SKG-Therapieempfehlungen für primäre Kopfschmerzen
Zehnte, komplett überarbeite Auflage

SKG-Therapieempfehlungen für primäre Kopfschmerzen

Aktuell
Ausgabe
2020/1112
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2020.08466
Swiss Med Forum. 2020;20(1112):182-183

Affiliations
a RehaClinic Bad Zurzach, Bad Zurzach; Präsident SKG & Mitglied SKG-Therapiekommission; b Swissconcussion Center, Schulthess Klinik, Zürich; Beisitzerin SKG-Vorstand & Mitglied SKG-Therapiekommission; c Beisitzer SKG-Vorstand & Mitglied SKG-Therapiekommission

Publiziert am 10.03.2020

Die Schweizerische Kopfwehgesellschaft (SKG) hat nach über einjähriger Arbeit vor Kurzem die zehnte, komplett überarbeitete Auflage ihrer Therapieempfehlungen für primäre Kopfschmerzen veröffentlicht.

Seit der ersten Auflage, die vor über 15 Jahren erschienen ist, bieten die Therapieempfehlungen der Schweizerischen Kopfwehgesellschaft (SKG) Grundversorgerinnen und -versorgern sowie kopfschmerzinteressierten Ärztinnen und Ärzten eine orientierende Entscheidungshilfe sowie Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie von primären Kopfschmerzen. Die Therapieempfehlungen unterstützen den behandelnden Arzt, die behandelnde Ärztin in der täglichen, praktischen Arbeit mit Kopfschmerzpatientinnen und -patienten bewährterweise in einer Form, die übersichtlich ist und auch im Arbeitsalltag zeitsparend konsultiert werden kann.
Die zehnte Auflage fasst wie bereits frühere Auflagen den aktuellen Stand der evidenzbasierten Kopfschmerztherapie kurz und übersichtlich zusammen. Dabei werden die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt, aber auch chirurgische Eingriffe und umstrittene und unwirksame Therapien in der Kopfschmerzbehandlung thematisiert und kommentiert. Um die Übersichtlichkeit und Prakti­kabilität der Empfehlungen zu wahren, konzentrieren sie sich auf die zentralen Aspekte der Kopfschmerztherapie.
Die Therapieempfehlungen der SKG orientieren sich an den Grundsätzen der Evidenzbasierten Medizin (EbM), da wissenschaftliche Evidenz mit der klinischen Erfahrung der SKG-Therapiekommission und persönlichen Erkenntnissen von betroffenen Patientinnen und Patienten kombiniert werden und sie nicht nur auf wissenschaftlichen Studien basieren. Die für die Entwicklung und periodische Überarbeitung der Therapieempfehlungen verantwortliche Therapiekommission ist interprofessionell und interdisziplinär und besteht aktuell aus knapp 30 Fachpersonen, die sich in ­ihren Kliniken, Praxen oder Apotheken täglich mit der Behandlung der unterschiedlichen Formen von Kopfschmerzen befassen.
In einleitenden Kapiteln widmen sich die Therapieempfehlungen zunächst den Unterschieden zwischen primären respektive idiopathischen und sekundären respektive symptomatischen Kopfschmerzen und ­allgemeinen Aspekten der Kopfschmerztherapie. Anschliessend werden in separaten Kapiteln verschiedene Typen primärer Kopfschmerzen wie etwa die Migräne, Cluster-Kopfschmerzen, episodische und chronische Spannungstyp-Kopfschmerzen, Neuralgien sowie Kopfschmerzen, die als Folge von Medikamentenübergebrauch auftreten, im Detail besprochen. Dabei wird sowohl auf die Behandlung akuter Anfälle eingegangen als auch auf die entsprechende Langzeitprophylaxe. Zu jedem Kopfschmerztyp finden sich medikamentöse und nichtmedikamentöse Therapieempfehlungen. Den Medikamenten werden stets geeignete Dosierungen hinzugefügt.
Da für Migräne und Cluster-Kopfschmerzen seit einiger Zeit zunehmende Evidenz einer Wirksamkeit von transdermaler Elektrostimulation des Trigeminus- ­beziehungsweise Vagusnerven (TENS), transkranieller Gleichstromstimulation (tDCS) und transkranieller Magnetstimulation (TMS) existiert, wurden in der Schweiz erhältliche, nichtinvasive Neurostimulationsverfahren in die aktuelle Auflage der Therapieempfehlungen aufgenommen. Diese Verfahren haben die Vorteile eines günstigen Nebenwirkungsprofils sowie der Effektoptimierung durch Anpassung der Stimulationsparameter. Auch die in der Schweiz seit letztem Jahr verfügbare Substanzklasse der «Calcitonin Gene-Related Peptide»-(CGRP-)Antikörper, die mit Erfolg in der Mi­gräneprophylaxe eingesetzt werden, wurden mit entsprechenden Dosierungen in die überarbeiteten Therapieempfehlungen integriert.
Neben diesen Kapiteln, die sich einzelnen Kopfschmerztypen und möglichen Therapieformen widmen, wird in mehreren Sonderkapiteln auf einzelne Patientengruppen eingegangen, bei denen in der Kopfschmerztherapie besondere Vorsicht geboten ist. Dazu zählen etwa Frauen, die Verhütungsmittel anwenden, ein Kind erwarten, sich in der Menopause befinden und sich dabei eventuell einer Hormonersatztherapie unterziehen. Doch auch zur Kopfschmerzbehandlung bei Kindern und Adoleszenten wurde ein einzelnes ­Kapitel erarbeitet.
Zur Erleichterung der Kopfschmerzdiagnose hat die Therapiekommission der SKG bereits in einer der ersten Auflagen der Therapieempfehlungen zehn Fragen formuliert, die sich unter anderem auf die Stärke, Häufigkeit, Dauer und bisherige Therapien der Kopfschmerzen ­beziehen. Diese Schlüsselfragen wurden nun in der zehnten Auflage um grafische Elemente ergänzt, die eine möglichst exakte dreidimensionale Lokalisierung des Schmerzes ermöglichen sollen. Ein Flussdiagramm, das ebenfalls der schnellen Diagnostik von Kopfschmerzen dient und sich ebenfalls über die Jahre bewährt hat, wurde in aktualisierter Form auch beibehalten.
Die elektronische Version der neuen Therapieempfehlungen ist auf der Webseite der SKG (www.headache.ch) in deutscher und französischer Sprache frei zugänglich; eine italienische Sprachversion folgt in Kürze.
Als umfangreiche Ergänzung empfehlen wir die deutsch­sprachigen Leitlinien zur Behandlung der Kopf­schmerzen, eine Zusammenarbeit der Deutschen, Österreichischen und Schweizer Gesellschaften, die Anfang 2019 unter anderem in der Fachpublikation ­Clinical and Translational Neuroscience veröffentlicht wurden [1].

Die Schweizerische Kopfwehgesellschaft (SKG)


Die Schweizerische Kopfwehgesellschaft (SKG) ist eine interprofessionelle und interdiszi­plinäre Fachgesellschaft. Unter der Leitung von PD Dr. med. Andreas Gantenbein (Bad Zurzach) ist sie bestrebt, Ärzt(-inn)en, Psycholog(-inn)en, Physiotherapeut(-inn)en, Pharmakolog(-inn)en, Apo­thekerinnen und Apothekern, aber auch Patient(-inn)en und Angehörigen ein fundiertes und wissenschaftlich belegtes Wissen über Kopfschmerzen zu vermitteln. Auf der Webseite der SKG finden sich Informationen über die verschiedenen Aktivitäten der Gesellschaft. Lohnenswert ist auch das Durchforsten der Sparte «Wissen», wo die wichtigen Kopfschmerzerkrankungen im Überblick vorgestellt werden, und der Sparte «Publikum», wo nützliche Downloads und Informa­tionen über laufende Studien zum Thema Kopfschmerzen zu ­finden sind.
The Swiss Headache society has received grants for printing from ­Biomed, Eli Lilly, Novartis, Swica, Teva/Mepha, Almirall.
PD Dr. med.
Andreas Gantenbein
RehaClinic Bad Zurzach
Quellenstrasse 34
CH-5330 Bad Zurzach
a.gantenbein[at]rehaclinic.ch
1 Diener HC, Holle-Lee D, Nägel S, Dresler T, Gaul C, Göbel H, et al. Treatment of migraine attacks and prevention of migraine: Guidelines by the German Migraine and Headache Society and the German Society of Neurology. Clinical and Translational Neuroscience. 2019;3(1):1–40. doi.org/10.1177/2514183X18823377.