Prostatakarzinom nach 10 Jahren: Überwachung, Operation oder Strahlentherapie?
Fragestellung
Die Behandlung des klinisch lokalisierten PSA-detektierten Prostatakarzinoms bleibt kontrovers. Durch den PSA-Test hat die Zahl der entdeckten Prostatakarzinome stark zugenommen, der tatsächliche Nutzen ist jedoch noch immer unklar, da viele Prostatakarzinome entweder indolent oder disseminiert sind. Andere entwickeln sich langsam und die Patienten sterben mit, aber nicht durch Prostatakrebs. Die ProtecT-Studie mit einem medianen Follow-up von 10 Jahren sollte herausfinden, welche Therapieoption bezüglich der prostatakrebsspezifischen, der Gesamtmortalität, der Inzidenz von Metastasen und der Progression der Erkrankung bei einem lokalisierten Prostatakarzinom die beste ist: aktive Überwachung, Operation oder Strahlentherapie?
Methode
545 Patienten wurden auf die Gruppe mit aktiver Überwachung, 533 auf die mit radikaler Prostatektomie und 545 auf die mit Strahlentherapie randomisiert. Das Durchschnittsalter betrug 62 Jahre (50–69 Jahre) und der mediane PSA-Wert 4,6 ng/ml (3–19,9). 77% wiesen Tumoren mit einem Gleason-Score von 6 (Score von 6–10, wobei 10 für ein aggressives Karzinom steht) und 76% Tumoren im T1c-Stadium auf. Die Gruppen wurden nach Alter, Gleason-Score und PSA-Wert bei der ersten Biopsie stratifiziert. Natürlich wussten Ärzte und Patienten, welcher Gruppe sie angehörten. Der PSA-Wert wurde im ersten Jahr alle 3, danach alle 6–12 Monate bestimmt, um in der Überwachungsgruppe ggf. eine radikale Prostatektomie durchführen zu können. Die Strahlentherapiepatienten erhielten 3–6 Monate vor der Bestrahlung eine anti-androgene Behandlung. Bei den operierten Patienten wurde bei einem PSA-Wert von 0,2 ng/ml eine neoadjuvante Strahlentherapie durchgeführt.
Resultate
Es traten 17 prostatakrebsspezifische Todesfälle auf, davon 8 in der Überwachungs-, 5 in der Operations- und 4 in der Strahlentherapiegruppe (n.s.). Metastasen traten hingegen signifikant häufiger bei Patienten in der Überwachungs- (33 Patienten = 6,4/1000 Patientenjahre) als in der Operations- (13 = 2,4/1000 Patientenjahre) und in der Strahlentherapiegruppe auf (16 = 3/1000 Patientenjahre). Auch die Progressionsraten waren in der Überwachungsgruppe höher als in den anderen Gruppen.
Probleme
Das Studienprotokoll wurde vor etwa zwanzig Jahren entwickelt. Seitdem hat sich die Behandlung stark verändert und die Operations- und Strahlentherapietechniken wurden verbessert. Das Follow-up ist zu kurz, um langfristige Voraussagen treffen zu können. Interessanterweise war die Mortalität unter Strahlentherapie günstiger als bei radikaler Prostatektomie.
Kommentar
Patienten mit lokalisiertem Prostatakarzinom stehen vor einer schwierigen Entscheidung. Für einige Monate oder Jahre ohne therapieassoziierte Nebenwirkungen (Impotenz, Verdauungsstörungen, Inkontinenz) müssen sie das Risiko von Metastasen und eine stärkere Progression der Erkrankung akzeptieren. Übrigens mussten sich 25% der Patienten der Überwachungsgruppe nach 3 und 50% nach 10 Jahren infolge der regelmässigen PSA-Tests einer radikalen Prostatektomie unterziehen. Angesichts der prostatakrebsspezifischen Mortalität kann man sich jedoch gestatten, nach der Diagnose in Ruhe über die Art der Behandlung nachzudenken. Übrigens ist in derselben Ausgabe auf Seite 1425 ein Artikel über die Behandlungsfolgen aus Patientensicht erschienen, der wichtige Informationen enthält.
Hamdy FC, et al. N Engl J Med. 2016;375:1415–24.
doi: 10.1056/NEJMoa1606220
Nicht kontrollierbares eosinophiles Asthma: Therapie?
Asthmapatienten mit Eosinophilie (300/µl) sind mit langwirksamen Beta-2-Sympathomimetika und inhalativen Steroiden häufig unzureichend eingestellt. Interleukin 5 (IL-5) ist für die Proliferation und Aktivierung von Eosinophilen unabdingbar. Benralizumab ist ein monoklonaler, gegen den IL-5-Rezeptor gerichteter Antikörper, der einen raschen Abbau des Eosinophilenspeichers induziert. Durch die Verabreichung von Benralizumab wurden die jährlichen Exazerbationen mit einer HR von 0,55 verringert. Dies ist für die von der Erkrankung stark beeinträchtigten Patienten ein enormer Fortschritt …
Bleecker ER, et al. Lancet. 2016;388(10056):2115–27. doi: 10.1016/S0140-6736(16)31324-1
Testosteron: FDA-Warnung
Die FDA verschärft ihre Warnung für alle Produkte, die Testosteron enthalten und warnt vor Risiken wie Myokardinfarkt, Schlaganfall, Unfruchtbarkeit, Depressionen und aggressivem Verhalten. Oftmals erfolgt die Testosteroneinnahme in Kombination mit der anaboler Steroide, wodurch die Risiken noch verstärkt werden. Beim Absetzen kommt es häufig zu Entzugserscheinungen wie Müdigkeit, Appetitverlust, Schlaflosigkeit usw. Überdies ziehen «normale» Männer keinerlei Nutzen aus der Einnahme, haben jedoch dieselben Risiken …
FDA Safety Information and Adverse Event Reporting Program. Posted 10/25/2016.
http://www.fda.gov/Drugs/DrugSafety/ucm526206.htm
Ärzte in Weiterbildung in den USA
Wenn die neuen Bestimmungen des Accreditation Council for Graduate Medical Education in Kraft treten, wird die tägliche Arbeitszeit von Ärzten in Weiterbildung im ersten Ausbildungsjahr (vergleichbar mit unseren Assistenzärzten) von 16 auf 24 Stunden heraufgesetzt.
Bei unvorhergesehenem Bedarf müssen zudem weitere 4 Überstunden geleistet werden. Die Arbeitszeit ist auf 80 Stunden pro Woche begrenzt. Bei den Älteren von uns mag dies sowohl schmerzliche als auch lebendige Erinnerungen wachrufen …
Accreditation Council for Graduate Medical Education.
http://www.jwatch.org/fw112229/2016/11/07/first-year-residents-may-see-longer-shifts
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Diabetiker mit medikamentenfreisetzendem Stent erhalten eine duale Thrombozytenaggregationshemmung. Eine Studie an fast 11 500 Patienten hat nun gezeigt, dass sich das Blutungsrisiko verdoppelt, wenn die Behandlung statt 3–6 Monaten 12 Monate oder länger verabreicht wird, und dies ohne zusätzlichen kardiovaskulären Nutzen.
Gargiulo G, et al. BMJ. 2016;355:i5483.
doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.i5483
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