Nachweis von SARS-CoV-2 mittels RT-PCR aus nasopharyngealem Abstrich
Eine Fallserie über die Schwierigkeiten in der klinischen Praxis

Nachweis von SARS-CoV-2 mittels RT-PCR aus nasopharyngealem Abstrich

Aktuell
Ausgabe
2020/2730
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2020.08554
Swiss Med Forum. 2020;20(2730):415-419

Affiliations
a Centre universitaire de médecine générale et santé publique (Unisanté), Lausanne; b Institut de Microbiologie de l’université de Lausanne, Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV), Lausanne
* Diese Autoren haben zu gleichen Teilen zum Artikel beigetragen.

Publiziert am 01.07.2020

Eine Fallserie, die die Grenzen der RT-PCR aus nasopharyngealen Abstrichen in der klinischen Praxis veranschaulicht.

Hintergrund

Seit den ersten Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus in der Schweiz berichten Ärzte an vorderster Front über Fälle von Patienten mit Symptomen, die auf ­COVID-19 hindeuten, bei denen aber der durch Retrotranskription und anschliessende «polymerase chain reaction» (PCR) mit SARS-CoV-2-spezifischen Primern analysierte Nasen-Rachen-Abstrich negativ ist. In diesem Zusammenhang ist die Beratung zum klinischen Management und zur Isolierung komplex, da eine SARS-CoV-2-Infektion möglich ist, auch wenn das mi­krobiologische Ergebnis das Gegenteil anzeigt.
Obwohl die analytische Leistung der SARS-CoV-2-PCR aus dem Nasen-Rachen-Abstrich in Schweizer Laboratorien ausgezeichnet ist, hängt die diagnostische Sensitivität von mehreren Parametern ab, darunter der Qualität der Probe, der Viruslast, dem Zeitpunkt der Entnahme im Verlauf der Erkrankung und der betroffenen Organe. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass der negative Vorhersagewert umso niedriger ist, je ­höher die Vortestwahrscheinlichkeit ist [1]. Somit kann eine Person mit isoliertem Husten ohne Anzeichen ­einer Ansteckung und einem negativen SARS-CoV-2-Abstrich vernünftigerweise als negativ betrachtet werden. Andererseits kann bei einer Person mit einer Symptomenkonstellation, die für COVID-19 sehr prädiktiv ist, wie Husten mit Fieber und Anosmie, die Diagnose aufgrund der hohen Vortestwahrscheinlichkeit nicht allein aufgrund eines negativen Tests definitiv ausgeschlossen werden. Ein zweiter SARS-CoV-2-PCR-Test ist dann indiziert. Die folgenden klinischen Vi­gnetten widerspiegeln Situationen, wie sie in unserer Klinik im März und April 2020, am Höhepunkt der SARS-CoV-2-Pandemie in der Schweiz, vorkamen, und veranschaulichen die Grenzen der PCR aus Nasen-Rachen-Abstrichen bei der Betreuung von Patienten mit Verdacht auf COVID-19.

Patientin #1

Eine 29-jährige Patientin mit bekanntem Asthma kommt in die Notaufnahme mit seit einem Monat andauernden trockenen Husten, Fieber seit einer Woche und seit drei Tagen Asthenie, Kopfschmerzen, Enge­gefühl in der Brust und Dyspnoe. Sie berichtet, dass ihr Pneumologe ihr, nach drei aufeinanderfolgenden negativen SARS-CoV-2-PCR-Tests aus Nasen-Rachen-Abstrichen im Verlauf der letzten vier Wochen, drei Tage zuvor ein Antibiotikum verschrieben habe, um eine bilaterale Lungenentzündung zu ­behandeln. Bei der klinischen Untersuchung ist die Sauerstoffsättigung normal, der exspiratorische Spitzenfluss ­beträgt 63% des prognostizierten Wertes, die Lungenauskultation ist unauffällig und die Thorax-Röntgenaufnahme ist normal. Eine mögliche Exazerbation des Asthmas wird als wahrscheinlichste Diagnose angesehen. Eine Verstärkung der üblichen Behandlung (Salmeterol, Fluticason, Salbutamol und Desloratadin) führt zu einer vorübergehenden Besserung. Drei Wochen später meldet sich die Patientin aber erneut auf der Notaufnahme wegen des Wiederauftretens von Husten, Atemnot, Brennen und Engegefühl in der Brust. Sie hat eine Temperatur von 37,3 °C, eine ­Sauerstoffsättigung von 97% und eine kardiopulmonale Auskultation mit diffusem Giemen. Aufgrund von Symptomen, die trotz mehrerer PCR-negativer Nasen-Rachen-Abstriche auf COVID-19 hindeuteten, wird eine SARS-CoV-2-Serologie durchgeführt, deren Resultat für IgG positiv ist.

Patientin #2

Eine 32-jährige Patientin mit bekanntem Asthma, die einen Monat zuvor im Zusammenhang mit einer grippeähnlichen Erkrankung negativ auf PCR SARS-CoV-2 getestet wurde, stellt sich der Notaufnahme vor. Sie leidet seit fünf Tagen an trockenem Husten, Odynophagie, Rhinorrhoe und Diarrhoe, seit drei Tagen an Dyspnoe und Engegefühl in der Brust mit retrosternalem Brennen, seit zwei Tagen an Anosmie, Dysgeusie und Bauchkrämpfen. Sie berichtet auch von einem Kontakt mit einem Kollegen, der kürzlich positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurde. Bei der klinischen Untersuchung liegt die Sauerstoffsättigung bei 96% und die kardiopulmonale Auskultation ist unauffällig. Eine Thorax-Röntgenaufnahme und ein Elektrokardiogramm werden als normal beurteilt. Es wird ein neuer Nasen-Rachen-Abstrich durchgeführt, der ein negatives PCR-Ergebnis für SARS-CoV-2 ergibt. Die Behandlung mit einer Kombination aus Budesonid und Formoterol führt zu keiner Verbesserung. Im Gegenteil, es entwickelt sich eine Asthenie, die Dyspnoe nimmt zu und das retrosternale Brennen verstärkt sich nach fünf Tagen. Ein dritter ­Nasen-Rachen-Abstrich für SARS-CoV-2 wird durchgeführt, der wieder ein negatives Resultat ergibt. Die Diagnostik weist auf eine Asthma-Dekompensation hin, aber angesichts des Fortbestehens der Symptome trotz verstärkter symptomatischer Behandlung und insbesondere aufgrund von einer Reihe von Symptomen, die stark auf COVID-19 hindeuten, wird eine SARS-CoV-2-Serologie angefordert. Das IgG-Ergebnis ist positiv.

Patientin #3

Eine 50-jährige Patientin mit vorbestehender Basedow-Hyperthyreose, Asthma und gut eingestellter Hypertonie entwickelt Anfang März Dyspnoe, begleitet von trockenem Husten und einem ungewöhnlichen subfebrilen Zustand, was zu einer ersten Konsultation in der Notaufnahme führt. Die Abklärung mit einer Blutuntersuchung auf Entzündungsparameter und eine Thorax-Röntgenaufnahme ergibt unauffällige ­Resultate. Ein erster nasopharyngealer Abstrich auf SARS-CoV-2 ist negativ. Vier Tage später meldet sie sich wieder wegen einer Verschlimmerung von Husten und Dyspnoe in Verbindung mit Schmerzen, mit 39,3 °C Fieber, Kopfschmerzen sowie Anosmie und Dysgeusie. Die klinische Untersuchung, Blutuntersuchung und eine neue Röntgenaufnahme sind unauffällig. Ein zweiter Abstrich ist negativ. Angesichts des Fortbestehens der Symptome wird eine enge telefonische Nachbeobachtung durch den behandelnden Arzt vorgenommen; schliesslich untersucht ein mobiles Team die Patientin erneut und führt angesichts des starken klinischen Verdachts einen 3. nasopharyngealen Abstrich durch. Dieser Abstrich ist wiederum negativ. Eine Asthma-Exazerbation aufgrund einer viralen Bronchitis wird als wahrscheinlichste Diagnose angesehen und die Therapie mit Bronchodilatatoren erneut erhöht. Drei Wochen später wird die Patientin aufgrund einer Pyelonephritis hospitalisiert; im Verlauf der Hospitalisation werden wegen anhaltenden Hustens und Atembeschwerden zwei weitere Abstriche durchgeführt, deren Resultat wieder negativ ist. Schliesslich wird ein serologischer Test auf IgG-Antikörper für SARS-CoV-2 durchgeführt, der positiv ausfällt. Im Rahmen eines elektiven urologischen Eingriffs wird zwei Wochen später erneut ein Abstrich durchgeführt, der wiederum negativ ist. Insgesamt wird die Patientin innerhalb von vier Wochen 6-mal Nasen-Rachen-Abstriche erhalten haben, alle negativ, während die 47 Tage nach dem Auftreten der Symptome durchgeführte serologische Untersuchunge positiv ausfällt.

Patientin #4

Eine 36-jährige Patientin mit zuvor gutem Gesundheitszustand stellt sich mit grippeähnlicher Erkrankung, Fieber, Myalgie und Odynodysphagie seit 10 Tagen in der Notaufnahme vor. Seit zwei Tagen leidet sie an Bauchschmerzen in Verbindung mit Durchfall und rektalen Blutungen. Eine SARS-CoV-2-PCR an einem Nasen-Rachen-Abstrich fällt negativ aus. Eine Blutuntersuchung zeigt eine Leukozytose von 17,8 G/l, CRP <1 mg/l und keine ­weiteren Anomalien. Eine Stuhlanalyse auf häufige Krankheitserreger ist negativ. Die CT-Angiographie des Abdomens und die Rektosigmoidoskopie zeigen eine schwere linksseitige Kolitis, die nach den anatomisch-pathologischen Befunden mit einer ischämischen Kolitis kompatibel ist (Abb. 1 und 2).
Abbildung 1: Computertomogramm des Abdomens nach Kontrastmittelinjektion (A: axiale Schnittführung; B: koronare Schnittführung) von Patientin #4: linksseitige Kolitis mit zirkumferentieller Wandverdickung (Pfeil) des gesamten linken Kolons, mit minimaler Infiltration des umgebenden Mesenterialfetts.
Abbildung 2: Rektosigmoidoskopie der Patientin #4 drei Tage nach Einsetzen der Verdauungsbeschwerden. Schwere links­seitige Kolitis, wahrscheinlich im Zusammenhang mit einer SARS-CoV-2-Infektion.
Eine anschliessend durchgeführte Serologie für SARS-CoV-2 ergibt einen IgG-positiven Befund. Die Patientin wird in der Gastroenterologie ambulant weiterbetreut mit gutem klinischen Verlauf unter einer entzündungshemmenden Behandlung mit Mesalazin.
Das Auftreten von drückenden, atmungsabhängigen, stark brennend empfundenen Brustschmerzen und das Wiederauftreten von Odynophagie veranlasst sie in der Folge zu einer erneuten Konsultation in der Notaufnahme. Bei einer vollständigen Untersuchung wird keine infektiöse oder kardiopulmonale Ätiologie gefunden. Die Patientin wird mit symptomatischer Behandlung nach Hause entlassen.

Diskussion

Die diagnostische Wertigkeit der PCR aus nasopharyngealen Abstrichen für die Diagnostik von COVID-19 ist nach wie vor ein wichtiges Thema für die Allgemeinmedizin. Diese vier Beispiele zeigen eine Realität im klinischen Alltag und veranschaulichen sowohl die Komplexität einer Pathologie mit vielfältigen klinischen Ausprägungen, deren Entwicklung nicht immer linear verläuft, als auch die Grenzen eines Tests, der trotz seiner ausgezeichneten analytischen Leistung nicht immer eine Bestätigung der Diagnose erlaubt, selbst im akuten Krankheitsstadium. Trotz einer analytischen Sensitivität von 100 bis 1000 Kopien/ml und der Tatsache, dass von insgesamt 27 anfänglich positiven Tests 26 erneut positiv sind (96% Sensitivität), kann es vorkommen, dass sich das Virus im Nasen-Rachen-Raum nicht oder nur vorübergehend vermehrt. Daher erlaubt ein negativer Test auf Nasen-Rachen-Ebene keinen Ausschluss von COVID-19, da der Test durch Abstrich der Nasenschleimhaut durchgeführt wird, während die Krankheit den Körper weit über die oberen Atemwege hinaus angreift. Obwohl die Indikation zur Serologie noch diskutiert wird, kann die Suche nach gegen SARS-CoV-2 gerichteten IgG-Antikörpern, sofern der Test zuverlässig ist, eine stattgefundene SARS-CoV-2-Infektion mit einer Sensitivität von 96% bestätigen oder ausschliessen, wenn die Serologie mehr als 15 Tage nach dem Auftreten der Symptome durchgeführt wird. Ein CT des Brustkorbs oder ein Lungenultraschall scheinen ebenfalls komplementäre diagnostische Optionen in Fällen einer schweren ­Lungenbeteiligung zu sein, und ihre Kombination mit einer PCR aus dem Nasen-Rachen-Abstrich würde die diagnostische Sensitivität nach neuesten Studien erhöhen. Es wird berichtet, dass ein CT eine Sensitivität von 88% (95% CI 86–100%) und eine Spezifität von 100% (95% CI 90–100%) [2] aufweist; die Wertigkeit des Ultraschalls ist derzeit weniger gut definiert, Studien sind im Gange [3].
Gemäss einer Analyse auf der Grundlage der ersten ­Literaturdaten während der COVID-19-Pandemie wurde die Sensitivität der PCR des Nasen-Rachen-Abstrichs auf 56 bis 83% geschätzt, mit einem negativen Vorhersagewert zwischen 88 und 95% für eine Vortestwahrscheinlichkeit von 30% und einem negativen Vorhersagewert zwischen 92 und 98% für eine Vor­­test­wahrscheinlichkeit von 10 bis 20% [1]. Die aktuelle Literatur zeigt eine signifikante Variabilität der geschätzten Sensitivität dieser PCR, die je nach Studie zwischen 24% und 91% schwanken kann [4]. Ai et al. haben gezeigt, dass seine Sensitivität bei 1014 Patienten, die mit einem typischen Thorax-CT-Befund einer viralen Pneumonie als Goldstandard hospitalisiert wurden, bei 65% (580/888 Patienten, 95% CI 62–68%) lag [5]. Neuere Studien zeigen eine etwas ­höhere Sensitivität der PCR im Vergleich zu Studien, die zu Beginn der Pandemie durchgeführt wurden: 83% nach Long et al. (30/36, 95% CI 67–94%) [6], 91% bei D0 nach Wong et al. (58/64, 95% CI 81–96%) [7], 79% nach He et al. (27/34, 95% CI 62–91%) [8] und 90% nach Lo et al. (9/10, 95% CI 55–100%) [9]. In der in Lausanne getesteten Gruppe wurde die PCR-Sensitivität auf 96% geschätzt (Greub, persönliche Mitteilung, 27. Mai 2020). Negative Vorhersagewerte von 70–98% können je nach Prävalenz der Krankheit geschätzt werden. Je höher die Vortest-wahrscheinlichkeit, desto geringer der negative Vorhersagewert des Tests [1].
Eine kürzlich publizierte Literaturübersicht durch gebündelte Analysen von 7 Studien zeigt, dass die SARS-CoV-2-PCR aus einem Nasen-Rachen-Abstrich eine schlechte Performance aufweist, wenn sie unmittelbar nach der Exposition mit SARS-CoV-2 durchgeführt wird [10]. Die Wahrscheinlichkeit eines falsch-negativen Resultats kann je nach Anzahl der Tage seit dem Auftreten der Symptome zwischen 20 und 100% variieren. In dieser Analyse betrug die Sensitivität des Tests am Tag der Exposition 0%, 62% zum Zeitpunkt des Symptombeginns etwa 4 Tage später und 80% 3 Tage nach Sym­ptombeginn. Danach wird mit der Zeit eine progressive Abnahme der Testsensitivität beobachtet [10]. Der Nutzen einer Wiederholung des Abstrichs ist daher gering, insbesondere mit mehr zeitlichem Abstand zum Auftreten der Symptome. Es ist jedoch sinnvoll, den Test mindestens einmal zu wiederholen für den Fall, dass der Abstrich nicht korrekt durchgeführt wurde. Wie unsere Fallserie und die aktuelle Literatur zeigen, sind die Ergebnisse der SARS-CoV-2-PCR aus Nasen-Rachen-Abstrichen daher mit Vorsicht zu interpretieren, vor ­allem bei zeitlicher Distanz zum Auftreten der Symptome und in Abhängigkeit von der klinischen und epidemiologischen Situation (Prävalenz der Krankheit in der untersuchten Bevölkerung). In der Abteilung für Innere Medizin des CHUV hatten mehr als 10% der mit der klinischen Diagnose COVID-19 hospitalisierten Patienten negative PCR-Ergebnisse [11].
Nach einer kürzlich durchgeführten Überprüfung der Leistungsfähigkeit von 9 Lateral-Flow-Schnelltests, die entweder IgG allein oder IgM und IgG nachweisen, scheint die Sensitivität hoch zu sein (zwischen 98,7% und 100% sowohl für IgM als auch IgG), während die Sensitivität kombinierter IgG- und IgM-Untersuchungen variabler ist (zwischen 72,7% und 100%) [12]. Diese Übersichtsarbeit umfasste jedoch nur Berichte der Hersteller selbst; glücklicherweise sind derzeit robuste und unabhängige Evaluierungsstudien im Gange, z.B. durch die «Foundation for Innovative New Diagnos­tics» in Genf und durch das «Centre National de Référence» in Frankreich, um die zuverlässigsten Testmarken zu ermitteln. Die IgG-Sensitivität hängt in hohem Masse von der Zeit seit dem Auftreten der Symptome ab, wie durch eine kürzlich durchgeführte US-amerikanische Studie bestätigt wurde. Diese ergab, dass die ELISA-Sensitivität von 53% nach 10 Tagen auf 96,9% nach 14 Tagen und 100% nach 17 Tagen anstieg [13]. Angesichts der Tatsache, dass die IgG-Antikörper relativ spät nach der Infektion auftreten (7 bis 21 Tage) und dass IgM nur eine begrenzte Sensitivität aufweisen, spielen serologische Tests derzeit eine begrenzte Rolle bei der Diagnose einer akuten Infektion und die PCR bleibt der Goldstandard [14]. Wie unsere vier klinischen Fälle zeigen, spielt die Serologie bei einem hohen klinischen Verdacht auf eine COVID-19-Infektion, der eine hohe Vortestwahrscheinlichkeit impliziert, und einer negativen PCR eine wichtige Rolle, um zu verstehen, ob anhaltende Symptome bei einigen Patienten mit einer akuten CoV-2-SARS-Infektion zusammenhängen.
Die in diesem Beitrag vorgestellten Patientinnen mussten zwar nicht hospitalisiert werden, hatten aber eine deutlich längere Symptomdauer als die in der Mehrzahl der Fälle beschriebenen 10 bis 14 Tage. Aktuell verfügen wir nur über wenige Informationen, um Personen mit Spätkomplikationen oder Symptomen, die länger als einen Monat andauern, zu behandeln und zu beraten. Neben der ungewöhnlich langen Dauer der Symptome ist es interessant, das Vorhandensein von nicht respiratorischen Symptomen wie Verdauungsbeschwerden, Brustschmerzen und Kopfschmerzen festzustellen, über die in ambulanten Einrichtungen sehr häufig berichtet zu werden scheint [15]. Da Studien ­bestätigen, dass SARS-CoV-2 auch in anderen Organen als dem Atmungssystem nachgewiesen werden kann, müssen die diagnostischen Implikationen und die durchzuführenden Tests für die Allgemeinmedizin besser untersucht werden [4]. Eine eingehendere Untersuchung dieser verschiedenen Elemente erscheint uns unerlässlich, um die verschiedenen klinischen Präsentationen von COVID-19 besser verstehen zu können, indem wir die verschiedenen uns zur Verfügung stehenden Testarten mit ihren jeweiligen Stärken und Einschränkungen verwenden und die Kriterien für die Verwendung dieser Tests auf ein breiteres Spektrum von Symptomen ausdehnen, die bisher nicht als Kardinalsymptome betrachtet wurden. Die Serologie scheint besonders bei Spätkomplikationen von COVID-19 wie kutaner Vaskulitis, Kawasaki-Krankheit, Guillain-Barré-Syndrom oder Meningoenzephalitis angezeigt, da eine ätiologische Diagnose in diesen Situationen die Behandlung beeinflussen kann.

Schlussfolgerung

Bei einem starken klinischen Verdacht auf COVID-19 muss der klinische Instinkt manchmal Vorrang vor ­einem negativen nasopharyngealen PCR-Ergebnis haben. Besteht trotz negativer PCR eine hohe Nachtestwahrscheinlichkeit, kann ein zweiter Test indiziert sein, wenn er weniger als 14 Tage nach Symptombeginn durchgeführt wird, mit oder ohne zusätzliche Thorax-Röntgenaufnahme. Später als 14 Tage nach Symptombeginn kann die IgG-Serologie für Entscheide über ­Behandlung und Diagnostik nützlich sein, wenn die Wahrscheinlichkeit von COVID-19 aufgrund der epidemiologischen Situation und/oder des klinischen Bildes hoch ist.

Das Wichtigste für die Praxis

• Bei einem starken klinischen Verdacht auf COVID-19 trotz eines negativen PCR-Ergebnisses kann eine serologische Untersuchung im diagnostischen Prozess nützlich sein, sofern die Symptome mindestens 14 Tage angedauert haben.
• Die Symptome können aufgrund von postinfektiösen proinflammatorische Phänomenen manchmal länger als die üblichen 2 Wochen fortbestehen, auch bei nicht hospitalisierten Personen.
• Die Symptome sind nicht notwendigerweise auf Fieber und eine Beteiligung der Atemwege beschränkt, wie jüngste epidemiologische Daten zeigen, sondern können auch andere Organsysteme mit thromboembolischen, digestiven, kardiologischen, neurologischen oder dermatologischen Symptombildern betreffen.
Wir danken Prof. Blaise Genton, Prof. Jacques Cornuz, Dr. Frédérique Zihlmann und Dr. Philippe Staeger für das Gegenlesen des Artikels, Dr. Antoine Topolsky und Dr. Anne Gallot Lavallée für die Auswahl und Interpretation der radiologischen Bilder, Prof. Alain Schoepfer und Dr. Claudia Sanna für die endoskopischen Bilder.
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Dr. med. Ioannis Kokkinakis
Centre universitaire de médecine générale et santé publique (Unisanté)
Département des ­Policliniques
Rue du Bugnon 44
CH-1011 Lausanne
ioannis.kokkinakis[at]unisante.ch
 1 Kokkinakis I, Selby K, Favrat B, Genton B, Cornuz J. [Covid-19 diagnosis: clinical recommendations and performance of nasopharyngeal swab-PCR]. Rev Med Suisse. 2020;16(689):699–701. Epub 2020/04/10. PubMed PMID: 32270938.
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