Vertebroplastie bei Wirbelkörperfrakturen: wirksam?

Vertebroplastie bei Wirbelkörperfrakturen: wirksam?

Und anderswo ...?
Ausgabe
2017/08
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2017.02810
Swiss Med Forum. 2017;17(08):175

Publiziert am 21.02.2017

Vertebroplastie bei Wirbelkörper­frakturen: wirksam?

Fragestellung

Weltweit erleiden schätzungsweise 1,4 Mil­lionen Patienten jährlich eine Wirbelkörperfraktur. Während die meisten nur leichte Symptome aufweisen, leiden einige an starken Schmerzen und müssen u.U. ins Spital eingewiesen werden. Das Liegen und die Schmerzmittel werden von den häufig älteren Patienten schlecht vertragen. Bei der Vertebroplastie wird eine Art Zement (Polymethylmethacrylat) in den Wirbelkörper gespritzt, um die Wirbelsäule zu stabilisieren, in der Hoffnung, dadurch die Schmerzen zu lindern. Nach einer Welle der Begeisterung konnte in mehreren Studien die Wirksamkeit der ­Methode nicht nachgewiesen werden, weshalb ihre Anwendung stark zurückging. In vielen der negativen Studien wurden jedoch alte, bis zu 12 Monate zurückliegende Frakturen untersucht. Ist es möglich, die Schmerzen durch eine rasche, fachgerecht durchgeführte Vertebroplastie kurz nach der Fraktur (weniger als 6 Wochen) wirksamer zu lindern als durch die übliche Behandlung?

Methode

Die doppelblinde, plazebokontrollierte Parallelstudie fand in vier Zentren in Australien statt, und wurden von Vertebroplastie-erfahrenen Radiologen durchgeführt. Die Patienten waren über 60 Jahre alt und wiesen eine <6 Wochen zurückliegende Wirbelkörperfraktur mit einem Schmerz­score von mindestens 7 auf einer Skala von 0–10 auf. Ausschlusskriterien waren Frakturen aufgrund von Metastasen oder mit neurologischen Komplikationen. Die Veruminjektion mit Knochenzement erfolgte unter leichter Sedierung mit einer Spezialnadel nach einer 4 mm Hautinzision. Die Scheininjektion bestand in derselben Hautinzision und Einführung der Nadel, denselben Worten und Handlungen des Behandlers wie bei der Veruminjektion, jedoch ohne Injektion. Primärer Endpunkt war die Zahl der Patienten mit einem Schmerzscore von 4 oder weniger nach 14 Tagen.

Resultate

Es wurden 120 Patienten eingeschlossen, davon 61 in die Verum- (79% Frauen) und 59 in die Scheinbehandlungsgruppe. Ihr Durchschnittsalter betrug 80 Jahre. Nach 14 Tagen wiesen 44% der Patienten der Verum- und 21% der Scheinbehandlungsgruppe einen Schmerz­score von <4 auf, p = 0,01. Die Personen, welche die Patienten zu ihrer Schmerzstärke befragten, wussten nicht, welcher Gruppe letztere angehörten. In der Scheinbehandlungsgruppe errieten 54% der Patienten, welcher Gruppe sie angehörten, gegenüber 80% in der Verumgruppe, wahrscheinlich aufgrund der positiven schmerzlindernden Wirkung. Überdies verkürzte sich der Spitalaufenthalt der hospitalisierten Patienten in der Verumgruppe um 5,5 Tage.

Probleme

85% der Behandlungen erfolgten in einem einzigen Zentrum mit speziell ausgebildeten Behandlern, wodurch die Studie nur beschränkt übertragbar ist.

Kommentar

Die Resultate bestätigen den Nutzen der Vertebroplastie, wenn diese von ausgebildeten und besonders kompetenten Radiologen durch­geführt wird. Sie sind lediglich auf Patienten mit einer <6 Wochen zurückliegenden Fraktur übertragbar. Überdies ist zu beachten, dass ­lediglich Frakturen im thorakolumbalen Bereich behandelt wurden. Die Verkürzung des Spitalaufenthalts ist ziemlich beeindruckend, wodurch die Kosten der Behandlung deutlich geringer werden. Bleibt nur noch, zukünftige Behandler korrekt auszubilden …
Clark W, et al. Lancet. 2016;388(10052):1408–16.
http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(16)31341-1

Künstliche Bauchspeicheldrüse: bewilligt

Die FDA hat die erste künstliche Bauchspeicheldrüse für Typ-1-Diabetiker (MiniMed 670 g Medtronic), die einen geschlossenen Kreislauf bildet, bewilligt. Dabei handelt es sich um ein System mit einer Insulinpumpe, welche die freigesetzte Insulindosis auto­matisch dem durch einen subkutanen Sensor alle 5 Minuten gemessenen Blutzuckerwert anpasst. Nichtsdestotrotz muss der Anwender das System über die Menge der zugeführten Kohlenhydrate informieren. Für einige Pa­tienten, insbesondere Jugendliche, ist dies wahrscheinlich ein Fortschritt …
FDA Food and Drug Administration, News and Events. Posted 09/28/2016
http://www.fda.gov/NewsEvents/Newsroom/PressAnnouncements/ucm522974.htm

Akupunktur: Hilfe bei chronisch 
funktioneller Obstipation?

Die Rolle der Akupunktur zur Behandlung schwerer chronisch funktioneller Obstipation ist umstritten. In einer chinesischen Studie wurden >1000 Patienten mit schwerer Obstipation (<3 mal Stuhlgang pro Woche) randomisiert und erhielten 8 Wochen lang entweder 28 Elektroakupunktur- oder Scheinbehandlungssitzungen. Zu Studienbeginn hatten die Patienten durchschnittlich 0,4×/Woche Stuhlgang. 8 Wochen später hatte die Verumgruppe ~1,8×/Woche Stuhlgang, gegenüber 0,9× in der Scheinbehandlungsgruppe (signifikant). Anscheinend regt Akupunktur das parasympathische System des distalen Kolons an. Ein ziemlich geringer, jedoch anscheinend signifikanter Nutzen. Es fehlt eine Vergleichsgruppe mit konventionellerer Behandlung …
Liu Z, et al. Ann Intern Med. 2016;165(11):761–9.
http://annals.org/aim/article/2552074/

NSAR: Herzinsuffizienz?

7,7 Millionen Patienten, die eine NSAR-­Behandlung begannen, wurden anhand von Datenbanken in vier europäischen Ländern analysiert. 92 000 wurden aufgrund von Herzinsuffizienz ins Spital eingewiesen und mit Kontroll­personen ohne Herzinsuffizienz gematched. Die Einnahme von NSAR erhöhte das Herzinsuffizienzrisiko um ~20%. Die Odds Ratio betrug 1,8 für Ketorolac (Toradol®), 1,5 für Indometacin (Indocid®), 1,3 für Piroxicam (Felden®) und Diclofenac (Voltaren®), 1,5 für Ibuprofen (Brufen®) und 1,15 für Naproxen (Aleve®, Proxen®). Diese Nebenwirkung reiht sich in zahlreiche weitere wie Niereninsuffizienz, Geschwüre des Verdauungstrakts usw. ein …
Arfè A, et al. BMJ. 2016;354:i4857.
http://www.bmj.com/content/354/bmj.i4857

Beruhigungsmittel für Elefanten 
und grosse Tiere: Überdosis?

Carfentanyl ist 10 000 mal stärker als Morphium und 100 mal stärker als Fentanyl. Eine Fentanyldosis von 2 mg kann tödlich sein. Carfentanyl kommt in der Veterinärmedizin zur Anwendung. Nun hat die amerikanische Drogenbekämpfungsbehörde (DEA) von mehreren Überdosisfällen mit diesem sehr starken Wirkstoff berichtet. Wenn diese bereits in den USA auftreten, bleiben sie uns wohl auch nicht erspart …
Drug Enforcement Administration, 09/22/16.
https://www.dea.gov/divisions/hq/2016/hq092216.shtml