Dermatologie und Venerologie: Ästhetische Dermatologie und ihre Komplikationen
Dermatologie und Venerologie

Dermatologie und Venerologie: Ästhetische Dermatologie und ihre Komplikationen

Schlaglichter
Ausgabe
2018/03
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2018.03166
Schweiz Med Forum 2018;18(03):43-45

Affiliations
Dermatologisches Ambulatorium, Triemli, Zürich

Publiziert am 17.01.2018

«If there’s more than one possible outcome of a job or task, and one of those outcomes will result in disaster or an undesirable consequence, then somebody will do it that way.» Edward Aloysius Murphy Jr.

Hintergrund

Als 1953 die erste dermato-kosmetische Sprechstunde im deutschsprachigen Raum in der Dermatologischen Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität München eröffnet wurde [1], konnte sich niemand vorstellen, welche Zunahme die ästhetische Dermatologie erfahren würde. Wurden damals vorrangig Behandlungen zur Verbesserung des Hautbildes bei Akne und Rosacea durchgeführt, welche zu dieser Zeit – acht Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges – als eher geringere Probleme angesehen wurden, aber doch Hautkrankheiten darstellen, so werden heute eine Vielzahl von Behandlungen der Hautalterung angeboten, die einen zwar ungewünschten, letztlich aber doch physiologischen Prozess darstellt.

Probleme der ästhetischen Eingriffe

Genaue Zahlen sind aus den USA erhältlich, welche ­belegen, dass die Behandlung mit Injektionen (Botu­linumtoxin, Filler) von 1997 bis 2016 auf 7 325 155 Eingriffe um das über Hundertfache zugenommen haben [2]. Damit handelt es sich um die häufigsten nicht-chirurgischen Eingriffe, welche die ablativen Methoden zur Verjüngung (Peeling, Dermabrasion, LASER-Therapie) mit immerhin über 2 Millionen Eingriffen 2016 deutlich übertreffen. Aber auch chirurgische Eingriffe haben zugenommen. So hat sich die Zahl der Liposuktionen im genannten Zeitraum mehr als verdoppelt. In diesem wachsenden Markt (2016: 15 Milliarden Dollar in den USA, davon fast die Hälfte für nicht-chirurgische Massnahmen) lassen zunehmend auch Männer und Jüngere entsprechende Behandlungen vornehmen. So werden in den USA 5,1% der nichtchirurgischen Massnahmen bereits bei unter 18-jährigen vorgenommen.
Da die Methoden der Medizin entstammen, hat sich die Sprache angepasst, und so werden Diagnosen ­gestellt und Indikationen diskutiert – beides Begriffe, die sich primär auf Krankheiten beziehen und nicht auf physiologische Alterungsprozesse, die jedoch durch diesen Sprachgebrauch Krankheitswert zugeschrieben bekommen. Andererseits scheint die ästhetische ­Medizin auch eine eigene Sprache zu haben. So wurde im Lauf der Zeit aus dem «face-lifting» ein «lift». Mag dies im Sinne eines «Anhubs» sprachlich noch sinnvoll erscheinen, ist die Tendenz statt von einem «peeling» nur von einem «peel» (engl.: «die Pelle, die Haut») zu reden, sprachlicher Unsinn. Ob dies nun einfach medizinischer Slang oder Marketing ist, um den Unterschied zum mechanischen Peeling mittels abrasiver Creme zu verdeutlichen, kann nur spekuliert werden. Die bei entsprechenden Massnahmen auftretenden Komplikationen verdienen den medizinischen Begriff dann durchaus, da es sich um iatrogen verursachte krankhafte Veränderungen handelt.
Einer der Gründe für die Zunahme der Behandlungen mittels Injektionen dürfte die geringe bis fehlende «down time» bei rasch bzw. sofort sichtbarem Effekt sein, die eine unkomplizierte Durchführung gewissermassen in der Mittagspause ermöglicht. Illustrativ ist in dieser Hinsicht die Anekdote eines Kollegen, der nach Ende der Sprechstunde noch alleine mit der ­Administration beschäftigt war, als zwei osteuropäische Kundinnen in seine noch nicht verschlossene Praxis kamen, fragten, ob er Botox-Injektionen vornehme, und auch gleich ein Dollarbündel zückten, um bar dafür zu bezahlen. Als der Kollege bejahte und sich gleichzeitig dafür entschuldigte, dass er nicht mehr im weissen Kittel, sondern bereits in Zivil sei, bekam er zur Antwort: «No problem, it’s only botox». Dies spiegelt exemplarisch wider, wie ästhetische Behandlungen wahrgenommen werden: als vermeintlich harmlose, mehr kosmetische als medizinische Prozeduren. Dass es mit der Harm­losigkeit nicht immer so weit her ist, zeigen Berichte zu Komplikationen, die allergische Reaktionen, Kopfschmerzen, Hämatome und – je nach behandelter ­Lokalisation – Ptose, Diplopie, Ektropium und Dysphagie umfassen können [3, 4]. Auch bei den häufiger verwendeten Fillern kann es zu Komplikationen kommen [5, 6], die von Verfärbungen und Ödem, über Granulombildung (Abb. 1), Nekrose und Vernarbung bis hin zur Erblindung infolge Vasookklusion durch akzidentelle intraarterielle Injektion im Glabella- und Nasolabialbereich reichen können [7]. Aber auch andere dermatologische ästhetische Massnahmen können Kompli­kationen nach sich ziehen (reviewed in [8, 9]). Allen Methoden zur Verjüngung der Haut, die mit einer flächigen Verletzung derselben einhergehen (Mikroneedling, chemisches Peeling, LASER-Ablation) ist neben dem Auftreten von Erythem, Haut­irritation und begleitenden Schmerzen auch das Risiko für sekundäre Infektionen gemeinsam.
Abbildung 1: Granulomatöse Reaktion nach Behandlung mit Hyaluronsäure-Filler in der Nasolabialfalte.
Ein zweiter Aspekt ästhetischer Behandlungen wird durch obige Anekdote ebenfalls beleuchtet: Es handelt sich um Selbstzahler-Leistungen. Dementsprechend attraktiv sind sie für den ausführenden Arzt. Als Folge des Tarifeingriffs durch Bundesrat Berset werden solche Leistungen noch interessanter werden, da die eigentliche dermatologische Tätigkeit, i.e. der Hautstatus, nicht mehr entsprechend honoriert werden soll. Aber nicht nur Ärzte, sondern auch andere Anbieter versuchen, im ästhetischen Bereich mitzuverdienen und setzen – teilweise im juristischen Graubereich – medizinische Methoden ein. Je nach Sachkenntnis kann es auch dabei zu Komplikationen kommen (Abb. 2).
Abbildung 2: Verbrennungen nach Epilation bei einer Kosmetikbehandlung mit IPL-Blitzlampe bei zu geringem Kontrast ­zwichen dunklen Haaren und gebräunter Haut.

Diskussion

In diesem Markt wird der Konsument ästhetischer Leistungen letztlich zum Kunden, der selbst entscheidet, welche Massnahmen er sich leisten will. Suchten in der obigen Anekdote die Kundinnen Schweizer Qualität, so entscheiden sich andere analog zur Zahnarztbehandlung für eine kostengünstigere Variante im Ausland. Geiz ist in diesem Fall allerdings nicht geil, sondern kann eine Reihe von Problemen nach sich ziehen [10]. Da der ausführende Arzt wegen Schmerzen, Wundheilungsstörungen oder Infektionen (Abb. 3) nicht mehr konsultiert werden kann, entstehen Folgekosten nicht nur für die Patientin, sondern auch für das Gesundheitssystem in der Schweiz.
Abbildung 3: Atypische Mykobakteriose (Mycobacterium chelonae ) nach Liposuktion im Ausland.
Natürlich sind viele der schwereren Komplikationen eher selten. Da die Konsumenten ästhetischer Massnahmen jedoch in der Regel nicht kranke, sondern ­gesunde Personen mit dem Wunsch nach besserem Aussehen sind, kommt jede Komplikation einer Kata­strophe für sie wie auch den ausführenden Arzt gleich [11]. Für Ärzte, die in diesem Feld tätig sind, bedeutet dies die Notwendigkeit einer entsprechenden Aus­bildung, genauer Kenntnisse der Produkte, möglicher Komplikationen und deren Beherrschung. Ein entsprechend wissenschaftlich fundiertes Aus- und Weiterbildungsangebot [12, 13] ist dafür die Grundlage.
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Dr. med. Siegfried Borelli
Leitender Arzt
Stadtspital Triemli
Dermatologisches Ambulatorium
Herman-Greulich-Str. 70
CH-8004 Zürich
siegfried.borelli[at]triemli.zuerich.ch
 1 Prof. em. Dr. med. Dr. phil. Siegfried Borelli München/Davos, persönliche Mitteilung
 2 The American Society for Aesthetic Plastic Surgery – Cosmetic Surgery National Data Bank Statistics 2016: www.surgery.org/sites/default/files/ASAPS-Stats2016
 3 Ferreira MC, Salles AG, Gimenez R, Soares MF. Complications with the use of botulinum toxin type a in facial rejuvenation: report of 8 cases. Aesthetic Plast Surg. 2004;28:441–4.
 4 Vartanian AJ, Dayan SH. Complications of botulinum toxin A use in facial rejuvenation. Facial Plast Surg Clin North Am. 2005;13:1–10.
 5 Funt D, Pavicic T. Dermal fillers in aesthetics: an overview of adverse events and treatment approaches. Clin Cosmet Investig Dermatol. 2013;6:295–316.
 6 Chiang YZ, Pierone G, Al-Niaimi F. Dermal fillers: pathophysiology, prevention and treatment of complications. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2017;31:405–13.
 7 Park SW, Woo SJ, Park KH, Huh JW, Jung C, Kwon OK. Iatrogenic retinal artery occlusion caused by cosmetic facial filler injections. Am J Ophthalmol. 2012;154:653–62.
 8 Hartmann D, Ruzicka T, Gauglitz GG. Complications associated with cutaneous aesthetic procedures. J Dtsch Dermatol Ges. 2015;13:778–86.
 9 Al-Niaimi F. Laser and energy-based devices’ complications in dermatology. J Cosmet Laser Ther. 2016;18:25–30.
10 Klein HJ, Simic D, Fuchs N, Schweizer R, Mehra T, Giovanoli P, et al. Complications after cosmetic surgery tourism. Aesthet Surg J. 2017;37:474–82.
11 Haneke E. Managing Complications of fillers: rare and not-so-rare. J Cutan Aesthet Surg. 2015;8:198–210.
12 Ästhetische Dermatologie und Lasermedizin: Fotoaging und Falten – Behandlung und Komplikationen 26. Oktober 2017; Universität Zürich, Irchel.
13 Swiss Group of esthetic Dermatology & Skincare: www.sgeds.ch