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Die axilläre Thorakotomie stellt einen minimalinvasiven und kosmetisch vorteilhaften Zugang für die Korrektur von angeborenen Herzfehlern in allen Altersklassen dar.
Hintergrund
Entsprechend zur Entwicklung zu weniger invasiven Zugangswegen in der Erwachsenen-Herzchirurgie gibt es auch in der Kinder-Herzchirurgie zunehmend Bemühungen zu minimalinvasiven Eingriffen. Der Hauptvorteil dabei liegt vor allem in der Schonung der Gewebe (keine Durchtrennung des Brustbeines, beschränkte Durchtrennung der Muskulatur), eine schnellere Wundheilung und Rekonvaleszenz sowie kosmetisch deutlich vorteilhaftere Ergebnisse.
Der Standardzugang für die chirurgische Korrektur angeborener Herzfehler ist – mit wenigen Ausnahmen wie zum Beispiel die linkslaterale Thorakotomie zur Behandlung der Aortenisthmusstenose – die mediane Sternotomie. Insbesondere bei pädiatrischen Patienten kann die daraus resultierende deutlich sichtbare Narbe zu einer Stigmatisierung als «Herzpatient» führen.
Eine attraktive Alternative stellt die axilläre Minithorakotomie dar, die durch einen vertikalen, 4–5 cm langen Hautschnitt in der mittleren Axillarlinie einen rechtsseitigen Zugang zu den Herzstrukturen ermöglicht. Vorteile gegenüber einer Sternotomie sind der Erhalt der knöchernen Thoraxstruktur mit einem «muscle sparing» Zugang durch lediglich ein Spreizen der Rippen, damit verbunden auch eine schnellere Wundheilung und Vollbelastung sowie die Kaschierung der Narbe, die bei angelegtem Arm vollständig verborgen bleibt. Auch wird ein kleiner Schnitt im Bereich der lateralen Thoraxwand wenig bis gar nicht mit einem Herzeingriff in Verbindung gebracht.
Technik
Der Patient wird in Linksseitenlage gelagert. Es erfolgt ein zirka 4–5 cm langer Hautschnitt in der Mitte der rechten Axillarlinie (Abb. 1).
Nach grosszügiger Mobilisierung des Subkutangewebes wird die Thoraxhöhle im 5. Interkostalraum eröffnet. Danach wird das Perikard 1–2 cm oberhalb des Nervus phrenicus und parallel zu dessen Verlauf eröffnet. Der Anschluss an die Herz-Lungen-Maschine erfolgt über die direkte Kanülierung der Aorta ascendens und beider Hohlvenen.
Vorteilhaft ist bei Patienten über 5 kg Körpergewicht die Drainage der unteren Hohlvene über eine perkutan eingelegte Kanüle in der Vena femoralis. Hinsichtlich der arteriellen Kanülierung der Leistengefässe besteht die Gefahr vaskulärer Komplikationen (vor allem Thrombose und Stenose) aufgrund der limitierten Durchmesser (Abb. 2).
Das weitere operative Verfahren entspricht dem Vorgehen nach einer medianen Sternotomie und richtet sich nach dem zugrundeliegenden Herzfehler.
Nach durchgeführter Korrekturoperation erfolgt die Einlage zweier Thoraxdrainagen, die – ebenfalls kosmetisch vorteilhaft – in der oberen Axilla ausgeleitet werden. Hilfreich ist zudem die Einlage eines intercostalen Schmerzkatheters, der in der Regel für die nächsten 72 Stunden belassen wird. Die Rippen werden re-adaptiert, der Thoraxverschluss erfolgt mit resorbierbarem Nahtmaterial, sodass keine Fadenentfernung notwendig wird (Abb. 3).
Operationsspektrum
Über die axilläre Minithorakotomie lässt sich ein grosses Spektrum angeborener Herzfehler von Neugeborenen bis hin zu Patienten im Erwachsenenalter korrigieren.
Prinzipiell sind Herzfehler, die über eine rechtsatriale Inzision korrigiert werden, durch diesen Zugang gut angehbar. Es handelt sich dabei um häufige Herzfehler wie Vorhofseptumdefekte (ASD), partielle Lungenvenenfehlmündungen / Sinus-venosus-Defekt, Ventrikelseptumdefekte (VSD), Mitral- und Trikuspidalklappenfehler sowie partielle und einfache Formen der kompletten atrioventrikulären (AV-)Kanaldefekte (Tab. 1).
Tabelle 1: Spektrum der Herzfehler, dievia axillärer Minithorakotomie korrigierbar sind. |
Atriumseptumdefekt Typ I |
Partieller atrioventrikulärer (AV-)Kanal |
Sinus-venosus-Defekt |
Cor triatriatum |
Ventrikelseptumdefekt |
«Double chambered right ventricle» |
Kompletter AV-Kanal Rastelli Typ A |
Trikuspidalklappenvitien |
Mitralklappenvitien |
Diskussion
Nach wie vor stellt die mediane Sternotomie den Standardzugang für herzchirurgische Eingriffe dar. Diese ermöglicht eine optimale Exposition aller Herzstrukturen und der grossen Gefässe und die Korrektur des gesamten Spektrums angeborener Herzfehler. Allerdings bedeutet der Zugang durch das Sternum eine mehrwöchige Rekonvaleszenz bis zur vollständigen Knochenheilung und bei älteren Patienten bis zur vollen Belastbarkeit sowie eine bleibende deutlich sichtbare Narbe.
In den letzten Jahren wurden alternative Zugangswege empfohlen, die jedoch alle mit klaren Nachteilen behaftet sind. So führt zum Beispiel die subxiphoidale Thorakotomie auch zu einer unvorteilhaften Narbenlokalisation. Ein bedeutender Nachteil der über mehrere Jahre favorisierten anterolateralen Thorakotomie zeigt sich in der Gefahr von Brustwachstumsstörungen aufgrund der Verletzung von Brustdrüsengewebe bei präpubeszenten Patientinnen [1]. Bei der alternativen posterolateralen Thorakotomie besteht das Risiko der Entwicklung von Skoliosen und Thoraxdeformitäten aufgrund von zugangsbedingten Muskelschädigungen.
Diesbezüglich bietet die axilläre Minithorakotomie entscheidende Vorteile. Der Zugang erfolgt durch wenige Muskelschichten, die sich an ihren Ansätzen gut mobilisieren lassen und so in ihrer Funktion voll erhalten bleiben. Die Haut unterhalb der Axilla lässt sich von den darunter liegenden Geweben gut verschieben, sodass durch einen relativ kleinen Schnitt ein sehr übersichtlicher Zugang geschaffen werden kann. Das Drüsengewebe der Brust bleibt dabei unangetastet. Es besteht nur eine geringe Gefahr von Thoraxdeformitäten.
Festzuhalten ist, dass über diesen Zugang nur Herzfehler, die über eine Eröffnung des rechten Vorhofs korrigierbar sind, operiert werden können. Es handelt sich dabei allerdings um häufige Malformationen, die prozentual einen grossen Anteil am Gesamtspektrum der Herzfehler in allen Altersgruppen haben. So ist es möglich, durch diesen Zugang im Säuglingsalter einen VSD zu verschliessen als auch die Korrektur eines Mitralklappenfehlers beim Erwachsenen durchzuführen. Hinsichtlich technischer Aspekte ist kein spezielles und kostspieliges Instrumentarium nötig. Die Korrekturoperation kann mit etablierten Methoden erfolgen.
Die Ergebnisse von Korrekturen über eine axilläre Minithorakotomie sind bezüglich der unmittelbaren Operationsresultate (Mortalität und Morbidität) und des Langzeitverlaufs einer medianen Sternotomie gleichwertig [2–4]. Eine prospektive «matched-pair»-Studie von Yan et al. zeigte bei 104 Patienten mit ASD, VSD oder partiellen AV-Kanälen keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Perfusionszeit an der Herz-Lungen-Maschine, Aortenklemmzeit, postoperativen Beatmungsdauer, Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation und Dauer des Spitalaufenthalts. Auch hinsichtlich operativer Ergebnisse zeigten sich keine Unterschiede mit exzellenten Gesamtresultaten [5].
Diese Befunde werden durch eine weitere Studie von Wang et al. an 274 Patienten nach VSD-Verschluss bestätigt. Die peri- wie auch postoperativen Ergebnisse einer Minithorakotomie unterschieden sich nicht signifikant von denen einer medianen Sternotomie bei allerdings vorteilhafteren kosmetischen Ergebnissen und Patientenzufriedenheit nach Minithorakotomie [6]. Diese Resultate wurden im Rahmen einer langfristigen Nachuntersuchung von Dave et al. bestätigt: Nach axillärer Minithorakotomie traten weder Brust- noch Thoraxdeformitäten oder die Ausbildung von Skoliosen auf [4].
Eine neuere retrospektive Studie unseres Teams zeigt die Möglichkeit der Korrektur auch von komplexeren Herzfehlern wie kompletten AV-Kanälen via Minithorakotomie auf. Auch hier zeigten sich keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Zeit an der Herz-Lungen-Maschine, Aortenklemmzeit, Verweildauer auf der Intensivstation, Hospitalisationsdauer und operativen Ergebnisse [2].
Zusammenfassung
Mit der axillären Minithorakotomie besteht eine attraktive Alternative zur medianen Sternotomie für die Korrektur häufiger angeborener Herzfehler in allen Altersgruppen. Der operative Outcome und die Langzeitergebnisse sind gleichwertig. Seitens der Patientenzufriedenheit wird der minimalinvasive Zugang aufgrund von Frühmobilität und Kosmetik mit kaum sichtbarer Narbe und nur geringer Gefahr von Thoraxdeformitäten oder Brustwachstumsstörungen sehr geschätzt. Festzuhalten ist allerdings, dass die Erfahrung mit diesem Zugang bisher begrenzt ist und er nur an einzelnen Zentren als Zugang der Wahl etabliert ist und angeboten wird.
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
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Dr. med. Hannah Widenka
Klinik für Herz- und Gefässchirurgie
Inselspital
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CH-3010 Bern
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