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20 Jahre Swiss Medical Forum
««Printprodukte werden noch lange eine Rolle spielen»»

Als Verleger der Schwabe Verlagsgruppe ist der Arzt Ludwig T. Heuss Teilhaber der EMH Schweizerischer Ärzteverlag AG FMH/Petri Holding. Das Swiss Medical Forum gehört zu den Produkten, die Schwabe in das gemeinsame Unternehmen mit der FMH eingebracht hat. Wir haben mit ihm über seine Erwartungen an die Zeitschrift und ihre Entwicklung gesprochen.

Wie hat sich die Weiterbildungslandschaft in den letzten 20 Jahren verändert?

Die Weiterbildungslandschaft ändert sich massiv. Einerseits durch die weitere, stärkere und zunehmende Fragmentierung der Medizin in der Schweiz. Andererseits stellt uns COVID in den letzten Jahren vor ganz neue Probleme: Die klinischen Inhalte konnten nicht mehr im gleichen Ausmass gelehrt werden. Dennoch bleibt die Verantwortung, dass wir auch in Zukunft gute, kompetente und motivierte Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz haben und diese bilden können. Dadurch kommt neuen Methoden eine andere Bedeutung zu als in der Vergangenheit. Da hat aus meiner Sicht die Ärzteschaft selbst, und damit auch der Berufsverband, eine zentrale und wichtige Rolle. Natürlich gibt es viele Aspekte, die hier auch noch wichtig sind, etwa die Veränderung der Strukturen der Spitäler oder der Vergütungen. Die Umstände ändern sich und es sollte uns ein Anliegen sein, dass wir unsere Formen, wie wir Weiter- und Fortbildung machen, anpassen und weiterentwickeln können.

Welche Erwartungen knüpfen Sie an das Swiss Medical Forum?

Das Swiss Medical Forum hat verschiedene Aufgaben. Es soll in erster Linie eine Weiter- und Fortbildungszeitschrift sein für Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz, und zwar für diejenigen in der Weiterbildung, als auch für solche, die schon in der Praxis sind und Fortbildungsartikel lesen. Durch die Auswahl der Autorinnen und Autoren und ihre Verknüpfung soll es auch ein Spiegel sein für die Medizin, für Sichtweisen, Herangehensarten der Medizin – für den «Common Sense» – in diesem Land. Ich glaube, auch wenn die Medizin etwas Internationales ist, hat jedes Land regional und lokal gefärbte Formen, wie Medizin betrieben wird und in welcher Tradition man steht. Natürlich wird jemand in Zürich prinzipiell gleich behandelt wie in Wien oder Mailand, aber doch denke ich, gibt es Besonderheiten der Schweizer Medizin. Dafür soll das SMFein Spiegel sein. Und die Zeitschrift ist auch eine Plattform: Wenn man sie sorgfältig und gut liest, dann erfährt man, wer fachlich was macht, wer welche Kompetenzen hat und was entwickelt. So kann man in einer Situation, in der man spezifische Fragen zu einem Thema hat, Fachleute finden und konkret ansprechen.

Schliesslich soll es auch ein Gefäss geben, in dem über medizinische Themen in der Schweiz diskutiert werden kann, etwa wenn ich als Spitalarzt einen besonders interessanten Fall habe, den ich gerne nicht nur mit meinen unmittelbaren Kolleginnen und Kollegen diskutieren, sondern einem breiteren Publikum fachlich zugänglich machen möchte.

Haben Sie spezifische Wünsche für die Entwicklung der Zeitschrift in den nächsten Jahren?

Ich wünsche mir, dass das SMF wieder etwas inhaltsreicher werden kann, dass man es noch interaktiver, noch etwas breiter und inhaltlich weiter positiv in die Zukunft entwickeln kann. Die Verbindung zwischen dem SMF und der SchweizerischenÄrztezeitung ist ein sinnvoller Aspekt, den man auch sinnvoll nutzen sollte. Ich würde mich freuen, wenn das SMF etwas Ähnliches würde, wie man es von ausländischen Fachzeitschriften kennt: Es sollte wichtige gesundheitspolitische Fragen auf der einen Seite und fachliche Diskussionen, Fortbildungsaspekte, auf der anderen Seite publizieren.

Sie haben das Stichwort «interaktiv» erwähnt: was wäre für Sie eine gute Interaktionsmöglichkeit?

Interaktiv ist heute immer digital. Alle Zeitschriften muss man auch im digitalen Umfeld weiterentwickeln. Nur eine gedruckte Zeitschrift für sich allein ist zu wenig. Zusätzliche digitale Angebote könnten beispielsweise bedeuten, Fragen zu beantworten, oder es könnten Chats sein – es gäbe viele Möglichkeiten, wie man auch das SMF aus seiner jetzigen Form weiterentwickeln und in eine digital sinnvolle Zukunft führen könnte.

Sie haben vorhin gesagt, es sei wichtig, dass es auch eine digitale Entwicklung gebe. Wie wichtig sind denn Printprodukte noch in Zukunft?

Printprodukte werden zumindest noch eine lange Zeit eine Rolle spielen, weil Print eine ganz andere Form von Aufmerksamkeit hat. Was digital daherkommt, kann zwar einfach gemacht und leicht genutzt werden, aber es ist genauso leicht und schnell auch wieder gelöscht und von der Oberfläche verschwunden. Es hat etwas sehr Beliebiges. Das Printprodukt ist etwas, was unabhängig von einem Netzwerk, unabhängig von einem anderen, zusätzlichen Gerät genutzt werden kann. Nur allein schon fürs Lesen unterwegs im Zug, um etwas herauszureissen, um es zu behalten, wird Print immer wichtig bleiben – auf jeden Fall ziemlich sicher noch für eine gewisse Zeit. Dokumentieren und Archivieren ist hingegen etwas, was zunehmend elektronisch stattfinden wird und stattfinden soll. Ich denke aber, die Kombination beider Aspekte wird wichtig sein.

Das Swiss Medical Forum ist nicht selbsttragend, wo gibt es da in Ihren Augen noch Potential, das zu beheben?

Das stimmt nicht. Das SMF ist selbsttragend, weil es immer in Kombination mit der Ärztezeitung gesehen und immer in Kombination mit der Ärztezeitung verkauft worden ist. Im SMF wollten wir uns immer unterscheiden von anderen Heften, in denen man zuerst ein Inserat, eine Anzeige verkauft und dann anhand der Anzeigen die Artikel schreibt. Mir ist wichtig, dass die Verbindung der Ärztezeitung, der Berufsorganisation und dem SMF auch in Zukunft die grösstmögliche Unabhängigkeit dieses Fortbildungsorgans sichert. Wenn man niemandem, keiner Agentur und keiner Pharmafirma nach dem Mund schreiben muss, kann man unabhängig die Autorinnen und Autoren wählen und das Themensetting betreiben. Das kann nur garantiert werden in Form eines Verbundes. Das ist das grosse «Asset», die grosse Wichtigkeit, der Verbindung mit der Ärztezeitung, die die Idee des Unternehmens EMH ausmacht. Diese Unabhängigkeit sollte, meine ich, den Ärztinnen und Ärzten durchaus auch etwas wert sein. Ursprünglich hatte die FMH einen bescheidenen Beitrag für ihre Printprodukte versprochen. Aus meiner Sicht würde es der Ärzteschaft gut anstehen, vom doch grosszügigen jährlichen Mitgliederbeitrag einen bescheidenen Teil von 20 oder 50 Franken für die Kommunikation auf allen Wegen zur Verfügung zu stellen. Es ist ein grosses Problem und auch ein grosses Risiko, wenn man die Kommunikation und Weiterbildung der Ärzteschaft finanziell ausschliesslich auf Zahlungen und Anzeigen der pharmazeutischen Pharmazie ablegt. Das birgt die Gefahr unguter Abhängigkeiten.

Zur Person

Prof. Dr. med. ­Ludwig T. Heuss

Ludwig T. Heuss (60) ist Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterolgie. Seit 2007 ist er Chefarzt und Leiter der Weiterbildungsstätte der Klinik für Innere Medizin am Spital Zollikerberg. Von 1991–99 war er Präsident des vsao und von 1994–2006 Mitglied des Zentralvorstands der FMH. Seit 2018 ist er Verleger der Schwabe Verlagsgruppe, zu der die Verlage Schwabe, NZZ Libro und Zytglogge gehören und die über die Petri Holding AG mit EMH verbunden ist.

Kopfbild: © Nopstudio | Dreamstime.com;

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