Fieber und mediastinale Lymphadenopathie bei Reiserückkehr
Hätten Sie an diese Diagnose gedacht?

Fieber und mediastinale Lymphadenopathie bei Reiserückkehr

Was ist Ihre Diagnose?
Ausgabe
2022/3132
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2022.08877
Swiss Med Forum. 2022;22(3132):507-509

Affiliations
a Institut de Pathologie, Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV) et Université de Lausanne, Lausanne; b Service de Pneumologie, CHUV et Université de Lausanne, Lausanne; c Service des maladies infectieuses et Institut de Microbiologie, CHUV et Université de Lausanne, Lausanne; Service d’Oncohématologie, Clinique de Genolier, Génolier
*Geteilte Erstautorschaft

Publiziert am 02.08.2022

Eine 51-jährige Patientin in gutem Allgemeinzustand, die durch Kolumbien gereist war, entwickelte nach ihrer Rückkehr in die Schweiz Fieberspitzen, begleitet von Husten, Asthenie und Schweissausbrüchen.

Fallbeschreibung

Eine 51-jährige Frau in gutem Allgemeinzustand kehrte von einer zweiwöchigen Reise aus Kolumbien zurück, bei der sie sich in städtischen und ländlichen Regionen aufgehalten und Ausflüge in den Dschungel und traditionelle Dörfer unternommen hatte. Rund drei Wochen nach der Rückkehr in die Schweiz traten bei ihr vor allem nächtliche Fieberspitzen von bis zu 39 °C sowie Husten, Asthenie und Schwitzen auf.

Frage 1: Welche Krankheit ist nicht Teil der Differential­diagnose?


a) Grippe
b) Malaria
c) Maligne Neoplasie
d) Schistosomiasis
e) Tuberkulose
Fieber ist bei Reiserückkehrenden ein häufiges Sym­ptom und nach akutem oder chronischem Durchfall der zweithäufigste Konsultationsgrund [1]. Durch eingehende Anamnese, sorgfältige klinische Untersuchung und Labortests können oftmals Hinweise auf die Diagnose erhoben werden. Neben den potentiell während der Reise erworbenen Infektionen muss die Differentialdiagnose stets auch die «kosmopolitischen» Infektionen umfassen (Bronchopneumonie, Harnwegsinfekt usw.). Im Hinblick auf durch ­Insektenstiche übertragene Infektionen sind Dengue-­Fieber und Malaria (Plasmodium falciparum) in Kolumbien endemisch, die Inkubationszeiten sind dabei ein wertvoller Diagnosehinweis [2]. Schistosomiasis dagegen ist nicht Teil der Differentialdiagnose, da diese Parasitose in Kolumbien nicht vorkommt. Das Fieber könnte ebenso Ausdruck einer nicht infektiösen Krankheit sein.
Trotz einer aufgrund des Verdachts auf Atemwegsinfektion verabreichten Antibiotikatherapie hielt das Fieber bei unserer Patientin an. Dengue-Fieber und Malaria wurden ausgeschlossen. Ein Computertomogramm (CT) Thorax-Abdomen zeigte inferior links einen Lungenrundherd sowie eine asymmetrische, linksseitige mediastinale und hiläre Lymphadenopathie. Eine PET-CT-Untersuchung (Positronen-Emissions-Tomographie/CT) ergab einen intensiven Hypermetabolismus des Lungenrundherds («standard uptake value» [SUV] 8), der mediastinalen (SUV 28,1–38,9), hilären (SUV 21,9) und retrohilären (23,4) Lymphknoten auf der linken Seite sowie hypermetabolische subklavikuläre Lymphknoten auf beiden Seiten (SUV 3,7–23,1). Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die Differentialdiagnose bei Lungenrundherden mit Fieber.
Tabelle 1: Differentialdiagnose bei Lungenrundherd mit Fieber (nach [3]).
InfektionLungenabszess, Tuberkulose, atypische Mykobakterien, Histoplasmose, Kokzidioidomykose, Kryptokokkose, Blastomykose, Aspergillose, Filariose, Ascaridiose
NeoplasieLymphom, Lungenkarzinom, Metastase
Entzündliche UrsacheSarkoidose, Vaskulitis, rheumatoide Arthritis
Die Tests auf HIV und Hepatitis C waren negativ, ebenso wie die serologischen Tests (Strongyloidose, Echinokokkose, Toxocarose, Trichinellose, Filariose, Dengue-Virus, West-Nil-Virus, Q-Fieber, Toxoplasmose, Zytomegalievirus, Epstein-Barr-Virus, Frühsommermeningoenzephalitis-[FSME-]Virus, Brucellose, Leptospirose). Der IGRA-Test («Interferon-Gamma-Release Assay», QuantiFERON®) war positiv.

Frage 2: Welche Diagnose würde das klinische Bild wahrscheinlich nicht erklären?


a) Lymphom
b) Kleinzelliges Lungenkarzinom
c) Tuberkulose
d) Sarkoidose
e) Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie
Der im Vergleich zum Lungenrundherd stärker ausgeprägte Hypermetabolismus der mediastinohilären Lymphknoten («flip-flop fungus sign») ist in der gros­sen Mehrheit der Fälle (91%) mit einer granulomatösen Erkrankung assoziiert, deren häufigste infektiöse Ursache in Endemiegebieten die Histoplasmose ist (73%) [4]. Ein Lymphom ist allerdings nicht auszuschliessen. Angesichts der Asymmetrie der hilären Lymphadenopathie und der Präsenz eines parenchymatösen Knotens muss eine Lungenneoplasie ebenfalls in Betracht gezogen werden, auch wenn das festgestellte «flip-flop fungus sign» diese Diagnose weniger wahrscheinlich macht. Im Hinblick auf die ­Möglichkeit eines kleinzelligen Lungenkarzinoms gilt es, eine allfällige Tabakexposition zu berücksichtigen. Aufgrund der Anamnese, der Symptome, der Ergebnisse der bildgebenden Verfahren und des positiven IGRA-Tests muss auch nach einer möglichen Tuberkulose gesucht werden. Eine Sarkoidose kann angesichts der systemischen Symptome und der hypermetabolischen ­Lymphknoten nicht ausgeschlossen werden. Eine Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie kann sich durch Fieber und Husten äussern, allerdings sprechen die mediastinohiläre Lymphadenopathie und der einzelne Lungenrundherd dagegen.
Eine Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage (BAL) und ultraschallgeführter Lymphknotenpunktion («endobronchial ultrasound-guided transbronchial needle aspiration» [EBUS-TBNA]) ergab ein negatives Resultat in der breiten mikrobiologischen Untersuchung und der zytopathologische Befund zeigte keine neoplastischen Zellen, sondern für Lymphknoten typische Lymphozyten, und auch kein Granulom.

Frage 3: Wie würden Sie weiter vorgehen?


a) Erneute empirische Antibiotikatherapie, dann Thorax-CT zur Kontrolle
b) Mediastinoskopie mit Exzisionsbiopsie eines Lymphknotens
c) Fiebersenkende Behandlung und klinische Überwachung
d) Thorax-CT zur Kontrolle in drei Monaten
e) Erneute Bronchoskopie
Eine erneute empirische Antibiotikatherapie schien uns keine zielführende Option zu sein. Eine Lungenneoplasie war eine unwahrscheinliche Diagnose, gleichwohl schloss die EBUS-Bronchoskopie ein Lymphom nicht aus. Der stark hypermetabolische und somit sehr aktive Prozess erlaubte keine abwartende Haltung. Eine erneute Bronchoskopie hätte wohl nicht weitergeholfen, weshalb wir eine Mediastinoskopie durchführten: Die histopathologische Untersuchung zeigte eine granulomatöse Entzündung, bisweilen mit zentraler Nekrose (siehe Abb. S1 im Online-Appendix des Artikels). Ein PCR-Test (Polymerase-Kettenreaktion) des frischen Materials auf Mycobacterium tuberculosis verlief negativ. Bei nekrotisierenden Granulomen und positivem IGRA-Tests konnte eine aktive Tuberkulose nicht ausgeschlossen werden, darum wurde eine empirische Tuberkulose-Behandlung mit Isoniazid/Rifampicin/Ethambutolhydrochlorid/Pyrazinamid (Rimstar®) eingeleitet.

Frage 4: Wo kommen keine nekrotisierenden Granulome vor?


a) Hodgkin-Lymphom
b) Tuberkulose
c) Kleinzelliges Lungenkarzinom
d) Pilzinfektion
e) Sarkoidose
Eine granulomatöse Reaktion kann bei zahlreichen Krankheiten auftreten, auch bei neoplastischen wie dem Hodgkin-Lymphom. Nekrotisierende Granulome sind typisch für Tuberkulose, aber unspezifisch und können auch bei Pilzinfektionen und Sarkoidose vorkommen. Beim kleinzelligen Lungenkarzinom dagegen sind nekrotisierende Granulome nicht typisch.
Die weitere Diagnostik erforderte eine Grocott-Färbung. Dabei zeigten sich Gruppen runder, intrazellulärer Hefepilze mit einer Grösse von 3–4 µm, einer Pseudokapsel und bisweilen Knospen mit schmaler Basis (siehe Abb. S2 im Online-Appendix des Artikels).

Frage 5: Welche Mikroorganismen sind mit der beschriebenen Morphologie vereinbar?


a) Histoplasma capsulatum
b) Pneumocystis jirovecii
c) Blastomyces dermatitidis
d) Cryptococcus neoformans
e) Paracoccidioides brasiliensis
Pneumocystis jirovecii ist halbmond- oder kommaförmig ohne Knospung. Das histologische Bild zeigt eosinophiles, vakuolisiertes intraalveoläres Material und weist nicht auf eine granulomatöse Infektion hin. Die Sporen von Blastomyces dermatitidis sind 8–15 μm gross und weisen breitbasige Knospen auf. Kryptokokken sind bekapselt (Schleimkapsel) und unterschiedlich gross. Die Sporen von Paracoccidioides brasiliensis weisen eine charakteristische strahlenförmige Anordnung auf, bei der 2–5 μm grosse Sporen um eine 40 μm grosse Mutterspore gruppiert sind.
In unserem Fall sprachen das histologische Bild, der klinische Verlauf und die Bildgebung für eine Histoplasmose, die labormedizinisch nicht dokumentiert werden konnte: Galaktomannane negativ, panfungale PCR der Lymphknoten negativ, Serologie negativ, kultureller Nachweis auf dimorphe Pilze negativ. Dies war wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, dass diese Detektionsmethoden eine begrenzte Leistungsfähigkeit und Sensitivität aufweisen.
Das Antituberkulotikum wurde folglich abgesetzt und wir begannen eine antimykotische Behandlung mit Itraconazol für eine Gesamtdauer von 10 Wochen, die sehr gut vertragen wurde und das vollständige Abklingen der Symptome bewirkte. Drei Monate nach Behandlungsende zeigte ein Thorax-CT ein hervorragendes Ansprechen: Die Lymphadenopathie war verschwunden und die Grösse des Lungenrundherds hatte abgenommen.

Diskussion

Histoplasmose ist eine Pilzinfektion und wird durch den dimorphen Pilz Histoplasma (H.) capsulatum verursacht, der auf dem amerikanischen Kontinent endemisch vorkommt, aber auch in bestimmten Gebieten Afrikas, Indiens und Südostasiens. In Europa ist Histoplasmose weiterhin selten, sie wurde aber auch hier bereits als autochthone Infektion beschrieben [5, 6].
Die Symptome und der Befund der klinischen Untersuchung sind bei Histoplasmose unspezifisch, die Unterscheidung von anderen Infektionskrankheiten ist in vielen Fällen schwierig. Häufig wird eine Antibiotikatherapie verabreicht, um eine ambulant erworbene bakterielle Pneumonie abzudecken [7]. Die Differentialdiagnose bei Histoplasmose der Lunge umfasst auch Tuberkulose, Sarkoidose und Krebserkrankungen. Oftmals kann die Diagnose nur nach Entnahme von Gewebeproben gestellt werden [8].
Die Diagnose wird durch kulturellen Erregernachweis endgültig bestätigt. Er ist weiterhin der Goldstandard und ermöglicht die Darstellung des Dimorphismus. Leider dauert die Kultivierung von H. capsulatum sehr lange (2–6 Wochen). Allerdings können die histo- und zytologischen Untersuchungen bereits auf Hefen hindeuten, die Diagnose in eine bestimmte Richtung leiten und die Einleitung einer Behandlung ermöglichen [9, 10]. Ein H.-capsulatum-spezifischer oder panfungaler (auf die ribosomale DNA abzielender) PCR-Test, der direkt am entnommenen Gewebe durchgeführt wird, ist heute eine rasche und zuverlässige Möglichkeit, um die Diagnose zu bestätigen. Indirekte Tests wie der Nachweis von Galaktomannan im Serum und die Serologie können ebenfalls hilfreich sein. Der Antigen-Nachweis im Urin weist für diese Dia­gnose eine höhere Sensitivität als derjenige im Serum auf (Sensitivität 79–93% je nach Studie); die Sensitivität des Nachweises des Histoplasma-Polysaccharid-Antigens in der BAL-Probe ist ebenfalls gut (70–93%), ausserhalb der Endemiegebiete ist dieser Test allerdings häufig nicht verfügbar [11].
Amphotericin B ist das Mittel der Wahl in schweren Fällen und bei disseminierter Infektion. In leichteren Fällen oder im Anschluss an eine Initialbehandlung mit Amphotericin B wird Itraconazol eingesetzt [12].
Die Differentialdiagnose bei unserer Patientin, die sich in einem Endemiegebiet aufgehalten hatte, war umfassend und schloss auch die Histoplasmose ein. Wichtig war, weiter nachzuforschen und interdisziplinär bis zur Entnahme einer Gewebeprobe zusammenzuarbeiten. Dies war auch entscheidend, um die Diagnose zu klären, die richtige Behandlung einzuleiten und späteren Komplikationen vorzubeugen.

Antworten:


Frage 1: d. Frage 2: e. Frage 3: b. Frage 4: c. Frage 5: a.
FL hat deklariert, von MSD, Pfizer und Novartis Forschungsbeihilfen und von Gilead Vortragshonorare erhalten zu haben. Die anderen Autoren haben erklärt, keine potenziellen Interessenskonflikte zu haben.
Ruxandra-Dumitrita ­Buzdugan
Institut de Pathologie
Romand
route de Denges 2
CH-1027 Lonay
rd.buzdugan[at]i-p-r.ch
 1 Freedman DO, Weld LH, Kozarsky PE, Fisk T, Robins R, von Sonnenburg F, et al. Spectrum of disease and relation to place of exposure among ill returned travellers. N Engl J Med. 2006;354:119–30
 2 Service de médecine de premier recours – DMCPRU – HUG. 2017. Fièvre au retour d’un voyage tropical.
 3 Weinberger SE, McDermott S. Diagnostic evaluation of the incidental pulmonary nodule. Uptodate. https://www.uptodate.com.
 4 Nagelschneider AA, Broski SM, Holland WP, Midthun DE, Sykes AM, Lowe VJ, et al. Am J Nucl Med Mol Imaging. 2017;7(5):212–17.
 5 Ashraf N, Kubat RC, Poplin V, Adenis AA, Denning DW, Wright L, et al. Re-drawing the Maps for Endemic Mycoses. Mycopathologia. 2020;185(5):843–65.
 6 Schmiedel Y, Büchi AE, Berezowska S, Pöllinger A, Mühlethaler K, Funke-Chambour M. Autochthonous Case of Pulmonary Histoplasmosis, Switzerland. Emerg Infect Dis. 2021;27(3):966–69.
 7 Hage CA, Knox KS, Wheat LJ. Endemic mycoses: overlooked cases of community acquired pneumonia. Respir Med. 2012;106(6):769–76.
 8 Wheat LJ, Conces D, Allen SD, Blue-Hnidy D, Loyd J. Pulmonary histoplasmosis syndromes: recognition, diagnosis and management. Semin Respir Crit Care Med. 2004;25(2):129–44.
 9 Azar MM, Loyd JL, Relich RF, Wheat LJ, Hage CA. Current Concepts in the Epidemiology, Diagnosis, and Management of Histoplasmosis Syndromes. Semin Respir Crit Care Med. 2020;41:13–30.
10 Guemas E, Sobanska L, Demar M. Histoplasma capsulatum and Histoplasmosis: Current Concept for the Diagnosis. In: Histoplasma and Histoplasmosis. London, United Kingdom: IntechOpen, 2020 [Online]. Available: https://www.intechopen.com/chapters/72531 doi: 10.5772/intechopen.92782
11 Azar MM, Hage CA. Laboratory diagnostics for Histoplasmosis. J Clin Microbiol. 2017;55(6):1612–20.
12 Azar MM, Hage CA. Clinical Perspectives in the Diagnosis and Management of Histoplasmosis. Clin Chest Med. 2017;38(3):403–15.