Zurück von der Reise mit Eschar
Safari mit unerwünschten Tieren

Zurück von der Reise mit Eschar

Coup d'œil 1
Ausgabe
2020/3134
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2020.08470
Swiss Med Forum. 2020;20(3134):469-470

Affiliations
a Zuger Kantonsspital, Baar
b Pharmacoepidemiology Unit, Universitätsspital Basel

Publiziert am 29.07.2020

Eine Frau stellte sich mit subfebrilen Temperaturen und allgemeinem Krankheitsgefühl auf der Notfallstation vor. Sie sei vor zehn Tagen von einem unbekannten Insekt während einer Safari im Osten Südafrikas gestochen worden.

Fallbeschreibung

Eine 52-jährige Frau stellte sich auf unserer Notfallstation vor. Sie berichtete von subfebrilen Temperaturen, allgemeinem Krankheitsgefühl und leichtem Frösteln seit einigen Tagen. Sie sei am Vortag von einer Safari im Osten Südafrikas (Region Krüger Nationalpark, Clyde River Canyon) zurückgekehrt. Dort sei sie vor zehn Tagen von einem unbekanntem Insekt am rechten lateralen Oberschenkel gestochen worden. Nach drei Tagen habe sie eine Rötung und Schwellung an der Einstichstelle bemerkt und im Anschluss seien die oben erwähnten Symptome aufgetreten. Andere Mitglieder ihrer Reisegruppe hätten keine vergleichbaren Symptome bemerkt. Reisespezifische Impfungen seien nicht erfolgt. Es bestehe ein Impfschutz für Hepatitis A, jedoch keiner für Hepatitis B. Die restliche Anamnese war, abgesehen von breiigem Stuhlgang, seit Beginn der Reise unauffällig. Es bestanden keine Begleiterkrankungen und die Patientin verneinte die Einnahme von Medikamenten.
Klinisch präsentierte sich die Patientin afebril mit normwertigen Vitalparametern. Am Knie rechts lateral zeigte sich eine dunkelbraun bis schwarze Kruste mit umgebender zentrifugal abblassender Rötung (Abb. 1). Zusätzlich fand sich eine schmerzlose inguinale Lymphadenopathie. Die restliche körperliche Untersuchung war unauffällig.
Abbildung 1: Eschar am lateralen rechten Knie einer 52-jährigen Reiserückkehrerin aus Südafrika.
Laborchemisch ergab sich eine leichtgradige Leukopenie (3,4 G/l) sowie leichtgradige Erhöhungen des C-reaktiven Proteins (CRP) (17 mg/l), von ALAT (53 U/l), ASAT (45 U/l), yGT (161 U/l) und der alkalischen Phosphatase (105 U/l) bei normwertigem Bilirubin (6 µmol/l).
Bei klinischem Verdacht auf afrikanisches Fleckfieber erfolgte die perorale antimikrobielle Therapie mit Doxycy­clin für sieben Tage. Die Rickettsienserologie (Immunfluoreszenz auf Rickett­sia [R.] mooseri mit unspezifischer Miterfassung von R. africae) war initial unauffällig (IgG- und IgM-Titer <1:64), zeigte aber drei Wochen nach Stich­ereignis einen deutlichen Titeranstieg für IgM (1:256) sowie einen leichtgradigeren Titeranstieg für IgG (1:64). Diese serologische Konstellation bestätigte die Verdachtsdiagnose einer Rickettsiose vom Fleckfiebertyp und machte eine Infektion mit R. afriace, als häufigste Ursache des afrikanischen Fleckfiebers, sehr wahrscheinlich.
Die Patientin berichtete bei der Zweitkonsultation, dass sowohl Symptome wie auch die Hautveränderung am Unterschenkel vier Tage nach Therapiebeginn mit Doxycyclin komplett regredient gewesen seien. Einen anderweitigen Hautausschlag habe sie nie bemerkt. Die Leberwerte waren im Verlauf komplett rückläufig.

Diskussion

Das afrikanische Fleckfieber (oder afrikanisches Zeckenbissfieber) ist eine durch Rickettsia africae verursachte Erkrankung und stellt die häufigste Rickettsiose in der Reisemedizin dar.
Rickettsien werden aufgrund serologischer und molekularbiologischer Eigenschaften in drei Gruppen eingeteilt. Das afrikanische Fleckfieber ist eine Rickettsiose der Zeckenbissfieber-Gruppe («spotted fever group»), zu der unter anderen auch das Rocky-Mountain-Fleckfieber (R. rickettsii) und das Mittelmeerfleckfieber (R. conorii) gehören. Die anderen Gruppen sind die Epidemische-Fleckfieber-Rickettsien-Gruppe («typhus group») und die «scrub typhus group». Die nachfolgenden Informationen beziehen sich, falls nicht anders erwähnt, auf das afrikanische Fleckfieber, wobei einzelne Aspekte auch für andere Rickettsiosen gelten können.
R. africa ist ein im südlichen Afrika und der östlichen Karibik endemisches und durch Zecken übertragenes Bakterium. Risikofaktoren für eine Exposition sind insbesondere Safaris [1]. Die Erkrankung äussert sich durch leichtes Krankheitsgefühl mit Kopfschmerzen, Fieber und Muskelschmerzen. In der Hälfte der Fälle kommt auch ein diskretes vesikuläres oder makulopapulöses Exanthem vor. Wegweisend ist jedoch das Vorkommen eines Eschars, der in bis zu 95% der Fälle auftritt [2]. Dabei handelt es sich um eine Hautläsion mit zentraler Nekrose an der Einstichstelle. Die Hautläsion tritt als Ausdruck aggressiver Zecken teilweise auch an mehreren Stellen auf, was typisch für das afrikanische Fleckfieber ist. Bei anderen Rickettsiosen dagegen tritt in der Regel nur ein Eschar auf. Laborchemisch finden sich lediglich diskrete Veränderungen wie milde An­ämie, Leuko- oder Thrombozytopenie, Hyponatriämie sowie eine Erhöhung von Nieren- und Leberwerten. ­Rickettsien können mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) oder Immunfluoreszenz nachgewiesen werden. Spezifische Antikörper sind in der Regel erst nach drei Wochen nachweisbar. Routinemässige serologische Untersuchungen können zwischen den unterschiedlichen Spezies nicht differenzieren, da eine Kreuzreaktivität besteht aufgrund enger Antigenverwandtschaft zwischen Rickettsien-Spezies innerhalb der einzelnen Gruppen. Die Therapie aller Rickettsiosen erfolgt mit Doxycyclin 2 × 100 mg für 7–10 Tage per os. Das afrikanische Fleckfieber verläuft in der Regel milde. Insbesondere bei älteren Patienten können jedoch auch schwerere Verläufe auftreten [3]. Das differentialdiagnostisch unter anderem zu erwägende Mittelmeerfleckfieber kann ebenfalls deutlich schwerer verlaufen und mitunter sogar tödlich enden [4]. Aus diesen Gründen sollte eine rasche Therapie eingeleitet werden.
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Prof. Dr. med.
Michael Bodmer
Zuger Kantonsspital
Landhausstrasse 11
CH-6340 Baar
michel.bodmer[at]zgks.ch
1 Ericsson CD, Jensenius M, Fournier P, Raoult D. Rickettsioses and the International Traveler. Clin Infect Dis. 2004;39(10):1493–9.
2 Raoult D, Fournier PE, Fenollar F, Jensenius M, Prioe T, de Pina JJ, et al. Rickettsia africae, a tick-borne pathogen in travelers to sub-Saharan Africa. N Engl J Med. 2001;344:1504–10.
3 Roch N, Epaulard O, Pelloux I, Pavese P, Brion J, Raoult D, et al. African Tick Bite Fever in Elderly Patients: 8 Cases in French Tourists Returning from South Africa. Clin Infect Dis. 2008;1;47(3):e28–35.
4 Rovery C, Brouqui P, Raoult D. Questions on Mediterranean spotted fever a century after its discovery. Emerg Infect Dis. 2008;14(9):1360–7.