Orale Virostatika gegen SARS-CoV-2
Wie wirksam sind die neuen Substanzen?

Orale Virostatika gegen SARS-CoV-2

Innovationen
Ausgabe
2022/1718
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2022.09108
Swiss Med Forum. 2022;22(1718):298-302

Affiliations
a Institut für Infektionskrankheiten, Universität Bern, Bern; b Klinik für Infektiologie und Spitalhygiene, Universitätsspital Basel, Universität Basel, Basel

Publiziert am 26.04.2022

Molnupiravir und Nirmatrelvir/Ritonavir haben die Zulassung bei ausländischen Gesundheitsbehörden erhalten. Wie wirksam sind diese Medikamente gegen SARS-CoV-2?

Hintergrund

Die Impfung gegen COVID-19 ist die wirksamste Massnahme gegen die Pandemie. Zwei neue orale antivirale Medikamente – Molnupiravir und Nirmatrelvir/­Ritonavir – werden Stützen in der Behandlung der ­COVID-19-Erkrankung sein. Beide Medikamente haben im Ausland bereits die Zulassung erhalten. In diesem Artikel stellen wir die wichtigsten Parameter dieser beiden Medikamente vor (Tab. 1) und diskutieren Aspekte aus klinischer Sicht.
Tabelle 1: Auszug aus der Fachinformationen zu Molnupiravir [23] und Nirmatrelvir/Ritonavir [24] basierend auf den FACT Sheets der «Food and Drug Administration» (FDA; USA).
Generischer NameMolnupiravirNirmatrelvir/Ritonavir
MarkennameLagevrio®Paxlovid™
MedikamentenklasseNukleosid-AnalogonSARS-CoV-2-Protease-Inhibitor (Nirmatrelvir),
HIV-1-Protease-Inhibitor & CYP3A4-Inhibitor (Ritonavir)
Dosierung in Abhängigkeit von Alter und Gewicht≥18 Jahre: 800 mg alle 12 ­Stunden≥12 Jahre und ≥40 kg KG:
300 mg Nirmatrelvir plus 100 mg Ritonavir alle 12 Stunden
Tabletten pro Dosis4 (4× 200 mg)3 (2× 150 mg Nirmatrelvir plus 1× 100 mg Ritonavir)
Dauer der Therapie5 Tage5 Tage
Einnahme mit/ohne ­NahrungMit oder ohne– Mit oder ohne
– Fettreiche Nahrung vermindert Resorption um ca. 15%.
Anpassung der Dosis an ­NierenfunktionKeineeGFR ≥60 ml/min:
keine
eGFR 30–60 ml/min:
150 mg Nirmatrelvir plus 100 mg Ritonavir alle 12 Stunden
eGFR ≤30 ml/min:
nicht zugelassen
Anpassung der Dosis an ­LeberfunktionKeineEinsatz bei schwerer Leberinsuffizienz (Child-Pugh Class C) soll vermieden werden.
KontraindikationenKeine aufgeführt– Hypersensitivität auf Inhaltsstoffe.
–Gleichzeitige Gabe von Medikamenten, bei denen eine ­CYP3A4-Interaktion besteht.
Warnungen– Embryo-fetale ­Toxizität
– Knochen- und Knorpel­toxizität
– Medikamenteninteraktionen
– Hepatotoxizität
Häufigste NebenwirkungenDurchfall, Nausea, ­BenommenheitGeschmacksstörungen, Durchfall, Hypertension, Myalgie
Schwangerschaft/
Stillzeit
Einnahme nicht ­empfohlen* Keine Daten vorhanden
* Kontrazeption für 3 oder mehr Monate nach der letzten Dosis Molnupiravir für Männer mit SARS-CoV-2 bei Geschlechtsverkehr mit Frauen im gebärfähigen Alter.
CYP3A: Cytochrom P450, Familie 3, Unterfamilie A; eGFR: geschätzte glomeruläre Filtrationsrate; KG: Körpergewicht.

Wirkmechanismus

Der Ort der Wirkmechanismen im SARS-CoV-2-Replikationszyklus ist in Abbildung 1 dargestellt.
Abbildung 1: Das Coronavirus-Virion und sein Lebenszyklus (adaptiert/übersetzt mit freundlicher Genehmigung von Springer Nature Customer Service Centre GmbH aus [5]: Springer Nature, Nature Reviews Microbiology, Coronavirus biology and replication: implications for SARS-CoV-2, V’kovski P, Kratzel A, Steiner S, Stalder H, Thiel V. doi: 10.1038/s41579-020-00468-6. © 2020, Springer Nature Limited).
Rote Boxen: Schlüsselstellen in der Virusreplikation. Sie stellen attraktive Targets von antiviralen Substanzen dar. RdRp-Inhibitoren (Molnupiravir) und Mpro-Inhibitoren (Nirmatrelvir) sind Substanzen, die als orale Virostatika gegen SARS-CoV-2 eingesetzt werden (s. Tab. 2).
a)Das Coronavirus-Virion besteht aus strukturellen Proteinen, u. a. aus folgenden Komponenten: Spike (S), Envelope (E), Membran (M) und Kapsid, genannt Nukleokapsid (N). Das Nukleokapsid umschliesst das einzel­strängige Plus-Strang-RNA-Genom (+ssRNA). Beim Zusammenbau der Viruspartikel umhüllen Membran und Envelope das Genom und das Kapsid. Das Spike-Protein heftet spezifisch an den Rezeptor beim Eindringen in die Wirtszelle. b)SARS-CoV-2 bindet an Rezeptoren der Zelloberfläche; die Interaktion zwischen Spike-Protein, zellulären Rezeptoren (z.B. Angiotensin Converting Enzym 2 [ACE2]) und weiteren Wirtsfaktoren (z.B. die Serin-Protease TMPRSS2) führen zum Eindringen des Virus in die Wirtszelle und Fusion mit der zellulären oder endosomalen Membran. Nach Penetration in die Wirtszelle kommt es zum «uncoating» und Freisetzen der RNA aus dem Kapsid. Danach folgt unmittelbarer die Translation von zwei grossen «open reading frames», ORF1a und ORF1b. Die daraus resultierenden Polyproteine werden kotranslational und posttranslational zu nicht strukturellen Proteinen («non-structural proteins» [nsps]) gespalten. Diese nicht strukturellen Proteine wiederum bilden den viralen Replikations- und Transkriptionskomplex.
Konkordant mit der Synthese von nicht strukturellen Proteinen wird die Biogenese von Vesikeln – bestehend aus den Membranen des endoplasmatischen Retikulums (ER) der Wirtszelle – in Gang gesetzt. In der Abbildung sind doppelmembranöse Vesikel («double-membrane vesicles» [DMVs]), knäuelförmige Membranen («convoluted membranes» [CMs]) und kleine doppelmembranöse Kügelchen («small open double-membrane spherules» [DMSs]) dargestellt. Der Innenraum dieser Vesikel enthält Zwischenstadien der Virusreplikation in Form doppelsträngiger RNA (dsRNA).
Durch diese Biogenese entsteht innerhalb der Wirtszelle eine protektive Umgebung für die virale RNA-Replikation und die Transkription von sogenannten subgenomischen Messenger-RNAs (sg mRNAs). Durch die Translation entstandene strukturelle Proteine werden in die Membranen des ER transloziert und von dort in das Kompartiment zwischen ER und Golgi-Apparat («ER-to-Golgi intermediate compartment» [ERGIC]). In diesem Zwischenkompartiment findet die Zusammensetzung der Komponenten, der Kapsel und der neuerlich produzierten RNA statt. Über den Golgi-Apparat findet die Reifung der neu formierten Virionen statt. Schliesslich werden die neu formierten Virionen von der infizierten Zelle via Exozytose freigesetzt.
Abkürzungen: An: 3 PolyA-Sequenz; Cap: 5 Cap-Struktur; L: Leadersequenz; RdRP: RNA-dependent RNA polymerase.
Molnupiravir (Lagevrio®) ist ein Nukleosid-Analogon ­(Ribonukleosid-Analogon). Es ist eine Prodrug von β-d-N4-Hydroxycytidin (NHC) [1]. Nach oraler Einnahme wird systemisch zirkulierendes NHC von den Zellen aufgenommen und intrazellulär zu NHC-Triphosphat phosphoryliert. Dieses wird wiederum durch die virale RNA-Polymerase (engl.: «RNA-dependent RNA polymerase» [RdRp]) anstelle eines Cytidin-Triphosphats in die virale RNA inkorporiert. Durch diese Inkorporation wird die RdRp fehlgeleitet: Bei der Synthese des Gegenstrangs kann sich NHC sowohl mit einem Uracil- als auch mit einem Guanin-Rest paaren, wodurch während der Replikation letztlich letale Fehler im viralen Genom entstehen [2, 3]. Anders ausgedrückt, Molnupiravir verursacht so viele Fehler in der Codierung der viralen RNA, dass sich das Virus in der Folge nicht mehr replizieren kann [3]. Die RdRp ist auch Angriffspunkt von Remdesivir [4] und anderen vielversprechenden Substanzen, die in Entwicklung oder Testung sind (Tab. 2).
Tabelle 2: Ausgewählte orale Virostatika gegen SARS-CoV-2 und ihr Status in der Entwicklung oder Testung (modifiziert nach [25]: Cully M. A tale of two antiviral targets – and the COVID-19 drugs that bind them. Nat Rev Drug Discov. 2022;21(1):3–5. © 2021 Springer Nature BV. Modifikation und Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Springer Nature BV, vermittelt durch Copyright Clearance Center.).
WirkstoffnameFirmaStatus
RdRp-Inhibitoren  
MolnupiravirMerck & Co.Zugelassen [23]*
GS-5245
(Remdesivir oral)
Gilead/JubilantPhase I [26]
Prodrug der Remdesivir Muttersubstanz (Nukleosid GS-441524)
ODBG-P-RVnUniversity of California San DiegoPräklinisch [27]
GS-621763Gilead/Georgia State UniversityPräklinisch [28]
Mpro-Inhibitoren  
Nirmatrelvir/RitonavirPfizerZugelassen [24]*
S-217622SHIONOGIPhase II/III (Japan)
[29, 30]
PBI-0451Pardes BiosciencesPhase I [31]
EDP-235EnantaPräklinisch [32, 33]
* Die Medikamente sind zurzeit noch nicht in der Schweiz zugelassen.
Paxlovid™ besteht aus den zwei Substanzen Nirmatrelvir und Ritonavir. Letzteres ist in der HIV-Therapie seit 1996 bekannt, hemmt Cytochrom P450 CYP3A4 und ­ermöglicht so, die Konzentrationen von Proteaseinhibitoren zu boostern respektive die Dosierung von ­Nirmatrelvir zu reduzieren. Während der Virusreplikation werden Polyproteine produziert und durch die Hauptprotease von SARS-CoV-2, Mpro oder 3CL-Protease genannt, in kleinere, nicht strukturelle Proteine gespalten [5]. Nirmatrelvir inhibiert Mpro und somit die Spaltung der Polyproteine und die virale Replikation [6, 7].

Molnupiravir – die Datenlage

Molnupiravir wurde initial als Substanz zur Therapie der Pferdeenzephalomyelitis (Venezolanische Pferde­enzephalomyelitis [ein RNA-Virus der Gattung Alpha­viren]) entwickelt [8]. Im Labor und in Tierversuchen erwies sich NHC als wirksam gegen eine Reihe anderer RNA-Viren, einschliesslich Ebolaviren [9], Influenza­viren [1] und endemischer Coronaviren [10]. Nach ­Ausbruch der COVID-19-Pandemie wurde Molnupiravir gegen SARS-CoV-2 getestet und zeigte vielversprechende Resultate in vitro und im Tiermodell [11, 12]. Nach Durchführung von Phase-I-Studien [13, 14] wurden im Dezember 2021 und Januar 2022 zwei klinische Studien (Phase IIa [15] und Phase III [16]) veröffentlicht.
Fischer et al. [15] untersuchten in einer doppelblinden, randomisiert-kontrollierten Studie die Wirksamkeit, Verträglichkeit und Dosierung von Molnupiravir (fünf Tage Therapie) bei Patientinnen und Patienten mit ­einer milden bis moderaten COVID-19-Erkrankung. 202  ungeimpfte Personen mit einer Symptomdauer von weniger als sieben Tagen nahmen teil. Initial wurden 46 Personen 1:1 randomisiert (Plazebo versus 200 mg Molnupiravir 2× täglich), danach 156 Personen 1:3 randomisiert (Plazebo versus 400 mg 2× täglich versus 800 mg 2× täglich). Der primäre Endpunkt war die Zeit bis zur Elimination der viralen RNA, untersucht mittels nasopharyngealen Abstrichs. Studienteilnehmende, die mit 800 mg 2× täglich behandelt wurden, zeigten eine schnellere Elimination von SARS-CoV-2 als die Plazebo-Gruppe. Am Tag 3 der Behandlung konnte bei einer (1,9%) von 53 Personen infektiöses Virus kultiviert werden versus 9 (16,7%) von 54 Personen in der Plazebo-Gruppe.
Die MOVe-OUT-Studie [16] randomisierte 1433 nicht hospitalisierte, ungeimpfte Patientinnen und Patienten zur Untersuchung der Wirksamkeit und Sicherheit von Molnupiravir; 717 wurden dem Plazebo-Arm, 716 dem Verum-Arm (2× 800 mg/Tag für fünf Tage) zugeteilt [16]. Personen mit milder bis moderater COVID-19-Erkrankung mit ≤5 Tagen Symptomdauer und ­mindestens einem Risikofaktor für eine schwere COVID-19-Erkrankung nahmen teil. Die primären Endpunkte umfasste Hospitalisation und Tod am Tag 29. Im Verum-Arm wurde der primäre Endpunkt in 6,8% (N = 48/709) und im Plazebo-Arm in 9,7% (N = 68/699) der Fälle beobachtet (adjustierte Differenz –3,0%; 95% Konfidenzintervall [CI], –5,9% bis –0,1%; P = 0,0218, relative Risiko­reduktion 30%, «number needed to treat» 35). In der Analyse der Nebenwirkungen wurden keine statistisch signifikanten Unterschiede gefunden. Die häufigsten Nebenwirkungen sind in Tabelle 1 wiedergegeben.
Molnupiravir hat in der Zwischenzeit die Zulassung von der «Food and Drug Administration» (FDA; USA), der «Central Drugs Standard Control Organisation» (CDSCO; Indien) und der «Medicines and Healthcare products Regulatory Agency» (MHRA; Grossbritannien) zur Behandlung von milder bis moderater ­COVID-19-Erkrankung bei Patientinnen und Patienten mit Risikofaktoren für eine schwere COVID-19-Erkrankung erhalten.

Nirmatrelvir/Ritonavir– die Datenlage

Die Vorläufersubstanz von Nirmatrelvir – PF-00835321 – wurde zur Behandlung von SARS-CoV-1 im Jahr 2003 entwickelt [17]. Die Weiterführung des Projektes wurde damals sistiert, da nach Beendigung der Pandemie die klinische Wirksamkeit in grösseren Studien nicht untersucht werden konnte. Nach Ausbruch der COVID-19-Pandemie wurde die Substanz erneut analysiert und erwies sich als wirksamer Hemmer der Mpro-Protease von SARS-CoV-2 [18]. Nirmatrelvir (PF-07321332) erwies sich sowohl in vitro wie auch im Tiermodell als sehr wirksam gegen SARS-CoV-2 [7, 19]. Die EPIC-HR-Studie untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit von Nirmatrelvir/Ritonavir in einer Phase-II/III-Studie (randomisiert, doppelblind, plazebokontrolliert) [20]. 2246 nicht hospitalisierte, ungeimpfte Personen nahmen teil, davon qualifizierten 2085 (92,8%) für Analyse des primären Endpunktes. 1046 wurden dem Plazebo-Arm, 1039 dem Verum-Arm (Nirmatrelvir/Ritonavir 300 mg/100 mg 12-stündlich für fünf Tage) zugeteilt. Ungeimpfte Personen mit symptomatischer COVID-19-Erkrankung mit ≤5 Tagen Symptomdauer und mindestens einem Risikofaktor für eine schwere COVID-19-Erkrankung nahmen teil. Die primären Endpunkte beinhalteten Hospitalisation und Tod am Tag 28. Im Verum-Arm wurde der primäre Endpunkt in 0,8% (N = 8/1039) und im ­Plazebo-Arm in 6,3% (N = 66/1046) der Fälle beobachtet (Differenz –5,62%; 95% CI, –7,21% bis –4,03%; <0,0001, relative Risikoreduktion 87,8%, «number needed to treat» 18). Im Verum-Arm gab es keinen Todesfall, im Plazebo-Arm hingegen 12 Todesfälle (1,1%).
Nirmatrelvir/Ritonavir hat die Zulassung von der FDA (USA), «European Medicines Agency» (EMA; EU) und MHRA (Grossbritannien) zur Behandlung von milder bis moderater COVID-19-Erkrankung bei Patientinnen und Patienten mit Risikofaktoren für eine schwere ­COVID-19-Erkrankung erhalten.

Diskussion

Die Entwicklung von wirksamen oralen Medikamenten gegen SARS-CoV-2 stellt einen weiteren Meilenstein in der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie dar. Mit dem – bedingt durch Mutationen im Spike-Protein – zunehmenden Wirkungsverlust der monoklonalen Antikörpertherapien und der Abnahme der Anti-SARS-CoV-2-Antikörpertiter mehrere Monate nach Impfung sind Indikationen für diese Medikamente auch in der Schweiz in näherer Zukunft absehbar (zum Beispiel immunsupprimierte Personen, die das Virus nicht «clearen»).
In Analogie zu anderen Behandlungen viraler Erkrankungen, wie zum Beispiel der Influenza mit Oselta­mivir, ist der frühe Einsatz der Virostatika für den ­Outcome elementar. Aus den bisherigen klinischen Resultaten lässt sich nicht herauslesen, wann der letztmögliche Zeitpunkt eines Therapiestartes nach Sym­ptombeginn ist (≤3 Tage oder ≤5 Tage oder ≤7 Tage). Aus Sicht der pathophysiologischen Mechanismen nach ­Infektion gilt «je früher, desto besser». Dies ist wiederum mit logistischen und organisatorischen Hürden verbunden, wenn die Zeitintervalle zwischen Sym­ptombeginn und Testresultat sowie Testresultat und Medikamentenbezug berücksichtigt werden. Weitere Studien sind notwendig, um die Wirksamkeit in der Post-Expositionsprophylaxe zu untersuchen.
Beide Substanzen zeigen hohe Wirksamkeit gegen «variants of concern» von SARS-CoV-2, einschliesslich Wirksamkeit gegen Omikron [21, 22]. Die Befürchtung von Resistenzentwicklung bei Monotherapie ist berechtigt, da die Substanzen jeweils ein Zielmolekül ­angreifen.
Aus klinischer Sicht stellen sich Fragen. Die Untersuchungspopulationen waren ungeimpfte Personen. Der Effekt bei geimpften Personen ist unklar. In den präsentierten klinischen Studien zeigte sich eine Differenz des Endpunktes «Hospitalisation und Tod» von –3% bis –6% von Verum zu Plazebo. Die Studie wurde vor der Omikron-Welle durchgeführt. Die Differenz dieses Endpunktes wird vermindert und die «number needed to treat» erhöht sein, wenn die Virusvariante per se zu weniger Hospitalisationen führt.
Sowohl bei Molnupiravir als auch bei Nirmatrelvir/Ritonavir war die Wirksamkeit bei Patientinnen und Patienten mit Antikörpern gegen SARS-CoV-2 vermindert. Bei der MOVe-OUT-Studie war der Unterschied im primären Endpunkt im Vergleich zu Plazebo statistisch nicht signifikant [16], bei der EPIC-HR-Studie betrug er –1,34% (zum Vergleich bei seronegativen Patientinnen und Patienten: –10,25%) [20]. Noch ist unklar, ob die Serologie in der Entscheidungsfindung zur Therapieindikation einbezogen werden soll. Falls ja, ist eine rasche Resultatmeldung nach Probenentnahme notwendig.
Das Interaktionspotential von Nirmatrelvir/Ritonavir ist hoch und die Überprüfung von Medikamenten­interaktionen obligat (zum Beispiel mithilfe https://www.covid19-druginteractions.org). Dies betrifft vor allem Medikamente, bei denen eine CYP3A4-Interaktion besteht. Dies könnte insbesondere bei grossflächigem Einsatz im ambulanten Bereich eine pharmakologische Herausforderung darstellen.
Auch wenn die Therapie «nur» fünf Tage dauert, besteht sie aus relativ vielen Tabletten (8 Tabletten Molnupiravir pro Tag, respektive 6 Tabletten Nirmatrelvir/Ritonavir pro Tag). Insbesondere im ambulanten Setting könnte die Anzahl der Tabletten die Compliance beeinflussen.
Schliesslich müssen die Nebenwirkungen auch nach ­Zulassung der Medikamente genau verfolgt werden. Wie oben erwähnt, induziert Molnupiravir eine letale Mutagenese im SARS-CoV-2. In präklinischen Genotoxizitätsstudien und Phase-I-Studien konnte kein Risiko für das humane Genom beobachtet werden. Das kontinuierliche kritische Monitoring diesbezüglich ist elementar.
Molnupiravir und Nirmatrelvir/Ritonavir sind sogenannte 1.-Generations-Virostatika gegen SARS-CoV-2. Die Rückschau auf die Entwicklung der HIV- und Hepatitis-C-Therapien ermutigt, dass in Zukunft diese Punkte optimiert werden können.
Der Inhalt des Artikels reflektiert den veröffentlichen Wissensstand im Dezember 2021.
Die Autoren haben deklariert, keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag zu haben.
Prof. Dr. med. Parham Sendi
Institut für ­Infektionskrankheiten
Universität Bern
Friedbühlstrasse 51
CH-3001 Bern
parham.sendi[at]ifik.unibe.ch
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