Das Zwerchfell hat so seine Lücken
Angeborene und erworbene Hernien

Das Zwerchfell hat so seine Lücken

Übersichtsartikel
Ausgabe
2021/1314
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2021.08746
Swiss Med Forum. 2021;21(1314):214-218

Affiliations
Kantonsspital Winterthur: a Gastroenterologie und Hepatologie; b Viszeralchirurgie

Publiziert am 31.03.2021

Eine Lücke in der Barriere zwischen Brust- und Bauchraum stellt im Neugeborenenalter eine lebensbedrohliche Situation dar. Im Erwachsenenalter ist nur die Lebensqualität reduziert, dennoch kann eine Operation indiziert sein.

Einleitung

Das Zwerchfell (altdeutsch «zwerch» = quer) stellt in Form einer Muskel- und Sehnenplatte die anatomische und funktionelle Trennung zwischen Thorax- und ­Abdominalraum dar. Neben Öffnungen am Ort des Durchtritts der jeweiligen Organe (Ösophagus, Aorta, Vena cava) existieren physiologische Spalten, die nur aus Bindegewebe bestehen und potentielle Schwachstellen darstellen (Abb. 1).
Abbildung 1: Zwerchfellöffnungen (A: Aorta; V: Vena cava; O: Ösophagus) und Zwerchfelllücken (M: Morgagni; B: Bochdalek). © Dr. med. Tenzin Lamdark, Oberarzt, Klinik für Viszeral- und Thoraxchirurgie, Kantonsspital Winterthur.
Eine Hernie liegt vor, wenn es im Bereich dieser Lücken zum Durchtritt von Organen kommt. Selten sind Zwerchfellhernien angeboren (Morgagni-Hernien, Bochdalek-Hernien). Diese stellen perinatal eine Notfallsituation dar. Wenn sie sich aber erst im Erwachsenenalter präsentieren, entsprechen sie meist einem Zufallsbefund ohne klinische Relevanz. Im Gegensatz dazu sind erworbene, zumeist im Bereich des Hiatus oesophageus liegende Zwerchfellhernien ausgesprochen häufig. ­Aufgrund der mit ihnen vergesellschafteten Symptome und Komplikationen stellen sie einen häufigen Grund für Konsultationen bei Grundversorgern und Spezialisten dar. Der Schwerpunkt dieser Übersicht liegt deshalb auf der Hiatushernie und ihren Folgen.

Kongenitale Zwerchfellhernien bei Neugeborenen

Bereits frühe Anatomen beschrieben unnatürliche ­Öffnungen zwischen Thorax und Abdomen im Sinne von Kuriositäten. Vinzenz Alexander Bochdalek dokumentierte 1848 als Anatomieprofessor in Prag das Trigonum lumbocostale. 80% der kongenitalen Hernien betreffen diese Bochdalek-Lücke, wovon im Neugeborenenalter die grosse Mehrheit linksseitig zu finden ist. John Baptiste Morgagni beschrieb im 18. Jahrhundert Neugeborene mit Darmherniation durch eine substernale Öffnung in den Thoraxraum, die sowohl rechts- als auch linksseitig auftretende Morgagni-Hernie.
Kongenitale Hernien sind mit einer Inzidenz von 1–2/10 000 Geburten selten. Die Diagnose wird in der überwiegenden Zahl der Fälle mittels sonographischen Organ-Screenings im 2. Trimester gestellt. Der typische Befund ist die Darstellung von Abdominalorganen im Thorax mit konsekutiver Mediastinalverschiebung. Die weitere Abklärung erfolgt mittels Sonographie, Magnet­resonanztomographie (MRT) und genetischer Testung, wobei in bis zu 40% der Fälle ­assoziierte Anomalien vorhanden sind. In Fällen mit isolierter Zwerchfellhernie ist das Ausmass der Hypoplasie der unterentwickelten Lunge prognosebestimmend und muss deshalb abgeschätzt werden. Erst danach kann mit den Eltern über die individuellen Möglichkeiten von elektiver Entbindung, Schwangerschaftsabbruch und in ausgewählten Fällen auch fetaler Intervention befunden werden [1]. Postpartal ist das Management geprägt von einer routinemässigen Beatmung mit möglichst tiefen Drücken und permissiver Hyperkapnie. Daneben erfolgt die Behandlung der ­pulmonalen Hypertension. In den schwersten Fällen wird auch eine extrakorporelle Membranoxygenierung (ECMO) evaluiert. Erst anschliessend ist gemäss europäischem Consortium Consensus elektiv die chirurgische Korrektur empfohlen [2]. Mit diesem standardisierten Vorgehen konnte die Mortalität zwar verbessert werden, sie verbleibt aber mit rund 30% weiterhin hoch. Langzeitfolgen nach Korrektur der kongenitalen Hernie beinhalten restriktive Lungenerkrankungen, persistierende pulmonale Hypertension, gastroösophagealen Reflux und Entwicklungsverzögerungen [3].

Kongenitale Zwerchfellhernien bei Erwachsenen

Im Erwachsenenalter ist die Bochdalek-Hernie (Abb. 2) mit einer Prävalenz von 0,2–6% die häufigste kongenitale Hernie. Sie tritt etwas häufiger linksseitig auf und entspricht meist einem Zufallsbefund im Thorax-Computertomogramm (-CT) mit Nachweis einer Diskontinuität des posterioren Zwerchfellanteils mit einliegender Protrusion von Fettgewebe. Ist nur Fettgewebe betroffen, sind Bochdalek-Hernien fast immer asymptomatisch. Bei grösseren Bruchlücken können Nieren und im Verlauf auch weitere Organe in den Thorax ­hernieren. Eine Operationsindikation besteht lediglich bei Symptomen, die häufig unspezifisch sind und den Gastrointestinaltrakt betreffen. In der Regel ist ein laparo­skopischer Repair möglich. Aufgrund des über Jahre bestehenden Defekts ist ein Direktverschluss s­elten sinnvoll, sondern meist eine retroperitoneale Netzverstärkung notwendig. Rezidive sind bei retroperitonealer Lage selten.
Abbildung 2: Beidseitige fetthaltige Bochdalek-Hernie.
Retrosternale Hernien (Morgagni-Hernien; Abb. 3) sind im Erwachsenenalter häufiger rechtsseitig zu finden, möglicherweise bedingt durch die linksseitig stärkere Verankerung des Zwerchfells durch das Perikard. Sie beinhalten in der Regel omentales Fett, seltener Darm, Magen oder Leber. Auch retrosternale Hernien sind meist asymptomatisch. Sie können sich jedoch bemerkbar machen mit unspezifischem, epigastrischem oder retrosternalem Dyskomfort oder seltener auch respiratorischen Symptomen. Computertomographisch zeigt sich eine Fettmasse im kardiophrenischen Winkel, die sich differenziert von physiologischem ­epikardialem Fett durch die Diskontintuität des Zwerchfells und die dislozierten omentalen Gefässe. Bei einem laparoskopsichen Repair erfolgt die Naht des Zwerchfells soweit möglich mit häufig zusätzlicher Netzverstärkung. Hierbei muss bei der Netzfixation insbesondere auf den Lebervenenstern sowie das Perikard geachtet werden.
Abbildung 3: Rechtsseitige dünndarmhaltige Morgagni-Hernie.

Erworbene Zwerchfellhernien

Die Hiatushernie als häufigste Form der erworbenen Zwerchfellhernien entsteht im Bereich des Hiatus oesophageus zwischen den beiden Zwerchfellschenkeln. Diese formen zusammen mit dem phreniko-ösophagealen Ligament und dem unteren Ösophagus­sphinkter die Barriere gegen einen gastroösophagealen Reflux. Durch eine Hiatushernie kommt es zu einer ­Reduktion der intraabdominalen Länge des Ösophagus mit negativem Effekt auf die Funktion des unteren Ösophagus­sphinkters. Zusätzlich wird der Winkel ­zwischen Ösophagus und Magenfundus vergrössert und damit die Refluxbarriere weiter geschwächt. Als Risikofaktoren sind zunehmendes Alter und Adipositas bewiesen, wobei das Risiko parallel zum Body-Mass-Index zunimmt [4].
Es werden vier Subtypen unterschieden (Abb. 4). Beim mit 85% der Fälle häufigsten Typ I ist der gastroösophageale Übergang nach kranial oberhalb des Zwerchfellhiatus disloziert (axiale Hiatushernie). Beim seltenen Typ II verbleibt der gastroösophageale Übergang ­kaudal des Zwerchfells, aber der Magenfundus luxiert in den Thoraxraum (paraösophageale Hernie). Beim häufigeren Typ III sind sowohl gastroösophagealer Übergang als auch Fundus nach kranial disloziert ­(gemischte Form). Beim Typ IV hernieren zusätzlich Organe wie Kolon, Milz, Dünndarm oder Pankreas in den Thoraxraum [5].
Abbildung 4: Subtypen von Hiatushernien: 1 = axiale Hiatushernie, 2 = paraösophageale Hernie, 3 = gemischte Form, 4 = Herniation anderer Organe. © Dr. med. Tenzin Lamdark, Oberarzt, Klinik für Viszeral- und Thoraxchirurgie, Kantonsspital Winterthur.
Die Diagnose der Hiatushernie wird mittels Gastroskopie, CT, Kontrastmittelbreischluck oder Ösophagus-Manometrie gestellt, wobei jede Methode ihre Vorzüge aufweist. Es ist festzuhalten, dass vor allem die axiale Hiatushernie auch nur intermittierend auftreten kann. Der Vorteil der Endoskopie liegt in der Beurteilbarkeit der Schleimhaut inklusive Diagnose von ­Komplikationen wie Ösophagitis, Ulzera, Barrett-Schleimhaut, Neoplasien oder Magenulzera im Bereich des Zwerchfelldurchtritts (Cameron-Läsionen). Die Endoskopie ist vor einer allfälligen operativen Therapie deshalb unerlässlich. Die CT kann das Ausmass von paraösophagealen Hernien und die Dislokation extragastraler Organe dokumentieren. Der Kontrastmittelbreischluck liefert neben der Anatomie Informationen über funktionelle Aspekte im Sinne von Bolustransit und Sphinkterrelaxation. Mittels Ösophagusmanometrie können diese zudem in Echtzeit beurteilt werden. Bei einer Refluxerkrankung wird vor geplanter Operation in der Regel die Manometrie auch zur Beurteilung einer intakten Peristaltik gefordert [6].

Axiale Hiatushernie

Die axiale Hiatushernie beinhaltet als hauptsächliches Symptom die gastroösophageale Refluxerkrankung mit Sodbrennen, Regurgitation und extraösophagealer Symptomatik (Husten und Heiserkeit) und bei komplikativem Verlauf Dysphagie und Anämie.
Eine Therapie ist nur bei Vorliegen von Symptomen ­indiziert. Bei Refluxbeschwerden können Lifestyle-Modifikationen (Gewichtsabnahme, Höherstellen des Kopfendes des Betts, Weglassen später Mahlzeiten und bestimmter Nahrungsmittel) erwogen werden. Sie sind aber in der Regel zu einschneidend, als dass sie konsequent eingehalten würden [7]. Der Hauptpfeiler liegt deshalb in der anti­sekretorischen Therapie, wobei Protonenpumpeninhibitoren (PPI) den Antihistaminika, Antazida und Alginaten in der Wirksamkeit überlegen sind. Auch eine Kombinationsbehandlung kann beispielsweise bei nächtlichen Säuredurchbrüchen ­erwogen werden. Allerdings sind H2-Antihistaminika in der Schweiz seit September 2019 nicht mehr erhältlich, nachdem alle ranitidinhaltigen Präparate aufgrund von Verunreinigung zurückgezogen worden sind. Im Sinne von «choosing wisely» ist eine Reduktion der Medikamente auf die tiefste wirksame Dosis indiziert. Bei unkomplizierter Refluxerkrankung kann auch eine symptomorientierte «on-demand»-Therapie sinnvoll sein. Bei komplikativer Refluxerkrankung ist aber in der Regel eine Langzeitbehandlung indiziert. Die Wirksamkeit der PPI ist durch qualitativ hochwertige Evidenz gesichert und steht in keinem Verhältnis zu deren diskutierten Langzeitfolgen wie Clostridioides-difficile-Kolitis, Pneumonie, bakterieller Dünndarmüberwucherung, Osteoporose oder Demenz, ­bezüglich welcher die Evidenzlage weiterhin spärlich ist, auch wenn sie potentiell natürlich relevant sind [8].
Alternativ zur medikamentösen Langzeittherapie werden endoskopisch interventionelle Antirefluxverfahren laufend evaluiert. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie die Barrierefunktion des unteren Ösophagussphinkters mittels Implantation, Radiofrequenzbehandlung, Plikationstechniken oder Narbenbildung zu verstärken versuchen, aber die Anatomie des Zwerchfellhiatus nicht tangieren. Sie haben deshalb keinen Platz in der Behandlung einer relevanten Hiatushernie [9].
Eine Operation der axialen Hiatushernie kann indiziert sein, wenn trotz PPI-Therapie ein Volumenreflux mit Regurgitation von Nahrungsresten und gastro­duodenalem Sekret persistiert. Auch eine Intoleranz ­gegenüber oder Ablehnung von PPI kann eine Operationsindikation darstellen. Möglicherweise kann entgegen der früheren Lehrmeinung auch eine streng selektionierte Auswahl PPI-refraktärer Patientinnen und Patienten von einer Operation profitieren, sofern eine Refluxerkrankung gesichert ist [10]. Eine Cochrane ­Analyse aus dem Jahr 2015 bescheinigt der laparoskopischen Fundoplicatio gegenüber der medikamentösen Therapie eine kurzfristige Verbesserung der Refluxsymptome und der refluxspezifischen Lebensqualität. Im Langzeitverlauf sind diese Effekte aber nicht mehr signifikant. Langfristig bestehen auch bei den operierten Patientinnen und Patienten in 24% Refluxsym­ptome gegenüber 35% bei den medikamentös behandelten. Entsprechend benötigt zirka ein Viertel der Patientinnen und Patienten nach einer Operation langfristig wieder eine medikamentöse Behandlung. Auf der anderen Seite darf die Operation als sicher ­gelten mit einer Mortalität von höchstens 0,1%. Ihre Morbidität ist allerdings nicht zu vernachlässigen. ­Insbesondere besteht als Hauptkomplikation einer Fundoplicatio eine Dysphagie in über 10% der Fälle auch mittelfristig, zusätzlich zu den weiteren möglichen Nebenwirkungen wie vermehrten Blähungen, ­erschwertem Aufstossen und der Unmöglichkeit des Erbrechens. Daneben besteht das Risiko einer intraoperativen Verletzung von Vagus-Ästen mit einer konsekutiv verzögerten Magenentleerung [11, 12].
Seit 1951 existieren viele verschiedene Operationstechniken. Prinzipiell beinhalten alle Verfahren eine Rekon­struktion des Hiatus oesophageus mittels ­Cruroraphie und eines zusätzlichen Antirefluxprozederes (Abb. 5 und 6). Die am häufigsten verwendeten Verfahren sind hierbei die 270 °-(Toupet-) und 360 °-(Nissen-)Fundoplicatio. Hierbei wird der Magenfundus um den intraabdominalen Ösophagus geschlungen und dient als ­Refluxbarriere. Durch die Fundoplicatio-Manschette wird der distale Ösophagus in einem gestreckten ­Zustand gehalten, sodass der untere Ösophagusspinkter besser schliesst. Fundoplicatio-Manschetten reduzieren den Reflux, erhöhen aber auch die oben erwähnten ­Nebenwirkungen. Alternativen wie das Einbringen einer Silikonprothese oder eines Ma­gnetbandes konnten in den letzten Jahren keinen Vorteil gegenüber ­einer Fundoplicatio aufzeigen [13].
Abbildung 5: Hiatushernie (oranger Pfeil) mit teilluxiertem Magen (schwarzer Pfeil) in den Thorax.
Abbildung 6: Hiatus oesophageus mit Netzverstärkung (oranger Pfeil) nach dorsaler Cruroraphie (blauer Pfeil) und Reponierung des Magens (schwarzer Pfeil).
Ob mit medikamentöser oder chirurgischer Behandlung der Hiatushernie und Refluxerkrankung auch ­deren Langzeitfolgen wie Barrett-Ösophagus und Ösophagus-Adenokarzinom verhindert werden können, wird auch durch die aktuelle Literatur nicht mit Sicherheit beantwortet. Bezüglich PPI wird ein präventiver Effekt im Falle eines Barrett-Ösophagus in sowohl ­In-vitro-Studien als auch Metaanalysen von retrospektiven Beobachtungsstudien postuliert, allerdings mit allen damit verbundenen Vorbehalten [14]. Eine randomisierte Untersuchung bestätigt zumindest für den kombinierten Endpunkt aus Dysplasie, Karzinom und Mortalität eine signifikante Reduktion unter PPI und Azetylsalizylsäure [15]. Ob damit aber eine generelle Empfehlung zur Behandlung jedes Barrett-Ösophagus auch ohne Symptome oder Ösophagitis abgeleitet werden kann, ist nicht abschliessend beantwortet. In ­jedem Fall ist aber eine adäquate Behandlung von Symptomen und Ösophagitis empfohlen, ebenso wie die regelmässige endoskopische Surveillance-Untersuchung. Es ist belegt, dass damit Karzinome in früheren, besser behandelbaren Stadien diagnostiziert werden. Dies spiegelt sich auch in einer tieferen karzinomassoziierten Mortalität wieder, die nicht nur durch eine vorgezogene Diagnosestellung im Sinne eines «lead time bias» begründet zu sein scheint [16, 17].

Paraösophageale Hernien

Paraösophageale Hernien scheinen auf den ersten Blick trotz teils eindrücklicher Grösse nur wenig ­Symptome zu verursachen, da sie meist langsam über Jahre entstehen. Erst bei genauerer Anamnese kann häufig ein diffuses epigastrisches oder thorakales Druckgefühl eruiert werden. Gelegentlich kann es je nach Grösse durch den Volumeneffekt auf Lunge oder Vorhof auch zu Dyspnoe kommen. Auch bei grossen Hernien sind Refluxbeschwerden selten, häufiger sind Dysphagie oder Regurgitation. Nicht selten unterschätzt ist auch eine chronische Eisenmangelanämie durch mechanische Läsionen am Zwerchfelldurchtritt. Das Risiko des gefürchteten Volvulus mit Magenischämie ist mit weniger als 2% pro Jahr tief [18]. Die Morbidität und Mortalität eines laparaskopischen Eingriffs sind auch bei über 80-Jährigen heutzutage niedrig. Die Operationstechnik sollte von derjenigen einer Refluxoperation unterschieden werden. Bei grossen Hiatushernien sind die Zwerchfellschenkel meist stark ­geschwächt und eine alleinige Naht (Cruroraphie) führt häufig zu einem Rezidiv. Es ist bewiesen, dass die Netzverstärkung des Hiatus die Rezidivrate senken kann [19]. Da der Hiatus oesophageus starken Bewegungen unterworfen ist, sollte bei der Verwendung ­eines Netzes auf dessen Flexibilität sowie das Vermeiden des direkten Kontaktes mit dem Ösophagus geachtet werden. Gegenüber den Anfangszeiten sind in den letzten Jahren immer häufiger grosse Serien ohne Netzkomplikationen publiziert worden [20]. Eine Netzarrosion in den Ösophagus ist jedoch auch heute noch eine gefürchtete Komplikation. Zu beachten ist dies­bezüglich auch die Fixation des eingebrachten Netzes, wobei eine Fixation mit Tacker am Zwerchfell ­vermieden werden sollte, da dadurch bereits mehrere penetrierende Herz-/Perikardverletzungen beschrieben worden sind. Sehr kontrovers diskutiert wird, ob insbesondere bei älteren Personen ohne Refluxsym­ptome bei gemischten/paraösophagealen Hernien ­zusätzlich zur Rekonstruktion des Hiatus eine Fundo­plicatio ­notwendig ist. Durch das Vermeiden einer Fundoplicatio können mit einer solchen assoziierte Nebenwirkungen vermieden werden, man riskiert ­jedoch hiermit im Langzeitverlauf eine höhere Rezidiv-rate. Insbesondere fehlen hierzu grössere Studien, die eine partielle Fundoplicatio wie Toupet (270°) oder Dor (180°) mit einer alleinigen Pexie vergleichen.

Konklusion

Zusammenfassend stellen kongenitale Zwerchfellhernien im Neugeborenenalter eine Notfallsituation dar, im Erwachsenalter benötigen sie hingegen meist keine Behandlung. Auch erworbene Hiatushernien bedürfen nur bei Symptomen einer Therapie. Axiale Hiatus­hernien als häufigste Form sind medikamentös meist gut behandelbar, wobei Volumenreflux oder Medikamentenintoleranz Operationsindikationen darstellen können. Zu berücksichtigen sind dabei die möglichen ­Operationsfolgen wie Dysphagie, Bloating, Reoperation und die langfristig häufig erneut notwendige medikamentöse Therapie.

Das Wichtigste für die Praxis

• Die kongenitalen Zwerchfellhernien stellen im Neugeborenenalter eine lebensbedrohliche Situation dar, im Erwachsenenalter sind sie meist nur ein Zufallsbefund.
• Die erworbenen axialen Hiatushernien bedürfen nur bei Vorliegen von Symptomen einer Therapie. Häufigste Manifestation ist die gastroösophageale Refluxerkrankung mit ihren Komplikationen.
• Mögliche Operationsindikationen sind persistierender Volumenreflux trotz medikamentöser Therapie oder die Intoleranz/Abneigung gegenüber der medikamentösen Behandlung. Mögliche Operationsfolgen sind Dysphagie und Bloating sowie die langfristig häufig erneut notwendige medikamentöse Therapie.
• Die erworbenen paraösophagealen und gemischten Hiatushernien haben häufig trotz teils eindrücklicher Grösse nur wenig Symptome, da sie meist langsam über Jahre entstehen. Unter den erwähnten Symptomen darf im Alltag insbesondere die chronische Anämie nicht vergessen werden.
Wir danken Dr. med. Valentin Fretz, Radiologie, Kantonsspital ­Winterthur, für die computertomographischen Bilder und Dr. med. Tenzin Lamdark, Viszeral- und Thoraxchirurgie, Kantonsspital ­Winterthur, für die Gestaltung der beiden Graphiken (Abb. 1 und 4).
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Dr. med. Ueli Peter
Gastroenterologie und Hepatologie
Kantonsspital Winterthur
Brauerstrasse
CH-8400 Winterthur
ueli.peter[at]ksw.ch
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