Wenn es in der Gramfärbung ­geistert ...
«Ghost Cells»

Wenn es in der Gramfärbung ­geistert ...

Coup d'œil 1
Ausgabe
2018/37
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2018.03306
Swiss Med Forum. 2018;18(37):764

Affiliations
a Klinische Mikrobiologie, Universitätsspital Basel, Basel; b Klinische Mikrobiologie, Viollier AG, Allschwil

Publiziert am 12.09.2018

Nach mehreren Monaten anhaltender Kopfschmerzen stellte sich ein 66-jähriger Patient in gutem Allgemein- und Ernährungszustand zur weiteren Abklärung der Symptomatik vor.

Fallbeschreibung

Nach mehreren Monaten anhaltender Kopfschmerzen stellte sich ein 66-jähriger Patient in gutem Allgemein- und Ernährungszustand zur weiteren Abklärung der Symptomatik vor. Der Patient erreichte im «Glasgow Coma Score» 15/15 Punkte und war auch sonst im neurologischen und internistischen Status unauffällig.
Im Magnetresonanztomogramm des Schädels wurde unerwartet eine Abszessformation parietal rechts beschrieben. Aufgrund des Befundes erfolgten eine Kraniotomie und Abszessexzision. Die Proben wurden für bakteriologische und histologische Untersuchungen ins Labor geschickt.
Die bakteriologischen Kulturen blieben negativ und im Direktpräparat für die Mikroskopie zeigten sich ­sogenannte «Ghost Cells» (Abb. 1A). Aus den Biopsien konnte molekularbiologisch ein Erregernachweis mit Mycobacterium(M.)-tuberculosis-Komplexbestätigt werden. Die Kultur zeigte ebenfalls Wachstum von M. tuberculosis. Die Diagnose einer disseminierten Tuberkulose mit zerebralem Befall wurde gestellt.
Abbildung 1: A: Gramfärbung der zerebralen Abszessformation in einer 100×-Vergrösserung: Es zeigen sich nicht angefärbte, granulierte Stäbchen («Ghost Cells»). B: Ziehl-Neelsen-Färbung der zerebralen Abszessformation in einer 100×-Vergrösserung.

Diskussion

Eine Tuberkulose des zentralen Nervensystems (ZNS) kommt nur bei 1–2% der mit Tuberkulose diagnostizierten Patienten vor und macht rund 8% der extrapulmonalen Tuberkulosefälle aus. [1]
Die häufigste Manifestationsform von M. tuberculosis im ZNS ist die tuberkulöse basale Meningitis. Die zweithäufigste, und auch hier beschriebene, Form geht mit einem Befall des Hirnparenchyms und der Ausbildung von granulomatösen Herden frontal und parietal einher [2].
Mykobakterien sind grampositive Stäbchen, die sich jedoch in der Gramfärbung aufgrund ihrer lipid- und mykolsäurehaltigen Zellwand nicht anfärben lassen. Deshalb erscheinen sie im Grampräparat als nicht ­angefärbte, stäbchenartige Bakterienhüllen, die als «Ghost Cells» beschrieben werden. Ohne konkrete Verdachtsdia­gnose einer Infektion durch Mykobakterien sind diese meist jedoch nur schwer zu finden.
Bei der für Mykobakterien üblicherweise verwendeten Ziehl-Neelsen-Färbung dringt der Farbstoff, Karbolfuchsin, durch mehrmaliges Erhitzen des Präparates auch durch die lipidhaltige Zellmembran der Mykobakterien ein und färbt diese rot an (Abb. 1B).
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen ­Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Korrespondenz
Dr. med. univ. (A)
Michael Nägele
Klinische Mikrobiologie
Universitätsspital Basel
Petersgraben 4
CH-4031 Basel
michaelrainer.naegele[at]usb.ch,
michael.naegele[at]viollier.ch
1 Leonard J. Central Nervous System Tuberculosis. Microbiol Spectr. 2017;5(2).
2 Kienzl-Palma D, Prosch H. Extrathoracic manifestations of tuberculosis. Radiologe. 2016;56(10):885–9.