Ikterus: auf der Suche nach dem Auslöser
Eine Ausschlussdiagnose

Ikterus: auf der Suche nach dem Auslöser

Was ist Ihre Diagnose?
Ausgabe
2021/2526
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2021.08661
Swiss Med Forum. 2021;21(2526):441-445

Affiliations
Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV), Lausanne: a Service de médecine interne; b Service de pathologie

Publiziert am 23.06.2021

Ein 73-jähriger Patient mit bekannter valvulärer Herzkrankheit und arterieller Hypertonie wird aufgrund eines indolenten Ikterus mit acholischem Stuhl und Dunkelfärbung des Urins zugewiesen.

Fallbeschreibung

Ein 73-jähriger Patient mit bekannter valvulärer Herzkrankheit (schwere Aortenklappeninsuffizienz mit kardiogenem Schock infolge einer infektiösen Endokarditis bei negativer Blutkultur) und arterieller Hypertonie wird aufgrund eines indolenten Ikterus mit acholischem Stuhl und Dunkelfärbung des Urins zugewiesen. Er berichtet, dass eine Woche zuvor nach Konsum einer halben Flasche Wodka eine ähnliche Episode aufgetreten sei. Die Anamnese ergibt Hinweise auf riskanten Alkoholkonsum, nicht aber auf Auslandsreisen, die Anwendung von Paracetamol oder den Verzehr von Pilzen. Seine übliche Behandlung umfasst Acetylsalicylsäure, Losartan und Pravastatin. Die Endokarditis war zwei Wochen lang mit Gentamicin und sechs Wochen lang mit Amoxicillin/Clavulansäure (letzte Verabreichung vier Wochen zuvor) behandelt worden.
Der Patient ist hämodynamisch stabil, fieberfrei und weist einen guten Allgemeinzustand auf. Bei der klinischen Untersuchung werden eine Gelbfärbung der Haut und der Bindehaut sowie eine druckindolente Hepatomegalie festgestellt.
Die Laboruntersuchungen ergeben: Leukozyten 13,4 G/l, Hämoglobin 141 g/l, Thrombozyten 322 G/l, ­alkalische Phosphatase (ALP) 712 U/l (N: 36–108 U/l), γ-Glutamyltransferase (GGT) 2603 U/l (N: 10–71 U/l), Gesamtbilirubin 338 µmol/l (N: 0–21 µmol/l) und direktes Bilirubin 252 µmol/l (N: 0–10 µmol/l), Alanin-Aminotransferase (ALAT) 224 U/l (N: 11–60 U/l), Aspartat-Aminotransferase (ASAT) 225 U/l (N: 14–50 U/l), Quick-Wert 60% (N: 80–120%), INR 1,2, Faktor V 115% (N: 70–180%).

Frage 1: Welche Diagnose scheint zu diesem Zeitpunkt am wenigsten wahrscheinlich?


a) Choledocholithiasis
b) Autoimmunhepatitis
c) Medikamentös bedingte Hepatitis
d) Primär biliäre Cholangitis
e) Primär sklerosierende Cholangitis
Die Laborwerte weisen auf eine cholestatische Hepatitis hin. Die vorliegenden Veränderungen der Leberwerte sind vereinbar mit einer Choledocholithiasis, ­einer primär biliären und einer primär sklerosierenden Cholangitis. Eine medikamentös bedingte Hepatitis kann sich durch Zytolyse, Cholestase oder eine ­gemischte Störung äussern. Die Autoimmunhepatitis manifestiert sich dagegen hauptsächlich durch Zytolyse und ist in dieser Phase die am wenigsten wahrscheinliche Ätiologie.

Frage 2: Welche dieser Untersuchungen ist zu diesem Zeitpunkt am wenigsten sinnvoll?


a) Virushepatitis-Serologien
b) Bestimmung von Caeruloplasmin
c) Abdomensonographie
d) Bestimmung der antimitochondrialen Antikörper
e) Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie
Cholestase lässt sich einteilen in intrahepatische (bedingt durch hepatozelluläre Funktionsstörungen oder obstruktive Läsionen der Gallenkanälchen) und extrahepatische Formen (bedingt durch mechanische Ob­struktion der extrahepatischen Gallenwege). Im zweiten Fall kommt es zur Dilatation der Gallenwege, der erste Diagnoseschritt ist daher, eine allfällige Schädigung der Gallenwege mittels Abdomensonographie zu erfassen [3].
Bei jeglicher Veränderung der Leberwerte werden Tests zum Nachweis einer Virushepatitis (A, B, C, D und falls B positiv, E), des HI-Virus (HIV), des Epstein-Barr-­Virus (EBV) und des Zytomegalievirus (CMV) empfohlen [3].
Die Bestimmung von Caeruloplasmin zum Nachweis ­eines Morbus Wilson ist in dieser Phase nicht angezeigt, da keine weiteren klinischen (Alter unter 40 Jahren, ­Kayser-Fleischer-Kornealring, neurologische Symptome wie Tremor, Ataxie, Dystonie oder Demenz, psychiatrische Symptome wie Reizbarkeit, bipolare Störung oder Psychose) oder labormedizinischen Faktoren (Zytolyse, hämolytische Anämie) darauf hinweisen.
Wenn ein klinischer Verdacht besteht und sonographisch minimale, aber verdächtige Anomalien feststellbar sind, kann ergänzend eine Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP) durchgeführt werden [3].
Wenn keine Hinweise auf eine mechanische Obstruktion der Gallenwege festzustellen sind, wird eine intrahepatische Cholestase diagnostiziert. Der nächsteSchritt besteht in der Suche nach antimitochondrialen Antikörpern, die bei über 90% der Personen mit primär biliärer Cholangitis mit einer Spezifität von 95% nachweisbar sind (Abb. 1).
Abbildung 1: Vorgehen bei Störung der Leberwerte und Verdacht auf medikamentöse Ursache [1–3].
AIH: Autoimmunhepatitis; AMA: antimitochondriale Antikörper; ANA: antinukleäre Antikörper; CMV: Zytomegalievirus; EBV: Epstein-Barr-Virus; ERCP: endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie; HAV/HBV/HCV/HEV: Hepatitis-A-, Hepatitis-B-, Hepatitis-C-, Hepatitis-E-Virus; HIV: humanes Immundefizienz-Virus; MRT: Magnetresonanztomographie; PBC: primär biliäre Cholangitis; PSC: primär sklerosierende Cholangitis; R: Ratio = (ASAT/ULN)/(ALP/ULN), ALP: alkalische Phosphatase, ASAT: Aspartat-Aminotransferase, ULN: oberer Grenzwert des Referenzbereichs («upper limit of normal»); SMA: Antikörper gegen glatte Muskulatur («smooth muscle antibody»); US: Ultraschall.
Bei unserem Patienten zeigt die Abdomensonographie keine Dilatation der Gallenwege, aber das Vorliegen von Gallenblasenschlamm («Sludge»). Alle Virusserologietests verlaufen negativ, ebenso wie der Test auf antimitochondriale Antikörper. Ergänzend wird eine MRCP durchgeführt, die weder eine Gallenwegläsion noch eine Cholelithiasis zeigt.
Im weiteren Verlauf sind die Zytolyse und die Chole­stase in der Leber progredient (ALP 909 U/l, GGT 2730 U/l, Gesamtbilirubin 523 µmol/l, ALAT 295 U/l und ASAT 336 U/l).

Frage 3: Welche dieser diagnostischen Massnahmen ist nicht Teil der Ursachenabklärung?


a) Leberbiopsie
b) Endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP)
c) Bestimmung der antinukleären Antikörper
d) Bestimmung der Antikörper gegen glatte Muskulatur
e) Bestimmung der Immunglobuline und Typisierung der Fraktionen
Es gibt Überlappungssyndrome, die immunologische und histologische Merkmale der primär biliären / primär sklerosierenden Cholangitis und der Autoimmunhepatitis vereinen (Tab. 1). Die Bestimmung der IgG, der antinukleären Antikörper und der Antikörper gegen glatte Muskulatur ist darum Teil der Abklärung.
Tabelle 1: Differenzialdiagnose von Lebererkrankungen mit ihren labormedizinischen, radiologischen und histologischen Merkmalen [1, 5].
LebererkrankungLaborBildgebungHistologieAssoziation
Autoimmunhepatitis (AIH)– ASAT/ALAT >3–10× ULN
– ALP kann erhöht sein
– IgG erhöht
– ANA >1:40
– SMA Anti-LKM1 >1:80
Normal oder Zirrhose– Floride Interface-Hepatitis
– Rosetten
– Emperipolese
– Thyreoiditis
– Zöliakie
– Colitis ulcerosa
– Rheumatoide Arthritis
Primär biliäre Cholangitis (PBC)– ALP >3× ULN
– ASAT/ALAT nicht oder leicht erhöht
– AMA >1:40
– Spezifische ANA: Anti-gp210, Anti-sp100
Normal oder ZirrhoseFloride Gallengangs­destruktion: intra- und perikanalikuläres Entzündungsinfiltrat und Zerstörung des Gallengangsepithels– Sjögren
– Thyreoiditis
– Rheumatoide Arthritis
Primär sklerosierende ­Cholangitis (PSC)– ALP >3× ULN
– ASAT/ALAT nicht oder leicht erhöht
– atypische pANCA, ANA, SMA können vorliegen
Multifokale Stenosen und segmentale ­Dilatation des Ductus choledochusZwiebelschalenartige Fibrose um die intra­hepatischen GallengängeChronisch-entzündliche Darm­erkrankungen (CED)
IgG4-assoziierte CholangitisIgG4 erhöhtMultifokale Stenosen und segmentale ­Dilatation des Ductus choledochusEntzündungsinfiltration in den Gallengängen und Portalfeldern durch IgG4-positive PlasmazellenAutoimmun­pankreatitis
PBC-AIH-ÜberlappungssyndromPBC:
– ALP >2× ULN oder GGT >5× ULN
– AMA >1:40
Normal oder ZirrhosePBC: floride Gallengangsdestruktion 
AIH:
– ALAT >5× ULN
– IgG >2× ULN oder SMA
AIH: floride Interface-Hepatitis
PSC-AIH-ÜberlappungssyndromGleich wie AIHGleich wie PSCGleich wie AIH 
ALAT: Alanin-Aminotransferase; ALP: alkalische Phosphatase; AMA: antimitochondriale Antikörper; ANA: antinukleäre Antikörper; ASAT: ­Aspartat-Aminotransferase; GGT: γ-Glutamyltransferase; Anti-LKM1: «liver kidney microsomal type 1 antibody»; pANCA: antineutrophile zytoplasmatische Antikörper mit perinukleärer Anfärbung; SMA: Antikörper gegen glatte Muskulatur («smooth muscle antibody); ULN: oberer Grenzwert des Referenzbereichs («upper limit of normal»).
Ist anhand des labormedizinischen und immunologischen Profils und der MRCP keine Diagnose möglich, ist eine Leberbiopsie angezeigt, vor allem bei Fortschreiten der Leberschädigung [1, 3].
Durch die endoskopische retrograde Cholangiopan­kreatikographie (ERCP) können zwar allfällige Anomalien der Gallenwege gut dargestellt werden, gleichwohl ist sie bei unserem Patienten nicht indiziert, da die MRCP nicht auf eine Anomalie hindeutet.
Der Test auf antinukleäre Antikörper ist bei unserem Patienten mit 1:80 positiv (gesprenkeltes Muster), der Test auf Antikörper gegen glatte Muskulatur verläuft negativ. Die IgG-Konzentration liegt bei 11,3 g/l (N: 7–14,5 g/l), die IgG4-Konzentration bei 1,46 g/l (N: 0,011–1,04 g/l).
Die Leberbiopsie zeigt das histopathologische Bild einer akuten cholestatischen Hepatitis mit dystrophischen Läsionen der Gallenwege ohne Duktopenie oder Fi­brose (Abb. 2).
Abbildung 2: A) Dystrophie des Hauptgallengangs mit zytoplasmatischer Vakuolisierung und Apoptose; portale Entzündung und aktive duktale Reaktion (HE-Färbung, 40×). B) Lobuläre Entzündung und kanalikuläre und hepatozytäre Bilirubinostase (HE-Färbung, 40×).

Frage 4: Welche Diagnose stellen Sie angesichts dieser Ergebnisse?


a) IgG4-assoziierte Cholangitis
b) Alkoholische Hepatitis
c) Überlappungssyndrom zwischen primär biliärer Cholangitis und Autoimmunhepatitis
d) Medikamentös (durch Amoxicillin/Clavulansäure) bedingte Hepatitis
e) Medikamentös (durch Losartan) bedingte Hepatitis
Die IgG4-assoziierte Cholangitis weist dieselben Merkmale wie die primär sklerosierende Cholangitis auf. Sie ist in Betracht zu ziehen bei cholestatischer Hepatitis mit in der Bildgebung nachgewiesenen Veränderungen der Gallenwege, besonders in Verbindung mit einer Autoimmunpankreatitis [3]. In unserem Fall ist die IgG4-Serumkonzentration leicht erhöht, die Biopsie zeigt indes keine Infiltration der Portalfelder mit IgG4-positiven Plasmazellen: Eine IgG4-assoziierte Cholangitis kommt daher nicht in Betracht.
Die antinukleären Antikörper sind nicht signifikant positiv, die Antikörper gegen glatte Muskulatur und die antimitochondrialen Antikörper sind negativ und die IgG nicht erhöht, was ein Überlappungssyndrom ausschliesst.
Die in der Biopsie festgestellten histologischen Läsionen und insbesondere die Kombination einer cholestatischen Hepatitis mit Gallenwegsveränderungen sind sehr charakteristisch für eine Arzneimitteltoxizität durch Amoxicillin/Clavulansäure [4].
Eine alkoholische Hepatitis kann die histologischen Merkmale einer Cholestase aufweisen, verursacht aber nicht derartige Gallenwegveränderungen und manifestiert sich eher durch das Bild einer Steatohepatitis.
Losartan kann ebenfalls hepatotoxisch wirken, üblicherweise kommt es jedoch eher zu Zytolyse als zu Cholestase (Tab. 2) und ebenfalls nicht zu solchen Gallenwegsveränderungen, wie sie unser Patient aufweist.
Tabelle 2: Arten medikamentös bedingter Leberschäden [1, 2].
Medikamentös bedingte Leberschäden
Hepatozellulär (R >5)Cholestatisch (R <2 )Gemischt (2 <R <5)
Acetylsalicylsäure
Allopurinol
Buproprion
Diclofenac
Ethanol
Fluoxetin
Isoniazid
Ketoconazol
Lisinopril
Losartan
Methyldopa
Nevirapin
NSAR
Paracetamol
Paroxetin
Phenytoin
Pyrazinamid
Rifampicin
Risperidon
Ritonavir
Sertralin
Statine
Tetrazyklin
Trazodon
Valaciclovir
Valproinsäure
ACE-Hemmer
Amiodaron
Amoxicillin/Clavulansäure
Azathioprin
Azithromycin
Carbamazepin
Chlorpromazin
Clopidogrel
Diclofenac
Erythromycin
Ethanol
Ezetimib
Irbesartan
Ketoconazol
Naproxen
Nevirapin
Phenothiazine
Rifampicin
Sulfonylharnstoffe
Terbinafin
Trimethoprim/Sulfamethoxazol
Trizyklische Anti­depressiva
Amitriptylin
Azathioprin
Captopril
Carbamazepin
Clindamycin
Enalapril
Ibuprofen
Nitrofurantoin
Phenobarbital
Phenothiazine
Phenytoin
Sulfonamide
Trazodon
Verapamil
R = (ALAT/ULN)/(ALP/ULN)
ACE = «angiotensin-converting enzyme»; ALAT: Alanin-Aminotransferase; ALP: alkalische Phosphatase; NSAR = nicht­steroidale Antirheumatika; ULN = oberer Grenzwert des Referenzbereichs («upper limit of normal»).

Frage 5: Wie sollte bei unserem Patienten vorgegangen werden?


a) Die Kombination Amoxicillin/Clavulansäure muss gemieden werden.
b) Die Kombination Amoxicillin/Clavulansäure und alleiniges Amoxicillin müssen gemieden werden.
c) Die Kombination Amoxicillin/Clavulansäure muss gemieden und eine Kortikoidtherapie begonnen werden.
d) Die Kombination Amoxicillin/Clavulansäure muss gemieden und eine Therapie mit N-Acetylcystein begonnen werden.
e) Die Kombination Amoxicillin/Clavulansäure muss gemieden und eine Therapie mit Ursodesoxycholsäure begonnen werden.
Bei einer medikamentös bedingten Leberschädigung muss vor allem das fragliche Arzneimittel abgesetzt werden. Die Kombination Amoxicillin/Clavulansäure ist also zu meiden.
Über die alleinige Anwendung von Amoxicillin lässt sich dagegen diskutieren: Es wirkt nur selten lebertoxisch und mehreren Studien zufolge wurde es von Personen vertragen, bei denen durch Amoxicillin/Clavulansäure Schäden auftraten [5].
Für Kortikoide wurde kein Wirksamkeitsnachweis ­erbracht, ausser in Situationen, in denen man eine ­Hypersensitivitätsreaktion mit Progression der Chole­stase trotz Absetzen des Arzneistoffs vermutet, oder im Fall von extrahepatischen Manifestationen wie beim DRESS-Syndrom («drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms») [1].
Bei toxischer Hepatitis durch Paracetamol erhalten die Betroffenen N-Acetylcystein, bei Schäden, die durch andere Arzneistoffe ausgelöst werden, hat sich N-Acetylcystein aber nicht als wirksam erwiesen [1, 3].
Ursodesoxycholsäure wurde bei starker Cholestase im Rahmen einer medikamentös bedingten Leberschädigung eingesetzt, allerdings liegen nur sehr wenige ­Daten vor, welche die diesbezügliche Wirksamkeit belegen [6].

Diskussion

Medikamentös bedingte Leberschäden sind häufig: Studien zufolge sind Arzneistoffe in den Vereinigten Staaten, Europa und Japan die häufigste Ursache akuter Leberinsuffizienz [4].Die Diagnose ist schwierig, da Arzneistoffe vielfältige klinische und labormedizinische Bilder verursachen können (von asymptomatischer Störung der Leberwerte bis zu akuter Leberinsuffizienz), ein spezifischer Biomarker fehlt und die Latenzperiode je nach Arzneistoff variiert. Die Arzneimittelreaktion kann intrinsisch sein (vorhersagbar und dosisabhängig, etwa bei Paracetamol) oder idiosynkratisch: Diese zweite Form der Reaktion tritt am häufigsten bei Antibiotika und besonders bei Amoxicillin/Clavulansäure auf. Die weiteren Arzneistoffe, die infrage kommen, und die Art der Leberschädigung, die sie auslösen können, sind in Tabelle 2 zusammengefasst.
Nach Absetzen des fraglichen Arzneistoffs ist die Pro­gnose im Allgemeinen gut, nur in 10% der Fälle entwickelt sich eine akute Leberinsuffizienz [1]. Bei cholestatischen Läsionen ist die Prognose besser.
Die Diagnose medikamentös bedingter Leberläsionen bleibt eine Ausschlussdiagnose und erfordert eine sorgfältige Medikamentenanamnese, die auch vor mehreren Monaten abgesetzte Präparate umfasst. Die medikamentös bedingten Schäden weisen ein ähnliches klinisches und labormedizinisches Bild wie andere Lebererkrankungen auf. Die Biopsie ist nur selten spezifisch für eine medikamentös bedingte Schädigung, allerdings bisweilen nötig, um eine andere Dia­gnose auszuschliessen oder zu bestätigen. Ebenfalls angezeigt ist eine Biopsie, wenn eine Autoimmun­hepatitis differenzialdiagnostisch noch infrage kommt und darum eine Kortikoidtherapie nötig ist, wenn die Leberschädigung trotz Absetzen des fraglichen Arzneistoffs weiterhin besteht oder fortschreitet und wenn der fragliche Arzneistoff nicht abgesetzt werden darf [3]. Die Behandlung einer Leberschädigung mit Verdacht auf medikamentöse Ursache ist in Abbildung 1 zusammengefasst.

Antworten:


Frage 1: b. Frage 2: b. Frage 3: b. Frage 4: d. Frage 5: a.
Die Autoren haben deklariert, keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag zu haben.
Dr. med. Alice Bennani
Service de médecine interne, Centre Hospitalier ­Universitaire Vaudois
Rue du Bugnon 41
CH-1011 Lausanne
bennanialice[at]gmail.com
1 European Association for the Study of the Liver. EASL Clinical Practice Guidelines: Drug-induced liver injury. J Hepatol. 2019;70(6):1222–61.
2 Chalasani NP, Hayahi PH, Bonkovsky HL, Navarro VJ, Lee WM, Fontana RJ, et al. ACG Clinical Guideline: The Diagnosis and Management of Idiosyncratic Drug-Induced Liver Injury. Am J Gastroenterol. 2014;109(7):950–66.
3 European Association for the Study of the Liver. EASL Clinical Practice Guidelines: Management of cholestatic liver diseases. J Hepatol. 2009;51(2):237–67.
4 Hautekeete ML, Horsmans Y, Van Waeyenberge C, Demanet C, Henrion J, Verbist L, et al. HLA association of amoxicillin-clavulanate-induced hepatits. Gastroenterology. 1999;117(5):1181–6.
5 Vial T, Biour M, Descotes J, Trep C. Antibiotic-Associated Hepatits: Update from 1990. Ann Pharmacother. 1997;31:204–20.
6 Leise MD, Poterucha JJ, Talwalkar JA. Drug-induced liver injury. Mayo Clin Proc. 2014;89(1):95–106.