Damit Sie nichts Wichtiges verpassen: unsere Auswahl der aktuellsten Publikationen.
Fokus auf … Nichtalkoholische Fettlebererkrankung
– Komplexe Stoffwechselerkrankung bei bis zu 25% einer Allgemeinbevölkerung.
– Kausale Beziehungen zu Adipositas und Diabetes mellitus.
– Leberhistologie mit Spektrum von einfacher Fettleber bis zur Steatohepatitis.
– Letztere histologisch durch Leberzellverfettung, Entzündungsinfiltrate, ballonierte Hepatozyten und unterschiedliche Fibrosestadien charakterisiert.
– Prospektiv untersucht waren die Mortalität jeglicher Ursache und hepatische Dekompensationen (Varizenblutungen, Aszites) in den höheren Fibrosestadien (F3 und F4, siehe «Wussten Sie?») gehäuft, nicht aber in niedrigeren Stadien [1, 2].
– Es besteht eine grosse Zahl von therapeutischen, meist noch auf Studienebene evaluierten Interventionen.
– Die neueste davon ist ein generell wirksamer PPAR*-Agonist («pan-PPAR agonist»), Lanifibranor [3].
Diätetische Sturz- und Frakturprävention in Pflegeinstitutionen
In solchen Heimen sind Stürze und die nachfolgenden, vieles destabilisierenden Frakturen ein wichtiges Problem. In dieser grossen australischen Studie (60 Pflegeinstitutionen, gut 7000 Individuen, durchschnittlich 86-jährig, gut 60% Frauen) führte die verbesserte Kalzium- und Proteinzufuhr bei Individuen mit genügend Vitamin-D-Reserven, aber einer Zufuhr von weniger als 1 g Protein und nur etwa 600 mg Kalzium pro Tag zu einer signifikanten Reduktion der Sturz- und Frakturwahrscheinlichkeit, wobei der Effekt bei den Hüftfrakturen am grössten war. Die Diätintervention bestand vorwiegend aus natürlichen Quellen (Milchspeisen), der Effekt derselben begann nach fünf Monaten signifikant zu werden.
Eine interessante Studie mit einer relativ einfachen Intervention, wenn auch Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner dieser Altersgruppe oft nicht einfach von Diätänderungen zu überzeugen sind.
Schlaganfallprophylaxe durch Screening einer Allgemeinbevölkerung auf Vorhofflimmern
Bei 10% aller Individuen wird ein Vorhofflimmern erst beim Schlaganfall diagnostiziert, weitere 20% der Individuen mit Vorhofflimmern sind nicht antikoaguliert, obwohl eine Antikoagulation die Wahrscheinlichkeit eines Schlaganfalls auf circa ein Drittel senken kann.
In einer schwedischen Allgemeinbevölkerung (STROKESTOP, knapp 29 000 Individuen, 75–76-jährig, nachverfolgt über 7 Jahre) führte die mehrmalige EKG-Aufzeichnung innerhalb einer Periode von 14 Tagen gefolgt von oraler Antikoagulation im Falle einer positiven Diagnose zu einer nur bescheidenen Reduktion an Schlaganfällen (5,45 vs. 5,68 pro 100 Patientenjahre in der nicht gescreenten Gruppe) mit marginaler statistischer Signifikanz (p = 0,045, [1]).
Gezieltes Screening auf Vorhofflimmern bei einer Risikopopulation
Diese dänische Studie randomisierte gut 1500 durchschnittlich 75-jährige Individuen in eine Gruppe mit intensivem Screening (mittel sog. Loop-Recordern, LOOP-Studie) und verglich sie mit 4500 Individuen ohne Screening (1:3-Randomisierung). Die Studienteilnehmenden mussten einen zusätzlichen Risikofaktor aufweisen (Diabetes, Hypertonie, früherer Schlaganfall, Herzinsuffizienz). Obwohl in der Gruppe mit Loop-Recording dreimal mehr Fälle von Vorhofflimmern entdeckt und mittels Antikoagulation behandelt wurden, resultierte daraus – entgegen den publizierten Erwartungen – keine Reduktion der Schlaganfälle (Nachbeobachtung etwa 5,5 Jahre), aber es traten signifikant mehr relevante Blutungen auf [2].
Etwas Ernüchterung also nach diesen grossen und gut durchgeführten Studien. Das Populations-Screening weckt Erwartungen, aber auch noch nicht mehr. Vor allem im Hinblick auf die mit den Smartwatches oder -phones über längere Zeitperioden einfacher zu diagnostizierenden Vorhofflimmerepisoden könnten die Resultate an Wichtigkeit gewinnen. Die LOOP-Studie lässt den möglichen Schluss zu, dass die selektionierten kardiovaskulären Risikofaktoren einen biologisch wichtigeren Effekt als das Vorhofflimmern per se ausüben.
Schlechte Erfahrungen führen zu schlechterem Verlauf … bei der nächsten Patientin
Wie beeinflusst eine negative Erfahrung oder Komplikation bei einer Patientin oder einem Patienten Ihre Vorgehensweise beim nächsten vergleichbaren Fall und hat dies Folgen für den Verlauf?
Am Beispiel der Sectio lässt sich zeigen, dass Geburtshelferinnen und -helfer bei Komplikationen derselben bei der nächsten Gebärenden eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, eine vaginale Geburt zu empfehlen und durchzuführen. Vice versa stimmt das auch: Eine komplizierte vaginale Entbindung erhöht die Wahrscheinlichkeit, bei der nächsten Gebärenden eine Sectio zu bevorzugen.
Eine retrospektive Analyse findet Hinweise, dass so Fehlentscheide und Komplikationen bei der jeweils anderen Methode gehäuft auftreten. Dieser Mechanismus ist in der Psychologie der Entscheidungsanalyse wichtig und sollte wohl bei der Besprechung von Komplikationen bewusst gemacht werden. Man fragt sich, ob – andererseits – ein guter Verlauf bei einem riskanten klinischen Entscheid die Wahrscheinlichkeit erhöht, bei den nächsten Patientinnen und Patienten wieder so vorzugehen, was auch nicht immer gut sein könnte …
Effektive Therapie bei hypertropher Kardiomyopathie
Diese Erkrankung ist Folge verschiedener Mutationen sarkomerer Gene und äussert sich klinisch mit Rhythmusstörungen, plötzlichen Todesfällen und Herzinsuffizienz. In einer eher kleinen Studie, konnte mit dem etablierten Angiotensin-1-Rezeptorblocker Valsartan (320 mg pro Tag bei Erwachsenen, 80–160 mg bei Kindern) nach zwei Jahren im Vergleich zu Plazebo eine hochsignifikante Verbesserung der Herzstruktur und -funktion erzielt werden.
Offene Fragen: Effekt auf die erwähnten klinisch relevanten Komplikationen? Und: Ist der Effekt bei allen Mutationen vorhanden oder gleich gut?
Die heutigen online verfügbaren Informationsquellen sind schier unerschöpfliche Wissensquellen, die auch ad hoc, zum Beispiel im Rahmen einer Diskussion zu Fachthemen, akut angezapft werden können.
Eine Untersuchung findet nun, dass dieses Vorgehen, die Grenze zwischen externen («Google») und internen (eigenen) Wissensquellen verwischt. Eine Konsequenz ist anscheinend, dass man glaubt, das Internetwissen in grossen Teilen selber aufzuweisen. Eine weitere Folge ist die Überschätzung der eigenen Fähigkeiten, namentlich der intellektuellen und mnestischen Kapazitäten. Dies würde erst beim Fehlen eines Internetzugangs zu einem unausweichlichen und unangenehmen Schluss der eigenen Inkompetenz führen.
Bei Problemen mit Gesundheit oder Aggressivität/Kriminalität und anderem mehr eines oder beider Elternteile muss ein Kind zumindest vorübergehend in einem Heim oder anderen Familie aufwachsen.
Eine grosse finnische Studie verglich die Lebensläufe von etwa 30 000 solcher Kinder mit gut 850 000 Kontrollen. Alle Kinder waren zwischen 1986 und 2000 geboren worden. Das soziale Fortkommen und die Gesundheitsqualität im Erwachsenenalter waren um etwa die Hälfte schlechter bei Kindern aus problembehafteten Familien. Für psychiatrische Störungen (u.a. Depression), Kriminalität, Suizidalität sowie für die Abhängigkeit von Sozialleistungen war die Risikoerhöhung speziell hoch (um einen Faktor 4). Die Risikoerhöhung blieb nach Aussagen der Autoren bestehen, wenn die Situation, die Anlass zur Entfernung aus der Familie gab, in der Analyse beachtet und ausgeschlossen wurde, was für einen unabhängigen Einfluss der Entwurzelungssituation per se sprechen würde.
Eine schwierige Situation: Unmittelbarer Schutz der Kinder ist gegen die Langzeitfolgen einer Entwurzelung abzuwägen. Aufwachsen ausserhalb der Familie, wenn unumgänglich, muss aufgrund dieser Beobachtung auch weiter individualisiert und verbessert werden.
Antibiotika oder nicht bei Kindern mit unterem Atemwegsinfekt?
Diese prospektiv randomisierende, doppelverblindete Studie mit Mitarbeit von Ärztinnen und Ärzten aus 56 englischen Hausarztpraxen fand bei Kindern (n = 432, Alter 6 Monate bis 12 Jahre, median 3 Jahre) keinen Vorteil von oralem Amoxicillin (50 mg/kg 3×/Tag für 7 Tage) gegenüber Plazebo bei «unkompliziertem», unterem Atemwegsinfekt definiert als Husten plus Sputum, Atemnot oder Schmerzen. Pneumonien (vermutet aufgrund der Statusbefunde und dem schlechteren Allgemeinzustand) waren ausgeschlossen.
Die Studie scheint gut durchgeführt und wichtig für die Hausarztmedizin, weil in dieser Umgebung erfolgt. Gerade das Vorgehen, Pneumonien auszuschliessen, die «nur» klinisch diagnostiziert wurden, lässt aber etwas Unsicherheit aufkommen, ob die Schweregrade der Infekte in beiden Gruppen auch wirklich gleich verteilt waren.
Oftmals ist es beruhigend, nachträglich bestätigt zu werden, dass die Ausbildung des ärztlichen Nachwuchses oder gar die Erziehung der eigenen Kinder korrekt waren.
Die Tatsache, dass die Verordnung verschiedener Antihypertensiva in tiefer bis mittlerer Dosierung der Strategie eines einzigen Antihypertensivums in maximaler Dosierung überlegen ist, wird auch für eine Population von nierenkranken, aber nicht dialysierten Individuen bestätigt [1]. In dieser Population sollte man jedoch auf die Kombination von ACE-Hemmern, Angiotensin-Rezeptorblockern und/oder Renin-Hemmern verzichten.
Eine Untersuchung in öffentlichen britischen Toiletten ergab, dass die bakterielle Kontamination invers mit der Qualität der Lüftung (gemessen am CO2-Gehalt der Innenluft) korreliert [2]. Speziell viele Bakterienkolonien konnten auf der Brille, den Lavaborändern, den Urinalen sowie aus dem und um das Abfallgefäss gezüchtet werden. Auch an diesen Örtchen kann eine grosszügige Lüftung (und Desinfektion) vor weiteren Infekten, in dieser Studie bakterieller Art, schützen.