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Die Hernie der weiblichen Leistenregion zeigt deutlich andere Charakteristika als wir sie von Männern her kennen. Das einfache Adaptieren männlicher Behandlungskonzepte auf die Frau ist nicht angemessen. Therapiekonzepte sind im Fluss, da geschlechtsspezifische, prospektiv randomisierte Studien mit den Zielkriterien Komplikations- und Rezidivraten, chronische Leistenbeschwerden, Patientenkomfort und Wirtschaftlichkeit noch fehlen.
Einleitung
Allgemein wird in Studien, so auch in Studien zu Hernien, Geschlechtsunterschieden wenig Beachtung geschenkt [1]. Unser Wissen zu Hernien der weiblichen Leistenregion stammt grösstenteils aus nationalen Datenregistern und basiert vor allem auf bei Männern erhobenen Daten, da nur etwa 9% aller Hernienoperationen bei Frauen erfolgen. Auf das weibliche Geschlecht eingeschränkte Studien sind in der Regel klein, randomisierte Studien und Metaanalysen existieren keine und es besteht lediglich eine Übersichtsarbeit [2]. In den Leitlinien [3–7] wird lediglich in der «HerniaSurge Group»-Leitlinie [4] ausführlicher auf Geschlechtsunterschiede eingegangen [8]. Die Empfehlungen der «HerniaSurge Group» haben eine Evidenzstufe («Level of Evidence» [LoE]: «high», «moderate», «low», «very low») von maximal «moderate» [4]. Eine Umfrage unter 822 Hernien-Chirurginnen und -Chirurgen zur Akzeptanz («Level of Consensus» [LoC[) der «HerniaSurge Group»-Leitlinien ergab eine allgemeine Zustimmung von 87% [9].
Hernienoperationen bei der Frau gelten als wenig anspruchsvoll [10, 11]. Meist werden die Behandlungskonzepte des Mannes auf die Frau adaptiert. Neue Daten belegen jedoch Geschlechtsunterschiede, welche dieses Vorgehen infrage stellen [12].
Anatomie der Leistenregion und Risiko der Hernienbildung
In der Leistenregion ist die Bauchdecke muskelfrei und stellt eine anatomische Schwachstelle dar. Henri Fruchaud beschrieb 1956 das «Orifice myopectinal» (OR) als den Ursprungsort aller Hernien (indirekte Inguinalhernie [IH], direkte IH und Femoralhernie [FH]) in der Leistenregion (Abb. 1) [13].
Menschen mit Hernien haben insgesamt ein grösseres OR als Menschen ohne Hernie [14]. Bei Männern ist das OR grösser als bei Frauen [15]. Frauen haben einen signifikant breiteren Musculus rectus abdominis als Männer [16]. Die kräftige Externusaponeurose deckt das OR komplett ab mit dem Resultat, dass Frauen keinen äusseren Leistenring aufweisen. Rein anatomisch betrachtet weisen Frauen somit eine insgesamt kräftigere Leiste als Männer auf [17–19]. Diese anatomischen Unterschiede alleine sind jedoch kein hinreichender Grund für das unterschiedliche Lebensrisiko für eine Hernienentwicklung von 3–6% bei Frauen und 20–42% bei Männern [2]. Andere Ursachen sind im Detail noch wenig geklärt [20]. Stattgehabte Geburten stellen keinen Risikofaktor für eine primäre Hernie dar [20, 21]. Körperliche Aktivität scheint bei Frauen einen protektiven Effekt auf die Hernienbildung zu haben [21]. Rauchen spielt vor allem bei der Rezidiventstehung eine Rolle [20, 23]. Eine positive Familiengeschichte ist ein Risikofaktor und weist auf eine komplexe, noch unverstandene genetische Ursache hin [20]. Gut untersucht sind Störungen des Kollagenstoffwechsels, die vor allem für mediale Hernien verantwortlich gemacht werden [24, 25].
Epidemiologie von Hernien der Leistenregion
Gesamthaft werden Operationen wegen Hernien in der Leistenregion in 97% wegen einer IH und in 3% wegen einer FH durchgeführt [26, 27]. 9% aller Operationen erfolgen bei Frauen und 91% bei Männern [12, 22, 28]. IH finden sich zu 9% bei Frauen und 91% bei Männern, FH zu 68,5% bei Frauen respektive 31,5% bei Männern [12, 22]. Frauen werden in 88% elektiv und in 12% notfallmässig, Männer in 96,5% elektiv und in 3,5% notfallmässig operiert. In der elektiven Situation, anlässlich von primären Hernien, besteht bei Frauen in 78% eine IH respektive in 22% eine FH, bei Männern in 98% respektive 2% (s. Tab. S1 im Online-Appendix des Artikels) [29]. Frauen weisen vor allem indirekte IH (56–73%) auf [12, 22, 29–32].In der Notfallsituation findet man bei Frauen in je 50% eine IH beziehungsweise eine FH, bei Männern in 94% beziehungsweise 5,5%. Das Risiko einer Hernienoperation steigt mit zunehmendem Alter. Im Herniamed-Register wurden 70% der Hernien erst bei Frauen über 50 Jahre operiert [33]. Der Höhepunkt der altersspezifischen Prävalenz für eine IH-Operation liegt bei beiden Geschlechtern bei 75–80 Jahren, für eine FH-Operation zwischen 80–90 Jahren [31].
Notfallsituationen
Das Eintreten einer Notfallsituation ist schicksalshaft und schwierig vorauszusagen. Eine Bruchlücke unter 3 cm ist ein Risikofaktor für einen Notfall [30]. Das Risiko einer Notfalloperation beträgt bei Frauen 12%, bei Männern 3,5% (s. Tab. S1 im Online-Appendix des Artikels) [2, 12, 30, 34]. Im Falle eines Notfalles sind Frauen durchschnittlich 14 Jahre, Männer 8,6 Jahre älter als bei elektiver Operation [12]. Bei beiden Geschlechtern sind die Patientinnen und Patienten kränker als beim elektiven Eingriff. Während bei elektiver Operation in 8% der Fälle ein ASA-(«American Society of Anesthesiologists»-)Score von 3–5 vorliegt, steigt der Anteil bei notfallmässiger Operation auf 29% bei der Frau und 28% beim Mann an [12]. Notfälle mit Darmbeteiligung treten bei Frauen dreimal häufiger auf als bei Männern [30, 34, 35], eine Darmresektion ist bei 0,3–16% der Frauen und 0,3–5,6% der Männer notwendig [30, 34]. Während Todesfälle in der elektiven Versorgung von Hernien mit 0,1% sehr selten sind, steigt das Risiko bei Darmbeteiligung auf bis zu 10,9% bei Frauen beziehungsweise 13,1% bei Männern [34, 35]. Aufgrund des erhöhten Risikos einer Notfalloperation sollte bei der Frau nach Diagnosestellung die Operation, auch bei geringer Symptomatik, nicht unnötig aufgeschoben werden. Das bei Männern als sicher geltende «watchfull waiting»-Konzept [36] bei wenig symptomatischen Hernien wird bei Frauen nicht empfohlen (LoE: «moderate») [4].
Femoralhernie
Generell erfolgen Hernienoperationen nur in 3% der Fälle wegen einer FH [23, 27]. Die Geschlechtsverteilung Frau zu Mann bei FH beträgt 68,5 zu 31,5% [12, 22]. Obwohl auch bei Frauen insgesamt die IH überwiegt [19], findet man in der elektiven Situation in 22%, unter Notfallbedingungen in 50% FH, bei Männern nur in 2 respektive 5,5% (s. Tab. S1 im Online-Appendix des Artikels) [12, 33]). Bei der Frau muss deshalb bei einer Schwellung im Inguinalbereich immer eine FH in Betracht gezogen werden (LoE: «moderate») [4]. Da FH häufig klein und oligosymptomatisch sind, ist die präoperative Diagnose, auch unter Zuhilfenahme von Bildgebung, schwierig. In einer britischen Studie hatten 81,5% des Patientenkollektivs, davon 78% Frauen, erst sieben Tage vor der Notfalloperation erste Symptome der FH aufgewiesen [37]. Das erhöhte Risiko von Frauen für eine Notfalloperation und eine Darmresektion geht vor allem zulasten der FH [27]. Es wird deshalb nach Diagnosestellung die rasche elektive Operation empfohlen (LoE: «low») [4, 27].
Präoperative Diagnose
Bei einer sichtbaren Schwellung in der Leistenregion macht die Diagnose einer Hernie keine Schwierigkeiten und die Patientinnen und Patienten können direkt der entsprechenden Therapie zugeführt werden (LoE: «low»; LoC: 94%) [4, 9]. Die klinische Unterscheidung zwischen IH und FH kann schwierig sein, vor allem bei adipösen Frauen. Die bei Männern übliche Exploration des äusseren Leistenringes mit dem Finger ist bei der Frau nicht möglich aufgrund des fehlenden äusseren Leistenringes [17, 38]. Wegen 8–30% nicht tastbarer Hernien («okkulte Hernie») [17, 38] und der hohen Wahrscheinlichkeit einer FH bei der Frau empfiehlt die «HerniaSurge Group» neben der klinischen Untersuchung die Sonographie als Untersuchung der ersten Wahl. Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) unter Valsalva werden erwogen im Falle einer negativen oder nicht konklusiven Ultraschalluntersuchung (LoE: «low») [4, 39]. Sollten eine transabdominelle präperitoneale Netzplastik (TAPP) oder total extraperitoneale Netzplastik (TEP) geplant werden, kann auf eine präoperative radiologische Abklärung verzichtet werden, da bei diesen Techniken ohnehin alle potentiellen Bruchpforten inspiziert werden [8, 40].
Differentialdiagnosen
Bei Frauen müssen ein Lipom des Ligamentum rotundum, die Ligamentum-rotundum-Zyste (Synonyme: Hydrocele muliebris, Nuck-Zyste) [41], die Gimbernatische Hernie (Zyste innerhalb des Canalis femoralis [41], Endometrioseherde im Verlauf des Ligamentum rotundum [42], ein herniertes Ovar, eine Bartholin-Zyste, Tumoren (vor allem Lymphome), Aneurysmata (meist Aneurysma spurium der Arteria femoralis nach Punktion) und ein Hüftgelenksganglion unterschieden werden. In der Regel gelingt eine Eingrenzung der Differentialdiagnose primär mit der Sonographie, in zweiter Linie mit CT oder MRT.
Leistenhernie in der Schwangerschaft
Operationen während der Schwangerschaft bedürfen einer besonders strengen Indikationsstellung. Das Auftreten einer primären Hernie in der Schwangerschaft ist selten und stellt kaum eine Operationsindikation dar. In einem systematischen Review machten in der Schwangerschaft vor allem umbilikale Hernien Probleme [43, 44]. In einer Studie an 20 714 schwangeren Frauen wiesen lediglich 25 (0,12%) eine Leistenhernie auf. In keinem Fall war eine elektive oder notfallmässige Operation notwendig. Alle Geburten verliefen ereignislos. Bei zehn Frauen verschwand die Hernie nach der Schwangerschaft [45]. Die venöse Schwellung entlang des Ligamentum rotundum («round ligament varicosity») ist eine – wenig bekannte – Differentialdiagnose der echten Hernie während der Schwangerschaft (LoE: «low») [4]. Die farbkodierte Dopplersonographie klärt die Fragestellung [46–48]. Diese durch physiologische Schwangerschaftsveränderungen auftretende Stauung der Venen entlang des Ligamentum rotundum ist in 93% der Fälle reversibel und erklärt das «Verschwinden der Hernie» durchschnittlich vier Wochen nach der Geburt [47]. Es wird von allen Autorinnen und Autoren, auch in den Leitlinien, eine «watchfull waiting»-Strategie empfohlen mit, falls die Herniendiagnose sich bestätigt, entsprechender Operation postpartum (LoE: «low») [4, 50, 51].
Therapie der Hernie in der Leistenregion bei der Frau
Hernienoperationen haben als weltweit häufigster allgemeinchirurgischer Eingriff eine grosse medizinische und sozioökonomische Bedeutung. Ein Trend zu Netzverfahren und der TAPP oder TEP bei Hernienoperationen ist international zu beobachten und findet seinen Niederschlag auch in den Leitlinien [4, 9, 28, 52]. Die Wahl der Operationstechnik erfolgt nicht nur aufgrund medizinischer Fakten. Einerseits stehen sich da die Lager der «Konventionellen» und die «Laparoskopikerinnen und Laparoskopiker» gegenüber, die teilweise dogmatisch ihre Technik in den Vordergrund stellen. Andererseits führt die behördliche Verordnung «ambulant vor stationär» dazu, dass das Methodenspektrum eingeschränkt wird, da eine TAPP oder TEP nur in Einzelfällen ambulant durchführbar ist.
Tabelle 1 fasst die derzeit bestehenden Gruppen von Operationstechniken für Hernien der Leistenregion zusammen. Es wird unterschieden zwischen Nahtverfahren («tissue repair») und Netzverfahren («mesh repair»). In Abhängigkeit der Platzierung des Netzes zur Hernie wird zwischen anterioren und posterioren Verfahren unterschieden (Abb. 2).
Tabelle 1: Die derzeit bestehenden Gruppen von Operationsverfahren für Hernien der Leistenregion. Bei Netzverfahren wird, in Abhängigkeit der Platzierung des Netzes in Bezug zur Hernie, zwischen anterioren und posterioren Verfahren unterschieden. Vergleiche hierzu auch Abbildung 2. | |||
Nahtverfahren («tissue repair») | Netzverfahren («mesh repair») | ||
Offen | Offen, anterior | Offen, posterior | Laparoskopisch/Endoskopisch, posterior |
– Shouldice – Transversalisplastik nach Barwell – Lotheissen-McVay | – Lichtenstein | – Stoppa – Transinguinale präperitoneale Netzplastik (TIPP) | – Transabdominelle präperitoneale Netzplastik (TAPP) – Total extraperitoneale Netzplastik (TEP) |
Die Leitlinie der «HerniaSurge Group» empfiehlt, bei entsprechender Expertise, die primäre unilaterale und bilaterale Hernie in der Leistenregion bei Frauen mit der TAPP oder TEP zu operieren (LoE: «moderate»; LoC: 77%) [4, 9]. Die Empfehlung beruht vor allem auf dem erhöhten Risiko für Reoperationen und chronische postoperative Schmerzsyndrome nach anterioren Operationen. Zudem ist die erhöhte Inzidenz von FH bei Frauen und die Tatsache, dass FH-Rezidive praktisch nur nach anteriorer Operation auftreten, zu beachten [23]. Der unbestrittene Vorteil der TAPP oder TEP ist die ausgezeichnete visuelle Beurteilung aller möglichen Bruchpforten und die Möglichkeit der Verstärkung des gesamten OR, was mit den anterioren Operationstechniken nicht möglich ist (LoE: «low») [4, 27, 28]. Im Falle eines Rezidivs wird bei einem primär anterioren Zugang (Lichtenstein, Shouldice) die TAPP oder TEP empfohlen (LoE: moderate; LoC: 91%) [4, 9]. Nach einem primär posterioren Zugang (TAPP, TEP) wird eine anteriore Operation empfohlen (LoE: «moderate»; LoC: 88%) [4, 9].
Diese Empfehlung ist beim Vorliegen einer oder bei Verdacht auf eine FH unbestritten. Die Notwendigkeit einer TAPP oder TEP in allen Fällen weiblicher Hernien wird jedoch unterschiedlich beurteilt. Die «Konventionellen» argumentieren, dass die wenig rezidivgefährdeten indirekten IH, die den überwiegenden Anteil der weiblichen IH ausmachen (56–73%), effizient mit einem Nahtverfahren (Shouldice) versorgt werden können und ein Netz nur bei den direkten IH und FH notwendig ist [32, 53, 54].
Die Lichtenstein-Operation ist bei der Frau einfach durchzuführen und weist keine wesentlich schlechteren Resultate als die TAPP oder TEP auf [29, 55]. Der Technik lastet jedoch ein erhöhtes Risiko chronischer Leistenbeschwerden an (Gefühlsstörungen, tastbares Netz), weshalb ein zurückhaltender Einsatz der Lichtenstein-Operation bei Frauen empfohlen wird [8, 52].
Konsens besteht hingegen wiederum, dass, im Falle einer anterioren Operationstechnik, in jedem Fall eine synchrone FH intraoperativ ausgeschlossen werden muss [4]. Beim intraoperativen Nachweis einer FH sollte dann ein präperitoneales Netzverfahren (transinguinale präperitoneale Netzplastik [TIPP]) Anwendung finden [8, 52, 56, 57].
Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass Chirurginnen und Chirurgen über das komplette Operationsspektrum verfügen müssen (LoE: «very low»; LoC 91%) [4, 9], um eine massgeschneiderte Operation anzubieten («tailored approach») (LoE: «very low»; LoC: 96%) [4, 9].
Umgang mit dem Ligamentum rotundum
Die Schonung des Ductus deferens und der Samenstranggefässe ist ein Hauptbestandteil der Hernienoperation des Mannes. Der Umgang mit dem Ligamentum rotundum der Frau ist weniger klar. Das Ligamentum rotundum und Äste des Ramus genitalis nervi genitofemoralis und des Nervus ilioinguinalis verlaufen im Leistenkanal eng verbunden. Eine Durchtrennung dieser Nerven kann zu störenden Gefühlsstörungen im Bereich der Leiste und der ipsilateralen Schamlippe führen. Die «HerniaSurge Group» empfiehlt, bei offener anteriorer Operation das Ligamentum rotundum zu schonen. Bei der TAPP oder TEP kann das Ligamentum durchtrennt werden, jedoch proximal des Eintrittes in den inneren Leistenring, um den Ramus genitalis nervi genitofemoralis zu schonen (LoE: «very low») [4].
Postoperative Resultate
Intra- und postoperative Komplikationen, Rezidivraten und die Rate an chronischen Leistenbeschwerden sind die wichtigsten medizinischen Qualitätsparameter in der Hernienchirurgie. Hernienoperationen verlaufen generell komplikationsarm. Im Herniamed-Register erfolgten 99% der Primäroperationen und 98,7% der Rezidivoperationen bei Frauen ohne Komplikationen [33].
Bei den Rezidivraten sind die Daten vorsichtig zu interpretieren. In den holländischen, dänischen und schwedischen Hernienregistern erfolgt in der Regel eine Gleichstellung Reoperation = Rezidiv. Diese Vereinfachung ist jedoch möglicherweise irreführend und unterrepräsentiert die Rezidivrate, da Daten aus dem deutschen Herniamed-Register zeigen, dass etwa die Hälfte der Rezidive nicht operiert werden [33]. Reoperationen waren bei 5,2% der Frauen und 6,2% der Männer notwendig (s. Tab. S1 im Online-Appendix des Artikels). Reoperationen erfolgten bei Frauen in 50,2% der Fälle wegen einer IH und in 43,4% wegen einer FH, bei Männern in 90 respektive 5,3% (s. Tab. S1 im Online-Appendix des Artikels). In der Studie von Schmidt, mit der TAPP oder TEP als Referenz, hatten offene anteriore Operationen ein relatives Risiko von 2,47 (95%CI 1,99–3,04) für eine Reoperation [31]. Auch andere Studien belegen ein höheres Risiko für eine Reoperation bei Frauen nach anterioren Operationen [12, 34, 58, 59].
Bezüglich akuter und chronischer Schmerzen muss bei Frauen generell mit einem schlechteren Behandlungsresultat als bei Männern gerechnet werden [2, 52, 54]. In einer Analyse von 15 601 Operationen bei Frauen zeigte die Lichtenstein-Operation, im Vergleich zu TAPP oder TEP und Nahtverfahren (Shouldice), ein signifikantes Risiko für Komplikationen und komplikationsbedingte Reoperationen, Rezidive und belastungsabhängige Schmerzen. Köckerling empfiehlt deshalb, bei Frauen entweder die TAPP oder TEP und, wenn eine FH sicher ausgeschlossen ist, die Shouldice-Technik [52].
Abkürzungen:
IH Inguinalhernie
FH Femoralhernie
LoC «Level of Consensus»
LoE «Level of Evidence»
OR «Orifice myopectinal»
TAPP Transabdominelle präperitoneale Netzplastik
TEP Total extraperitoneale Netzplastik
TIPP Transinguinale präperitoneale Netzplastik
Das Wichtigste für die Praxis
• Frauen haben häufiger Femoralhernien und ein höheres Risiko für eine Notfalloperation als Männer.
• Das Anwenden männlicher Behandlungskonzepte bei der Frau ist nicht empfehlenswert.
• Bei der Frau sollte nach Diagnosestellung die Operation nicht aufgeschoben werden.
• Das bei Männern als sicher geltende «watchfull waiting»-Konzept bei wenig symptomatischen Hernien wird bei Frauen nicht empfohlen.
• Chirurgeninnen und Chirurgen müssen über das komplette Methodenspektrum verfügen, um eine individuelle chirurgische Therapie anzubieten («tailored approach»).
• Leitlinien empfehlen die transabdominelle präperitoneale Netzplastik (TAPP) oder total extraperitoneale Netzplastik (TEP) als Methode der ersten Wahl.
Der Online-Appendix ist als separates Dokument verfügbar unter: https://doi.org/10.4414/smf.2021.08802.
Die Autoren haben deklariert, keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag zu haben.
© Dr. med. Othmar Werner, Narcotop Anästhesie, Rapperswil
Kopfbild: © Dr. med. Othmar Werner, Narcotop Anästhesie, Rapperswil
Dr. med. Duri Gianom
Centro di Competenza di Chirurgia
Clinica Luganese Moncucco
CH-6900 Lugano
Duri.Gianom[at]moncucco.ch
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