Acne vulgaris
Aktuelle ­Erkenntnisse zur Pathogenese und Therapieempfehlungen

Acne vulgaris

Übersichtsartikel AIM
Ausgabe
2017/39
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2017.03068
Schweiz Med Forum 2017;17(39):833-837

Affiliations
Dermatologische Klinik, UniversitätsSpital Zürich, Zürich

Publiziert am 27.09.2017

Acne vulgaris ist die häufigste dermatologische Diagnose weltweit. Mit einem Beginn in der Pubertät und chronischem, schubartigem Verlauf bis zum Ende des zweiten, immer häufiger sogar dritten Lebensjahrzehnts kann sie – je nach Ausprägung – die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinflussen.

Einführung

Acne vulgaris ist eine entzündliche Erkrankung der Talgdrüsenfollikel und weltweit die häufigste dermatologische Erkrankung [1]. Im Durchschnitt weisen rund 70–95% aller Jugendlichen Akneläsionen auf [2], wobei nur 15–30% von ihnen eine medizinische Behandlung benötigen (klinisch relevante Akne). Betroffen sind insbesondere Gesicht und oberer Stammbereich. Die Inzidenz der Akne weist ein Maximum im Alter von 15–18 Jahren auf [3]. Beide Geschlechter sind gleich häufig betroffen, wobei sich höhere Schweregrade gehäuft beim männlichen Geschlecht finden. In der Mehrzahl der Fälle erfolgt nach der Pubertät eine spontane Rückbildung, aber in bis zu 7% unter Hinterlassung erheblicher Narben. In 10–40% persistiert die Erkrankung über das 25. Lebensjahr hinaus oder beginnt sogar erst nach diesem Alter, besonders bei Frauen. In einer kürzlich publizierten Querschnittstudie leiden 3% der Männer und 5% der Frauen zwischen 40 und 49 Jahren an einer Akne [4]. Auch Erwachsene mit Akne sollten auf die guten Therapiemöglichkeiten angesprochen werden und nicht unbehandelt bleiben.

Pathogenese

Zur Akneentstehung tragen verschiedene Faktoren bei wie:
– erhöhte Talgdrüsenaktivität mit qualitativer und quantitativer Modifikation der Talgsekretion (Seborrhoe);
– Differenzierung der follikulären Keratinozyten mit starker Verhornung;
– Hyperkolonisation mit Propionibacterium (P.) acnes und Aufbau eines Biofilms sowie entsprechender Immunantwort [1, 3].
Neuere Erkenntnisse zeigen, dass P. acnes eher an einem späteren Stadium der Akneentwicklung beteiligt zu sein scheint. Dennoch scheint es nach Biofilmbildung und Aktivierung von Toll-like-Rezeptor-2 Entzündungen zu fördern. Interleukin(IL)-1-alpha und T-Zellen sind bereits in frühen Akneläsionen nachweisbar. Tatsächlich sind weit mehr Faktoren an der Akneentstehung beteiligt als bisher angenommen.

Androgene, Hautlipide, regulierende Neuro­peptide

Androgene, Hautlipide und regulierende Neuropeptide sind an diesem multifaktoriellen Prozess beteiligt [1–3, 5, 6]. Follikuläre Keratinozyten und Talgdrüsenzellen sind Zielzellen für Androgene, die – direkt oder indirekt – eine Keratinozytenproliferation und eine Vergrösserung der Talgdrüsen sowie eine erhöhte Sebumexkretionsrate bewirken. Der Beginn der Akne fällt häufig auf die Adrenarche, und zwar mit dem Beginn der Synthesesteigerung des Vorstoffes von Testosteron, Dehydroepiandrosteronsulfat (DHEA-S), durch die Nebennierenrinde. Talgrüsenzellen aus Akneregionen zeigen eine höhere Ansprechbarkeit auf Androgene als Talgdrüsenzellen aus anderen Körperarealen, meist ist der Androgenblutspiegel aber nicht erhöht. Der Überschuss an Androgenaktivität in der Pubertät löst entzündliche Veränderungen aus, die durch neuroendokrine Regulationsmechanismen, follikuläre Bakterien, proinflammatorische sebozytäre Lipide sowie Nahrungslipide und Rauchen in diesem Prozess noch verstärkt werden. Insulinresistenz und Hyperinsulinämie spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Akne. Erhöhte Werte von Insulin-ähnlichem Wachstumsfaktor-1 (IGF-1) korrelieren mit der Gesamtzahl der Akneläsionen sowie der entzündlichen Läsionen.

Erbliche Faktoren

Erbliche Faktoren spielen eine wichtige, aber indirekte Rolle bei der Entstehung der Akne [2]. So ist eine fami­liäre Disposition, insbesondere die Erkrankung der Mutter an Akne, signifikant mit einem schwereren Verlauf der Akne assoziiert.

Klima, Rauchen

Das Klima (Luftfeuchtigkeit, UV-Strahlung) wie auch Rauchen können im Einzelfall eine Rolle spielen. Zigarettenrauch enthält hohe Mengen an Arachidonsäure und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, was die proentzündlichen Signalwege initiiert. Insbesondere Patientinnen und Patienten mit kleinzystischen Akneformen sind häufiger Raucher, die Studien diesbezüglich sind insgesamt aber kontrovers.

Medikamente

Akne kann durch zahlreiche Medikamente (Antiepileptika, anabolische Steroide, epidermale Wachstumsfaktor-Rezeptorinhibitoren) ausgelöst oder verschlechtert werden. Die Mehrzahl dieser Medikamente sind Cytochrom-P450-Induktoren, die unter anderem zu ­einer beschleunigten Metabolisierung und Inakti­vierung der endogenen all-trans-Retinsäure führen könnten. Dioxine (Chlorakne) können auch für das Auftreten von Akneeffloreszenzen verantwortlich sein. Eine genaue Medikamentenanamnese ist deshalb wichtig.

Psyche

Die Einwirkung psychischer Faktoren auf die Pathogenese der Akne konnte bislang nicht zweifellos bewiesen werden, insbesondere Stress mit entsprechend erhöhten endogenen Kortisollevels scheint aber einen Einfluss zu haben.

Ernährung

Nachdem viele Jahrzehnte lang ein Zusammenhang zwischen Ernährung und Akne durch die wissenschaftliche Literatur verneint wurde, zeigen neuere Studien, dass diätetische Faktoren doch einen wesentlicheren Einfluss auf die Akneentstehung zu haben scheinen [7–10]. Insulinotrope Nahrungs- und Genussmittel – insbesondere Milch (hoher Anteil an IGF-1), Milchprodukte, Kohlenhydrate mit hohem glykämischem Index und Rauchen – führen zu pathologischen Überhöhungen bereits physiologisch gesteigerter Wachstumssignale der Pubertät. Akne ist das sichtbare metabolische Syndrom der Haut durch übersteigerte Wachstumsfaktorsignale westlicher Ernährung. Daneben wirken nutritiv generierte Aknestimuli auf genomischer Ebene durch eine Verminderung des metabolischen Sensors und nukleären Transkriptionsfaktors FoxO1, was eine Aktivitätssteigerung der Transkrip­tionsaktiviät des Androgenrezeptors, der Komedogenese und sebozytären Lipognese zur Folge hat [11].
Entgegen der volkstümlichen Meinung, dass der Konsum von bestimmten einzelnen Nahrungsmitteln Akne auslöst, ist Akne also eher durch unsere westliche Ernährung insgesamt mitverursacht. Niedrigglykämische Diäten führen zu einer Abnahme der entzündlichen Akneläsionen.
All diese oben genannten Faktoren unterbrechen den natürlichen zyklischen Prozess im Talgdrüsenfollikel und unterstützen den Übergang von Mikrokomedonen zu Komedonen und entzündlichen Effloreszenzen.

Klinischer Verlauf

Akne zeigt einen chronischen Verlauf mit unterschiedlichen klinischen Mustern. Am häufigsten tritt Akne zu Beginn der Pubertät auf mit schubartigen Verschlechterungen über die Jahre und schliesslich einer langsamen Regression zum Ende des zweiten Lebensjahrzents. Insbesondere nimmt neuerdings die Acne tarda zu. Hier gibt es Fälle, die in eine natürliche Regression übergegangen sind, dann jedoch erneut im zweiten Teil des dritten Lebensjahrzents rezidivieren, oder solche, die nicht zu Abheilung kommen, und schliesslich solche, die erstmalig im dritten Lebensjahrzehnt auftreten. Auffallend häufig sind hierunter Frauen, die seit Pubertätsbeginn eine hormonelle Antikonzeption erhalten haben und im dritten Lebensjahrzent ihre Familienplanung mit Kinderwunsch vorbereiten, die Pille absetzen und dann eine zunehmende Seborrhoe mit Akne bemerken. Bei Frauen mit Akne erstmalig nach dem 25. Lebensjahr und Zeichen einer Virilisierung (unregelmässige Menses, Hirsutismus, androgenetische Alopezie) ist eine Untersuchung des Hormonspielgels (DHEA-S, Gesamt- und freies Testo­steron, Sexualhormon-bindendes Globulin [SHBG], Prolaktin, luteinisierende Hormon [LH] / follikelstimulierende Hormon [FSH] usw.) erforderlich, um einen Hyperandrogenismus durch ein adrogenitales Syndrom, einen adrenalen Tumor, ein polyzystisches Ovarialsyndrom, Hyperinsulinämie/Insulinresistenz oder einen Ovarialtumor auszuschliessen [12].
Von grosser Bedeutung sind die individuellen, psychologischen und sozialen Komplikationen der Erkrankung, welche die Lebensqualität der Betroffenen wesentlich beeinflussen.

Klinisches Bild

Klinisch zeigen sich eine Seborrhoe, offene oder geschlossene Komedonen («whiteheads», «blackheads»), Papeln, Pusteln und Knoten. Charakteristisch für die Akne und Unterscheidungsmerkmal zu anderen pustulösen Krankheiten oder Talgdrüsenerkrankungen sind Komedonen. Diese können die einzige Manifestation der Akne darstellen. Die seborrhoischen Areale wie Gesicht, oberer Rücken, Dekolleté widerspiegeln die Hauptanordnung der Talgdrüsenfollikel. Der Schweregrad der Akne wird unterteilt in Acne comedonica (Abb. 1), Acne papulopustulosa (Abb. 2) und Acne conglobata (Abb. 3) und anhand der vorherrschenden Effloreszenzen bestimmt.
Abbildung 1: Acne comedonica.
Abbildung 2: Acne papulopustulosa.
Abbildung 3: Acne conglobata.

Sonderformen

Auf Aknesonderformen im Sinne eines Syndroms (SAHA-Syndrom [Seborrhoe, Akne, Hirsutismus, Alopezie], SAPHO-Syndrom [Synovitis, Akne, Pustulosis, Hyperostose, Osteitis]) und die Acne inversa wird hier nicht eingegangen.

Therapie

Die Therapie der Akne erfolgt ihrem Schweregrad angepasst. Leichte und mässig ausgeprägte Akneformen können fast immer mit einer alleinigen topischen Therapie behandelt werden. Nur bei ungenügendem Ansprechen auf die topische Therapie, ausgedehntem ­Befall von Brust und Rücken oder bei schweren Akneformen und Hinweisen auf Vernarbungstendenz ist eine systemische Therapie notwendig.

Topische Therapie

Die Basistherapie fast jeder Akne besteht in der topischen Anwendung von Retinoiden (Adapalen, Tretinoin). Diese wirken in erster Linie auf die perifollikuläre Verhornung und verhindern so die Entstehung von Mikrokomedonen. Dementsprechend müssen die Retinoide auf die ganzen befallenen Areale, vorzugsweise abends, aufgetragen werden und nicht nur auf Einzelläsionen. Die Patientinnen und Patienten müssen auf die möglichen Nebenwirkungen, insbesondere auf die Hautirritation und eine leicht abschälende Wirkung gut vorbereitet werden; diese werden durch den Gewöhnungseffekt mit der Zeit meistens milder. Nach Abheilung einer Akne mit topischer und/oder systemischer Therapie soll die topische Therapie mit Retinoiden mindestens sechs Monate weitergeführt werden.
Als Alternative zu den Retinoiden bei leichten Akneformen oder in Kombination mit Retinoiden bei mittleren und schweren Formen eignet sich Benzoylperoxyd (BPO). Dieses hat eine gute antibakterielle (ohne die Gefahr der Resistenzentwicklung) und auch eine leichte verhornungsregulierende Wirkung. Eine ebenfalls gute antimikrobielle Wirkung zeigt Azelainsäure; diese ist insbesondere für leichte Akneformen, Acne tarda und auch Rosazea als Monotherapie oder in Kombination mit anderen Therapeutika geeignet.
Eine topische antibiotische Monotherapie wird aufgrund der Entwicklung von resistenten Bakterienstämmen nicht mehr empfohlen. Eine topische Therapie mit Antibiotika soll mit topischen Retinoiden (Ada­palen > Isotretinoin, Tretinoin), BPO oder Azelainsäure kombiniert werden und nicht länger als 12 Wochen dauern.
Mittelschwere und schwere Akneformen können schon zu Beginn mit einer topischen Kombinationstherapie behandelt werden. Dafür eignen sich insbesondere Präparate mit fixen Kombinationen (Adapalen/BPO, BPO/Clindamycin oder Tretinoin/Clindamycin), da diese gute synergistische Wirkungen zeigen und die Therapieadhärenz fördern.
Die Patientinnen und Patienten sollten zu Beginn über den langsamen Therapiefortschritt der meisten topischen Behandlungsmöglichkeiten informiert werden. In den ersten vier Wochen ist mit keiner oder nur geringer klinischen Verbesserung zur rechnen. Eine Therapie sollte über mehrere Monate durchgeführt werden. Die Therapieadhärenz ist bei einem grossen Teil (19–79%) der Aknepatienten ein Problem. Sie kann durch gute Erklärungen der Therapierationale, der zu erwartenden Nebenwirkungen und durch die Verschreibung einfacher Therapieschemata gefördert werden.

Kosmetika

Kosmetische Präparate sind zweifellos nicht in der Lage, bei bestehender Akne eine pharmakologische Therapie zu ersetzen. Sie können aber eine pharmakologische Aknetherapie sinnvoll ergänzen und zur Abnahme entzündlicher Läsionen führen. Die Hautreinigung hat an sich keinen therapeutischen Effekt, bereitet aber die Haut auf die topische Therapie vor und sollte seifenfrei mit schwach sauren Präparaten im pH-Bereich von 5,5 erfolgen. Eine kosmetische Hautpflege ist möglichst zu minimieren, um keinen zusätzlichen komedogenen Effekt zu erzeugen. Weitere Inhaltsstoffe von Topika wie Nicotinamid, Salicylsäure, Milchsäure, Triethylacetat/Ethyllineolat und präbiotisch wirksame Pflanzenextrakte können günstig auf verschiedene Aknemechanismen wirken und unterstützend eingesetzt werden [13].

Systemische Therapie

Antibiotika

Eine systemische Therapie mit Antibiotika (Lymecy­clin, Doxycyclin > Minocyclin, Tetracyclin) wird bei mittelschwerer bis schwerer entzündlicher Akne als Basistherapie empfohlen. Sie sollten nicht als Monotherapie rezeptiert werden, sondern in Kombination mit einer topischen Therapie, insbesondere Retinoiden oder BPO. Die tägliche Dosisempfehlung betägt Lymecyclin 1× 300 mg oder Doxycyclin 2× 50 mg respektive 1× 100 mg, andere Antibiotika (Minocyclin, Tetracy­clin-HCL) werden aufgrund des Nebenwirkungsprofils seltener eingesetzt. Die Therapiedauer beträgt zwischen 1–3 Monate. Wenn keine Lebervorerkrankung besteht, sind Laborkontrollen während dieser kurzen Antibiotikatherapie nicht erforderlich. Auf einen ausreichenden UVA-Schutz ist hinzuweisen.

Isotretinoin

Isotretinoin wird als Basistherapie bei schwerer Akne, die nicht genügend auf eine topische und systemische Antibiotikatherapie anspricht, empfohlen. In Einzelfällen kann sie auch als «first line»-Therapie eingesetzt werden (starke Seborrhoe und familienanamnestisch starke Akneausprägung der Eltern, bereits frühzeitig erkennbare Vernarbung, schnelle Verschlechterung einer leichten Akne, Dysmorphophobie). Auch bei Akne tarda ist Isotretinoin oft das einzige wirksame Medikament. Isotretinoin hat einen verhornungsregulierenden, sebosuppressiven und antientzündlichen Effekt und ist somit die einzige therapeutische Möglichkeit, die über alle Pathogenesemechanismen wirkt. Die Tagesdosisempfehlung sollte mindestens 0,3 mg/kg Körpergewicht (KG) als Initialdosis betragen und im Verlauf auf 0,5–1 mg/kg KG gesteigert werden. Die systemische Therapie mit Isotretinoin in der empfohlenen Dosierung von 0,5–1 mg/kg KG führt zu weniger Rezidiven als die «low dose»-Therapie. Die Einnahmedauer beträgt mindestens sechs Monate, die Zieldosis 120–150 mg/kg KG. Entscheidend für den Therapie­erfolg ist, die Patientinnen und Patienten gut auf die zu erwartenden Nebenwirkungen (insbesondere die Austrocknung der Haut und Schleimhäute) vorzubereiten und zu begleiten. Am Anfang der Therapie, einen Monat nach Therapiebeginn und während der Therapie alle drei Monate sollen die Leberenzyme und die Serumlipide (Cholesterin, Triglyzeride) im Serum überprüft werden. Die Gabe von Isotretinoin in Kombination mit Tetrazyklinen ist kontraindiziert wegen der möglichen Entwicklung eines Pseudotumor cerebri. Die Kombination mit topischen Behandlungen ist obsolet, unterstützend kann eine topische rückfettende Therapie angewendet werden, um die erwarteten Nebenwirkungen wie Hauttrockenheit auszugleichen. Frauen in gebärfähigem Alter müssen vor Therapiebeginn einen negativen Schwangerschaftstests haben und eine konsequente Schwangerschaftsverhütung betreiben, da Isotretinoin stark teratogen ist. Sie müssen über diesen Zusammenhang ausführlich aufgeklärt werden und vor Therapiebeginn eine Einverständniserklärung unterschreiben; bei jeder Kontrolle müssen sie wieder darauf hingewiesen werden. Ebenso soll fünf Wochen nach Beendigung der Therapie ein Schwangerschaftstest erfolgen. Depression und Selbstmordgedanken wurden mit Isotretinoin in Zusammenhang gebracht, wobei dies nur bei Isotretinoineinnahme und Akne, nicht aber bei anderen Erkrankungen berichtet wurde. Mehr und mehr zeigen auch pro­spektive Kohortenstudien, dass Aknepatientinnen und ­-patienten suizidale Gedanken und Depressionen wegen der Entstellung eigen sind. Suizide und Depression finden sich ebenfalls und gleich häufig unter Behandlung mit oralen Antibiotika im Vergleich zu Kon­trollkollektiven, die mit Isotretinoin behandelt wurden. Ein kausaler Zusammenhang zwischen Isotretinoin und Depression oder Suzidalität konnte bisher nicht gesichert werden [14].

Antiandrogene

Bei Frauen mit mittelschweren Formen kann man zusätzlich systemisch hormonelle Antiandrogene verabreichen (Ethinylestradiol in Kombination mit Cyproteronacetat, Chlormadinonacetat, Dienogest, Desogestrel, Drospirenon). Sie werden aber nicht als primäre Monotherapie empfohlen. Antiandrogene reduzieren die Synthese sebozytärer Lipide und verbessern die Akne. Auf der anderen Seite führen Östrogene durch eine Hemmung der Freisetzung des Gonadotrophin-freisetzenden Hormons zu einer Hemmung der Talgproduktion. Problematisch gestaltet sich hier aber gelegentlich aufgrund des Rebound-Effekts das Absetzen der Therapie bei Kinderwunsch.

Systemische Glukokortikoide

Systemische Glukokortikoide werden für den standardmässigen Einsatz bei Akne nicht empfohlen, sondern nur bei systemisch entzündlichen Komplikationen (z.B. Acne fulminans) oder bei Exazerbation unter systemischer Isotretinointherapie.

Ernährungsumstellung

Obwohl neuere Erkenntnisse darauf hindeuten, dass gewisse Ernährungsformen Akne begünstigen können (hoher glykämischer Index, Milchprodukte in grossen Mengen), kann die Ernährungsumstellung nicht als therapeutische Massnahme empfohlen werden.

Therapie während Schwangerschaft und Stillzeit

BPO, Azelainsäure (mit Vorbehalt gemäss Kompendium), topisches Erythromycin, chemische Peelings (mit Vorbehalt), Laser- und Lichttherapie gehören zu den topischen Verfahren, die während der Schwangerschaft und der Stillzeit erlaubt sind. Systemisches Erythromycin, Zink und Steroide dürfen bei schweren Schüben und in angepasster Dosierung auch verwendet werden [15].

Physikalische Therapie

Eine UV-Therapie bei Akne ist obsolet. Die Blaulicht-Behandlung (415 nm) hat einen leicht antimikrobiellen und antiinflammatorischen Effekt, ist aber relativ aufwändig und wird von den Krankenkassen nicht bezahlt. Die photodynamische Therapie bei Akne ist schmerzhaft und konnte sich nicht durchsetzen, stellt aber bei schweren Akneformen und Kontraindikation für Isotretinoin eine Therapiealternative dar. Zahlreiche weitere vielversprechende Therapiealternativen wurden für Laser und «intense pulsed light» (IPL) beschrieben [16, 17].
Die manuelle Komedonenextraktion (Aknetoilette) bei der Acne comedonica durch eine geschulte Kosmetikerin hat keinen Einfluss auf den Akneverlauf, trägt aber zur Verbesserung des Befundes und der Compliance bei.
Insgesamt sind physikalische Therapien geeignet, wenn die topische Therapie ungenügend und die systemische Therapie nicht indiziert oder gewünscht ist.

Das Wichtigste für die Praxis

• Acne vulgaris ist die häufigste dermatologische Diagnose (22–32%) und eine der häufigsten Gründe ärztlicher Konsultationen (1,1%).
• Akne ist eine entzündliche Krankheit. Zur Pathogenese tragen in erster Linie eine follikuläre Verhornungsstörung, verstärkte Talgdrüsenaktivität mit Seborrhoe sowie eine inflammatorische Reaktion auf Propionibacterium acnes bei. Daneben sind zahlreiche inflammatorische Mediatoren beschrieben worden, die schon in einem frühen Stadium der Krankheitsentstehung relevant sind. Auch Umweltfaktoren wie Ernährung (IGF-1) und Rauchen werden zunehmend als Mitauslöser anerkannt.
• Die Akne wird in erster Linie durch eine topische Kombinationstherapie behandelt, abhängig von ihrem Schweregrad. Schwere Verlaufsformen und die Entwicklung von Narben stellen die Hauptkriterien für die Wahl einer systemischen Therapie dar.
• Topisch werden in erster Linie Retinoide, Benzylperoxid oder Azelainsäure und seltener Antibiotika verwendet, systemisch Retinoide und Antibiotika sowie bei spezieller Indikation Androgenantagonisten.
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
PD Dr. med. Severin Läuchli
Dr. med. Mirjam Nägeli
Dermatologische Klinik
UniversitätsSpital Zürich
Gloriastrasse 31
CH-8091 Zürich
severin.laeuchli[at]usz.ch
mirjam.naegeli[at]usz.ch
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