Pneumotoxische Medikamente
Wenig bekannt, häufig nicht bedacht

Pneumotoxische Medikamente

Editorial
Ausgabe
2021/4344
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2021.08733
Swiss Med Forum. 2021;21(4344):736

Affiliations
Klinik für Pneumologie, Universitätsspital Zürich, Zürich

Publiziert am 27.10.2021

Wenig bekannt, häufig nicht bedacht.

Es gibt Medikamente, die der Lunge einen erheblichen Schaden zufügen können. Wird eine medikamentös-­toxische Schädigung der Lunge rechtzeitig erkannt, kann in den meisten Fällen eine rasche Besserung durch das Absetzen des auslösenden Medikaments und eine systemische Steroidbehandlung erreicht werden.
Die medikamentös-toxische Schädigung der Lunge präsentiert sich nicht in einheitlicher Form und ist ­daher meist nicht unmittelbar offensichtlich. Neben einer floriden Pneumonitis, wie im geschilderten Fall von Egli et al. in dieser Ausgabe des Swiss Medical ­Forum [1], können auch eine organisierende Pneumonie, eine eosinophile Pneumonie, eine Lungenfibrose oder andere Formen der Schädigung des Lungengewebes auftreten. Die Klassiker unter den pneumotoxischen Medikamenten sind Amiodaron, Methotrexat, Bleomycin und Nitrofurantoin. Heute sind es aber vor allem die modernen Antikörper, sogenannte Biologika wie Rituximab und Immuncheckpoint-Inhibitoren wie Nivolumab, Pembrolizumab, Ipilimumab oder Durvalumab. Bezüglich des kausalen Mechanismus sind neben einer direkten, immunologisch bedingten Toxizität dieser Medikamente auch therapieassoziierte pulmonale Infektionen zu erwähnen.
Ein vergleichsweise harmloser Husten infolge eines ACE-Hemmers wird in der Regel rasch erkannt und durch eine Therapieanpassung beherrscht. Wie geht man jedoch bei einer lebenserhaltenden Melanom-Therapie vor, die respiratorische Symptome verursacht und die Lungenfunktion beeinträchtigt? Hier gilt es, interdisziplinär abzuwägen, ob ein überwachtes Fortführen mit/ohne Kortikosteroide oder das Absetzen der Therapie die beste Lösung ist.
Besonders in Zeiten der Polypharmazie bei älteren Menschen kann es schwierig sein, ein potentiell pneumotoxisches Medikament rasch zu erkennen. Es gibt jedoch ausgezeichnete Webseiten, die hierbei Unterstützung bieten und zum Teil als App zum Download bereitstehen. Als bekannteste Webseite sei an dieser Stelle www.pneumotox.com erwähnt und empfohlen. Hier sind jegliche jemals beschriebenen pneumotoxischen Nebenwirkungen von Medikamenten hinterlegt. Neben Angaben zur Form der Lungenschädigung finden sich auch die dazugehörigen Verweise auf Fallberichte oder Studien.
Bei entsprechendem Verdacht oder einer «antibiotikaresistenten Pneumonie» sollten auf jeden Fall eine Computertomographie der Lunge sowie eine Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage (BAL) angestrebt werden. Letztere dient insbesondere zum Ausschluss einer Infektion. Die BAL-Zytologie mit gemischtem lymphozytär-eosinophilem Zellbild ist ein wichtiger Hinweis für das Vorliegen einer medikamentös induzierten Pneumonitis. Quod erat demonstrandum … wie Egli et al. in ihrem Artikel illustrativ und lehrreich ­beschreiben.
Die Autoren haben deklariert, keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag zu haben.
PD Dr. med.
Christian­ ­F. Clarenbach
Klinik für Pneumologie
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
CH-8091 Zürich
Christian.Clarenbach[at]
usz.ch
1 Egli S, Hess T, Goede J. Hypersensitivitäts-Pneumonitis. Swiss Med Forum. 2021;21(43–44):758–760.