Mehr Stürze (und Knochenbrüche) nach Magenbypass
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Mehr Stürze (und Knochenbrüche) nach Magenbypass

Kurz und bündig
Ausgabe
2018/38
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2018.03385
Swiss Med Forum. 2018;18(38):767-768

Publiziert am 19.09.2018

Fokus auf … Inguinalhernien

Lebenszeitrisiko: Männer 27%, Frauen 3%.
Drei Formen: inguinal (direkt, indirekt), femoral.
– Unterscheidung allerdings nicht sehr wichtig (operatives Vorgehen meist identisch).
Diagnose: klinisch, bei Unklarheiten und atypischen Symptomen (DD: muskuloskelettale Schmerzen, Urolithiasis, Nervenkompressionen, Infekte?): Bildgebung am verlässlichsten mit CT (mit Valsava-Manöver), besser als Ultraschall.
– Physische Aktivität ohne Einfluss auf Progredienz oder Komplikationsrate (Inkarzerierung).
Vorgehen: Beobachtung möglich bei völliger Reponibilität und geringen Beschwerden:
• Nur 1,8 notfallmässige Komplikationen auf 1000 Patienten pro Jahr.
• Resultate gleich bei baldiger oder aufgeschobener Operation.
• 70% der Patienten werden schliesslich operiert (Schmerzindikation).
Wichtigste postoperative Komplikation: chronische Inguinalschmerzen (Nervenkompression, Vernarbung, Fremdkörpermaterial) in bis zu 10–12% (!) der Fälle (nach mehr als 3 Monaten).
Verfasst am 22.08.2018.

Praxisrelevant

Mehr Stürze (und Knochenbrüche) nach Magenbypass

Unabhängig vom Ausmass der Gewichtsreduktion, dem Vorliegen eines Typ-2-Diabetes und auch von der Kalzium-/Vitamin-D-Substi­tution weisen PatientInnen gut 3 Jahre nach einer Magenbypass-Operation (Roux-en-Y) eine erhöhte Rate osteoporotischer (besser: Fragilitäts-) Frakturen auf (etwa gut ein Drittel mehr). Die Kontrollgruppe waren PatientInnnen mit vergleichbarem Gewicht bei Studienbeginn, ebenfalls aufgeteilt in eine Gruppe mit oder ohne Diabetes mellitus. Das Risiko nimmt zeitabhängig noch zu, wenn auch das genaue Ausmass der Gefährdung auf Grund der Studienmethode (retrospektive Kohortenstudie) nicht ganz klar ist. Überraschend und mechanistisch noch nicht geklärt ist der Hauptgrund der erhöhten Frakturneigung: Die PatientInnen stürzen viel mehr! Was könnten Ihrer Meinung nach Gründe dafür sein? Schreiben Sie doch in unseren Blog! (https://medicalforum.ch/de/online-magazine/post/­mehr-stuerze-und-knochenbrueche-nach-magenbypass/)
Verfasst am 22.08.2018.

Dekompression bei Schulter-Impingement nicht besser als Plazebo

Das Schulter-Impingement ist charakterisiert durch subakromiale Schmerzen bei Elevation des Armes und wird auf eine Kompression der Rotatorenmanschette zwischen dem Humeruskopf und dem darüberliegenden Akromion zurückgeführt. Die Symptome können für die Patienten sehr störend und die alltäglichen Verrichtungen behindernd sein. Wie eine schon publizierte ­Studie («Can shoulder arthroscopy work?» (CSAW)-Studie, [1]) fand auch die vorliegende FIMPACT-Studie [2] keine Vorteile der operativen Dekompression. Mit ­einer Nachbeobachtungszeit von 24 Monaten war die chirurgische Dekompression (n = 59) zwar besser als Physiotherapie ­allein (n = 71), aber leider auch nicht besser als der Plazebo­eingriff (diagnostische Arthroskopie, n = 63). Ist die operative Methode ungenügend oder liegt die Pathophysiologie nicht (nur) in einer Kompression begründet?
2 Br Med J 2018, doi.org/10.1136/bmj.k2860.
Verfasst am 22.08.2018.

Neues aus der Biologie

L-Acetyl-Carnitin: ein Biomarker für ­Depressionen?

Aus Beobachtungen bei Nagetieren ist bekannt, dass die L-Acetyl-Carnitin (LAC)-Spiegel mit depressivem Verhalten (korrigierbar durch LAC-Zufuhr) assoziiert sind. Man vermutet ­einen Effekt auf die Histon-Azetylierung des Chromatins im Hippocampus und anderen ZNS-Arealen. Als Folge davon treten komplexe Veränderungen der Genexpressionen auf. Beim Menschen? Bei PatientInnen, die in zwei voneinander unabhängigen Institutionen die Diagnose einer schweren Depression erhalten hatten, war die LAC-Konzentration im Plasma signifikant tiefer als bei gut vergleichbaren, nicht depressiven Kontrollen. ­PatientInnen mit therapierefraktärer Depression, solche mit einem Kindheitspsychotrauma (inkl. emotionaler Vernachlässigung) und depressive Frauen hatten speziell tiefe Werte. Eine Beeinflussung durch eine gleichzeitige Einnahme von Antidepressiva lag nicht vor. Die Analyse der vorliegenden Daten zeigt eine ansehnliche Überlappung zwischen Werten von Gesunden und Depressiven. Für die geplanten grösseren klinischen Studien würde man annehmen, dass die Sensitivität des Tests also gering, die Spezifität aber relativ hoch ausfallen könnte.
Proc Nat Acad Sci 2018,
doi.org/10.1073/pnas.1801609115.
Verfasst am 22.08.2018.

Immer noch lesenswert

Symptom-adaptierte Benzodiazepin-­Therapie bei Alkoholentzug

In einer kleinen, durch die nachfolgenden klinischen Erfahrungen aber nachhaltig bestätigten Studie konnten Daeppen und Mitarbeiter in Spitälern in Genf und Lausanne zeigen, dass eine Benzodiazepin-Verordnung nach Massgabe des Auftretens und der Intensität der Entzugssymptome, der bis dahin üblichen fixen Dosis, z.B. in Delir-präventiver Absicht, überlegen war. Die Symptomkontrolle war gut, die Gesamtdosis des Benzodiazepins (Oxazepam) war tiefer, die Therapiedauer kürzer.
Arch Intern Med 2002,
doi:10.1001/archinte.162.10.1117.
Verfasst am 22.08.2018.

Aus Schweizer Feder

Schweiz, eine endokrinologische Topadresse!

Nachdem wir letzte Woche über den Wert der Co-Peptin-Bestimmung zur Differentialdiagnose der nicht-osmotischen Polyurie (Arbeitsgruppe von Frau Prof. Christ-Crain in Basel) berichten konnten, zeigen Frau Lia Bally und Mitarbeiter aus dem Inselspital (zusammen mit englischen Forschern) ebenfalls im New England Journal of Medicine, dass die automatische Kontrolle und Zufuhr von Insulin (closed-loop ­Insulin-Zufuhr, siehe [1]) bei stationären Spitalaufenthalten die Blutzuckerkontrolle von Insulin-bedürftigen Typ-2-Diabetikerinnen deutlich verbessert [2]. Fast die Hälfte der Pa­tientInnen musste wegen einer Sepsis hospitalisiert werden. Die der Hospitalisation vorangehende Dauer der Insulintherapie betrug um die 9 Jahre. Die verbesserte Einstellung ­gelang, ohne ein vermehrtes Auftreten von Hypoglykämien in Kauf nehmen zu müssen. Offene Fragen: Einsparungen durch Schonung von Personalressourcen? Verlauf der zur Hospitalisation führenden Krankheit? Bewältigung der Rückführung in die angestammte ambulante Verabreichungsmethode?
1 Schweiz Med Forum 2018,
doi.org/10.4414/smf.2018.03310.
2 N Engl J Med 2018,
doi:10.1056/NEJMoa1805233.
Verfasst am 22.08.2018.

Auch noch aufgefallen

Ein Abbauprodukt von Vitamin D wichtig in der Frakturheilung

Das bioaktive Vitamin D, das 1,25(OH)2D, induziert die 24-Hydroxylase und fördert somit seine eigene Inaktivierung zu 24,25(OH)2D und limitiert seine eigene Toxizität. Dass das 24,25(OH)2D nicht nur ein Abbauprodukt ist, sondern auch eine eigene biologische Rolle wahrnimmt, zeigen Beobachtungen, die ihm eine wichtige Rolle in der Frakturheilung zuschreiben.
J Clin Invest 2018,doi.org/10.1172/JCI98093.
Verfasst am 22.08.2018.

Benzodiazepine und Alzheimer-Risiko

Eine skandinavische Studie findet, dass das Risiko, eine Alzheimer-Erkrankung zu erleiden, bei chronischer Benzodiazepin-Einnahme unabhängig der spezifischen Einzelsubstanz signifikant ansteigt. Die beobachtete Dosis­abhängigkeit (kumulativ und Einzeldosis) ist bei Komedikation von Antidepressiva oder Antipsychotika allerdings nicht mehr signifikant. Statistisch ist die Risikoerhöhung eher gering (sog. Odds ratio = 1,06).
Acta Psychiatrica Scandinavica 2018,
doi.org/10.1111/acps.12909.
Verfasst am 22.08.2018.

Für ÄrztInnen am Spital

Was tun Sie für einen erholsamen Schlaf Ihrer PatientInnen?

Auch nur kurzfristige Störungen des zirkadianen Rhythmus, wie sie häufig im Rahmen ­einer Hospitalisation auftreten, haben negative Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf. Mit einfachen, den Schlaf fördernden oder beruhigenden Massnahmen (Lärmprävention, Verschiebung der frühmorgendlichen Blutentnahme, konsequente Infrarot-Beleuchtung bei Kontrollen, Verrichtungen, die nach Sonnenuntergang stattfinden) konnte bei 1185 durchschnittlich 66-jährigen PatientInnen (doppelte Anzahl an KontrollpatientInnen) Folgendes erreicht werden: Abkürzung der Hospitalisationszeit um 8 Stunden (minus 6%), höhere Patientenzufriedenheit und geringere Wiedereintrittswahrscheinlichkeit innerhalb von 30 und 90 Tagen nach Entlassung.
Abbildung 1: Schlaffördernde oder beruhigende Massnahmen können die Hospitalisationszeit ­verkürzen und die Wiedereintrittswahrscheinlichkeit nach der Entlassung verringern (© motortion | Dreamstime.com).
Verfasst am 22.08.2018.