Mein Beruf: Arzt

Mein Beruf: Arzt

Leserbrief
Ausgabe
2018/34
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2018.03337
Swiss Med Forum. 2018;18(34):689

Publiziert am 22.08.2018

Mein Beruf: Arzt

Leserbrief zu: Wasserfallen JB, Caci M. Prävention rechtlicher Auswirkungen der ärztlich-pflegerischen Tätigkeit. Schweiz Med Forum. 2018;18(13-14):308–11.
Der Beitrag von Prof. Dr. med. J.B. Wasserfallen und Dr. med. M. Caci [1] bedarf eines Kommentars. Bemerkenswerterweise wird im ­Titel der Begriff «ärztlich-pflegerisch» angewendet. So werden die Ärzte von Leistungs­erbringern nun zu Pflegenden. Mir persönlich ist das zuwider, mein Beruf ist Arzt und ich möchte Arzt genannt werden. Es kommt zu einer Abflachung der Hierarchie und zu einer Ausdünnung der Verantwortlichkeit. J.B. Wasserfallen und M. Caci reden die Sprache der Politiker aus der Waadt, wo bald bis anhin den Ärzten vorbehaltene Tätigkeiten an Pflegende abgegeben werden. Es kommt zu einem Aufteilen der Verantwortlichkeit und zu unvorhersehbaren neuen Problemen. Es ist interessant, oder bedenklich, dass solche Voten aus eigenen Reihen kommen. Man liest weiter, dass der Patient «ausreichend informiert» werden soll. Das ist bekannt, bringt aber wenig. Bei der informierten Einwilligung geht es grundsätzlich darum, den Willen des Patienten zu respektieren. Heute werden Patienten mit Informationen überflutet und damit verunsichert. Der Arzt will sich juristisch absichern und neigt dazu, überflüssige Untersuchungen zu verordnen (defensive Medizin → «overuse»). Das führt zu einer Schwächung der Arzt-Patienten-Beziehung und oft auch zum heute wohlbekannten Nocebo-Effekt. Die heutige Praxis des «informed consent» muss neu überdacht werden. Vielleicht eine neue Aufgabe des Autors?
Die Pflegenden sollen eine «spezifische Ausbildung» absolviert haben und aufgrund eines «festgelegten Leistungskatalogs» ihre Arbeit ausführen. Genau das brauchen die Ärzte nicht. Ein Katalog ist starr, nicht evolutif und ist für die Kreativität Gift. Ein Katalog ist nützlich für Anwälte, aber nicht für Ärzte. Der Tarmed als Abrechnungskatalog macht uns schon genug Probleme wegen seiner Trägheit. Was wir brauchen, sind gute Ärzte mit einer soliden Ausbildung, nur so kann eine hohe Qualität gewährleistet werden. Ohne gute Ärzte gibt es keine gute Medizin. Eine insuffiziente Ausbildung führte in der Herzchirurgie Zürich zu einer Qualitätseinbusse (siehe Tages-Anzeiger vom 31.3.2018, Seite 21) [2]. «See one, do one, teach one» stimmt eben immer noch, und ist nicht vereinfachend. Gute Ärzte werden nicht am Schreibtisch ausgebildet, sondern in der Klinik und im Operationssaal.
Das positive am Artikel von J.B. Wasserfallen und M. Caci ist, dass uns die Verbürokratisierung, die Institutionalisierung und Überreglementierung der Medizin und die Schwächung der Ärzteschaft vorgeführt wird, mit Hilfe aus dem eigenen Lager.

Replik

Die Autoren haben auf eine Replik verzichtet.
1 Wasserfallen JB, Caci M. Prävention rechtlicher Auswirkungen der ärztlich-pflegerischen Tätigkeit. Schweiz Med Forum. 2018;18(13-14):308–11.
2 https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/In-Zuerich-sterben-zu-viele-Herzpatienten-nach-Operationen/story/27460629.