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Fallbeschreibung
Bei einer 47-jährigen Patientin wurde in einer Abdomensonographie eine Raumforderung zwischen Magen und linkem Leberlappen als Zufallsbefund festgestellt. Die darauf durchgeführte Magnetresonanztomographie (Abb. 1) vom Oberbauch zeigte eine solide beschaffene, kräftig homogen anreichernde gastrale Raumforderung auf Höhe des Magenfundus mit einer Grösse von 4,3 × 3,3 × 3,9 cm.
Differentialdiagnostisch wurden ein gastrointestinaler Stromatumor (GIST), ein Leiomyom oder ein Lymphom in Betracht gezogen. Ausserdem zeigte sich eine auffällige tumorverdächtige Neovaskularisation des Prozesses durch gastrale Gefässe am Fundus sowie fraglich auch durch Gefässe der angrenzenden Leberkapsel des linken Leberlappens als mögliches Zeichen einer Infiltration. Ansonsten war die Darstellung der Leber normal, insbesondere ohne Hinweise auf metastasensuspekte Läsionen. Auch die lokoregionären Lymphknotenstationen im Oberbauch und im mitabgebildeten oberen Retroperitoneum waren normal.
In der Gastroskopie zeigte sich im Korpus des Magens kleinkurvaturseitig eine submukosale Raumforderung, die aspektmässig sehr verdächtig auf einen GIST imponierte (Abb. 2).
Die anschliessend durchgeführte Staging-Computertomographie zeigte thorakoabdominal keine metastasensuspekten Läsionen.
Der Tumor wurde in der Folge laparoskopisch problemlos reseziert und der Defekt am Magen primär mittels Naht verschlossen. Die Operationsdauer betrug 100 Minuten.
Im histopathologischen Befund zeigte sich überraschend kein GIST. Der Tumor erwies sich als ein 4,5 cm messendes Schwannom mit zentraler Ulzeration, das im Gesunden entfernt werden konnte. Das Schwannom zeigte eine typische starke Immunreaktivität für S-100 und Kollagen IV bei Negativität für Alpha-SMA, CD34, CD 117 (KIT) und DOG1. Der Proliferationsindex (Ki-67) von ca. 1% war darüber hinaus sehr niedrig (Abb. 3).
Der postoperative Verlauf war komplikationslos, die Patientin konnte am siebten postoperativen Tag entlassen werden. Anlässlich der klinischen Kontrolle sechs Wochen nach der Operation war die Patientin beschwerdefrei.
Diskussion
Der GIST ist der häufigste mesenchymale Tumor des Gastrointestinaltrakts und somit bei Raumforderungen des Magens eine prominente Differentialdiagnose. Das Schwannom zählt zu den sehr seltenen mesenchymalen gastrointestinalen Tumoren. In der bislang umfassendsten Serie mit 51 Fällen des gastralen Schwannoms [1] zeigte sich ein geschätztes Inzidenzverhältnis zwischen GIST und Schwannom von 45:1 und ein Verteilungsverhältnis des Schwannoms zwischen Frauen und Männern von 4:1 bei einem Durchschnittsalter von ca. 60 Jahren. Die Initialsymptome variierten von gastrointestinalen Blutungen mit okkultem Blut im Stuhl, Mälena oder Hämatemesis über epigastrische Beschwerden, Unwohlsein und Gewichtsverlust aufgrund Magenausgangsstenose bis hin zu kompletten Zufallsbefunden aufgrund anderer Erkrankungen und zufällig entdeckten Befunden im Zuge anderer Operationen. Der Tumordurchmesser reichte von 1,0–10,5 cm bei einer Durchschnittsgrösse von 5,1 cm [1].
Die definitive Diagnose des Schwannoms wird durch die pathologische und immunohistochemische Untersuchung des chirurgischen Präparats gestellt. Schwannome zeigen eine starke Färbung für das S-100-Protein und negative Färbungen für CD117 (KIT), CD34, Desmin und SMA. Gastrale Schwannome können gelegentlich CD34 exprimieren, wohingegen CD117 (KIT), SMA und Desmin generell negativ sind [2].
In der Histologie zeigen sich unterschiedlich angeordnerte Spindelzellen, die häufig in einem mikrotrabekulär-mikrofaszikulären Muster angeordnet sind. Nukleäre Atypien können vorkommen, die mitotische Aktivität bleibt aber tief. Peritumoral findet sich häufig fleckförmiges lymphoides Infiltrat. Gastrale Schwannome haben eine durchweg gute Prognose [1]. In der oben angeführten Studie wurden keine Rezidive oder Metastasen beschrieben. Somit haben auch Tumorgrösse oder Mitoserate im Gegensatz zu den GIST keine prognostische Bedeutung [1].
Fazit
Das Schwannom zählt zu den sehr seltenen Differentialdiagnosen einer gastralen Raumforderung. Typischerweise wird es als Zufallsbefund entdeckt und häufig geht man primär aufgrund der Häufigkeit von einem GIST aus. Die Prognose des im Gesunden entfernten gastralen Schwannoms ist exzellent [1, 3] Die laparoskopische Resektion ist wenn immer möglich die Therapie der Wahl [3].
Dr. med. Christoph Wiemann
Rorschacher Strasse 95
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chris.wiemann[at]t-online.de
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