Kein Anspruch auf Vollständigkeit, aber auf Helligkeit
20 Jahre Swiss Medical Forum

Kein Anspruch auf Vollständigkeit, aber auf Helligkeit

Editorial
Ausgabe
2022/0102
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2022.08993
Swiss Med Forum. 2022;22(0102):3

Affiliations
Redaktor Swiss Medical Forum 2005–2021

Publiziert am 04.01.2022

Als Student erlebte ich im Spital Aarberg, wie die Chefärztin Frau Dr. Ellen Frossard die soeben eingetroffene Neuausgabe von «Harrison’s Principles of Internal ­Medicine» in Empfang nahm. Sie legte die Hände andächtig auf diese Bibel und erklärte sich glücklich, dass es ein solches Wunder gebe, da es inzwischen keinen entscheidenden Unterschied mehr mache, ob man 95 oder idealerweise nur 90 Prozent der Medizin nicht mehr beherrscht. Heute treffen eher 99 oder 98 Prozent zu. Das Internet begünstigt zudem den «schlaglichtartigen» Erwerb von Kenntnissen. An den Jubiläumsschlaglichtern schätzen wir deshalb besonders, dass namhafte Vertreterinnen und Vertreter ihres ­Faches den Lichtstrahl auf die grössere Perspektive richten, in der die angesprochenen Neuentwicklungen der letzten 20 Jahre stehen. Die Themenpalette soll sehr breit sein, wie auch in dieser Ausgabe:
Chirurgie (Simone N. Zwicky, Guido Beldi): Es ist eindrücklich, was im Grossdreieck mit den Eckpunkten «invasiver Eingriff», «Bildgebung» und «digitale Steuerung» in den letzten 20 Jahren alles zur ­Anwendungsreife gelangt ist. Die Autorin und der Autor beschreiben den Weg von der ersten laparo­skopischen Appendektomie zur heutigen roboter-­assistierten Chirurgie.
Geburtshilfe (Daniel Surbek): Entwicklung der ­Geburtshilfe in Richtung Feto-Maternale Medizin mit zunehmender Bedeutung der hebammengeleiteten Geburtshilfe. Unter anderem wird eine ­erneute Reduktion der derzeit hohen Sectiorate erwartet.
Hämatologie (Dimitrios A. Tsakiris, Sara Christina Meyer): Blut hat als «ganz besonderer Saft» schon Mephistopheles fasziniert. Heutige Mediziner fasziniert die Bündelung von Genetik, Onkologie, Immunologie, Zellbiologie bis hin zur Proteinchemie in einem Fach; hier sehr schön illustriert mit sechs kleineren Schlaglichtern in einem.
Medizinische Genetik (Sven Cichon, Anita Rauch): Der Weg der medizinischen Genetik von der Entschlüsselung der Genomsequenz zur Schlüsseldisziplin mit einem breiten Angebot von unverzichtbaren Dienstleistungen für die Diagnostik und die Erfassung von Risiken. Damit wurde sie auch wirksam für die Therapie und Prävention, besonders im Bereich der seltenen Krankheiten.
HIV/Virologie (Bernard Hirschel): Die Erfolgsgeschichte «anti-retrovirale Therapie» war möglich trotz fehlender Impfung. Der Blick darauf ist derzeit durch einige Analogien und viele Unterschiede zu COVID intensiviert.
Mit diesem Editorial verabschiede ich mich von Ihnen als Redaktor und wünsche erspriessliche Lektüre.