Thrombozytenzahlen: Was ist normal in einer Schwangerschaft?
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Thrombozytenzahlen: Was ist normal in einer Schwangerschaft?

Kurz und bündig
Ausgabe
2018/33
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2018.03360
Swiss Med Forum. 2018;18(33):645-646

Publiziert am 15.08.2018

Fokus auf ... Subklinischer Hyperthyreose

— Definition: Schilddrüsenhormone (T3/T4) normal bei erniedrigtem TSH (<0,4 mU/l).
— Progression zu manifester Hyperthyreose wahrscheinlich, wenn das TSH <0,1 mU/l ist.
— Subklinische Hyperthyreose ist mit kardialen Nebenwirkungen (Vorhofflimmern, Herzinsuffizienz), Osteoporose, Frakturen und Demenz assoziiert.
— Fachgesellschaftsempfehlungen: Subklinische Hyperthyreose mit TSH <0,1 mU/l abklären/behandeln bei PatientInnen mit den genannten Assoziationen, bei Alter >65 Jahren und in der Postmenopause (Osteoporose!).
N Engl J Med 2018, doi: 10.1056/NEJMcp1709318.
Verfasst am 11.7.2018.

Praxisrelevant

Thrombozytenzahlen: Was ist normal in einer Schwangerschaft?

Im Rahmen einer Schwangerschaft kommt es zu folgenden Veränderungen, die eine Thrombozytopenie begünstigen: Zunahme des Plasmavolumens (dadurch Verdünnung), «Pooling» wegen der schwangerschaftsbedingten Milzvergrösserung von 50% und des Auftretens eines intravillösen (venösen) Raumes im Rahmen der Plazentaentstehung. Bei allen schwangeren Frauen nimmt die Plättchenzahl ab dem ersten Schwangerschaftsdrittel bis zur Entbindung signifikant ab. Kurz vor der Geburt liegt die Normalverteilung zwischen 50 000 und knapp 400 000/mm3. Aufgrund dieser Daten ist es empfehlenswert, erst bei Thrombozytenzahlen unter 100 000 eine andere Ursache als die Schwangerschaft zu suchen oder Schwangerschaftskomplikationen wie eine (Prä-)Eklampsie in Erwägung zu ziehen.
N Engl J Med 2018, doi: 10.1056/NEJMoa1802897.
Verfasst am 12.7.2018.

Reversible kosmetische ­Dermatologie

Neben der selektiven Laserbehandlung und dem Botulinumtoxin ist seit 2003 auch die Füllung von Gesichtsfalten durch Hyaluronsäure durch die «Food and Drug Administration» (FDA) zugelassen (s. Abb. 1). Manchmal scheint der Effekt allerdings nicht optimal (Asymmetrien, Knötchenbildung, v.a. bei intravenöser Zufuhr in die paranasalen oder glabellaren Venen). Auch über katastrophale Nebenwirkungen wie Blindheit nach re­trograder Ablagerung von Hyaluronsäure in die Retina bei ungewollter Injektion in das retinale venöse Drainagesystem wird berichtet. Die schnelle und dosisadaptierte Injektion von Hyaluronidase (72 Applikationen bei 9 Frauen im Alter von etwa 46 Jahren) kann Asymme­trien und Knoten wieder entfernen. Allerdings wurden die – zum Glück seltenen – retinalen Nebenwirkungen natürlich nicht geprüft.
Abbildung 1: © Okfoto | Dreamstime.com
Verfasst am 13.7.2018.

Neues aus der Biologie

Warum wird man alkoholabhängig?

Etwa 15% der Menschen, die alkoholische Getränke trinken, konsumieren in schädlichen Dosen respektive sind abhängig. Bekanntermassen bestehen für diese Entwicklung enorme individuelle (genetische) Unterschiede. Die Progression des Alkoholkonsums zur Alkoholkrankheit wird, neben der Gewohnheitsbildung, der Stresslösung und der eingeschränkten Kontrolle über Verhaltensweisen, nach neueren Befunden auch durch eine Störung des Belohnungsmechanismus (z.B. an Stelle von Alkoholkonsum ein Lob akzeptieren oder sich ein solches selber geben) gefördert. Bei den 15% (sic!) der Ratten, die Alkohol einer Zuckerlösung als Belohnung vorzogen, fand man – genetisch bedingt – eine Störung des sogenannten GABA-Transporters (Gamma-Aminobuttersäure ist ein hemmender, wenn man so will, entspannender Neurotransmitter) in einer Hirnregion (Amygdala). Dadurch steigt die extrazelluläre GABA-Konzentration, das Belohnungserlebnis wird mutmasslich intensiviert. Interessant ist, dass Baclofen die GABA-Entfernung via Effekt auf einen GABA-Rezeptor steigert, also potentiell den Belohnungsmechanismus normalisieren könnte. Baclofen wirkt aber bei der Alkoholkrankheit nur schwach und ist in dieser Indikation nicht zugelassen. Andere Substanzen (wie z.B. Natriumoxybat), welche die GABA-Clearance ebenfalls erhöhen können, sollten wohl beim Menschen detaillierter evaluiert werden. Natriumoxybat ist übrigens eine Keto-Säure (y-OH-Buttersäure) und anscheinend in Italien und Österreich in Gebrauch.
Verfasst am 12.7.2018.

Das hat uns nicht gefreut

Stecker ausgezogen!

Durch die «National Institutes of Health» (NIH) wurde eine Studie organisiert, die bei 7800 ProbandInnen die positiven (kardiovaskulären) Effekte von mässigem Alkoholkonsum (ca. 1 Drink/Tag) untersuchen wollte. In letzter Minute wurde die Finanzierung gestoppt, weil klar wurde, dass die Studie von ihrer Anlage her ein positives Resultat begünstigen würde. Nicht überraschend, dass angesichts dieser Aussicht Hersteller alkoholischer Getränke eine Unterstützung von 68 Millionen Dollar (!) zugesagt hatten. Als Folge davon gibt es am NIH keine Sommerferien: Der Direktor verlangte eine sofortige und eingehende Untersuchung in allen 27 Instituten, ob Ähnliches bei anderen geplanten Grants oder Studien nachweisbar sein könnte.
Science 2018, doi: 10.1126/science.360.6395.1286.
Verfasst am 12.7.2018.

... und das auch nicht gerade

Wirkt die intravenöse Thrombolyse auch bei «kleinen» ischämischen Schlaganfällen?

Die akute Thrombolyse hat sich bei ischämischen Schlaganfällen mit invalidisierenden neurologischen Ausfällen unabhängig der «National Institutes of Health Stroke Scale» (NHSS; siehe beispielsweise unter: www.tellmed.ch) als Therapie der Wahl etabliert. Ist sie dies auch bei weniger belastenden Defiziten? Nein, laut der PRISMS-Studie, die allerdings wegen schleppenden Patienteneinschlusses weit vor dem prädefinierten Rekrutierungsziel aus finanziellen Gründen vom Sponsor (Genentech) abgebrochen wurde.
Verfasst am 11.7.2018.

Immer noch lesenswert

Diagnostik des rheumatischen Fiebers

Wir Schweizer ÄrztInnen sehen selten Fälle von rheumatischem Fieber, werden aber im Rahmen der «Migrantenmedizin» doch hin und wieder damit konfrontiert. 1965 wurde die Revision [1] der 1944 publizierten [2] Jones-Kriterien publiziert:
Im Gefolge einer Streptokokken-Pharyngitis (Antistreptolysin, Rachenabstrich) Vorliegen von:
– Hauptsymptomen: migratorische Polyarthritis, Karditis, Rheumaknötchen, Erythema marginatum, (Sydenham’s) Chorea;
– Nebensymptomen: Fieber, CRP-Erhöhung, Arthralgien, EKG (PR-Zeit?), frühere Episoden eines rheumatischen Fiebers.
Diagnose: 2 Haupt- oder 1 Haupt- und 2 Nebensymptome.
In Zeiten der fast globalen Verfügbarkeit der Echokardiographie kann man bei Risikogruppen eine diagnostische Abkürzung [3] vornehmen: Bei Gelenksymptomen und Entzündungszeichen (BSR, CRP) mit oder ohne Fieber direkt Echokardiographie (und aus differen­tialdiagnostischen Erwägungen: Blutkulturen!). Die revidierten Jones-Kriterien kommen dann erst bei negativer Echokardiographie zur Anwendung.
Eine umfangreiche (gleichwohl lesenswerte), aktualisierte Übersicht zum rheumatischen Fieber findet sich in [4].
1 Circulation 1965, doi.org/10.1161/01.CIR.32.4.664.
3 Circulation 2015, doi: 10.1161/CIR.0000000000000205.
Verfasst am 13.7.2018.