– Rezidive häufig und auch multipel vorkommend (10–20% der operierten Patienten).
N Engl J Med. 2020, doi.org/10.1056/NEJMoa2020473.
Verfasst am 17.12.2020.
Praxisrelevant
Wie lange Bisphosphonate geben?
Bisphosphonate, eingenommen während 3–5 Jahren, reduzieren bei Frauen das Risiko, Wirbel-, Femur- oder andere nicht vertebrale Frakturen zu erleiden. Zur Beantwortung der Frage, ob eine längere Therapiedauer (>5 Jahre) einen noch höheren Nutzen bringt, war die Evidenz bislang schwach (keine weitere Reduktion aller Frakturtypen, mit Ausnahme einer leichten Abnahme von klinischen – oder symptomatischen – Wirbelfrakturen). Eine Verlängerung der Therapiedauer für Frauen mit hohen Frakturrisiken wird in einigen Empfehlungen unterstützt, aber es wird auch zugegeben, dass die Evidenzbasis dafür dünn ist.
In dieser retrospektiven Kohortenstudie (knapp 30 000 Frauen, mittleres Alter 71 Jahre, 60% davon weisser Hautfarbe) waren 5 zusätzliche Therapiejahre mit einem Bisphosphonat nicht von einer weiteren Reduktion der Hüftfrakturrate begleitet.
Bezüglich Hüftfrakturen scheinen 5 Jahre Bisphosphonate also genügend, die Frage der Wirbelfrakturrate bei Hochrisikopatientinnen müsste in einer prospektiven Untersuchung geklärt werden. Ebenso die Frage, wann der Effekt der Bisphosphonate in Bezug auf Frakturprävention nachlässt: wirklich schon nach 5 oder erst nach 6 oder 7 Jahren zum Beispiel?
Wie sollen Patientinnen und Patienten unter oraler Antikoagulation wegen eines vorbestehenden Vorhofflimmerns oder nach venöser Thromboembolie nach einer Koronarintervention behandelt werden?
In diesen Fällen soll im Normalfall wegen zu grosser Blutungsrisiken auf eine dreifache Antikoagulation verzichtet werden und nur eine duale Antikoagulation (orale Antikoagulation und Plättchenhemmung mit einem P2Y12-Hemmer wie Clopidogrel, Prasugrel oder Ticagrelor) zur Anwendung kommen («strong recommendation»).
Basierend auf der Hypothese, dass lokale Entzündungsphänomene die Progression und die Rezidivhäufigkeit eines Subduralhämatoms mitbedingen (siehe «Fokus auf ...»), wurde Dexamethason seit 50 Jahren immer wieder ausprobiert.
Nun ergab eine plazebokontrollierte Studie (341 Studienteilnehmende Dexamethason, 339 Plazebo), dass der neurologische Verlauf nach der initialen Evakuation (bei >94% der Patientinnen und Patienten vorgenommen) durch Dexamethason verschlechtert wurde (primärer Endpunkt gemessen nach 6 Monaten, p <0,001). Einer der sekundären Endpunkte (Reoperationen) konnte wegen methodischer Mängel statistisch nicht ausgewertet werden. Numerisch gab es weniger Reoperationen in der Dexamethasongruppe. Dexamethason wurde über 14 Tage gegeben mit einer mittleren Gesamtdosis von 124 mg. Die Gründe für den schlechteren neurologischen Verlauf sind unklar, erwartungsgemäss kamen aber in der Dexamethasongruppe mehr Hyperglykämien, erstmalige Psychosen und Infekte vor.
Wegen der gegenwärtigen Euphorie über die ermutigenden Corona-Impfstoff-Resultate geht etwas vergessen, dass es keine gute Therapie gibt, die einen SARS-CoV-2-Infekt effektiv und zu vernünftigen Kosten behandeln könnte.
Von den sogenannten Nanobodies (siehe «Wussten Sie?» und zugehörige Abbildung), die Eiweisssequenzen auf dem sogenannten S(pike)-1-Protein erkennen, wurde gezeigt, dass sie hochspezifisch und enorm wirksam das SARS-CoV-2 neutralisieren und es an seinem Eintritt in die Wirtszelle hindern können. Diese Nanobodies können grundsätzlich schnell und in grosser Menge von mikrobiellen Systemen produziert werden. Sie sind ziemlich resistent gegen Inaktivierung durch Hitze, Lyophilisation und auch durch Aerosolisierung. Deshalb besteht Hoffnung, dass diese Nanobodies per inhalationem bei aktiven SARS-CoV-2-Infekten erfolgreich in die Luft- und Atemwege appliziert und therapeutisch genutzt werden können.
Mammakarzinom (1): Weniger Chemotherapie bei tumorgenetisch niedrigem Risiko
Die jetzt präsentierte RxPonder-Studie [1] fand bei etwa 5000 Frauen mit relativ niedrigem Progressionsrisiko (hormonrezeptorpositiv, HER-[humaner epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor-]2*-negativ, 1–3 regionäre Lymphknoten befallen), dass eine zusätzlich zur Hormontherapie applizierte Chemotherapie das Rezidivrisiko nach 5 Jahren nicht verminderte (in beiden Gruppen waren 92% der Frauen zu diesem Zeitpunkt rezidivfrei). Wie in der Vorläuferstudie (TAILORx [2]), die Frauen mit nodal negativen Mammakarzinomen untersucht hatte und zu gleichen Ergebnissen gekommen war, wurde eine genetische Risikoanalyse (Expressionsprofil von 21 Genen im Tumorgewebe) erstellt. Fiel diese tief aus, so konnten diesen Frauen zusätzliche Chemotherapien erspart werden.
*Dieser Rezeptor wird nun ERBB2 («erb-b2 receptor tyrosine kinase 2») genannt.
1 National Institutes of Health, news releases, 9.12.20, https://www.nih.gov/news-events/news-releases/some-postmenopausal-women-common-breast-cancer-may-forgo-chemotherapy
Mammakarzinom (2): Längere Chemotherapie von Nutzen
Auf der anderen Seite des prognostischen Spektrums (siehe oben) stehen leider diejenigen 15% aller Frauen mit Mammakarzinom, deren Tumor sogenannt triple-negativ ist (Östrogen-Progesteron- und HER2/ERBB2-negativ) und ein hohes Metastasenrisiko bedeutet. Diese Patientinnen werden deshalb mit verschiedenen Chemotherapeutika behandelt (Anthrazykline, Alkylanzien und Taxane).
Nach dieser Therapie verbesserte die Zugabe von oralem Capecitabin (eine oral verfügbare Pro-Drug von Fluorouracil) für ein Jahr die Wahrscheinlichkeit, nach 5 Jahren noch ohne Rezidiv zu sein, von knapp 76 auf knapp 86%. Unerklärt ist der fehlende Effekt auf die Mortalität nach 5 Jahren. Knapp 8% aller Frauen unter Capecitabin entwickelten eine eher schwere Form eines Hand-Fuss-Syndroms.
Das Luzerner Kantonsgericht hat am 17.12.2020 festgestellt, dass die Frequentierung eines Bordells bezüglich SARS-CoV-2-Ansteckungsrisiko gefährlicher als ein Coiffeurbesuch ist.
Teletext, 18.12.202.
Verfasst am 19.12.2020.
Neurologie: 2× negativ und 1× fast
Die Gabe des Gerinnungshemmers Tranexamsäure innerhalb von 4–5 Stunden nach Beginn einer intrazerebralen Hämorrhagie zeigte keinen Einfluss auf die Volumenzunahme der Hämorrhagie.
Hochdosiertes Biotin (vermutete Mechanismen: Erhöhung der ATP-Produktion in demyelinisierten Neuronen und/oder Förderung der Myelinreparation) konnte das Ausmass von Behinderung und das Gehtempo bei Patienten mit progressiver Multipler Sklerose nicht verbessern. Nebenwirkung: Biotin kann zu Fehlmessungen bei jenen Immunoassays führen, die auf einer Biotin-Streptavidin-Interaktion beruhen.
Das oral verfügbare Rimegepant (ein «calcitonin gene related peptide»-[CRGP-]Rezeptor-Antagonist) führte – in prophylaktischer Indikation – zu 4,3 mehr migränefreien Tagen pro Monat. Dies bei einem allerdings grossen Plazeboeffekt (3,5 zusätzliche migränefreie Tage pro Monat). Das resultierende p betrug 0,01.
Ohne den wissenschaftlichen, aber weit verbreiteten Slang ausgedrückt handelt es sich um sogenannte Einzeldomänen-Antikörper. Es sind gentechnisch hergestellte Antikörperfragmente, die der variablen Region der schweren Ketten (siehe Abbildung) entsprechen. Sie sind das kleinste Antikörperfragment (12–15 kD), das Antigene erkennen kann. Dies und ihre gute Wasserlöslichkeit machen sie zu attraktiven Kandidaten einer antikörperbasierten Therapie für verschiedene Krankheiten und in unterschiedlichen Organen. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, einzelne Nanobodies mit unterschiedlichen Antigenspezifitäten miteinander zu verbinden (zu multimerisieren), sodass – zum Beispiel – in der Bekämpfung viraler Infekte eine viel höhere Spezifität erreicht wird und die Therapie auch bei mutierenden Viren noch weiter therapeutisch wirksam bleiben kann. Man kreiert aus den Einzeldomänen-Antikörpern also wieder multivalente Nanobodies, in der antiviralen Therapie typischerweise bislang trivalente Antikörpermultimere.
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