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Seit einigen Monaten beobachtete die 53-Jährige eine zunehmend störende und schmerzhafte Schwellung am rechten Sitzbein, die zum Zeitpunkt der Diagnose eine Grösse von 5 cm erreicht hatte. Die Läsion wurde chirurgisch vollständig entfernt. Zur Untersuchung gelangten drei bis 4,5 cm grosse weich-elastische Exzisate (Abb. 1) mit solider, mosaikartig graugelber Schnittfläche. Histologisch stellte sich pseudotumoröses Fettbindegewebe mit fragmentierten hyalinisierten Kollagenfasern, myxoiden Degenerationszonen und kleineren Gefässproliferaten dar (Abb. 2). In Anbetracht der Morphologie und der Lokalisation wurde das Vorliegen eines sogenannten «biker’s/cyclist’s nodule» angenommen, ein seltener perinealer Pseudotumor, der bei Velo-fahrenden Männern als «akkzessorischer/dritter Hoden» beschrieben und synonym auch als «perineale noduläre Induration (PNI)» oder «perineales Hygrom» bezeichnet wird [1–4]. Die zunächst ohne anamnestische Angaben gestellte histologische Diagnose bestätigte sich: Es handelt sich um eine sehr aktive, täglich Velo-fahrende Sportlerin. Berichte über «biker’s nodules» bei Frauen sind bislang nur kasuistisch in der Literatur zu finden [1, 5, 6]. Die knotige Läsion entwickelt sich zumeist posterior des Skrotums im Weichgewebe des Perineums als zweigeteilte Masse auf beiden Seiten der medianen Raphe, als unilokuläre Läsion in der Mittellinie oder lateralisiert über dem Tuber ischiadicum [2]. Pathogenetisch wird angenommen, dass rezidivierende Mikrotraumata zur Tumorbildung führen [3]. «Biker’s nodules» wurden in Einzelfallbeschreibungen auch in anderen «Sattelsportarten» dokumentiert [6, 7]. Obwohl histologisch Blutgefässe nachweisbar sind, zeigt sich in der Bildgebung eine hypovaskularisierte, nicht Kontrastmittel-aufnehmende Läsion, die typischerweise auch unterschiedlich alte, zum Teil zystisch umgewandelte Fettgewebsnekrosen aufweisen und daher inhomogen imponieren kann [1]. In der Mehrzahl der Fälle konnten die Läsionen chirurgisch entfernt werden. Partielle Rückbildungen nach intraläsionaler Kortikosteroid- oder Hyaluronidase-Injektionen wurden insbesondere bei kleineren Läsionen beobachtet [2]. Rezidive sind auch nach vollständiger Exzision bei nicht sistierender sportlicher Aktivität beschrieben [1]. Bei zunehmender Popularität des Velofahrens auch bei den Frauen ist der «biker’s nodule» keine reine Männersache mehr.
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Kopfbild: Institut für Pathologie, Kantonspital, St. Gallen
Dr. med.
Barbara Padberg Sgier
Institut für Pathologie
Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Strasse 95
CH-9007 St. Gallen
Barbara-Christina.PadbergSgier[at]kssg.ch
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