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Fast jeder fünfte Schweizer leidet unter einer allergischen Rhinitis. Die verantwortlichen Allergenquellen sind vielfältig. Die Abklärung der allergischen Rhinitis ist durch neue molekulare Methoden komplexer geworden. Der folgende Artikel soll Hilfeleistung bieten zur Identifikation der verantwortlichen Allergene, zeigt Abklärungsmöglichkeiten und Therapieoptionen auf.
Einleitung
Allergien zählen zu den häufigsten Krankheiten unserer Zeit. Gemäss neuen Untersuchungen haben rund 50% der europäischen Bevölkerung die Veranlagung, eine Allergie zu entwickeln [1]. In einigen Ländern weisen über 10% der Kinder eine manifeste Allergie auf. Man schätzt, dass weltweit über 300 Millionen Menschen, rund 6% der Erwachsenen und rund 12% der Kinder, an Asthma und über 500 Millionen an einer allergischen Rhinitis leiden [2]. In der Schweiz sind das über 500 000 Menschen mit Asthma und bis zu 2 Millionen mit einer allergischen Rhinitis (jeweils unabhängig von Ätiologie und Schweregrad). Je früher solche Respirationssymptome auftreten, desto wahrscheinlicher auch eine Allergie. Global gesehen sind Pollen von Gräsern, Bäumen oder Traubenkraut die Hauptverursacher für saisonale Beschwerden. Als Auslöser für perennial auftretende, allergische Atemwegssymptome gelten Milben, in der Schweiz die Hausstaubmilben und die Haustiere als die wichtigsten Quellen. Daneben können diverse Inhalationsallergene, so auch Arbeitsstoffe, Ursache für allergische Atemwegsbeschwerden sein (www.ecrhs.org [ECRHS-II-Studie, European Community Respiratory Health Survey]).
Saisonale allergische Rhinitis
Annähernd 20% der Schweizer Bevölkerung leiden unter einer Pollenallergie. Baum- und Gräserpollen von windbestäubten Pflanzen sind die wichtigsten Auslöser. Die häufigsten allergenen Baumpollen der Schweiz gehören zur Ordnung der Fagales oder Buchengewächse (Birke, Betula verrucosa; Erle, Alnus glutinosa; Hasel, Corylus avellana; Hainbuche, Carpinus betulus). Allergene dieser Pollen sind hoch kreuzreaktiv. Sie führen zu Beschwerden während der Frühjahrsmonate (Januar bis April, siehe Tab. 1). Im April finden sich gleichzeitig mit den Birkenpollen auch Eschenpollen in der Luft. Sie gehören zur Familie der Oleaceae (Ölbaumgewächse). Die meisten allergenen Gräser stammen aus der Familie der Poaceae (Süssgräser). Sie sind bestimmend für die saisonale allergische Rhinitis im Mai und Juni/Juli. Wichtige Vertreter sind unter anderem das Wiesenlieschgras (Phleum pratense), das Knäuelgras (Dactylus glomerata), das Weidelgras (Lolium perenne). Diese Gräser sind eng miteinander verwandt. Die sogenannte Spätsommer-Pollinosis, die im August/September manifest ist, wird durch Pollen von Kräutern ausgelöst, vor allem Beifuss- (Artemisia vulgaris) und im Tessin respektive in Genf von Traubenkrautpollen (Ambrosiaartemisiifolia). Ambrosiapollen sind hochallergen, sie können schon bei tiefer Konzentration zu starken respiratorischen Beschwerden führen.
Tabelle 1: Saisonale allergische Rhinitis: verantwortliche Pollen und Beschwerdezeitraum. Der Beschwerdezeitraum lässt bei der allergischen Rhinitis Rückschlüsse zu auf die mögliche verantwortliche Allergenquelle. Die aufgeführten Hauptallergene stehen als rekombinante Moleküle heute zum Einsatz in der diagnostischen Abklärung der Rhinitis zur Verfügung. Die Indikation zur Bestimmung von spezifischem IgE gegen diese Einzelmoleküle ist bei Pollenallergie nur vor Durchführung einer Immuntherapie gegeben. | ||
Beschwerdezeitraum | Auslösendes Allergen | Hauptallergene |
Januar bis April | Haselpollen | Bet v 1+ |
Erlenpollen | ||
Birkenpollen | ||
April* | Eschenpollen | Ole e 1 |
Mai bis Juli | Gräserpollen | Phl p 1; Phl p 5 |
August bis September | Beifusspollen | Art v 1 |
Traubenkrautpollen | Amb a 1 | |
+ Hauptallergen für alle Fagales-Pollen (Birke, Erle, Hasel) * April: überlappende Pollensaison: Birke und Esche |
Neben den klassischen rhinokonjunktivitischen Beschwerden entwickeln 30% der Patienten ein Pollenasthma. Der englische Begriff «hayfever» umschreibt das Krankheitsbild besser. Viele Patienten fühlen sich in der Pollensaison zusätzlich deutlich eingeschränkt in ihrem Wohlbefinden durch ein allgemeines Krankheitsgefühl verbunden mit Myalgien, Schwäche, Leistungsminderung oder subfebrilen Temperaturen. Gerade sportliche Outdoor-Aktivitäten sind bei ungenügender Therapie beschnitten. In Tageszeitungen oder im Internet finden sich Pollenberichte (z.B. www.pollenundallergie.ch), die jeweils Auskunft über die Pollenbelastung der Vorwoche geben. Sie können entsprechend nicht genutzt werden zur aktuellen Freizeitplanung.
Aufgrund des Vorkommens homologer Proteine in Pollen frühblühender Bäume und pflanzlichen Lebensmitteln entwickeln bis zu 70% der Birkenpollenallergiker eine kreuzreaktive Nahrungsmittelallergie gegen rohe Früchte, Nüsse oder Gemüse. Auch bei Beifusspollenallergikern kann eine assoziierte Nahrungsmittelallergie beobachtet werden [3, 4]. Weitere Komplikationen der allergischen Rhinitis finden sich zusammengefasst in Tabelle 2.
Tabelle 2: Komorbidität der allergischen Rhinitis. Die allergische Rhinitis kann durch verschiedene Komorbiditäten begleitet sein, welche die Entscheidung zu den verschiedenen Therapieoptionen mitbeeinflussen. |
Konjunktivitis |
Enoraler Juckreiz, Juckreiz Gaumen, Globusgefühl |
Rhinosinusitis, Otitis, Pharyngitis |
Bronchiale Hyperreagibilität; Asthma bronchiale |
Assoziierte Nahrungsmittelallergie |
Eosinophile Oesophagitis |
Aerogene Dermatitis |
Saisonale Kontakturtikaria |
Perenniale allergische Rhinitis
Hausstaubmilben (HSM)
Die HSM-Allergie ist ein weltweit relevantes Problem. Man vermutet, dass nahezu eine halbe Million Menschen davon betroffen sind [5]. Obschon es rund 40 000 verschiedene Milbenarten gibt, sind bei uns Dermatophagoides pteronyssinus and D. farinae die beiden wichtigsten Arten und können die Ursache für allergische Rhinitis, Asthma oder auch die atopische Dermatitis sein. Die HSM zählen zur Gruppe der Spinnentiere und können praktisch nur in belebten Räumen überleben. HSM finden sich dort, wo sich Menschen wohl fühlen. Günstige Lebensumstände sind eine höhere relative Luftfeuchtigkeit (>70%) und angenehme Temperaturen (>20 °C). Während die D. pteronyssinus tiefere Temperaturen toleriert, kann die D. farinae in trockeneren Milieus besser überleben. Nahrungsmangel besteht in Wohnungen keiner. Wenngleich die meisten Patienten auf die Allergene beider Arten sensibilisiert sind, können Monosensibilisierungen vorkommen (je ca. 5%).
Allergenvorkommen
Die Hauptallergenquelle ist der Kot, in welchem das Hauptallergen Der p1 vorkommt. Die klinisch wichtigsten Allergene sind die Gruppen 1+2 HSM-Allergene [5]. Insgesamt sind über 20 HSM-Allergene identifiziert [6]. Die HSM sind eine perenniale Allergenquelle und ein massgeblicher Bestandteil des Hausstaubs. Das Bett, speziell die Matratze, gilt als Hauptinfestationsort, weshalb seit vielen Jahren Matratzenüberzüge (Encasings) zur Reduktion einer Exposition auf HSM-Allergene empfohlen werden [7]. Obschon dadurch der Kontakt reduziert wird, kann man sich kaum einer kompletten Exposition entziehen, weil HSM-Allergene überall vorkommen können. Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass Der p1-Konzentrationen im Bettbereich geringer sind als Katzen- oder Hundeallergene, falls diese Haustiere präsent sind. Obschon die Befunde einer aktuellen Publikation dafür hinweisend sind, dass ein frühkindlicher Kontakt mit D. pteronyssinus-Allergenen eine Polysensibilisierung auf HSM-Allergene auslöst und somit Indikator für eine spätere allergische Rhinitis und Asthma ist, werden in der neuen Leitlinie für primäre Allergieprävention keine speziellen Massnahmen zur Reduktion des HSM-Allergengehalts empfohlen [8].
In Wohnräumen und öffentlichen Gebäuden wie Spitälern, Restaurants, Einkaufszentren oder Kinos können auch andere Quellen Ursache für eine Atemwegsallergie sein, so zum Beispiel Vorratsmilben oder Küchenschaben (Kakerlaken). In der Schweiz liegt die Häufigkeit einer Sensibilisierung auf Schaben bei rund 5%. Aufgrund kreuzreaktiver Allergeneigenschaften können Sensibilisierungen und Allergien mit anderen Insektenarten vorkommen (z.B. Grashüpfer, Schalentiere, Käfer).
Haustiere
Nach den HSM sind die Haustiere [9] die zweihäufigste Ursache für eine Allergie in Wohnräumen. Grundsätzlich kann man sich auf jedes Haustier sensibilisieren. In Haushalten mit Katzen sind in den USA 17% der Besitzer sensibilisiert, bei Hundehaltern ist dies bei 5% der Fall [10]. Die Häufigkeit einer Sensibilisierung auf Katzen- und Hundeproteine in der erwachsenen Bevölkerung liegt in der Schweiz bei 3,8 respektive 2,8% [11]. Gemäss einer Statistik wurde 2015 in der Schweiz in 44% der Haushalte wenigstens ein Haustier gehalten (https://de.statista.com). Katzen lebten in 30% der Haushalte (1,66 Mio. Tiere), Hunde in 12% (522 000), gefolgt von Kaninchen (484 000) und Nagern (329 000) in je 4%, Reptilien (3%; 319 000) sowie Ziervögeln (1%; 191 000). Auch diese Inhalationsallergien basieren auf einer meist perennialen Allergenexposition. Da die Allergene mitgetragen werden, überrascht es nicht, dass hohe Allergenkonzentrationen in Schulen, Fahrzeugen und auch an Orten (z.B. Kinos, Hotels) nachweisbar sind, wo keine Haustiere erlaubt sind [12].
Im Vergleich zur Pollenallergie sind die Symptome bei einer Haustierallergie oft weniger akut. Aber je nach Umständen, zum Beispiel konkommittierendem Infekt, können immer Exazerbationen wie Bronchospasmen oder eine Urtikaria auftreten. Wie andere Wohnraumallergene binden sich die Tierproteine an Staubpartikel und werden beim Begehen eines Raumes aufgewirbelt. Dabei gelangen sie auf die Schleimhäute der Atemwege oder Konjunktiven, wo Symptome ausgelöst werden. Das Anpreisen von hypoallergenen Katzen oder Hunden entbehrt zurzeit jeder wissenschaftlichen Grundlage. Bis heute gibt es keine Daten, welche diese Behauptung unterstützen [13]. Günstiger mag es für Pferdeallergiker aussehen. In einer kleinen Arbeit konnte bei dokumentierter Allergie auf Pferdeepithelien gezeigt werden, dass neun von zehn Patienten beim Striegeltest von Lockenpferden (Curly Horse) keine Symptome hatten und dass bei einigen von ihnen die Hauttestreaktivität geringer ausgefallen ist [14].
Es gibt Hinweise, dass vor allem Hundekontakt im ersten Lebensjahr sich günstig auf die Entwicklung von Neurodermitis und Asthma bei Atopikern auswirken kann [15]. Nichtsdestotrotz sind wir mit einer solchen Empfehlung zurückhaltend. Bei frühen Katzenkontakten sind die Resultate weniger günstig. Im Falle einer Sensibilisierung ist das Allergierisiko nämlich erhöht.
Einige wichtige Tierallergene (Tabelle 3)
Tabelle 3: Wichtige Tierallergene aus Katzen, Hund und Pferd. | |||
Tier und Allergen | Proteinfamilie | Klinische Relevanz; Sensibilisierungshäufigkeit | Vorkommen |
Katze (felis domesticus) | |||
Fel d 1 | Uteroglobin Sekretoglobin | Majorallergen, speziesspezifisch; >90% | Talg-, Speichel- und Analdrüsen |
Fel d 2 | Serumalbumin | Marker für Kreuzsensibilisierung mit anderen Säugetieralbuminen; 15–25% | Speichel, Fell, Serum |
Fel d 4 | Lipokalin | Majorallergen; 60% | Speichel, Serum, Urin, Hautschuppen |
Hund (canis familiaris) | |||
Can f 1 | Lipokalin | Majorallergen; 90% | Speichel, Haare, Schuppen |
Can f 2 | Lipokalin | Minorallergen; 22–30% | Speichel, Haare, Schuppen |
Can f 4 | Lipokalin | Minorallergen; 35% | Fell |
Pferd (Equus caballus) | |||
Equ c 1 | Lipokalin | Majorallergen; >90% | Speichel, Fell, Urin, Serum |
Equ c 4 | Latherin | Majorallergen; 77% | Hautschuppen |
Fel d 1 ist das allen Katzen (Feliden) gemeinsame Hauptallergen. Es findet sich also sowohl bei den Klein- wie auch bei den Grosskatzen. Beim Fel d 1 handelt es sich um ein Glykoprotein, das von Talg-, Speichel- und Analdrüsen der Katze produziert und beim Lecken über das Fell verteilt wird. Verschiedenen Untersuchungen haben gezeigt, dass die Allergenproduktion hormonellen Kontrollen unterliegt. So produziert ein Kater mehr Allergene als die Katzen. Wird dieser kastriert, sinkt die Allergenproduktion – nur ist dieser Umstand für den Katzenallergiker irrelevant. Bislang sind acht spezifische Katzenallergene identifiziert worden [16]. Einige dieser Allergene sind kreuzreaktiv mit Allergenen anderer Tiere. Ein Beispiel sind Lipocaline, die bei bepelzten Tieren nachweisbar sind, so auch bei Mäusen oder Hamstern. Lipocalin wird auch im Speichel von Zecken nachgewiesen. Dieses Eiweiss hat die Eigenschaft, hydrophobe Moleküle zu transportieren. Es ist an vielen biologischen Prozessen beteiligt, etwa auch bei der Regulation der angeborenen Immunantwort [17]. Ein weiteres Protein, das kreuzreaktive Charakteristiken hat und bei allen Säugetieren nachweisbar ist, ist das Serumalbumin. Eine in der Allergologie bekannte Entität ist das Katzen-Schweinefleisch-Syndrom [18]. Dabei reagiert die Person mit einer Katzenallergie auf den Konsum von zum Beispiel Schweinefleisch, dessen Albumine durch das Kochen nicht denaturiert worden sind. Die Bestimmung der Hauptallergene bei Tierallergikern ist dann wichtig, wenn die Indikation zur spezifischen Immuntherapie gestellt wird, da die aktuell verfügbaren Therapielösungen auf diese Allergene standardisiert sind.
Auch beim Hund finden sich die Hauptallergene im Speichel [16]. Es handelt sich um Lipokaline, die aber unterschiedliche Funktionen haben. Allergien auf Pferde werden hauptsächlich bei Personen registriert, die einen engen Kontakt mit Pferden haben. Es ist auch nicht erstaunlich, dass Allergien bei Personen gehäuft auftreten, die beruflich mit Tieren arbeiten oder Kontakt haben wie zum Bespiel Forschungslaboranten. Ein Drittel von ihnen weist im Verlauf ihrer Tätigkeit eine Sensibilisierung auf [19]. Allerdings finden sich die Hauptallergene bei Nagern im Urin, sodass die Symptome verstärkt beim Reinigen eines Geheges als bei direktem Kontakt auftreten können.
Tierfutterallergie
Nicht zu vergessen ist, dass neben den Tieren auch deren Futter allergische Atemwegsbeschwerden auslösen kann. Bekannt ist die Aquariumallergie [20]. Dabei besteht keine Allergie auf die Zierfische, vielmehr reagiert der Betroffene auf die Inhaltsstoffe des Trockenfutters (z.B. Chironomidenhämoglobin [rote Mückenlarve], Daphnien, Garnelenbestandteil, Fischmehl). Bei Züchtern, Reptilien- oder Amphibienhaltern, aber auch Vogelzüchtern können Futtertiere wie Grillen, Heimchen, Heuschrecken, Mehl- und Buffalowürmer u.a.m. Ursache für eine allergische Rhinitis oder Asthma sein.
Schimmelpilze
Pilzsporen, insbesondere Schimmelpilze, werden seit Jahrzehnten immer wieder als Trigger für eine allergische Atemwegsallergie vermutetet (Tab. 4).
Tabelle 4: Wichtige Schimmelpilzallergene. Aktuell verfügbare Einzelallergene zur Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper bei Schimmelpilzallergie. | ||
Pilzart | Allergenkomponente | Klinische Relevanz |
Alternaria alternata | Alt a 1 | Hauptallergen |
Alt a 6 | Nebenallergen | |
Aspergillus fumigatus | Asp f 1 | Hauptallergen |
Asp f 2 | Hauptallergen | |
Asp f 3 | Hauptallergen | |
Asp f 4 | Marker für ABPA | |
Asp f 6 | Marker für ABPA | |
Cladosporium | Cla h 8 | Hauptallergen |
ABPA = allergische bronchopulmonale Aspergillose |
Dabei können aerogene Kontakte überall auftreten. Die Häufigkeit einer Sensibilisierung auf Pilzallergene wird oft überschätzt. Die Prävalenz liegt meist deutlich unter 10%, wobei die Prävalenz nicht nur von der Patientenpopulation (z.B. Asthmatiker), sondern von klimatischen Gegebenheiten abhängt [19]. In der Aussenluft kommt den Alternaria alternata-Sporen die grösste allergologische Bedeutung zu, wenngleich diese Sporen mengenmässig deutlich geringer in der Atmosphäre registriert werden als Cladosporium-Sporen. Dieser Schwärzepilz sporuliert vom Frühjahr (Mai) bis in den Herbst hinein. Allergien auf Pilze äussern sich klinisch oft als Spätsommer-Asthma (Juli–September). Eine Sensibilisierung auf Alternaria- oder Cladosporium-Antigene gilt als Risikofaktor einerseits für ein schwierig kontrollierbares Asthma und andererseits auch für eine allergische Rhinitis [19].
Leider sind die diagnostischen Möglichkeiten, um eine Schimmel- oder Pilzallergie hinreichend abzuklären, eingeschränkt. Von den weltweit geschätzten 1–3 Millionen Pilzarten verfügen wir nur von wenigen Arten mehr oder weniger aussagekräftige Testsubstrate. Ferner ist gezeigt worden, dass auch Ständerpilze (Basidiomyzeten) kausal für allergische Atemwegssymptome sein können. Aber bis heute sind noch keine kommerziellen Testextrakte erhältlich [21].
Schwierig gestaltet sich denn auch die Diagnosesicherung bei Verdacht auf eine Indoor-Pilzallergie, selbst bei nachweislichem Pilzbefall. Das Vorkommen von Pilzsporen im Innenraum widerspiegelt meist das Pilzspektrum aus der Aussenluft (z.B. geöffnetes Fenster). Bei Innenraumbesiedelungen durch Pilze sind unspezifische Schleimhaut- oder Hautreizungen durch flüchtige organische Verbindungen (VOC) oder eventuell auch Mykotoxine häufiger als allergische Beschwerden. Die wichtigsten Schimmelpilze in Wohnräumen sind Aspergillus- und Penicillium-Arten. Aspergillus fumigatus steht auch bei anderen Atemwegserkrankungen auf der Liste, wie bei der allergischen bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA), der allergischen Pilzsinusitis oder bei Hypersensitivitätspneumonien. Bei einer Allergie auf Aspergillus findet sich häufig eine Sensibilisierung auf die Antigene Asp f 1 und Asp f 3, dies im Gegensatz zu einer aktiven ABPA, wo spezifische IgE-Antikörper gegen Asp f 4 und Asp f 6 nachweisbar sind [22].
Abklärung
Allgemeine Bemerkungen zur Diagnositk der allergischen Rhinitis
Nasenlaufen, verlegte Nasenatmung, Niesattacken und Juckreiz während mehr als einer Stunde pro Tag während mindestens zwei Wochen sind hinweisend für das Vorliegen einer Rhinitis. Die Auslöser einer Rhinitis können allergischer, struktureller, infektiöser oder autoimmuner Genese sein oder es können auch überlappend verschiedene Ursachen vorliegen [23]. Niesreiz, Juckreiz von Gaumen und Nase sowie eine konjunktivale Mitbeteiligung sind Merkmale der allergischen Form. Beschwerdeort (häusliche vs. berufliche Auslöser) und Beschwerdezeitraum (saisonale vs. perenniale Auslöser) können auf verantwortliche Allergene hinweisen. Bei chronischer allergischer Rhinitis kann die Korrelation zwischen auslösendem Allergen und unmittelbarem Auftreten der Beschwerden maskiert werden. Hier führen zum Teil auch unspezifische Reize (Abgase, Parfum etc.) zu Symptomen.
Der nächste Schritt gilt dem Nachweis spezifischer IgE-Antikörper gegen das verdächtigte Allergen mittels Hautpricktestung oder allenfalls Nachweis von spezifischem IgE-Antikörper in vitro gegen die jeweiligen Extrakte (Abb. 1).
Wichtig ist, dass der Nachweis von spezifischem IgE keine Allergiebestätigung ist. Aufgrund der ECRHS-Studie sind 26% der Schweizer Erwachsenen gegen Gräserpollen, 18% gegen Birkenpollen und 17% gegen Hausstaubmilben sensibilisiert [24]. Nur ein Teil der Sensibilisierten entwickelt jedoch eine Allergie.
Die Abklärung einer chronischen Rhinitis gehört in die Hände des Spezialisten. Wenn Verdacht auf eine Wohnraumallergie besteht, ist eine allergologische Evaluation angezeigt.
Die komponentenspezifische Abklärung der saisonalen allergischen Rhinitis
Korrelieren der Beschwerdezeitraum der saisonalen Symptomatik und die Sensibilisierung auf die entsprechende Pollenquelle im Hauttest oder In-vitro-Test (z.B. Beschwerden Mai/Juni, Hauttest positiv auf Gräser oder Antikörper gegen Graspollenextrakt), ist die Diagnose der Pollenallergie gegeben. Aufgrund überlappender Pollensaison (Birke/Esche) oder ungenauer anamnestischer Angaben veranlasst der Allergologe vor Indikationsstellung zur Immuntherapie eine sogenannte komponentenspezifische Diagnostik. Hier werden IgE-Antikörper gegen einzelne, meist rekombinant hergestellte allergene Proteine anstatt wie bei der konventionellen Diagnostik gegen den Gesamtextrakt gemessen [16]. Die komponentenspezifische Diagnostik unterscheidet zwischen Sensibilisierung gegen speziesspezifische Haupt- oder Majorallergene und kreuzreaktive Neben- oder Minorallergene (Abb. 2).
In allen Pollenquellen finden sich hoch kreuzreaktive Allergene der Familie der Profiline, der Polcalcine respektive kreuzreaktive Kohlenhydratdeterminanten. Diese Allergene können durch spezifische IgE-Antikörper erkannt werden, verursachen dadurch positive Haut- oder Labortests, aber führen häufig zu keinen allergischen Beschwerden. Beschwerdeverursachend sind viel häufiger die Majorallergene, die für jede Pollenquelle spezifisch sind und nicht kreuzreagieren (Tab. 1). Die komponentenspezifische Diagnostik ist besonders deshalb auch wichtig, da die therapeutischen Allergenextrakte auf die Majorallergene der jeweiligen Pollenquelle standardisiert und die Minorallergene im Extrakt unterrepräsentiert sind. Deshalb wird in der Regel eine Immuntherapie nur dann veranlasst, wenn der Patient gegen das Majorallergen einer Pollenquelle sensibilisiert ist und – ganz wichtig – während der entsprechenden Pollenflugzeit auch Beschwerden aufweist.
Die komponentenspezifische Abklärung der perennialen allergischen Rhinitis
Mittels Bestimmung der Hauptallergene von Der p 1 und Der p 2 können über 97% der Patienten mit einer Allergie auf D. pteronyssinus diagnostiziert werden [25]. Die Kreuzreaktivität zwischen den beiden HSM D. pteronyssinus und D. farinae ist hoch [16]. Daher müssen nicht beide Arten getestet werden. Zweifellos soll bei einem negativen Testausfall, aber suggestiver Anamnese das Testspektrum erweitert werden. Der Nachweis einer Sensibilisierung auf eines der beiden Gruppenallergene ist für die Indikationsstellung einer spezifischen Immuntherapie wegweisend. Tropomyosin ist ein Muskelprotein, das bei den Arthropoden Grund für Kreuzreaktionen zwischen verschiedenen Gliederfüssern wie Küchenschaben, Käfern, Vorratsmilben, Schalentieren u.a.m. sein kann und das bei dieser Indikation gesucht werden soll. Fel d 1, Can f 1 und Can f 2 sind speziesspezifische Marker einer Sensibilisierung für eine Katzen- oder eine Hundeallergie [16]). Tierproteine enthalten aber diverse kreuzreaktive Moleküle. So ist auch das Pferdeallergen Equ c 1 kreuzreaktiv mit Fel d 4 und Can f 6. Falls der Sensibilisierungsnachweis nicht gelingt, sind zusätzliche Analysen nötig. Wichtig ist, dass immer ein Ziel im Fokus einer Abklärung steht. Nicht zu vergessen ist, dass trotz der heutigen Möglichkeiten nicht alle Einzelallergene für die Diagnostik kommerziell verfügbar sind, so auch für viele Haustiere.
Therapie der allergischen Rhinitis
Ziel der Therapie einer Allergie ist, eine Symptomfreiheit oder wenn möglich sogar eine vollständige Heilung zu erreichen. Das primäre Therapieprinzip ist eine Allergenvermeidung, da bei sensibilisierten Individuen ein Allergenkontakt nötig ist, um Symptome auszulösen. Bei der medikamentösen und symptomatischen Behandlung gelten die topischen – bei allergischer Rhinitis die intranasalen – Kortikosteroide wie auch die Antihistaminika als evidenzbasierte Therapeutika für eine saisonale wie auch perenniale Rhinitis, sowohl bei Kindern wie auch bei Erwachsenen. Heutzutage werden die Antihistaminika der 2./3. Generation empfohlen, da bei üblicher Dosierung selten eine sedierende Wirkung auftritt und somit die Reaktionsfähigkeit und Fahrtüchtigkeit kaum beeinträchtigt wird.
Da viele Aeroallergene, auch in Innenräumen, ubiquitär vorkommen und unter normalen Lebensbedingungen kaum zu vermeiden sind, wird oft eine allergenspezifische Immuntherapie (SIT) in Erwägung gezogen [26]. Die Indikation zur Immuntherapie erfolgt in der Regel durch den Allergologen, die Durchführung wird, wenn immer möglich, in die Hausarztpraxis delegiert. Die allergische Rhinitis ist ein Hauptrisikofaktor für die Entwicklung von Asthma. Es ist gezeigt worden, dass die korrekt indizierte SIT die Entstehung von Asthma bei Patienten mit einer allergischen Rhinitis verhindern kann [27]. Es wird empfohlen, die SIT früh im Krankheitsgeschehen zu beginnen und mindestens für drei Jahre durchzuführen. Neben der konventionellen subkutanen SIT wird vermehrt auch eine sublinguale SIT (SLIT) in Betracht gezogen (Pocket-Guide: www.worldallergy.org/disease-focus/sublingual-immunotherapy). Allerdings gilt es bei der SLIT die Compliance respektive Therapieadhärenz zu überprüfen.
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Prof. Dr. med. Barbara
Ballmer-Weber
Allergologie
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