Topische Analgetika bei Arthroseschmerzen
Stufengerechte und risikoadaptierte Schmerztherapie

Topische Analgetika bei Arthroseschmerzen

Übersichtsartikel
Ausgabe
2019/3536
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2019.08354
Swiss Med Forum. 2019;19(3536):574-578

Affiliations
Klinik für Geriatrie, UniversitätsSpital Zürich

Publiziert am 28.08.2019

Arthrosen und die damit verbundenen Schmerzen stellen ein zunehmendes therapeutisches Problem in der älteren Bevölkerung dar. Schwerpunkt der Schmerztherapie ist immer noch der Einsatz von nichtsteroidalen Antirheumatika.

Hintergrund

Aufgrund der demographischen Entwicklung nehmen die Beschwerden am Bewegungsapparat infolge ar­throtischer Veränderungen der Gelenke ständig zu [1]. Betroffen sind neben den kleinen Gelenken an Händen und Wirbelsäule vor allem die gewichttragenden Gelenke wie Hüfte und Knie [2]. Epidemiologische Daten zeigen diese Entwicklung eindrucksvoll sowie Daten aus orthopädischen Registern [3, 4]. Als Ultima Ratio bleibt häufig nur der künstliche Gelenkersatz und dies auch bei betagten und hochbetagten Patienten. Während der Phase der konservativen Therapie stellt sich gerade bei Senioren das Problem einer adäquaten Schmerztherapie [5]. Während Paracetamol einer Plazebotherapie gleichkommt, gibt es für die in Alters- und Pflegeheimen häufig angewandte Schmerztherapie mit Metamizol bis heute überhaupt keine Evidenz [6]. Die stärksten Daten bestehen nach wie vor für die nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), obwohl deren vielfältiges Nebenwirkungsprofil (kardiovaskulär, gastrointestinal, renal) auch bekannt ist [7].
Es stellt sich deshalb die Frage, wie der klinisch tätige Arzt stufengerecht und risikoadaptiert vorgehen soll [8]. Zu diesem Thema wurde kürzlich eine neue Konsensus-Publikation veröffentlicht [9].

Wie wirken topische Analgetika?

Die topischen Medikamentenabgabesysteme wurden entwickelt, um die Schichten der Haut zu überwinden. Transdermale und topische Schmerztherapien haben verschiedene therapeutische Zwecke. Während transdermale Systeme (z.B. Fentanyl-Patch) das Ziel haben, eine systemische Absorption und Wirkung zu erreichen, sollten topische Formulierungen die Wirkung durch eine lokale Absorption der Wirksubstanz ent­falten.
Topische «Rotmacher» («rubefacients») bestehen aus Substanzen wie Menthol, Campher, Salicylaten und Benzylnicotinsäure. Sie bewirken eine Dilatation lokaler Blutgefässe verbunden mit einem lokalen Erythem. Das Gefühl von Wärme übertüncht die Wahrnehmung von Schmerz. Da Schmerzsyndrome meistens auch mit einem lokalen Hypertonus der Muskulatur (z.B. Hals-, Lendenwirbelsäule) einhergehen, führt die Detonisierung der Muskulatur sekundär auch zu einer Schmerzreduktion. Zudem gibt es Hinweise, dass topische «Rotmacher» die Schmerzfasern beeinflussen können und damit gleichzeitig die Übertragung der Schmerzimpulse über die C-Fasern. Eine grössere Arbeit über Salicylat enthaltende «Rotmacher» bei akuten und chronischen Schmerzen konnte jedoch nur ­einen schwachen Effekt nachweisen [10].
Einen anderen Mechanismus zur Wärmeproduktion benutzen neuartige Wärmepflaster. Sie bestehen aus einem Gemisch verschiedener Inhaltsstoffe, die mit dem Sauerstoff der Luft reagieren. Diese chemische Reaktion setzt Wärme frei. Bei den Inhaltsstoffen handelt es sich vorwiegend um Eisenpulver, Aktivkohle, Salz und Wasser. Diese Schmerzpflaster wirken jedoch nur sekundär durch eine Muskeldetonisierung und haben keinen antiinflammatorischen Effekt. Sie könnten sich jedoch besser bei allergieempfindlichen Pa­tienten eignen.

Topisches Capsaicin und Ketamin

Capsaicin ist eine natürliche Substanz aus der Chili-Frucht. Auch Capsaicin wird als «Rotmacher» deklariert, wobei man zuerst annahm, dass der Wirkmechanismus über die Substanz P an den Nervenendigungen stattfindet. Neuere Erkenntnisse zeigen jedoch, dass Capsaicin über die Vanilloid-1-Rezeptoren wirkt. Die wiederholte Anwendung von Capsaicin bewirkt eine Veränderung der Schmerzschwelle und eine Reduktion der Schmerzempfindlichkeit von Schmerzrezeptoren [11].
Topische Ketaminsalben werden bei neuropathischen Schmerzen wie dem komplexen regionalen Schmerzsyndrom (Algodystrophie) eingesetzt und spielen in der vorwiegend nozizeptiven Arthroseschmerztherapie bisher keine Rolle [12]. Es gibt dazu auch keine publizierten Studien.

Die Wirkung von topischen NSAR

NSAR wirken durch Hemmung der Cyclooxygenase. Dieses Enzym fördert die Produktion von Prostaglandin und Thromboxan. Prostaglandine sind relevant für verschiedene physiologische Funktionen wie die Schleimhautbarriere im Magen, den renalen Blutfluss und die Endothelspannung in den Gefässen [13]. Dieses Enzym spielt eine wichtige Rolle im inflammatorischen und nozizeptiven Prozess. Die Hemmung der Cyclooxygenase kann eine Schmerz- und Fieberreduktion bewirken, eine Hemmung der Plättchenaggregation und der Entzündung [14]. Topische NSAR haben den gleichen Effekt wie orale Medikamente jedoch mit vorwiegend lokalisiertem Wirkungsradius. Die topischen NSAR bewirken eine Schmerzreduktion am Ort der Entzündung, möglicherweise ohne einen wesentlichen systemischen Effekt [15] . Es gibt jedoch auch Daten, die auf einen relevanten systemischen Effekt insbesondere auf die Nieren hinweisen [16].

Welche Evidenz für die Wirksamkeit von topischen NSAR im Vergleich zu Plazebo?

Diese Evidenz wurde in drei Metaanalysen aufgearbeitet. Der Unterschied dieser Analysen besteht vor allem in der Länge der eingeschlossenen Studien, die 2–12 Wochen dauerten [13, 17, 18]. Die letzte Cochrane-Review aus dem Jahre 2016 analysierte verschiedene Antirheumatika wie Diclofenac, Etoricoxib, Felbinac, Flufenamat, Flurbiprofen, Indometacin, Ibuprofen, Keto­profen, Nimesulid, Piketoprofen und Piroxicam in verschiedenen Applikationsformen wie Lösungen, Gels, Cremen oder Pflaster. Genügend Daten, um eine gepoolte Analyse durchzuführen, waren nur für Di­clo­fenac und Ketoprofen vorhanden [13]. Die Schlussfol­gerung lautete: Es besteht genügend Evidenz, dass topisches Diclofenac und Ketoprofen bei Patienten über 40 Jahre mit einer Kniearthrose zu einer Schmerz­reduktion führen können.
Diese Analyse bezog sich vorwiegend auf länger dauernde Studien zwischen 6–12 Wochen, wobei angemerkt werden muss, dass ein erheblicher Plazeboeffekt im Vergleich zur aktiven Wirksubstanz nachgewiesen werden konnte. Zudem wurde in keiner Studie klar zwischen artikulären und periartikulären Schmerzen unterschieden.
Weltweit haben deshalb verschieden Fachgesellschaften wie das «American College of Rheumatology» (ACR) oder die «European League Against Rheumatism» (­EULAR) in ihren Leitlinien empfohlen, bei Hand- und Kniearthrose bei Patienten über 75 Jahre topische NSAR als Erstlinientherapie einzusetzen [19, 20].

Welche Evidenz von topischen im Vergleich zu oralen NSAR?

Die Cochrane-Review aus dem Jahre 2016 verglich 877 mit einem topischen NSAR (Diclofenac, Ketoprofen, Piroxicam) behandelte Patienten mit 858 Pa­tienten, die eine orale NSAR-Therapie (Diclofenac, Ibuprofen und Celecoxib) erhielten (Tab. 1). Aufgrund dieser Analyse, der moderate Qualität zugeschrieben wurde, konnte eine 50%ige Schmerzreduktion bei 55% der topisch und bei 54% der oral behandelten Patienten dokumentiert werden [13].
Tabelle 1: Übersicht über systematische Reviews und Metaanalysen zu topischen nichtsteroidalen Antirheumatika im Vergleich mit Plazebos zur Behandlung von chronischen muskuloskelettalen Schmerzen (hauptsächlich Arthrose) (übersetzt aus [9]: Rafanan BS Jr, Valdecañas BF, Lim BP, Malairungsakul A, Tassanawipas W, Shiyi C et al. Consensus recommendations for managing osteoarthritic pain with topical NSAIDs in Asia-Pacific. Pain Manag. 2018;8(2):115–28. Mit freundlicher Genehmigung von Pain Management und Future Medicine Ltd.).
Anzahl 
StudienAnzahl ­PatientenStudiendauer ­(Wochen )Primäre EndpunkteResultateReferenzen
1415021–2Klinischer Erfolg ( ≥50% Schmerz­reduktion in Woche 2 oder gleich­wertiger Messwert)NNT 4,6 (95% CI: 3,8–5,9)[17]*
131983Bis zu 4Schmerzreduktion (globaler Schmerz, Ruheschmerz) gegenüber BaselineTatsächliche Grösse: 0,41 (95% CI: 0,16–0,66) nach Woche 1 und 0,40 (95% CI: 0,15–0,65) nach Woche 2.[18]
Kein Vorteil gegenüber Plazebo nach Woche 3 und 4.
3910 6312 bis ≤6;
6–12
Klinischer Erfolg ( ≥50% Schmerz­reduktion in Woche 2–12 oder gleich­wertiger Messwert)Topisches Diclofenac (6 Studien, n = 2343): NNT 9,8 (95% CI: 7,1–16) [13]
Topisches Ketoprofen (4 Studien, n = 2573): NNT 6,9 (95% CI: 5,4–9,3)
* Knie-Arthrose (n=567) oder andere muskuloskelettale Schmerzen (n = 935).
Vier Versuchsreihen zu topischen Salicylaten.
NNT: Anzahl der notwendigen Behandlungen für klinischen Erfolg («number needed to treat»).

Unterschiede in der Absorption von topischen NSAR

Damit ein topisches NSAR den Wirkungsort erreichen kann, muss es verschiedene Hautschichten durchwandern: das Stratum corneum, weitere Schichten der Epidermis, die Basalmembran und die Dermis. Um dies zu erreichen, benötigt die Substanz lipo- und hydrophile Eigenschaften. Lipophile Eigenschaften, um die Epidermis zu durchdringen, und hydrophile, um die Dermis zu überwinden. Diese Eigenschaften werden mit dem sogenannten «log value» (Durchtrittskoeffizienz Octanol-Wasser) gemessen [21]. Den höchsten Pene­tra­tionsgrad weist Ketoprofen-Gel auf mit 21% ­gegenüber 11,2% für Diclofenac-Gel, 4,4% für Nifluminsäure-Gel und 0,5% für Piroxicam-Gel. Die Formulierungen der Trägersubstanz spielen eine grosse Rolle, wobei die Gel-Formulierungen deutliche Vorteile aufweisen. Sie werden häufig kombiniert mit Alkohol [22]. In einer In-vivo-Studie bei Patienten vor einem operativen Knie­eingriff konnte gezeigt werden, dass die loka­len Konzentrationen in der Synovialflüssigkeit, der Kapsel und dem intraartikulären Fett deutlich ­höher lagen als im Plasma [23]. Die Tiefenwirkung kann durch die Applikation von Ultraschall zusätzlich verstärkt werden [24].

Nebenwirkungen topischer NSAR

In der letzten Cochrane-Review von 2016 konnten 39 Studien analysiert werden, in denen die Patienten mindestens zwei Wochen behandelt worden waren. Dabei konnten nur für Diclofenac und Ketoprofen gepoolte Daten ausgewertet werden (Tab. 2).
Tabelle 2: Topische nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) für chronische muskuloskelettale Schmerzen (Arthrose der Hände und Knie) bei Erwachsenen: Sicherheitsanalyse (übersetzt aus [9]: Rafanan BS Jr, Valdecañas BF, Lim BP, Malairungsakul A, Tassanawipas W, Shiyi C et al. Consensus recommendations for managing osteoarthritic pain with topical NSAIDs in Asia-Pacific. Pain Manag. 2018;8(2):115–28. Mit freundlicher Genehmigung von Pain Management und Future Medicine Ltd.).
 OutcomeBehandlungAnzahl TeilnehmerRR (95% CI)Qualität der Evidenz
Topische NSAR vs. PlazeboLokale unerwünschte EreignisseTopisches Diclofenac36581,8 (1,5–2,2)Moderat
Topisches Ketoprofen26211,0 (0,85–1,3)
Systemische unerwünschte ­Ereignisse
Topisches Diclofenac12660,89 (0,59–1,3)Sehr tief
Alle anderen topischen NSAR 9711,2 (0,77–1,8)
Abbrüche wegen unerwünschter Ereignisse
Topisches Diclofenac35521,6 (1,1–2,1)Moderat
Topisches Ketoprofen26211,28 (0,92–1,8)
Topische NSAR vs. orale NSARLokale unerwünschte EreignisseTopische NSAR16513,7 (2,8–5,1)Sehr tief
Systemische unerwünschte ­EreignisseTopische NSAR19610,66 (0,56–0,77)Sehr tief
Abbrüche wegen unerwünschter EreignisseTopische NSAR19610,85 (0,68–1,1)Sehr tief
RR: relatives Risiko
Daten aus [13].
Die lokalen Nebenwirkungen betrafen vor allem ­Haut­irritationen. Die systemischen Nebenwirkungen reichten von Kopfweh, Schwindel, Durchfall bis zur gastrointestinalen Dyspepsie. Verglichen mit Plazebo unterschied sich die Häufigkeit von systemischen Nebenwirkungen mit topischen NSAR nicht signifikant (relatives Risiko [RR] 1,2). Schwere Nebenwirkungen wurden selten gemeldet, jedoch waren die Studienausfälle (Drop-outs) höher bei Diclofenac (RR 1,6) als bei Ketoprofen (RR 1,3). Bei den Studien, bei denen topische NSAR mit systemischen verglichen wurden, lag die Inzidenz von gastrointestinalen Nebenwirkungen höher bei systemischen NSAR gegenüber topischen (26 vs. 17%). Auch zogen sich etwas weniger Patienten, die topisch behandelt wurden, aus der Studie zurück. (12 vs. 15%). Aufgrund der Komplexität des Studiendesigns und den verschiedenen Formulierungen gibt es keine auswertbaren Daten zu einem «Head-to-Head»-Vergleich» der verschiedenen Sub­stanzen.
In einer Review wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass wahrscheinlich die gastrointestinalen Nebenwirkungen von NSAR bei der topischen Applikation geringer sind als bei der oralen [16]. Allerdings gibt es keine sichere Empfehlung, ob bei Risikopatienten auch bei der topischen Applikation eine Begleitmedikation mit einem Protonenpumpenhemmer erfolgen sollte.
Beim renalen Risikoprofil gibt es vereinzelte Fallberichte über allergische Reaktionen und nephrotische Syndrome. Deshalb sollte bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion vorsichtig behandelt werden. Bei unklaren klinischen Situationen scheint daher ein Monitoring der Nierenfunktion (Kreatinin, Clearance, Mikroalbumin im Urin) sinnvoll [25].
Eine neuere Arbeit mit Flurbiprofen in unterschiedlicher Dosierung zeigte ein leichtes Ansteigen der Kreatininwerte über 52 Wochen. Auch hier empfehlen die Autoren bei topischer Anwendung ein Monitoring der Nierenfunktionsparameter [26].

Natürliche/pflanzliche topische Analgetika

In diese Kategorie fallen Präparate wie Arnika-Salbe, Wallwurz-Salbe (synonyme Bezeichnung: Beinwell), essig­saure Tonerde und Kombinationspräperate (wie z.B. Perskindol®). Allerdings gibt es wenig kontrollierte Studien zu diesen «natürlichen Präparaten». Die relevantesten Daten liegen vor für unterschiedliche Bein­­well-Extrakte, die bei Distorsionen, Myalgien und Gonarthrosebeschwerden untersucht wurden [27–30]. Allerdings gibt es auch bei den Beinwell-Präparaten unterschiedliche Konzentrationen und Formulierungen, wobei nur das Pyrrolizidinalkaloid-freie Präparat auch bei oberflächlichen Hautverletzungen eingesetzt werden darf. Dies könnte bei postoperativen Eingriffen, wie zum Beispiel Status nach Implantation einer Knietotalprothese, relevant sein (Tab. 3).
Tabelle 3: Häufig verwendete rezeptfreie Schmerzsalben.
 Phyto­therapeutikaNichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)
WirkstoffWallwurzDiclofenacEtofenamatIbuprofenKetoprofenPiroxicamSalicylate
Anwendung beiMuskelschmerzen, Arthro- 
und PeriarthropathienMuskelschmerzen, Arthro- 
und PeriarthropathienMuskelschmerzen, Arthro- 
und PeriarthropathienMuskelschmerzen, Arthro- 
und PeriarthropathienMuskelschmerzen, Arthro- 
und PeriarthropathienMuskelschmerzen, Arthro- 
und PeriarthropathienMuskelschmerzen, Arthro- 
und Periarthropathien
NutzenbelegSchwachAusreichendAusreichendAusreichendAusreichendAusreichendSchwach
Langzeitbehandlung
Nach Fach­information [32]Unterschiedliche Angaben bei verschiedenen PräparatenBehandlungsdauer abhängig von Indikation und Behandlungserfolg (Behandlung nach 2 Wochen überprüfen)Behandlungsdauer abhängig von Indikation und Behandlungserfolg (Behandlung nach 2 Wochen überprüfen)Behandlungsdauer abhängig von Indikation und Behandlungserfolg (Behandlung nach 2 Wochen überprüfen)Im Laufe einer Langzeitbehandlung kann eine lokale Sensibilisierung oder Irritation auftretenLängere und grossflächige Anwendung nur unter ärztlicher Kontrolle Abhängig von Indikation und Behandlungserfolg (Behandlung nach 2 Wochen überprüfen)
Behandlungdauer in StudienBis 8 Wochen [33]Bis 12 Wochen [9]Keine ausreichende Evidenz vorhandenBis 2 Wochen [34]Bis 12 Wochen [35]Bis 2 Wochen [36]Bis 4 Wochen 
[6]
Unerwünschte WirkungenAllergische ­ReaktionenGerötete, ­gereizte Haut, Juckreiz, NiereninsuffizienzHautausschlag, Niereninsuffi­zienzHautausschlag, Juckreiz, NiereninsuffizienzLokale photo­toxische und photoallergische Hautreaktionen, ÜberemfindlichkeitHautausschlag, Juckreiz, NiereninsuffizienzGerötete Haut, 
Juckreiz;
Cave: Nieren­insuf­fizienz
In jedem Fall wird empfohlen, den Beipackzettel zu konsultieren und nach einem erfolglosen Applika­tionsintervall einen Arzt aufzusuchen. Die Angaben zur Dosis und empfohlenen Behandlungsdauer sind ebenfalls sehr unterschiedlich.

Diskussion

Die Schmerztherapie bei älteren Arthrosepatienten stellt eine therapeutische Herausforderung dar. Es wird deshalb empfohlen, risikoadaptiert vorzugehen. Die Arthroseschmerzen werden in akute und chronischen Schmerzen unterteilt. Dabei muss differenziert werden, ob das klinische Bild durch intra- oder periartikuläre Schmerzen verursacht wird. Bei der aktivierten Arthrose handelt es sich um intraartikuläre Schmerzen, häufig auch verbunden mit einem Gelenk­erguss zum Beispiel aufgrund einer Kristallarthritis. Bei chronischen Arthroseschmerzen handelt es sich eher um periartikuläre Schmerzsyndrome, wobei Sehnenansätze und Bursitiden eine Rolle spielen. In beiden Fällen können gezielte Infiltrationen mit Lokalanästhetika und Steroiden (intra- oder periartikulär) eine schnelle schmerzlindernde und entzündungshemmende Wirkung entfalten (falls diese von einem geübten Rheumatologen oder Schmerztherapeuten durchgeführt werden) [31]. Der längerfristige Nutzen ist allerdings nicht belegt.
Bei gut zugänglichen periartikulären Strukturen wie einer Fingerpolyarthrose oder bei Knie- oder Schulterarthrosen sollte deshalb nach Aufklärung und der Evaluation einer Infiltration vor einer oralen NSAR-Behandlung eine topische Analgetikatherapie versucht werden. Bei Patienten mit gastrointestinalem Risikoprofil sollte ein Protonenpumpenhemmer verschrieben werden. Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion sollte neben einem Ausgangswert ein perio­disches Monitoring der Nierenfunktionsparameter erfolgen.
Die orale Therapie mit NSAR sollte erst bei Erfolglosigkeit der topischen Schmerztherapie begonnen werden. Dabei sollte wie üblich das Nebenwirkungsprofil je nach individueller Risikosituation evaluiert werden. Bei den topischen NSAR-Präparaten besteht die grösste Evidenz für Diclofenac und Ketoprofen, bei den pflanzlichen Präparaten für die Beinwell-Formulierungen mit höheren Konzentrationen (wie z.B. Traumaplant®).
Die Empfehlung gilt für Schmerzyndrome bei nozizeptiven, neuropathischen und gemischt nozizeptiven/ neuropathischen Schmerzen. Die Empfehlung gilt nicht für somatoforme Schmerzsyndrome.

Das Wichtigste für die Praxis

• Topische Analgetikapräparate bei Arthrose setzen sich aus unterschiedlichen Formulierungen nichtsteroidaler Antirheumatika zusammen. Die stärkste Evidenz für die Wirksamkeit besteht für Diclofenac und Keto­profen. Zudem gibt es muskeldetonisierende, wärmende Schmerzpflaster ohne medikamentösen Wirkstoff.
• Da die topischen Analgetika auch systemische Effekte entfalten können, sollten das gastrointestinale und renale Risiko berücksichtigt werden.
• Bei älteren Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion sollte unter der topischen Therapie auch ein Monitoring der Nierenfunktion erfolgen.
• Die häufigsten Nebenwirkungen bestehen in lokalen Hautirritationen.
• Es gibt Studien von geringer Qualität mit pflanzlichen Präparaten (vorwiegend Beinwell-Präparate). Diese zeigen auch eine analgetische Wirksamkeit. Das Nebenwirkungsprofil scheint – abgesehen von Hautirrita­tionen – gering.
Wir danken Prof. Dr. R. Saller für die Durchsicht des Manuskripts und den wertvollen Kommentar.
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbin­dungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Prof. Dr. med. Robert Theiler Klinik für Geriatrie
UniversitätsSpital Zürich
Rämistrasse 100
CH-8091 Zürich
robert.theiler[at]usz.ch
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