Lungenkomplikationen bei SARS-CoV-2-Infektion
Häufigkeit, Klinik und Behandlung

Lungenkomplikationen bei SARS-CoV-2-Infektion

Übersichtsartikel
Ausgabe
2021/3132
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2021.08876
Swiss Med Forum. 2021;21(3132):541-544

Affiliations
a Service de médecine interne, Département de médecine, Réseau hospitalier neuchâtelois (RHNe); b Université de Genève – Faculté de médecine; c ­Service de radiologie, Département d’imagerie médicale, Réseau hospitalier neuchâtelois (RHNe); d Service d’infectiologie, Département de médecine, Réseau hospitalier neuchâtelois (RHNe); e Service de pneumologie, Département de médecine, Réseau hospitalier neuchâtelois (RHNe)

Publiziert am 03.08.2021

L’année 2020 a été marquée par la pandémie au SARS-CoV-2. Cet article s’intéresse aux complications pulmonaires aiguës et subaiguës liées à ce dernier ainsi qu’aux manifestations pulmonaires à long terme.

Fallvignette

Ein 78-jähriger Nichtraucher leidet an Polymyalgia rheumatica, die mit Kortikoiden behandelt wird, und an einer Leukämie in Remission. Im Oktober 2020 wird er aufgrund einer Lobärpneumonie infolge einer Infektion mit SARS-CoV-2 («severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2») hospitalisiert. Der Patient wird mit Antibiotika und Dexamethason behandelt. Zehn Tage nach seiner Entlassung sucht er erneut ärztlichen Rat, da er an einer Dyspnoe mit atemabhängigem Thoraxschmerz und trockenem Husten leidet. Er weist eine Sauerstoffsättigung bei Raumluft von 94%, eine Tachypnoe von 22/min und eine subfebrile Körpertemperatur von 37,8 °C auf. Bei der Lungenauskultation wird ein abgeschwächtes vesikuläres Atemgeräusch im linken Lungenfeld festgestellt.
Das Thorax-Computertomogramm (-CT) zeigt eine deutliche Verschlechterung der SARS-CoV-2-bedingten Pneumonie mit Verschmelzen der Bereiche mit Milchglastrübung und Crazy-Paving-Muster und Auftreten peripherer Verdichtungen, wobei die Veränderungen nunmehr 50–70% des Lungenparenchyms betreffen (10–15% im ersten CT). Zu diesem Bild kommt links ein Hydropneumothorax mittleren Ausmasses hinzu (Abb. 1A und 1B). Auf den Angiographiesequenzen ist zudem eine leichte subsegmentale Lungenembolie am ventralen Culmen zu beobachten.
Nach Einlage einer Thoraxdrainage erholt sich der Patient gut und kann nach sieben Tagen entlassen werden. Derzeit ist er symptomfrei.

Einleitung

SARS-CoV-2 wurde erstmals Ende 2019 in der chinesischen Stadt Wuhan identifiziert und breitete sich anschliessend mit schweren gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen weltweit aus [1].
Das klinische Bild der Infektion variiert stark: Bei manchen Menschen treten nur geringe oder gar keine Symptome auf (rund 45% [2] und bis zu 77% in einer Population von 1271 jungen Militärangehörigen, die sich auf einem US-amerikanischen Flugzeugträger infizierten [3]), in anderen Fällen verläuft die Infektion tödlich (laut einer Studie geschätzte 1,4% von 44 672 bestätigten Fällen [4]). Die häufigsten Symptome sind: Fieber (70–90%), trockener Husten (60–86%), Dyspnoe (53–80%), Störung des Geruchs- und Geschmackssinns (64–80%), Asthenie (38%), Muskelschmerzen (15–44%), Übelkeit und Erbrechen sowie Durchfall (15–39%) [5].
Jedes Organ kann betroffen sein, die wichtigsten Komplikationen sind indes schwere Pneumonien, akutes Lungenversagen («acute respiratory distress syndrome» [ARDS]), kardiale Mitbeteiligung, Leberfunktionsstörungen (die zu akuter hepatozellulären Insuffizienz führen können) sowie Nierenfunktionsstörungen [6].
In diesem Artikel untersuchen wir die akuten und subakuten Lungenkomplikationen einer SARS-CoV-2-Infektion und geben einen Überblick über die langfristigen Lungenmanifestationen (Tab. 1).
Tabelle 1: Übersicht über die akuten Komplikationen einer SARS-CoV-2-Pneumonie.
 Häufigkeit der Fälle nach SARS-CoV-2-­PneumonieKlinisches BildDiagnoseAnmerkungen
Akutes ­Lungenversagen
(ARDS)
3–42%Klinische Verschlechterung 8–9 Tage nach Auftreten der ersten Atemsym­ptome«Berliner Definition» mit positivem PCR-Test auf SARS-CoV-2Engmaschige Überwachung bei: Atemfrequenz ≥30/min, Sauerstoffsättigung ≤92% (bei Personen ohne COPD) oder Quotient paO2/FiO2 <40 kPa (300 mm Hg)
Sekundäre ­organisierende PneumonieErhöht, aber keine Zahlen in der ­Fach­literatur Zweiphasiger Verlauf mit klinischer ­Verbesserung und erneuter ­Verschlechterung 8–9 Tage nach ­Auftreten der ­ersten AtemsymptomeLungenbiopsie mittels Bronchoskopie, ­üblicherweise aber klinisch-radiologische Diagnose– RECOVERY-Protokoll möglicherweise unzureichend
– 5–8% der Fälle entwickeln sich zu einer fulminanten Ateminsuffizienz, unter Umständen mit Todesfolge
Lungenembolie5–23%– Übliches Bild einer Lungenembolie ­(unspezifisch): Dyspnoe, Thoraxschmerz, ­Präsynkope oder Synkope, Hämoptyse
– Auftreten nach durchschnittlich 12 Tagen
CT-Angiographie des ­Thorax– Verdacht auf Lungenembolie bei Verschlechterung der Hypoxämie (Verringerung des paO2/FiO2-Quotienten), Auftreten von pulmonalarterieller Hypertonie oder eines akuten Cor pulmonale
– Behandlung gemäss der Arbeitsgruppe Hämostase der Schweizerischen Gesellschaft für Hämatologie
Pneumothorax/Mediastinal­emphysem1–2%Erste Symptome (Dyspnoe, atem­abhängiger Thoraxschmerz) treten durchschnittlich 10–15 Tage nach der COVID-19-bedingten Lungen­schädigung aufKlinisch und radiologisch (Röntgen, CT)– Starke Assoziation mit intubierten Patientinnen und Patienten (Barotrauma in 15% der Fälle)
– Kann auch bei Nichtintubierten auftreten
– Übliche Behandlung
– Achtung auf Verbreitungsrisiko beim Legen einer Thoraxdrainage
Lungenabszess<1%– Erneute klinische Verschlechterung mit erhöhtem Sauerstoffbedarf, ­eitrigem ­Husten, fluktuierendem Fieber und ­Thoraxschmerz
– Tritt bei COVID-19 im Allgemeinen 3–4 Wochen nach den ersten ­Lungensymptomen auf
Radiologisch (Röntgen, CT)– Behandlung in Abhängigkeit vom gegen die Pneumonie verabreichten Antibiotikum
– Antibiotikatherapie muss anaerobe Erreger abdecken
– Antibiotikatherapie ausreichend, in 11–20% der Fälle müssen aber eine Drainage oder Resektion erwogen werden
ARDS: «acute respiratory distress syndrome»; COPD: chronisch obstruktive Lungenerkrankung; CT: Computertomogramm; PCR: Polymerase-Kettenreaktion

Akutes Lungenversagen

Die gravierendste Komplikation ist das ARDS, das acht bis neun Tage nach den ersten Atemsymptomen auftritt. Davon sind 3–42% der Personen mit einer SARS-CoV-2-­bedingten Pneumonie betroffen [6–8]. Die Dia­gnose wird anhand der «Berliner Definition» gestellt (Tab. 2).
Tabelle 2: «Berliner Definition» des akuten Lungenversagens (ARDS) (2012) [44].
Zeitliches Kriterium: Hypoxämie beginnt akut innert einer Woche nach einem Ereignis.
Radiologisches Kriterium: Hypoxämie mit bilateralen radiologischen Infiltraten, die sich nicht allein durch einen Pleuraerguss, Noduli, Raumforderungen oder eine lobäre/pulmonale Atelektasen erklären lassen.
Klinisches Kriterium: Hypoxämie mit respiratorischem Versagen, das nicht durch Herzinsuffizienz oder Volumenüberladung erklärbar ist.
– Die Oxygenierung definiert drei Schweregrade des ARDS:
 Mildes ARDSModerates ARDSSchweres ARDS
paO2/FiO2 (kPa)26,8 < paO2/FiO2 < 4013,4 < paO2/FiO2 < 26,7paO2/FiO2 ≤13,3
PEEP≥5 cm H2O≥5 cm H2O≥5 cm H2O
ARDS: «acute respiratory distress syndrome»; PEEP: positiver endexpiratorischer Druck.
Die Lungenläsionen (Milchglastrübungen, Zerstörung von Lungenparenchym) breiten sich mit einer konsolidierenden Komponente aus und entwickeln sich zu fibrotischen Bändern [8–10].
SARS-CoV-2-bedingtes ARDS muss frühzeitig behandelt werden [11]. Gibson et al. empfehlen, mithilfe von Sauerstoff-Nasenbrillen und nasaler High-Flow-Sauerstofftherapie eine Sauerstoffsättigung von über 92% anzustreben, nichtinvasive Atemunterstützung zu vermeiden, Beatmung in Bauchlage vorzuziehen (scheint von Vorteil zu sein, auch ohne Intubation) und als letztes Mittel die extrakorporale Membranoxygenierung («extracorporeal membrane oxygenation» [ECMO]) zu erwägen [8]. Der mediane Zeitraum zwischen dem Beginn der ersten Atemsymptome und der Intubation beträgt 8,5 Tage [8].

Lungenembolie

SARS-CoV-2 ist assoziiert mit Gerinnungsstörungen und endothelialer Dysfunktion (wahrscheinliches Ungleichgewicht der pro- und antikoagulativen Funktion) [12]. In einer amerikanischen Studie zeigten von 100 Hospitalisierten 23% im Thorax-CT eine Lungenembolie, die durchschnittlich innert 12 Tagen nach Auftreten der ersten Symptome diagnostiziert wurde [13]. Von den auf der Intensivstation behandelten Personen traten bei 30% thromboembolische Ereignisse auf, davon waren 15–29% Lungenembolien [14].
Abbildung 1: Verlauf einer SARS-CoV-2-Pneumonie im Thorax-Computertomogramm (-CT): Die koronaren Rekonstruktionen der CT-Angiographie des Thorax während der Dekompensation (A) und der Untersuchung 15 Tage davor bei der Diagnose von COVID-19) (B) zeigen eine deutliche Ausbreitung der SARS-CoV-2-Pneumonie (von 10–15% auf 50–70% des Lungenparenchyms) und gleichzeitig die Entwicklung zu einer subakuten Form mit Verdichtungen; als Komplikation kommt links ein Pneumothorax mittleren Ausmasses hinzu.
Folgende Elemente legen den Verdacht auf Lungenembolie nahe: Verschlechterung der Hypoxämie (Verringerung des paO2/FiO2-Quotienten), Verschlechterung der Dyspnoe, Auftreten von pulmonalarterieller Hypertonie oder eines akuten Cor pulmonale sowie Erhöhung der Gerinnungsmarker (Fibrinogen, D-Dimere) [12, 13].
Die Diagnosetests und die Antikoagulation sind standardmässig [15]. Den Fachleuten zufolge rechtfertigt allerdings die Prävention thromboembolischer Ereignisse bei Risikopatientinnen und -patienten eine höhere Dosierung, besonders wenn sie intensivmedizinisch behandelt werden [16].

Pneumonie und Superinfektion

Die virale Pneumonie ist die häufigste Manifestation einer SARS-CoV-2-Infektion [17]. Sie äussert sich durch Fieber, Husten, Dyspnoe und beidseitiges Infiltrat im Röntgen-Thorax [17]. Das CT zeigt Milchglastrübungen, die mehr oder weniger mit intra- und interlobulären Retikulationen verbunden sind, sowie Konsolidierungen, die oftmals beidseitig peripher und betont inferior verteilt sind [18].
Bei klinischer Verschlechterung (rund eine Woche nach Auftreten der Symptome) zeigt das CT häufig Milchglastrübungen mit Konsolidierung des Lungenparenchyms und Läsionen in mehr als drei Lungenlappen [9].
Die Behandlung schwerer Fälle von SARS-CoV-2-Pneumonie umfasst eine empirische Antibiotikatherapie, um eine allfällige bakterielle Superinfektion abzudecken, und 6 mg Dexamethason während zehn Tagen (wodurch der RECOVERY-Studie zufolge einer Verringerung der Mortalität bei schwerem Verlauf erreicht werden kann [19]). Auch wenn in vielen Fällen (72%) ein Breitbandantibiotikum verabreicht wird, bestätigt sich selten eine Koinfektion durch Bakterien oder Pilze (in 62 von 806 Fällen in der Studie von Rawson et al.) [20]. Die am häufigsten nachgewiesenen Bakterien sind Pneumokokken, Haemophilus influenzae und Staphylococcus aureus, während intrazelluläre Erreger seltener vorkommen [21]. Sekundäre Pilzinfektionen (Aspergillus) werden hauptsächlich bei Schwerkranken beschrieben [20].
Die Heilungsprognose bei SARS-CoV-2-Pneumonie ist gut (97,1%) [9], allerdings können auch Komplikationen auftreten (Tab. 1) [10, 22, 23].

Lungenabszess

Der Lungenabszess ist eine Komplikation, die nur in Ausnahmefällen auftritt (weniger als 1% der Fälle) [24, 25]. In klinischer Hinsicht ist bei den Betroffenen drei bis vier Wochen nach Beginn der Symptome eine weitere Zustandsverschlechterung zu beobachten (Husten mit eitrigem Auswurf, fluktuierendes Fieber, erhöhter Sauerstoffbedarf, Thoraxschmerzen) [25, 26].
Die Pathophysiologie umfasst mechanische (invasive Beatmung), infektiöse (Superinfektion der Lunge durch Bakterien oder Pilze) und immunologische Faktoren (Zerstörung von Lungenparenchym infolge einer Entzündungsreaktion) [25]. Der RECOVERY-Studie zufolge begünstigt möglicherweise ein iatrogener Mechanismus (Kortikoidbehandlung) die Superinfektion durch Bakterien und Pilze und somit die Abszessbildung [27].
Bei der Wahl des Antibiotikums muss die vorgängige Antibiotikatherapie berücksichtigt und darauf geachtet werden, dass die üblichen aeroben Erreger ebenso abgedeckt sind wie die anaeroben (die in zwei Drittel der Lungen­abszessfälle nachgewiesen werden) [28]. Die Behandlungsdauer hängt von der klinischen und radiologischen Entwicklung ab, beträgt aber mehrere Wochen [28].

Pneumothorax, Mediastinalemphysem

Der Pneumothorax ist eine seltene Komplikation, die in 1–2% der SARS-CoV-2-Infektionen auftritt. Noch seltener ist das Mediastinalemphysem [23].
Der Mechanismus, der dem Pneumothorax zugrunde liegt, scheint direkt und indirekt zu sein. Ein sekundärer Pneumothorax kann bei bestehender Lungenkrankheit (etwa Emphysem, nekrotisierende Pneumonie) nach einem Hustenstoss auftreten. Ein Barotrauma tritt als Komplikation bei 15% der intubierten und mit positivem Druck beatmeten Personen mit SARS-CoV-2-­Infektion auf [29]. Allerdings beobachteten Martinelli et al. in einer retrospektiven europäischen Studie, in die 71 Personen mit Pneumothorax und SARS-CoV-2-­Pneumonie eingeschlossen wurden, diese Komplikation bei Patientinnen und Patienten ohne vorbestehende Lungenläsion (72% der Fälle) und ohne Tabakkonsum (82% der Fälle) [30]. Die Hypothese der direkten Zerstörung des Lungenparenchyms durch SARS-CoV-2 und der Bildung von Zysten als Mechanismus, der zum Pneumothorax führt, scheint umso wahrscheinlicher, als diese Läsionen gelegentlich im Zuge der radiologischen Entwicklung der Krankheit beschrieben werden [10, 18, 30–32].
Der sekundäre Pneumothorax im Rahmen einer SARS-CoV-2-Pneumonie wird auf die übliche Weise behandelt. Eine Thoraxdrainage könnte das Risiko der Verbreitung durch Aerosole erhöhen [33]. Die Person, welche die Drainage legt, muss darum entsprechend ausgerüstet sein und das Drainagesystem gemäss den Empfehlungen absichern [33]. Das Mediastinalemphysem wird symptomatisch behandelt, solange keine Anzeichen auf Komplikationen, etwa auf eine Kompression mediastinaler Strukturen, vorliegen [34].

Sekundäre organisierende Pneumonie

Die organisierende Pneumonie ist eine spezifische Form der Entzündung des Lungengewebes, die auf eine infektiöse, entzündliche, neoplastische oder medikamentöse Schädigung zurückgehen kann [35].
Der genaue Anteil der Patientinnen und Patienten, die im Rahmen einer SARS-CoV-2-Infektion eine sekundäre organisierende Pneumonie entwickeln, ist nicht bekannt, die Prävalenz ist im Laufe der Erkrankung indes signifikant [36]. Vadász et al. stellen in ihrer Kohorte beispielsweise in 12,5% der Fälle eine organisierende Pneumonie fest [37].
Eine Woche nach Einsetzen der Atemsymptome und einer einige Tage anhaltenden klinischen Verbesserung zeigt sich bei den Betroffenen eine Dyspnoe, die sich in 5–8% der Fälle rasch zu einer fulminanten Atem­insuffizienz entwickelt, unter Umständen mit Todesfolge durch diffuse Lungenfibrose [35, 36]. Die Biopsie mittels Bronchoskopie ist die Untersuchung der Wahl zur Bestätigung einer organisierenden Pneumonie, wird bei schwerer Atem­insuffizienz aber nur selten durchgeführt [35, 38]. In bilddiagnostischer Hinsicht unterscheidet sich die sekundäre SARS-CoV-2-bedingte organisierende Pneumonie nicht von anderen Formen der organisierende Pneumonie (etwa von der kryptogenen Form) und manifestiert sich durch beidseitig periphere, plurifokale Verdichtungen, die mehr oder weniger mit Milchglastrübungen einhergehen (Halozeichen), die oftmals eine migrierende und selten eine fibrosierende Entwicklung zeigen [36].
Die Gabe hochdosierter Kortikoide über einen längeren Zeitraum und mit schrittweisem Ausschleichen bleibt bei der organisierende Pneumonie die Behandlung erster Wahl. Sie ermöglicht rasch die Verringerung des Sauerstoffbedarfs und die Verbesserung des radiologischen Bildes (Stabilisierung oder Abnahme der Milchglastrübungen) [36].

Langfristige Lungenkomplikationen und Perspektiven

Zahlreiche Patientinnen und Patienten berichten darüber, dass auch mehrere Monate nach einer SARS-CoV-2-­Pneumonie chronischer Husten, Belastungsdyspnoe und Müdigkeit fortbestehen [39]. Die häufigste Funk­tionseinschränkung ist die Verringerung der Diffu­sionskapazität der Lunge: Je nach Studie ist sie bei bis zu 50% und mehr der aufgrund einer SARS-CoV-2-Infektion Hospitalisierten nach vier Monaten festzustellen [40, 41]. Manche Autorinnen und Autoren verweisen auf die Möglichkeit langfristiger Komplikationen infolge von SARS-CoV-2-bedingten Lungenschäden, und zwar aufgrund der Extrapolation der pathophysiologischen Mechanismen später Lungenkomplikationen nach der SARS-CoV-Pandemie 2003 («severe acute respiratory syndrome» hervorgerufen durch SARS-CoV) und der MERS-CoV-Epidemie 2012 («Middle East respiratory syndrome coronavirus») [42]. Lechowicz et al. geben an, dass unter Personen, bei denen infolge der SARS-CoV-Infektion eine Lungenschädigung aufgetreten war, bei 21% nach neun Monaten eine Lungen­fibrose festzustellen war [42].
In der Fachliteratur werden einige Fälle pulmonalarterieller Hypertonie nach SARS-CoV-2-Infektion mit schwerem Verlauf beschrieben. Der Hypothese von Van Dongen et al. zufolge beruht die Pathogenese der pulmonalarteriellen Hypertonie auf der Zerstörung und Umbildung des Lungenparenchyms, die in manchen Fällen von SARS-CoV-2-Pneumonie zu beobachten sind, und auf mikrovaskulären Läsionen des Lungenparenchyms (vaskuläre Destruktion, Mikroembolie der Lunge) [43].

Schlussfolgerung

Eine SARS-CoV-2-Infektion betrifft häufig die Lunge. In den meisten Fällen ist die Prognose gut. Verschlechtert sich das klinische Bild, müssen die assoziierten Komplikationen bedacht werden: Superinfektion, ARDS, Lungenembolie, Pneumothorax, Entwicklung einer organisierenden Pneumonie. Die Behandlung dieser Komplikationen unterscheidet sich im Allgemeinen nicht von ihrer üblichen Behandlung.
Da mit dieser Krankheit nur begrenzte Erfahrungen bestehen, ist die prospektive Nachbeobachtung der Kohorten nötig, um die langfristigen Lungenkomplika­tionen zu präzisieren.

Das Wichtigste für die Praxis

• Als Komplikation einer SARS-CoV-2-Infektion können verschiedene Lungenschädigungen auftreten.
• Das akute Lungenversagen («acute respiratory distress syndrome» [ARDS]) ist die gravierendste Komplikation.
• Pneumothorax, Superinfektion und Lungenabszess sind seltene und später auftretende Komplikationen, die bei Verschlechterung des klinischen Zustands im Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion jedoch zu erwägen sind, auch wenn keine indirekten Faktoren wie eine chronische Lungenerkrankung oder ein Barotrauma infolge einer invasiven Beatmung vorliegen.
• Zurzeit sind wenige Fälle von Lungenkomplikationen über einen längeren Zeitraum erfasst. Der Lungenzustand der SARS-CoV-2-Patientinnen und -Patienten muss fortlaufend überwacht werden, um mögliche Spätkomplikationen frühzeitig zu erkennen (Lungenfibrose, pulmonalarterielle Hypertonie).
Die Autoren haben deklariert, keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag zu haben.
Dr. med.
Phaeton Angelloz-Pessey
Service de médecine interne
Département de médecine
Réseau hospitalier ­neuchâtelois
Rue de Chasseral 20, 1
CH-2300 La Chaux-de-Fonds
phaeton.angelloz-pessey[at]rhne.ch
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