Endometriose
Ein Chamäleon unter den gynäkologischen Erkrankungen

Endometriose

Übersichtsartikel AIM
Ausgabe
2017/32
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2017.03030
Schweiz Med Forum 2017;17(32):654-659

Affiliations
Endometriosezentrum, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Inselspital, Universitätsspital Bern

Publiziert am 09.08.2017

Die Endometriose ist eine chronische Erkrankung mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen für die betroffenen Frauen wie invalidisierenden Schmerzen und Infertilität. Die Diagnose ist nicht immer einfach zu stellen, einerseits, weil die Symptome oft diffus sind, und andererseits, weil die Erkrankung ganz unterschiedliche Formen annimmt. Im nachfolgenden Artikel wird der aktuelle Stand des Wissens erläutert und über seltene Fälle berichtet.

Einführung

Endometriose ist definiert als das Vorkommen, das Wachstum und die Progression von endometrialem Gewebe ausserhalb der Gebärmutter. Schätzungsweise 10% aller Frauen im gebärfähigen Alter leiden an einer Endometriose. Im Rahmen einer Infertilitätsabklärung ist in 20–30% der Laparoskopien eine Endome­triose nachzuweisen und diese Häufigkeit steigt auf 40–60%, wenn nur die Daten von Patientinnen, welche an Unterbauchschmerzen leiden, analysiert werden.
Die Diagnose wird oft spät gestellt, da die Symptome sehr vielfältig sind. Manche Frauen zeigen trotz schwerer Endometriose fast keine Symptome, andere leiden bei leichter Endometriose an schwersten, invalidisierenden Unterbauchschmerzen [1]. Typisch für die Endometriose sind zyklusabhängige Schmerzen: bei der Periode selbst (Dysmenorrhoe), beim Stuhlgang (Dyschezie), beim Wasserlösen (Dysurie) und beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie). Ein weiteres Sym­ptom ist natürlich die Infertilität.
Die Pathogenese der Endometriose ist nicht vollständig geklärt. Die häufigste vertretene Theorie ist weiterhin die Implantationstheorie von John A. Sampson (1873–1946), welche postuliert, dass durch retrograde Menstruation endometriales Gewebe in die Bauchhöhle gelangt. Unter dem Einfluss parakriner und endokriner Faktoren kommt es zum Wachstum dieser ektopen Zellen. Genetik und Epigenetik spielen ebenfalls eine zentrale Rolle, denn Endometrioseherde ­entstehen nur bei einigen Frauen, obwohl bis zu 90% der Frauen eine retrograde Menstruation aufweisen. Andere Studien deuten auf eine fehlgeleitete Funktion endometrialer Stammzellen als eine mögliche Pathogenese hin. Eine Metaplasie von Resten der Müller’schen Gänge oder eine Infiltration ausgehend vom Douglas werden als pathogenetische Ursache der tiefinfiltrierenden Endometriose mit möglichem Befall des Darmes oder der Harnblase angesehen. Für die extragenitalen Manifestationen werden hämatogene oder lymphogene Metastasen sowie pluripotente Zellen verantwortlich gemacht.
Die Endometriose kann an vielen verschiedenen Lokalisationen auftreten. Am häufigsten sind die Endome­triome (Befall der Ovarien, Abb. 1A), peritoneale Herde im kleinen Becken und die knotenbildenden Herde im Septum rectovaginale und an der Blasenumschlagsfalte. Wichtig ist die Unterscheidung der oberflächlichen peritonealen Läsionen (Abb. 1B) und der tiefinfil­trierenden Läsionen. Diese bilden typischerweise Knoten und wachsen in die darunterliegenden Organe ein (Abb. 1C). Die Endometriose kann aber auch an weit vom Uterus entfernten Lokalisationen vorkommen: Zwerchfellkuppe, Dünndarm, Nabel, Sektio-Narbe, Lunge und Lungenfell. Einige dieser seltenen und daher schwer diagnostizierbaren Lokalisationen werden später im Artikel noch näher erläutert.
Abbildung 1: A) Endometriom: eröffnetes Endometriom 
am linken Ovar mit Austritt von Altbut, ein typisches Zeichen 
der Endometriose. B) Peritoneale Endometriose: kleine peritoneale Endometrioseherde im Douglas. C) Knoten retrouterin mit «kissing ovaries»: Knoten retrouterin mit dem Zusammenziehen von Rektum und den beiden Ovarien, der Douglas ist nicht mehr einsehbar.

Diagnostik

Aufgrund einer ausführlichen Anamnese und einer ­gezielten gynäkologischen Untersuchung kann der Verdacht auf eine Endometriose gestellt werden. Es sollte immer auch eine rektovaginale Palpation erfolgen, um einen tiefinfiltrierenden Endometrioseknoten im Septum rectovaginale zu tasten. Hier können auch die Mobilität und Schmerzhaftigkeit der Gebärmutter untersucht werden. Die Bestimmung des CA-125 oder anderer Serummarker ist heutzutage weder zur Dia­gnostik noch zur Verlaufskontrolle hilfreich und wird nicht empfohlen.
In der Transvaginalsonographie können am einfachsten Endometriome diagnostiziert werden mit dem typischen Bild von echoreichen, homogen gefüllten Ovarialzysten. Das Bild der sogenannten «kissing ovaries» zeigt beidseitige Endometriome, welche sich in der Mittellinie hinter der Zervix berühren (Abb. 2). Dies deutet meist auf eine mittelschwere bis schwere Endometriose hin, mit dem Risiko von 20%, dass eine Darmbeteiligung vorliegt [2]. Zudem können Knoten ab ca. 8 mm im Septum rectovaginale sowie auch in der Blasenumschlagsfalte gesehen werden. Zu einer Ultraschalluntersuchung bei Verdacht auf Endometriose gehört immer auch eine Sonographie der Nieren, um eine Hydronephrose auszuschliessen.
Abbildung 2: Typische «kissing ovaries» mit Ultraschallbild rechts, beidseitige Endometriome.
Wenn eine tiefinfiltrierende Endometriose vermutet wird, kann eine Magnetresonanztomographie (MRT)Informationen über grössere Läsionen liefern, zum Beispiel Darm- oder Blaseninfiltrationen (Abb. 3). Mit einer MRT kann jedoch eine Endometriose nicht ausgeschlossen werden. Eine Koloskopie bringt nur selten Zusatzinformationen und wird eher differentialdia­gnostisch eingesetzt, um intestinale Ursachen der abdominalen Beschwerden zu beurteilen. Falls eine Ureterbeteiligung vorliegt, ist nicht selten auch eine Hydronephrose zu finden; in dieser Situation sollte präoperativ eine gezielte Bildgebung der ableitenden Harnwege (intravenöses Pyelogramm, Nierenszintigramm) durchgeführt werden [3]. Eine peritoneale Endometriose kann ultrasonographisch nicht nachgewiesen werden.
Abbildung 3: Blasenendometriose in der Magnetresonanztomographie des Beckens (A), Zystoskopie (B) und intraoperativ (C). Der rote Pfeil markiert den Endometrioseknoten.
Der Goldstandard zur Erfassung einer intraabdominalen Endometriose ist die Laparoskopie. Dabei können endometrioseverdächtige Bereiche nicht nur bioptisch zur histologischen Sicherung entnommen werden, sondern mit einem therapeutischen Ansatz auch entfernt werden.

Therapie

In den letzten Jahren ist die Therapie der Endometriose weniger invasiv geworden. Bis vor wenigen Jahren hat man Patientinnen mit Schmerzen und klinischem Verdacht auf Endometriose eine Laparoskopie zur Diagnosesicherung vorgeschlagen. Entsprechend den meisten Richtlinien und dem aktuellen internationalen Konsens wird diesen Patientinnen heutzutage jedoch zuerst eine empirische medikamentöse Therapie empfohlen [4].
Die Behandlung der Endometriose ist ein Weg, der zusammen mit der Patientin begangen wird. Je nach aktueller Situation wird die Therapie neu angepasst und es handelt sich um langfristige Behandlungspläne. Um ein gutes Behandlungskonzept anzubieten, muss die aktuelle Situation der Patientin gut erfasst werden: Wie und wo sind die Schmerzen? Wie steht es mit aktuellem Kinderwunsch? Besteht ein unerfüllter Kinderwunsch? Sind Läsionen erkennbar, welche eine Schädigung der Organe bewirken (z.B. Darmstenose, Hydronephrose, grosse Endometriome). Zudem muss immer das Wirkungs-Nebenwirkungs-Profil der aktuellen Therapie evaluiert werden.

Medikamentöse Therapie

Für die gezielte medikamentöse Therapie der Endometriose sind Progestagene (Dienogest, Cyproteronacetat, Norethisteronacetat, Medroxyprogesteronacetate, oral oder Depot) Medikamente der ersten Wahl. Alternativ können andere Gestagene, auch LNG-IUD (Mirena®), Ovulationshemmer (meist im Langzyklus) und GnRH-Analoga eingesetzt werden. Der Vorteil der Progestagene, allen voran das Dienogest, ist die stark atrophisierende Wirkung auf das Endometrium und daher auf die Endometrioseherde. Typisch für Gestagene sind Schmierblutungen, Brustschmerzen, Hautveränderungen und depressive Verstimmungen als mögliche Nebenwirkungen. Die lokale Wirkung der LNG-IUD 
ist vor allem bei isolierter Adenomyose mit Dysmenorrhoe von Nutzen, sie zeigen aber dafür kaum einen ­Effekt auf die intraabdominalen Herde. Ovulationshemmer im Langzyklus erwirken oft eine Beschwerdeverbesserung, da keine Periode eintritt. Dafür kann ­jedoch der Östrogenanteil möglicherweise die Endometriose stimulieren, weshalb ein sorgfältiges Monitoring angezeigt ist. Bei Endometriomen kann eine ­Rezidivprophylaxe mit Ovulationshemmern erzielt werden. Die GnRH-Analoga haben eine sehr gut atrophisierende Wirkung, werden aber wegen der Menopausesymptomatik insgesamt eher schlecht vertragen. Eine Add-back-Therapie ist möglich. Da jedoch die Wirkung gleich gut ist wie bei Dienogest, kommen die GnRH-Analoga im Vergleich zu früher weniger zum Einsatz.
Bei unerfülltem Kinderwunsch, Persistenz der Beschwerden trotz adäquater medikamentöser Therapie wird, vor allem bei der Erstdiagnostik, die Indikation zur Operation grosszügig gestellt.

Chirurgische Therapie

Die Laparoskopie ist nicht nur der Goldstandard zur Diagnosesicherung, sondern gleichzeitig auch der geeignete Zugang für eine operative Therapie. Der Erfolg ist jedoch stark von der klinischen und technischen Erfahrung des Operateurs respektive der Operateurin abhängig. Bei der Laparoskopie muss vorerst das gesamte Abdomen gut inspiziert werden. Besonders geachtet wird auf die Zwerchfellkuppe, die Appendix und das Peritoneum im kleinen Becken, vor allem retro-ova­riell. Peritoneale Endometrioseherde werden selektiv exzidiert. Endometriome werden mit gros­ser Sorgfalt ausgeschält. Ist dies nicht ohne Schaden am Ovar möglich, ist manchmal ein zweizeitiges Vorgehen mit C02-Laser-Evaporisation des Zystenbalges indiziert.
Bei Befall des Septum rectovaginale ist eine Behandlung nur erfolgreich, wenn eine radikale Exzision des befallenen Gewebes erfolgt. Das heisst, dass die Endometriose komplett entfernt werden sollte. Um dies zu erzielen, musste in unserer Klinik bei ca. 40% aller Patientinnen mit Knoten im Septum rectovaginale eine laparoskopische Darmteilresektion durchgeführt werden. Dort konnte dann auch in allen Fällen histologisch ein Befall der Darmwand bis mindestens zur Mus­cularis propria nachgewiesen werden. In einer von uns durchgeführten retrospektiven Studie konnten wir zeigen, dass bei kompletter Entfernung die Rezidivrate sinkt [5]. Oft kann die Endometriose auch nur vom Darm abgetragen werden (sogenanntes «shaving») oder nur eine sehr kleine Darmvorderwand-Resektion mittels zirkulärem Stapler (Disc Resektion) genügen, um dieses Ziel zu erreichen.
Auch nach Durchführen einer präzisen Bildgebung ist das wirkliche Ausmass des Endometriosebefalls oft erst intraoperativ zu erkennen. Eine urogenitale Endome­triose ist selten und betrifft nur ca. 1–2% aller Fälle von Endometriose. Bei der tiefinfiltrierenden Endometriose ist in ca. 12% der Fälle der ableitende Urogenitaltrakt ebenfalls befallen. Deshalb sind präoperativ die ableitenden Harnwege speziell zu untersuchen und die Operateure bereit, die entsprechenden Pathologien zu behandeln. Insgesamt braucht es bei der schweren Endometriose eine Behandlung am Zentrum, wo alle erforderlichen Disziplinen mit der Erkrankung vertraut sind.
Oft besteht das Behandlungskonzept aber aus einer Kombination von den oben beschriebenen medikamentösen und chirurgischen Therapien. Auch nach den operativen Therapien erfolgt oft eine langfristige medikamentöse Therapie als Rezidivprophylaxe, vor allem bei jungen Frauen mit offenem Kinderwunsch und bei schwerer Endometriose. Ziel ist eine Amenorrhoe.

Komplementäre Behandlungsmöglichkeiten

Komplementäre Behandlungsoptionen wie Akupunktur, Phytotherapie oder Ayurveda können vor allem unterstützend einen sehr positiven Effekt haben, die Evidenz für eine gezielte Therapie gegen Endometriose fehlt. Auch die Ernährungsanpassung (frisches Gemüse, Obst, weisses Fleisch, Vollkornprodukte, Reduktion von Milchprodukten) kann unterstützend sein. Eine Wirkung zeigt sich vor allem bei Patientinnen mit chronischen Schmerzen, wo oft die Therapie der Endometriose alleine nicht genügt [6].
Die Schmerzbehandlung ist bei Patientinnen mit Endometriose sehr zentral. Eine gute, frühzeitig eingenommene, medikamentöse Analgesie zur Zeit der ­Pe­riode ist sehr wichtig (am besten nichtsteroidale Antirheumatika), ebenso komplementär Entspannungstherapien, Beckenbodenphysiotherapie mit Trig­gerpunkten und gegebenenfalls Therapien mittels transkutaner elektrischer Nervenstimulation (TENS), um die Chronifizierung der Schmerzen möglichst zu verhindern.
Die Endometriose ist grundsätzlich eine chronische Krankheit, welche eine Betreuung bis in die Menopause verlangt, mit stetiger Anpassung der Therapien und Unterstützung der Patientinnen. Aufgrund der ausgeprägten psychischen Belastung in Partnerschaft, Sexualität und sozialem Umfeld benötigen einige Frauen zusätzlich auch psychotherapeutische Unterstützung. Selbsthilfegruppen (www.endohelp.ch) bieten Gelegenheit zum Austausch von Erfahrungen und Strategien zur Krankheitsbewältigung.

Spezielle Fälle

Endometriose in der Adoleszenz

In den letzten Jahren wurde vermehrt gesehen, dass auch Adoleszente bereits von einer schweren Form von Endometriose betroffen sein können. Besonders hier wird die Diagnose sehr verzögert gestellt. Daher muss ebenso in dieser Patientinnengruppe die Erkrankung aktiv gesucht werden, gegebenenfalls auch mit einer Laparoskopie. In unserem Kollektiv wurde bei fast 50% der Frauen unter 25 Jahren bereits eine tiefinfiltrierende Endometriose gefunden. Schwerpunkt bei der Therapie der jungen Frauen ist die Schmerztherapie, um eine Chronifizierung zu verhindern und die Fertilität zu erhalten. Die frühe Diagnose kann eine Chance sein für eine erfolgreiche Kontrolle der Erkrankung.

Zwerchfell-Endometriose

Die Zwerchfell-Endometriose verursacht monatliche Schulterschmerzen durch Reizung des Nervus phrenicus. Diese Form der Endometriose ist meistens mit einer schweren Endometriose im kleinen Becken assoziiert, kann aber auch isoliert vorkommen (Abb. 4). Dasselbe gilt für die katamnialen Pneumothoraces. Hier treten die Pneumothoraces nur während der Periode auf und sind deswegen häufig rezidivierend. Die Entstehung ist weiterhin unklar, dominierend ist die Theorie von lymphatischen oder vaskulären Embolien von Endometriosegewebe, andererseits eine Durchwanderung des Diaphragmas. Des Weiteren besteht die Theorie einer rein hormonellen Genese durch Bronchospasmen mit Ruptur der Alveolen. Neuere Studien zeigen, dass bis zu 25% der vorerst als spontane Pneumothoraces diagnostizierten Ereignisse bei Frauen endometrioseassoziert sind. Häufig sind die Symptome Reizhusten und Schulterschmerzen während der Periode. Als Therapieoptionen kommen sowohl medikamentöse Massnahmen oder eine operative Entfernung der Endometriose, gegebenenfalls mit Zwerchfell-/Lungenexzisionen, infrage.
Abbildung 4: Multiple Zwerchfell-Endometrioseherde an der rechten Zwerchfellkuppe.

Kutane/subkutane Endometriose

Es gibt sehr selten direkt kutane Endometrioseläsionen mit bläulich schimmernden Herden auf der Haut, die überall erscheinen können. Häufiger sind subkutane Knoten, welche am häufigsten im Bereich von einer Sektio-Narbe oder am Nabel auftreten. Diese entstehen wahrscheinlich durch die iatrogene Verschleppung bei Operationen oder durch Verbreitung entlang des Urachus. Eine operative Entfernung reicht meist als Therapie.

Endometriose und Komorbiditäten

Statistisch konnte allgemein kein erhöhtes Krebsrisiko für Frauen mit Endometriose nachgewiesen werden. Eine Assoziation zwischen dem Vorliegen einer Endometriose und bestimmten Malignomen wie zum Beispiel Non-Hodgkin-Lymphomen und endokrinen Tumoren konnte in verschiedenen epidemiologischen Studien jedoch gezeigt werden, vor allem beim Ova­rialkarzinom, insbesondere beim endometrioiden (OR 3,05) oder klarzelligen Ovarialkarzinom (OR 2,04) [7]. Aktuell ist viel Forschung im Gange über die endome­trioseassoziierten Ovarialkarzinome, auch um die Pathogenese beider Erkrankungen besser zu verstehen. Ein persistierender Adnexbefund, welcher nicht sicher einem Endometriom entspricht, muss also auch histologisch gesichert werden, wenn er grössenprogredient ist. Gleichzeitig ist jedoch zu betonen, dass prophylaktische Adnexektomien wie auch Hysterektomien wegen einer nachgewiesenen Endometriose weder notwendig noch sinnvoll sind. Insbesondere auch, weil in einer grossen prospektiven Studie kürzlich gezeigt wurde, dass Frauen mit vor dem 40. Lebensjahr dia­gnostizierter Endometriose ein dreifach erhöhtes Risiko haben, an einem kardialen Leiden zu erkranken.

Ausblick

Die Endometriose ist eine chronische Erkrankung, welche die Frauen in ihrem Wohlbefinden stark einschränkt. Die Sensibilisierung der behandelnden Ärztinnen und Ärzte gegenüber dieser manchmal sehr schwierig erkennbaren Krankheit muss systematisch erfolgen. Auch in der Bevölkerung muss die Erkrankung besser bekannt werden, damit auch das Verständnis für die Beschwerden der Betroffenen vorhanden ist. In der Forschung werden Ansätze gesucht, warum die Endometriose bei den einen Patientinnen entstehen und bei den anderen nicht, um dann bei der initialen Ursache Therapieansätze zu finden. Zudem werden Biomarker gesucht, welche eine Diagnostik ohne Operation ermöglichen könnten. Durch Zen­trumsbildungen mit Zusammenarbeit mit den vor- und nachbehandelnden Ärztinnen und Ärzten können den betroffenen Frauen optimale, interdisziplinäre Behandlungskonzepte angeboten werden, um die Erkrankung unter Kontrolle zu halten und Spätfolgen möglichst zu vermeiden.

Das Wichtigste für die Praxis

• Der Schweregrad der Endometriose korreliert nicht mit der Symptomatik.
• Organinfiltrationen und dadurch Schädigungen mit Spätfolgen müssen bei Verdacht auf Endometriose aktiv gesucht werden.
• Auch Adoleszente können bereits schwere Formen von Endometriose aufweisen.
• Die Therapie muss anhand der aktuellen Situation stets angepasst werden. Es stehen diverse medikamentöse, chirurgische und komplementäre Optionen zur Verfügung, die Behandlung ist meist interdisziplinär.
• Bei der Endometriose «gibt es nichts, was es nicht gibt»!
Besten Dank an Dr. med. Corinne Neukomm für die Durchsicht des Manuskriptes und die Kommentare zum Text.
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Prof. Dr. med.
Michel Mueller
Universitätsklinik
für Frauenheilkunde
Inselspital
Universitätsspital Bern
Effingerstrasse 102
CH-3010 Bern
michel.mueller[at]insel.ch
1 Wullschleger MF, Imboden S, Wanner J, Mueller MD. Minimally invasive surgery when treating endometriosis has a positive effect on health and on quality of work life of affected women. Hum Reprod. 2015;30(3):553–7.
2 Ghezzi F, Raio L, et al. «Kissing ovaries»: a sonographic sign of moderate to severe endometriosis.Fertil Steril. 2005;83(1):143–7.
3 Knabben L, Imboden S, Fellmann B, Nirgianakis K, Kuhn A, Mueller MD. Urinary tract endometriosis in patients with deep infiltrating endometriosis: prevalence, symptoms, management, and proposal for a new clinical classification. Fertil Steril. 2015;103(1):147–52.
4 Dunselman GA, Vermeulen N, Becker C et al. European Society of Human Reproduction and Embryology. ESHRE guideline: management of women with endometriosis. Hum Reprod. 2014;29(3):400–12.
5 Nirgianakis K, McKinnon B, Imboden S et al. Laparoscopic management of bowel endometriosis: resection margins as a predictor of recurrence. Acta Obstet Gynecol Scand. 2014;93(12):1262–7.
6 Francesco Sesti, Talia Capozzolo, Adalgisa Pietropolli et al. Dietary therapy: a new strategy for management of chronic pelvic pain. Nutrition Research Reviews 2011;24:31–8.
7 Mu F, Rich-Edwards J, Rimm EB, et al. Endometriosis and Risk of Coronary Heart Disease.Circ Cardiovasc Qual Outcomes. 2016;9(3):257–6.