008. Verfasst am 21.08.2019.

Praxisrelevant

Prophylaxe der Gürtelrose bei immunkompromittierten Patient(inn)en

Bei immunkompromittierten Patient(inn)en ist ein Herpes zoster häufiger und hat einen schwereren Verlauf. Bei Patient(inn)en mit soliden Neoplasien und Chemotherapie wies die plazebokontrollierte Applikation eines inaktivierten Zoster-Virus eine Wirksamkeit von knapp 64% auf. Die Impfung wurde in aller Regel sehr gut toleriert und bestand in vier Injektionen in Abständen von je 30 Tagen. Leider war die Wirksamkeit bei hämatologischen Neoplasien nicht signifikant besser als Plazebo. Beim Impfstoff handelt es sich um den zwar inaktivierten, aber identischen Virusstamm, der in der Zostavax®-Vakzine enthalten ist. Auch der künstliche Impfstoff Shingrix® wird bei immunkompromittierten Patient(inn)en evualiert. Gemäss Studienwebsite (NCT01610414) beträgt dessen Wirksamkeit fast 87% bei Patient(inn)en mit hämatologischen Neoplasien und gut 65% bei Patient(inn)en mit Stammzell- und Nierentransplantationen. Ein Teil der Daten wurde eben gerade online publiziert und bestätigt diese Angaben [2]. Shingrix® ist ein rekombinanter Impfstoff mit dem Oberflächenantigen Glykoprotein E des Varizella-Zoster-Virus. Wie kurz und bündig bereits vorgestellt, bewirkt Shingrix® eine schnellere und anhaltendere Aktivierung sogenannter Memory-Zellen [3].
1. Lancet Infect Dis. 2019, doi.org/10.1016/S1473-3099(19)30310-X.
2. Lancet Infect Dis. 2019, doi.org/10.1016/S1473-3099(19)30163-X.
3. Swiss Med Forum 2018, doi.org/10.4414/smf.2018.03420.
Verfasst am 12.08.2019.

Wirksamkeit von Vitiligo-Therapien

Eine isolierte Vitiligo tritt bei bis zu 1% der Bevölkerung auf und kann als sozial zurücksetzend empfunden werden. Eine Metaanalyse fasst die Wirksamkeit einer Therapie mit topischen sogenannten Kalzineurininhibitoren wie Tacrolimus mit oder ohne Phototherapie zusammen. Die folgenden Beurteilungskriterien wurden angewendet: milder positiver Effekt >25% Repigmentierung, mässiger Effekt >50% Repigmentierung, deutlicher Effekt >75% Repigmentierung. Etwa in der Hälfte der Fälle kann bei Monotherapie mit Kalzineurinhemmern eine mindestens milde bis moderate Antwort und bei knapp 20% ein deutlicher Effekt erwartet werden, wobei die Antwort bei Gesichts- und Halslokalisation noch besser ausfiel. Die zusätzliche Phototherapie führt bei 90% zu einer zumindest milden, bei der Hälfte zu einer deutlichen Antwort. In vielen Fällen scheint ein weiterführende Therapie im Sinne der Rezidivprophylaxe allerdings nötig.
Verfasst am 15.08.2019.

Hörbehinderung durch kongenitale Infektion mit dem Zytomegalie-Virus

Eine Hörbehinderung beim Neugeborenen ist die wichtigste Folge eines Zytomegalie-Infektes in der Schwangerschaft. Dieser kommt in etwa 0,6–0,7% aller Schwangerschaften vor [1]. Eine prospektive, belgische Studie über 22 Jahre findet, dass jedes achte Neugeborene eine Hörbehinderung unterschiedlichen Schweregrades aufweist, wenn die Mutter in der Schwangerschaft einen Zytomegalie-Infekt erlitt. Das Risiko stieg signifikant an, wenn es sich um einen Zytomegalie-Primoinfekt handelte, der Infekt im ersten Schwangerschaftsdrittel auftrat und klinisch symptomatisch war. Bei Infektion im ersten Trimester war dann jedes dritte Kind von einer Hörbehinderung betroffen. Etwa jedes 20. Kind insgesamt brauchte eine Hörhilfe (Cochlea-Implantat oder Hörgerät). Die Hörbehinderung hat auch das Potential einer spontanen Besserung, aber leider auch einer späteren Progression in etwa der Hälfte der Fälle. Die Autoren empfehlen eine audiologische Abklärung bei den ­erwähnten Risikofaktoren, vor allem wenn zusätzlich Ultraschall oder MRI abnorm sind. Für Fragen des Screenings und Behandlungsempfehlungen verweisen wir auf den Expertenbrief 47 der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe [3]. Ein antenataler Screeningtest auf einen Zytomegalie-Infekt wird zur früh- und rechtzeitigen Erkennung und Intervention empfohlen [4].
Zytomegalievirionen in einer digital colorierten transmis­sionselektronenmikroskopischen Aufnahme (© CDC/ Sylvia Whitfield, 1977).
1 Swiss Med Wkly. 2018, doi.org/10.4414/smw.2018.14627.
2 Pediatrics 2019, doi.org/10.1542/peds.2018-3095.
4 Lancet Child Adolesc Health 2019, doi.org/10.1016/S2352-4642(19)30271-8.
Verfasst am 15.08.2019.

Für Ärztinnen und Ärzte am Spital

Roboterisierte Prävention des Deliriums

Die gesundheitsfördernde Wirkung von Haustieren, namentlich Katzen und Hunden, ist weitgehend bekannt, auch im stationären Bereich. Die Integration von Therapiekatzen oder -hunden kann aber den Wide­rstand der Spitalhygieniker/-innen hervorrufen und ihr Einsatz ist nicht auf allen Stationen friktionslos möglich. Eine ziemlich natürlich wirkende Roboterkatze mit dem sinnigen Namen «Joy for All» kennt aber diese Grenzen und Vorbehalte nicht: Sie wirkte – im Bett der Patient(inn)en und empfänglich für Berührungen – in einer (chirurgischen und medizinischen) Intensivstation nach Aussagen von Patient(inn)en, Angehörigen und dem Pflegepersonal in 70% der Fälle so beruhigend, dass eine verhindernde Wirkung auf die Entwicklung eines Deliriums wahrscheinlich ist. Die Angestellten der Intensivstation wurden zudem nicht in der Entfaltung ihrer Arbeitstätigkeit eingeschränkt ...
Verfasst am 21.08.2019.

Bildgebung bei infektiöser Endokarditis der Klappenprothesen

Es ist vielleicht noch nicht allgemein bekannt, dass die Ergänzung der (transösophagealen) Echokardiographie mit sogenannter PET-CT (Positronenemissions­tomographie-Computertomographie) die Diagnostik der Endokarditis deutlich verbessert. Die Anwendung dieser Methodik wird nun auch in Fachgesellschafts-Richtlinien empfohlen. Die Sensitivität der Dukes-Kriterien wurde durch Anwendung eines 18F-Fluorodeoxyglukose-PET-CTs von etwa 70 auf 94% erhöht [1]. Bei 173 konsekutiven Patient(inn)en mit Endokarditis nativer und prosthetischer Klappen war das PET-CT bei 83% der prosthetischen Endokarditiden positiv, jedoch nur in 10% bei Endokarditis nativer Klappen. Im Falle der prostethischen Endokarditis ist das PET-CT nicht nur eine dia­gnostische Hilfe, sondern hilft, Patient(inn)en mit schlechterer Prognose und deshalb Indikation zu aktiverer Therapie und Nachbetreuung zu identifizieren. Ein positives PET-CT in dieser Gruppe (nicht bei Patient[inn]en mit nativer Endokarditis) führte nämlich zu einer fast dreifachen Risikoerhöhung der ­Mortalität, Rezidive, Herzinsuffizienz und ungeplanten Hospitalisationen [2]. In beiden Gruppen (native und prosthetische Endokarditis) war aber ein deutlich positives PET-CT ein sehr starker Prädiktor von weiteren embolischen Ereignissen (sog. «hazard ratio» um 8).
Autopsiebefunde eines Herzens (79-jähriger Mann), A) Übersicht, B) Vergrösserung: Klinisch war eine Spondylodiszitis mit epiduralem Abszess bekannt gewesen, die also wohl septisch-embolisch entstanden war. Man erkennt Vegetationen in polypenartiger Form auf der partiell destruierten Aortenklappe. Die Mitralklappe ist schwer sklerosiert, ohne makro­skopisch sichtbare Vegatationen. Weitere Befunde: biventrikuläre, exzentrische Myokardhypertrophie und ausgedehnte koronare Atheromatose (Drei-Ast-Erkrankung). Wir danken Frau PD Dr. med. Kirsten Mertz, Institut für Pathologie am Kantonsspital Baselland, herzlich für die Bilder.
1 J Am Coll Cardiol. 2013, doi.org/10.1016/j.jacc.2013.01.092.
2 J Am Coll Cardiol. 2019, doi.org/10.1016/j.jacc.2019.06.050.
Verfasst am 22.08.2019.

Neues aus der Biologie

Höhenadaptation: Nicht alles ist Hämatokrit

Der längere Aufenthalt in grösserer Höhe führt zu einer hypoxiebedingten Stimulation des Erythropoetins und damit der Erythropoiese respektive der Erythrozytenmasse. Interessanterweise haben aber Tibetaner, die in ähnlicher Höhe wie die südamerikanischen Andenbewohner leben, einen deutlich tieferen Hämatokrit. Traditionell wurde dieser Unterschied erklärt durch eine relative Resistenz gegen einen hypoxischen Stimulus. Die Tibetaner sind jedoch körperlich belastbarer und angeblich reproduktiv «erfolgreicher». Eine bemerkenswerte vergleichende Studie an Vertretern dieser beiden Höhenpopulationen bestätigt, dass Andenbewohner nach Transfer in die Höhe über die Zeit einen deutlich höheren Hämatokrit entwickeln als die Sherpas nach dem gleichen Transfer. Trotzdem ist die Erythrozytenmasse bei den Sherpas in ähnlicher Weise erhöht, sodass der relativ normal bleibende Hämatokrit nur durch eine parallele (effektiv auch nachgewiesene) Zunahme des Plasmavolumens («Dilution») erklärt werden kann. Der höhere Hämatokrit der Andenbewohner könnte also kontraproduktiv sein wegen seines sekundären Effektes auf die Blutviskosität. Bei Zunahme des Plasmavolumens, wohl durch eine renale Volumenresorption, wird dies aber verhindert. Da eine akute Hypoxie in der Regel eine Volumendepletion induziert und renal-tubulotoxisch ist, stellt sich die Frage, welches Signal denn die Nieren bei chronischer Hypoxie zu einer Volumenretention animieren könnte. Infundieren die Doping-Ärzte nach Erythropoetin oder Erythrozytenkonzentraten auch zusätzlich noch «Volumen»? Ist somit der Hämatokritwert als ­isolierter Warnhinweis für vermutetes «Blut-Doping» infrage zu stellen?
Ist die Adaptation an grosse Höhen bei Sherpas (A) und Andenbewohnern (B) unterschiedlich? (A: © Zzvet | Dreamstime.com; B: © Sjors737 | Dreamstime.com)
Proc Natl Acad Sci USA 2019, doi.org/10.1073/pnas.1909002116.
Verfasst am 21.08.2019.

Aus Schweizer Feder

Osteoporosetherapie: auch Sarkopenie und Insulinresistenz verbessern?

Der sogenannte RANK-Ligand (RANK für Rezeptor-Aktivator des NF-kappa B) stimuliert die Osteoklastenaktivität und damit die Knochenresorption. Mit dem monoklonalen Antikörper Denosumab wird RANKL blockiert, die Osteoklastenaktivierung gehemmt und ein anaboler Effekt auf den Knochen ausgeübt. Eine Forschergruppe um Prof. S. Ferrari aus dem Genfer Universitätsspital berichtet, dass diese RANKL-Hemmung auch die Muskelmasse vermehrt und die Insulinsensitivität (im Muskel) verbessert. Die Expression von Genen, die den Aufbau von Muskelmas­se hemmen (z.B. Myostatin), war gehemmt. Die Daten in Tierversuchen und beim Menschen wiesen in dieselbe Richtung.
J Clin Invest. 2019, doi.org/10.1172/JCI125915.
Verfasst am 21.08.2019.

Auch noch aufgefallen

Schicht- und Nachtarbeit bei schwangeren Frauen

65 Studien, die insgesamt fast 200 000 schwangere Frauen eingeschlossen hatten, wurden systematisch analysiert. Dabei zeigte sich, dass Frauen, die während ihrer Schwangerschaft überdurchschnittlich längere Arbeitszeiten zu erfüllen hatten, einem erhöhten Risiko eines Abortes oder einer frühzeitigen Geburt ausgesetzt waren. Im Sinne einer Dosis-Wirkungs-Beziehung war die Häufigkeit von Abort/Frühgeburt bei Frauen mit einer Arbeitszeit von mehr als 55 Stunden um 10% höher als bei Frauen, die weniger als 40 Stunden arbeiteten. Ebenfalls war der Einfluss von Schicht- und Nachtarbeit auf diverse andere Endpunkte wie Schwangerschaftshypertonie, Präeklampsie und Geburten von sogenannten «small for date» Kindern wenn auch eher klein, so doch signifikant. Vielleicht mehr als nur ein Schönheitsfehler dieser Studie ist, dass die Autoren die Sicherheit der Evidenz aus den genannten Studien als tief einstufen mussten, in der Schlussfolgerung aber trotzdem diese affirmative Aussage wagen: «Schwangere Frauen mit wechselnden Arbeits­schichten, konstanten Nachtschichten oder längeren Wochenarbeitszeiten haben ein erhöhtes Risiko eines negativen Schwangerschaftsverlaufes».
Am J Obstet Gynecol. 2019, doi.org/10.1016/j.ajog.2019.06.051.
Verfasst am 11.08.2019.

Topische Antiseptika und nicht Antibiotika bei einfacher Impetigo

Die Impetigo ist eine meist kleine Kinder (2–5 Jahre) befallende, infektiöse, oberflächliche Hauterkrankung, meist verursacht durch Staphylococcus aureus. Die britische NICE-Organisation kommt nach Analyse der Literatur zum Schluss, dass bei Kindern in gutem Allgemeinzustand und bei fehlender Blasenbildung (nicht-bullöse Impetigo) topische Antiseptika (z.B. 1% Chlorhexidin Creme 2–3×/Tag für 5–7 Tage) und nicht systemische ­Antibiotika zur Anwendung gelangen sollten. Als Alternative zum topischen Antiseptikum kommen topische Antibiotika infrage. Bei bullösen Formen ist Flucloxacillin per os weiterhin erste Wahl.
Verfasst am 20.08.2019.

Medizinische Depeschenagentur

Ein Effekt ist schon gut genug

Von der antiosteoporotischen Therapie, namentlich den Bisphosphonaten, wurde behauptet, dass sie nicht nur die Frakturwahrscheinlickeit bei Osteoporose verringern, sondern auch die Mortalität senken. Zur Erklärung ging man von Fraktur-bedingten Komplika­tionen oder einer Dekompensation von vorbestehenden Komorbiditäten im Gefolge einer Fraktur aus. Eine Analyse der publizierten Daten findet nun aber keinen signifikanten Effekt dieser antiosteoporotischen Therapie auf die Gesamtmortalität.
JAMA Intern Med. 2019, doi:10.1001/jamainternmed.2019.2779, Verfasst am 21.08.2019.

Wussten Sie?

Welches ist der am längsten wirkende Säureblocker?
A Esomeprazol 40 mg/Tag
B Lansoprazol 30 mg/Tag
C Omeprazol 20 mg/Tag
D Pantoprazol 40 mg/Tag
E Rabeprazol 20 mg/ Tag

Antwort


Die etwas salopp als Protonenpumpeninhibitoren (PPI) bezeichneten Medikamente hemmen die H+/K+-ATPase in den Parietalzellen des Magens, vermindern dadurch die Protonensekretion und erhöhen den intragastrischen pH-Wert, was die Abheilung von Schleimhautläsionen beschleunigt. Bei 34 Helicobacter-pylori-negativen Freiwilligen wurde das 24-Stunden-Profil des Magen-pH am Tage 5 nach Beginn der Einnahme von 5 verschiedenen PPI (siehe die vorgeschlagene Antwortenliste; einmal pro Tag morgens, 30 Minuten vor einem standardisierten Frühstück) gemessen. Zwischen den einzelnen PPI wurde eine Auswaschphase von zehn Tagen beachtet. Esomeprazol hielt den Magen-pH während 14 Stunden über dem als protektiv angesehenen Wert von 4, mindestens zwei Stunden länger als die anderen getesteten Medikamente (jene zwischen 10 und 12 Stunden, p <0,001). Antwort A ist also richtig, womit noch nichts Definitives über die klinische Korrelation ausgesagt ist.

American Journal of Gastroenterology 2003,
Verfasst am 21.08.2019.