Damit Sie nichts Wichtiges verpassen: unsere Auswahl der aktuellsten Publikationen.
Fokus auf … Kryptogener, organisierender Pneumonie (COP)
– Ursache und pathogenetische Mechanismen weitgehend unbekannt.
– Erkannt meist nach unwirksamer Antibiose einer vermutet bakteriellen Pneumonie.
– Symptome entwickeln sich über Wochen bis Monate; am häufigsten sind trockener Husten und Dyspnoe, weniger als 50% mit Fieber, selten Hämoptyse (die eher für eine alveoläre Hämorrhagie spricht).
Dreifachtherapie bei metastasiertem, hormonsensitivem Prostatakarzinom
Standardtherapie in diesem Stadium der Erkrankung war eine Kombination der Kastration mit einem Androgenrezeptor-Antagonisten (Abirateron, Enzalutamid oder Apalutamid) oder eine Kombination der Kastration mit Docetaxel (einem sog. Taxoter). Eine Dreierkombination aus Kastration, Docetaxel und dem neuen, interaktionsärmeren Androgenrezeptor-Antagonisten Darolutamid führte zu einem hochsignifikanten Überlebensvorteil (nach 48 Monaten waren absolut etwa 15% mehr Patienten in der Dreierkombination noch am Leben, p <0,001).
Ein eindrückliches Resultat, zumal die schwereren Nebenwirkungen in beiden Gruppen vergleichbar gewesen sein sollen und meist auf das Docetaxel zurückzuführen waren.
Schützt ein Infekt mit Omikron (BA1) vor anderen Coronavarianten?
Infekte mit «früheren» COVID-19-Varianten produzieren nur selten neutralisierende Antikörper gegen die BA1-Variante von Omikron. Auch induzieren die COVID-19-Impfstoffe nur geringe und schnell wieder abfallende Konzentrationen von Anti-Omikron-Antikörpern. Umgekehrt zeigt eine kleine, aktuelle Studie, dass ein BA1-Omikron-Infekt zu neutralisierenden Antikörpern gegen Omikron selbst, aber praktisch nicht gegen alle anderen Varianten führt, die aber immer noch wahrscheinlich vorwiegend in tierischen Reservoirs überleben dürften.
Ein Omikron-Infekt schützt also nicht vor einem Infekt mit anderen Varianten, weshalb eine Primo-Impfung oder bei Geimpften eine gut gestaffelte weitere Booster-Impfung (in dieser Studie nicht untersucht) notwendig sind.
Perineale Verletzungen inklusive eines Risses des Musculus sphincter ani können für die Mutter zu erheblicher Morbidität führen. Führt die Zusammenarbeit zweier Hebammen im zweiten Stadium* der Geburt zu einem – gemessen an den Verletzungen – schonenderen Geburtsverlauf?
Ja, gemäss einer schwedischen Studie (OnePlus), die je mehr als 1500 Erstgebärende oder Gebärende bei einer ersten vaginalen Geburt nach einer Sectio entweder durch eine oder durch zwei einander assistierende Hebammen betreuen liess. Die Studie konnte natürlich nicht verblindet werden, die Randomisierung in die eine oder andere Gruppe erfolgte mit einem computergestützten Zufallsprogramm. Der primäre Endpunkt waren Sphinkterrisse. Die Hilfe einer zweiten Hebamme reduzierte Sphinkterrisse von 5,7 auf 3,9% («odds ratio»-Reduktion auf 0,69; Konfidenzintervall 0,49–0,97; «number needed to prevent» etwas mehr als 50).
Die teure, personalintensive Intervention scheint sich also biologisch und für die individuellen Schicksale zu lohnen. Vielleicht gar auch ökonomisch, denn die Folgekosten einer perinealen Verletzung dürften erheblich sein.
* Das zweite Stadium einer vaginalen Geburt beginnt nach vollständiger Eröffnung des Muttermundes und dauert bis zur Geburt des Kindes.
Die Epidermolysis bullosa congenita ist durch enorme Verletzlichkeit der Haut mit Blasenbildung, Vernarbungen, Infekten und Hautkrebs charakterisiert. Eine Form davon ist durch das Fehlen von Kollagen VII an der dermoepidermalen Grenze gekennzeichnet. Verschiedene Genersatz-Methoden wurden schon versucht, sind aber technisch aufwendiger und im Falle der Knochenmarktransplantation auch mit einer relevanten Mortalität belastet.
Kurz und bündig fanden wir die neu beschriebene Methode faszinierend: Das defekte Gen (COL7A1) wurde in Herpesviren transfektiert und diese wurden in ein Gel gemischt und auf die Haut der Kinder aufgetragen. Die ersten Resultate zeigten eine fast komplette Ausheilung innerhalb von drei Monaten. Der Vorteil der topischen Applikation sind die geringe Belastung und die Möglichkeit der repetitiven Applikation, vielleicht sogar einmal eine, zumindest teilweise, Selbstapplikation.
Bakteriell infizierte zentralvenöse Katheter sind mit erhöhter Mortalität, längeren Spitalaufenthalten und somit höheren Kosten verbunden. Die Gefahr dieser oft verhinderbaren Komplikation ist aber – vorwiegend für Gram-negative Infekte – nicht über das ganze Jahr gleich verteilt. In den Sommermonaten verdoppeln sich die Inzidenz und der Anteil Gram-negativer Bakterien am Erregerspektrum. Pro 5 °C Steigerung mittlerer Temperatur nahm das relative Risiko einer Sepsis um knapp ⅓ zu (p <0,001, Daten aus Belgien, siehe Abbildung).
Bei heissem Sommerwetter sind daher wohl Indikationen für zentrale Katheter noch besser zu überlegen und die Monitoring-Massnahmen zur Früherfassung intensiver zu handhaben.
Polygene Risiko-Scores in der Präimplantationsdiagnostik?
Die In-vitro-Fertilisation hat ein seit jeher bestehendes biologisches Prinzip – das der «natürlichen» Selektion – verändert. Die Testung auf seltene monogene Erkrankungen mit schwerwiegenden Phänotypen wird heute fast routinemässig durchgeführt, wofür auch ein grosser Konsens besteht. Neu ist die durch gewinnorientierte Hersteller angebotene (fast) gesamte Genomanalyse beim Embryo vor Implantation. Die Daten werden – so der Plan – als sogenannte polygene Risiko-Scores im Hinblick auf die Gefährdung, im späteren Leben eine komplexe, eben polygen bedingte, Erkrankung zu erleiden, angeboten. Für potenzielle Krankheiten könnte negativ selektioniert werden, positiv selektioniert könnte für Merkmale werden, die mit einem erfolgreicheren Leben assoziiert sind, wie Körpergrösse, Intelligenz und anderes mehr.
Man fröstelt wohl mit gutem Grund, wenn ein begonnenes Leben zerstört werden könnte respektive bar jeder sich bislang bewährten Selektionsprinzipien für das (Über-)Leben selektioniert würde, nur im Hinblick auf eine bei Weitem nicht sichere Krankheitsprognose oder ein ebenso unsicheres Versprechen für eine erfolgreichere Lebensverwirklichung.